Nr. 267
Was Karlstadt und Luther zu Jena beredet und wie sie vereinbart haben, gegeneinader zu schreiben sowie die Unterredung Luthers mit Rat und Gemeinde zu Orlamünde
Jena, 1524, 22. August und Orlamünde, 24. August (Druck: [Bamberg oder Wertheim], 1524, [Mitte September])

Text
Bearbeitet von Stefanie Fraedrich-Nowag

Wesz
sich doctor
Anndreas Boden-
stein von Karlstadt
mit doctor Martino Lut-
ther beredt zu Jhenn/ Unnd
wie sy wider einander zuschreibenn
sich entschlossen haben.
Item
Die handlung Doctor
Martini Luthersa mit dem Rathunnd Gemeyne/ der Statt Orla
unnd Gemeyne/ der Statt Orlamünd/ am tag Bartholomei1 Da-
selbst2 geschehen. Anno etc. xxiiij.
Exurge domine, Iudica causam tuam3


Buchsymbol fehlt

Ein bericht der handlung zwischen

Doctor Martino Luthero

unnd Doctor AndreasBodenstein von Karl-
Bodenstein von Karlstat/ zu Jen ge-

schehen.

In dem MDXXiiii. jar nach der ge-
purt Christi. Auff Montag den achtten
tag nach unnser frauen himelfart/ wel-
licher ist der xxii. tag Augusti.
Hatt der
hochgeleertb etc. Marttinus Luther/ der heiligen schrift
doctor etc. Nachdem er auß Fürstlichem bevelhec/
Der Durchleuchtigend Hochgepornen Fürsten und
herrn/ Der Hertzogen zu Sachssen etc.4 Auff Sontag
zuvor5 nach mittags zu Jhen/ daselbst und anderßwo
zupredigen einkomen
.6Hat obgedachter doctor Mar-
tinus uff benanten tag7 frue umb syben uhre angefang-
en predigen/ und biß in anderthalb stund/ Von unnd
wider der geister leer unnd fruchte gepredigt. Under
andern aber nennet er den geist zu Alstett8/ ertzelet etzli-
che frücht/ als aufrur und mord/ so zuvor auch durch
den selben geist/ als seiner hohen früchten eine/ zu Zwi-
ckau gar schier erhoben
.9

Gleych als werck unnd fruchtte dises geistes/ sagt
er/ weren kirchen/ bilder/ holtz unnd steyn zurreissen10 etc.
Und in summa/ Tauff und sacrament des altars hyn-
weg zunemen/ außzureuthen11 unnd gantz zunicht zu-
machenn
.12fWie sichf diser Alstettisch geyst hyn unnd
wider/ noch vil mer/ ausgleicher/ eynes teuffelischenng
Buchsymbol fehltgeistes eingebung unnderstandenn13/
In summa/ das alle
dise früchte/ ein teuflischer geist würcke
. Es soln sich
aber die außerwelten hyerab nicht entsetzen/ troͤstet sy
D'octor' L'uther' in der predigth unnd sagt/ Es seindi ir nicht vil
wiewol ir vil sind/ ir muͤssen noch wol mer kommen und
secten seyn/ auff das die außerwelten bewert werdenn/
und die gotlosen zu schanden werden.14 Wir aber/ sagt
er/ habenn sy zuvor geurteilt/ wie dann die sermones
weitter anzeygen15/ Unnd koͤnnenj sy noch von Gottis
gnaden wol urteylen/ das es nit ein guter geist ist/ der
sich solcherk sachen understeet/ sonder ist der teüffel selbst.

Dise und dergleichen wort der predigt/ als sy doctor
Karlstadt hoͤret (dann er selb in der predigt war)16 be-
hertziget er/ befand sich etzlicher sachen halben wie un-
den angezeigtl/ hyerrinne getroffen
/17 Schreyb ein brieff
an Doctor Luther18/ den etzliche in obgemelter herberg
zum schwartzen Bern uber der mittag malzeit gelesen
19/
Begert/ wue20 es doctor Luther nicht entgegenn/ wolt
er gern mit im reden
/ Darauff doctor Lutherm den ge-
sandten doctor Karlstadts21 mundtlich antwurt gab
So doctor Karlstadt komen wolt zu im/ moͤcht ehrsn
wol leyden/ wue22 nicht〈/〉 moͤcht ers wol lassen.

Hyenach schicket doctor Karlstat noch einmal an
doctor Luther/ wenn es im gelegen/ so wolt er kommen/
Antwort Luther/ im namen gots/ er komme wenn ehr
woͤl/ so byn ich bereyth. Do solichs doctor Karlstat
kunth gethan/ Kam er und doctor Gerhart Wester-
burg23 mit ym. Es waren auch vil frembder Keyser-
liche und Margravischeo bothen24/ auch seer vil Jheni-
Buchsymbol fehltsche in der herbergp/ die solcher underredung zuhorten
und grossen wolgefallen/ Etliche kleynmuͤtige ein er-
schrecken/ vil aber grosse verwunderung darab hatten
〈.〉25
Karlstat aber ließ durch einen diener doctor Marti-
no ansagenn/ das er da wer unnd mit im reden wolt/
Antwort doctor Martinus/ er soll hyerein geen und
frey offenntlich mit mir handeln/ das also geschach/
und volgt die underrede wie hye steet.

Also gieng Karlstadt in die stuben/ setzt sich auß ge-
heyß doctor Martinus auff ein sydel26 gegenn im uber
und den andern mitgenossen27 zu tisch/ Fieng an redet
auff die weiß.

Karlstadt. Lieber herr doctor unnd ir alle liebenn
bruͤder28/ Ich bitt/ woͤllet nicht in ungutt annemen/ das
ich euch alhie uberlauf29/ mich dringt mein unnschuldt
und grosse noth hyetzu/ Denn ir herr doctor/ habt mich
heut in eurem sermon30 etwas hoch angetast31/ und mit
den auffruͤrischen〈/〉 morderischen geystern/ als ir sy nen-
net32/ in eyn zal und werck eingeflochten/ dazu ich neyn
sag/ wie wol ir denselbenn geystern soliche red auflegt/
von der lebendigen stymm Gottis/ die ich meine tag von
inenn nye gehoͤrt33/ Das sag ich nichtq/ das ich ire sach hye
verfechtenn wolt und sprich allso/ Wer mich solchen
morderischen geistern zugesellen und einbrocken34 will/
das er mir solchs one warheit und nicht als ein redlich
man zusage. Das ich aber vonn euch gemeinth sey
und ich mich der sachen moͤge annemen/ ist die ursach
Das ir vom sacrament gesagt/ und mich etwas hoch
geruͤreth35 habt. Sag ich/ das ich fürwar weyß/ das
Buchsymbol fehlt kein mensch hievon auf die weise meinung und grunder
als ich/ nach den Aposteln geschryben und gelert36/ bekenn
mich auch frey hiezu/ das es aber der moͤrderisch geist
unnd gleich/ wie ir heut gesagt/ ein/ unnd der geyst zů
Alsteet sey/ sag ich neyn zů/ dann er hat nichts gemein
mit mir in meiner red vom sacrament
.37

Hie auf antwort. D'octor' M'artin' L'uther'〈.〉 also lieber herr Doctor
ich will am letzten unnd hinten da irs gelassenn habt/
anfahens38/ und sagt/ das ir es nymmermer beweyssen noch
war machen künd/ das ich euch genant hab39/ seyntemal
aber ir euch annempt ir seyt geruͤrt40 oder getroffenn/
so seyt getroffen im namen gottis/ ir habt mir auch
einenn spytzigen brieff geschickt41 des hettet ir nicht ge-
doͤrfftu/ dann ich hab mit euch nicht zůthun
42/ mich wun-
dert was ir euch zeyhetv43/ nur ich syhew gern〈/〉 das ich euch
troffen hab/ und syhe es nit gern/ Gern sehe ichs hierumb
das ich nur44 weyß/ das ir auch der einer seyt/ wie ir euch
annempt von den ich gepredigt hab45/ Ungern/ das mir
leyt ist/ das die leüt sollen also verfuͤrt werden. Ich hab
heut wider die geister geprediget/ und wils ytzundt wider
thun
/ hab ich euch dann troffen/ so hab ich eüch troffen〈.〉
Karol'stadt'. Herr doctor〈,〉 ich will auch hinden anfahenx46
ich neme mich desy an/ das ir vom Sacrament gesagt/47
unnd wils mit schryfften beweysen〈/〉 das ir unrecht das
Evangelium gepredigt habt/ dazu sag ich noch ir thut
mir gewalt unnd unrecht〈/〉 das ir mich zu dem moͤrde-
rischen geyst ein brocket48/ unnd das ich nicht mit dem
geyst in dem auffrůr zůthun hab/49 Protestir ich offen-
lich vor dysen bruͤdern allen mit einander.50Lu'ther'〈.〉 lieber
herr doctor Es darff51 des nicht/ Ich hab den brieff ge-
lesen〈/〉 den ir von OrlemündtThome52 geschryben habt
Buchsymbol fehlt und hab wol drinnen vernommen/ das euch die auffrůr
entgegen und wider ist.
53Karol'stadt'〈.〉 Worumbz habt ir dann ge-
sagt/ herr doctor/ es sey ebenn ein geyst der moͤrderisch
geyst zu Alstedt und der geyst der die bilder zurbricht
und das Sacrament antastet.54Lut'her'〈.〉 Ich hab doch nie-
mants genannt/ euch sonderlich hab ich mit keynem
wort genennt.55Karol'stadt'〈.〉 Ich neme michs aber auß umb-
stende an/ denn ich hab das Sacrament allein angryffen
in dem ytzigen mißbrauch56/ und hab nichts gemein mit
dem geyst zů Alstet in der materien vom sacrament57/
und ir predigt/ es sey ein moͤrderischer und aufrůrischer
geyst/ Was ich aber euch geschryben hab/ darf ich auch
unnd wils wol mit euch redenn.58 Do was59 ein klein stil-
schweigen.

Karol'stadt' sprach〈/〉 hette ich geirret und ir ein christlich
werck hettet thun woͤllen/ als ir ein christ sein woͤlt/ so
solt ir mich brůderlich unterweyst habenn60/ ee ir also
offentlich auff mich stechet61/ ir prediget und schreyt lieb
liebaa/ was ist das für ein lieb? wenn ir einem ein pardecken62
gebt/ und sehet einen brůder irren und unterweyst yn
nicht. Luther. Hab ich das evangeliumab nicht recht
geprediget〈/〉 so weyß ichs nicht. Karol'stadt'〈.〉 Ja〈/〉 ich wils
mit dem sacrament beweysen/ wie ir christum gepredigt
ob ir den gecreutzigten oder sunst einen selbst eingebilten
christum gepredigt habt63/ Ja〈/〉 ir habt wol wyder euch
selbst gepredigt/ wie es aus eurenn buͤchern zůlesen ist
〈.〉
Luth'er'. Lieber herr doctor〈/〉 so ir das wyst〈/〉 so schreybts
frey und fart dapffer erfürac auff das es an tag komme〈.〉
Karol'stadt'. Das will ich auch thun/ es můß auch an tag
kommen
/ Ich scheuad das licht nit/ wie ir mir schuld gebt64
Buchsymbol fehltich bieteae mich zu offentlicher disputation zů Witten-
berg oder Erfford/ oder eine christliche weysung zůhoͤ-
ren/ und annemen
/65 wo und wenn ir wolt/ so fern/ schaftaf
mir ein frey geleyt als ir es habt.
Luther. foͤrcht ir
euch dann/ habt ir nicht geleyt zů Wittenberg〈?〉Karol'stadt'〈.〉
Ja〈/〉 ich byn doch ytzt allererst do gewest66/ aber in einer
offentlichen disputation/ werdet ir mein nit schonen.
so werdag ich warlich euer auch nicht schonen/ so weyß
ich wie ir das volck an euch gehenckt.67Luther. Ey
ahsy lieber es thut euch niemants nicht〈/〉 kumpt nur freyah
herfür. Karol'stadt'〈.〉 Ich wil auch herfür ans licht und
wil entweder offentlich zu schanden/ oder gottes war-
heit můß offenbar werdenn. Luth'er'〈.〉 Es wirt euch
geschehen eür torheit muß herfür kommen. Karol'stadt'〈.〉
Ich wil die schand gernai tragen/ das got sein eer behalt〈.〉
Luth'er'〈.〉 Sy wirt euch auch begegnen/ und mich wun-
dert das ir nur dreuet68 mit schreyben unnd niemants
foͤrcht sich. Karol'stadt'. Ich foͤrcht mir auch nit/ Ich
weyß das mein leer gerecht und auß Got ist. Luther.
Do69 euer leer recht und auß got war/ warumb brach
dann euer geyst nit durch/ do70 ir zu Wittenberg die bil-
der zurbracht〈?〉71Karol'stadt'〈.〉 Das hab ich nicht allein fuͤr-
genommen/ sondern die drey rethe72 unnd euer gesellen et-
liche73/ die beschlossen es74/ darnach zugen sy die koͤpf uß
der schlingen und lyssen mich allein steen.75Luther.
Do berůff ich mich auf. Karol'stadt'. und ich auch. Lut'her'〈.〉
Ich radt euch nit/ das ir euch auff die zu Wittenberg
berůfft/ ir habts nicht so gůt mit inen/ als ir meinet.aj
Karol'stadt'〈.〉 Ir habts auch nicht soak gut als ir meinet
doch troͤste ich mich der warheit/ Am junsten tag wirt
des herrn tag alle heymliche ding offenbarn/ do wirt
man wol sehen wie ein itztlicher/ was auch ir unnd ich
Buchsymbol fehlt gethon/ und wirt nichts untter der decken verborgen
bleyben. Lut'her'〈.〉 Ir puchtal ymmer auf des herren tag/
ich aber begeer barmhertzigkeyt. Karol'stadt'. Warumb
nit? Er wirt nymants unrecht thun noch die person
ansehen/ es wirt der klein so vil gelten als der grosseam
ich wil in dyser sach nach barmhertzigkeit und gerech-
tigkeit gericht werden/ Das ir mir aber meinen geyst
für werffet/ unnd sagt〈/〉 er solt furt gefarnan sein/ Do
kompt ir redlich zů massen. Ir bandet mir hend und
fuͤß darnach schlugt ir mich.76Luther. Wo hab ich
euch geschlagen. Karol'stadt'. Was77 das nicht gebunden
unnd geschlagenn/ do ir alleine wyder mich schrybt/
druckt unnd predigt/ unnd verschuft78〈/〉 das mir meine
buͤcher auß der druckerey genommen/ und ich zůschrey-
ben und predigen verbotten wart〈?〉79/ het ich so frey dür-
ffen schreyben und predigen als eben ir/ fürwar ir solt
es erfarn habenn/ was mein geyst außgericht hette/
Luth'er'〈.〉 Warumb wolt ir predigen〈?〉 wart ir doch nicht
beruͤffen oder wer hieß euch predigen.80Karol'stadt'. Wann
wir von der menschen beruffung woͤllen reden/ so weyß
ich wol das mirs von wegen des Archidiaconats was
gebüren/ woͤllen wir aber von beruffung gottes reden
do weyß ich auch wol etwas davon zůmelden.81Lut'her'.
Wer hieß euch in der pfar predigenn.82Karol'stadt'. So ich
doselbst geirret hette/ so solt ir mich bruͤderlich zůvor
drumb gestrafft/ und nicht haben also uff mich gestochen
und geschlagen/ ist es aber nicht ein volckao das in dem
stifft und in der pfar zůhoͤret? Luth'er'. Ir habt ee auff
mich gestochen dann ich auff euch. Karol'stadt'. Das hab
ich nicht thon. Luth'er'. Das weisen eure buͤchlen wol
auß/ do ir mein eygen wort anzyhet.83Karol'stadt'〈.〉 Welche
bůchlin〈?〉/ Ich hab eins von der beruffung aber neulich
geschriben/ das mag etzlichen zů nahen sein.84 Wann habt
ir mich dann unterweyßet/ zeyget mir ein stuckap an/
Buchsymbol fehlt darinnen ir mich euer lebenlang gestrafft habt/ ir habt
mir mein lebentagaq noch nie angezeygt warinne ich streff-
lich gewest oder geirret hab/ habt alles mit gewalt an-
gangen/ und so irs zwischen euch und mir allein nicht
hettet thun woͤllen/ sollet ir einen oder zwen zu euch ge-
nommen habenn.85Luth'er'. Das hab ich thon. Karol'stadt'.
Habt irs thanar/ so geb Got das ich hie offentlich vor
euer aller augenn geschendt werde. Luth'er'. Es wurd
euch geschehen. Karol'stadt'. Ich weyß aber〈/〉 das nicht war
ist. Luth'er'. Ich habs than.asKarol'stadt'. Wer ist dabey ge-
west. Luth'er'. Philippus86 und Pommeranus.87Karol'stadt'〈.〉
Wo? Luther. in eurem stüblein.88Karol'stadt'. Das ist
nicht war/ ir moͤgt wol bey mir gewest sein/ habt euch
aber nie unterstanden〈/〉 mich zůstraffen/ oder die artickel
des irsals zugeben. Luth'er'. Wir brachten euch die ze-
deln von der Universitet/ darinneat die artickel/ daran
wir fäl hetten/ verzeychnet warn.89Karol'stadt'. herr doctor〈/〉
do redet ir euern gewalt/ sy ist mir noch nie zukomen
noch gezeiget/ ich weyß mich auch zuerinnern/ das die
arttickel vermeintes yrthumbs noch nit außgezogen
warn/ von der universitet.90Lut'her'〈.〉 Nur〈/〉 lieber herr doctor
wenn ich euch schon vil sag/ so muß ich euch doch liegen91〈.〉
Karol'stadt'. Wo es war ist/ so geb Got〈/〉 das mich die teuffel
vor euch allen zurreissenn/ Ey habt ir mir sy92 doch nie
angebotten. Luth'er'. Hab ichs euch doch selbst in euer
hauß bracht. Karol'stadt'. Herr doctor〈/〉 wie wenn ich doctor
Hieronimus schryfft hette93/ darinne er mir fürwürft〈/〉
das mir solche irrige artikel wern gegeben〈/〉 wenn ich dar-
nach gelauffen/ wie woͤlt ir do besteen? Was94 doch die
universitet die zeyt noch nicht versammeltau〈/〉 gedachte
artickel außzuzyhen.95

In dem schweyg. Doctor. Luther. ein weyl still
Buchsymbol fehlt und in dem schweygen96 keret sich. Doctor. Karol'stadt' zu
den andern/ so hiebey sassen/ und sprach/ Lieben bruͤder
Ich bitt euch〈/〉 keret97 euch nicht an mein harte rede/ ich
habs an der Complexion98/ das ich so hert99 rede/ Es ist
das hertz derhalben nit arg oder zornig. Lut'her'. Fing
wyder an und sprach/ lieber herr doctor〈/〉 ich kenne euch
wol. Karol'stadt'. Ich kenne euch auch wol und baß100 dann
ir selbs meynt. Lut'her'〈.〉 Ich weyß woll〈/〉 das ir alweg/
hoch einherr faret101/ puchtav102 groß und woͤlt allein erhoben
unnd gesehen sein. Karol'stadt'. Woaw ich solchs thet〈/〉 solt ir
mich unterweyssen/ Aber ich sehe wol welcherax sich am
hoͤchsten růmet und am aller meysten eer sucht.103Lut'her'.
Ich hab euch ja zu Leyptzig gestrafft104/ do ir so hoch-
muͤtig waret/ unnd woltet vor mir disputirn/ nue〈/〉 ich
gonnet euch der eren und ließ geschehen.105Karol'stadt'〈.〉 Ach
herr doctor/ wie moͤgtay ir das sagenn/ wist ir doch/ do106
ich schoͤn disputiret〈/〉 das107 ir noch ungewyß wart/ ob
man euch zulassenn wolt oder nicht/ das beruffe ich
mich auff hertzog Goͤrgen retheaz und auff die univer-
sitet zů Leyptzig108/ Aber ir must allwege also reden〈/〉 das
ir euren rum erhaltet/ und andernba leuten haß erreget.
Was habt ir heut wie ir alweg pflegt in euer predigt
anders außgericht/ dann im ersten eingang neyd und
haß des volcks/ uber und auff die zuerwecken/ wyder
welche ir zu predigen fürhattet.bb109Luth'er'. Ich sag wie
vor/ Ich hab heut wyder die geyster gepredigt/ unnd
wils ytzt wyder thun110/ trutz dem111 der mirs werenn will.
Karl'stadt'. Nur lieber herr doctor/ so predigt und machts
gut/ ander leut werden auch das ire dozu thun. Lut'her'〈.〉
Frisch her〈/〉 habt ir etwas〈/〉 so schreibts frey herauß. Ka'rlstadt'.
Ich wils auch unerschrockenn thun. Luth'er'. Ir steet
dennochbc bey den neuen propheten.112Karl'stadt'. Wo sy recht
Buchsymbol fehlt und warheit haben/ wo sy unrecht sein〈/〉 do stehe der teu-
ffel bey. Luth'er'〈.〉 Schreybt wyder mich offentlich und
nicht heimlich.113Karol'stadt'. Wenn ich dann wist114 dasbd euch
so not darnach were〈/〉 es doͤrfft euch zu teyl werden. Lu'ther'.
So thut es〈.〉Karol'stadt'〈.〉 Wol an. Luther. Thuts/ ich
wil euch einen gulden dazu schencken. Karol'stadt'〈.〉 Einen
gulden? Luth'er'. Wenn ichs nit thu/ so sey ich ein schalck.115
Karol'stadt'. Gebt ir yn mir dann/ so nem ich in warlich an.

Do greyff doctor. Luther. in sein taschen/ und zogbe
einen golt gulden herauß/ und gab in116 dem Karolstat.
Und sprach/ nempt hin und greifft mich nur tapffer
an/ frysch auff mich. Karol'stadt' nam den gulden/ zeyget
in117 allen beysitzern118/ unnd sprach/ Lieben brůder〈/〉 das ist
Arrogo119〈/〉 ein zeichen〈/〉 das ich macht hab wyder. Doctor
Luther. zuschreyben/ unnd bit euch alle ir woͤlt mirs
bekenntlich unnd zeugen sein. Lutther. Es darffs
nicht120/ Unnd Karol'stadt' krumpt121 in122 unnd legt in123 in seinen
beutel/ gab doctor Luth'er' Die hand drauff/ und doctor-
Luther Dranckebf im einen trunck drauf zu/ und. Karol'stadt'
Thet im bescheyd
124〈/〉sprach darnach herr doctor〈/〉 so bit
ich euch/ ir woͤlt mich am drucken nicht verhindern/
wolt mir auch sunst kein verfolgung/ oderbg hindernißbh
an meiner narung zuschantzen/125denn ich gedenckt mich
mit dem pflug zuneren
/ was dann der pflug gebenn
wirt/126 solt ir wol innen werden
.127Luth'er'. Wie wolt mir
das ansteen〈/〉128 das ich euch hindern solt/ so ichs beger〈/〉 das
ir wyder mich schreyben solt/ gyb ich euch doch darumm
den gulden〈/〉 das ir mein nit schonen solt/ und ye tapfferer
ir mich angreyfft/ ye lyber ir mir sein solt
/ Es sprach
auch der Fürstlich prediger129 zum Karol'stadt'. Der doctor
Buchsymbol fehlt soll euch an der narung nicht beschedigenbi noch schaden
zufuͤgen
/ do sprach. Karol'stadt'. zu. Doctor. Luther. Nur
wolanbj feel ich euer〈/〉 so sey es mein schadebk/ und also ga-
ben sy einander die hende. Und. Karol'stadt' ging zu hauß130
und Martinus predigt131/ fůr darnach gegen kall.132

Es was133 auch do bey doctor Gerhart Westerburg
vonn Cöln/ Martinus Reinhart prediger zu Jhen134
Wolffganng Stein prediger im schloß zu Weymar
bl135
Der auch mit doctor Martino Luther rith/ Der
Prior zů Wittemberg.136Anndres Brennig burger-
meyster zů Jhen
.137Der statschreyber138 und vil ander
die selbigen redten auch zu der sachen manch-
erley gutte fürschleg/ auff das die sach/ wie sy
auch Got durch sein genade fuͤgen wurd
ans licht keme/ Dyse reden sind kurtz
halbenn139 underblyben unnd ist also
die summa beyder Doctores rede
hierinne beschlossen.
Der
Christlich leser bit Got/ das
ers mit offenbarung sey-
ner warheyt uns leren
wolte. Amen.

Buchsymbol fehlt

Die handlung Doctor Martini
Luthers mitt dem Raht unnd
gemein der Stat Orlamünd.

Am montag der achtent tag Marie himel-
fart/ im jar der gepurt Christi. A'nno' D'omini' xxiiii140
Hat der fürstlich prediger zu Wimarbm141
im Schloß herr Wolfgangbn Stein gen
Orlamunde zu dem Rathe geschickt/ und inen schrift-
lich zuerkennen geben/ Nachdem sy der zukunft doctor
Martinus Luther gewartetbo142/ das er verhanden143 und
zubekomen wer
.144

Also ist der Statschreiber von Orlamünd145 schnell
aufgewest gen Jhen/ da er Doctor Martinum fand
und gab ym des Raths und der gemein brief zu Orla-
münd146/ unnd bath umb günstige anntwort/ die er147 ym
nachmals zu Kalh gab148/ diser gestalt/ Bot sage deinen
herren zu Orlamünde das ich in einer kürtz selbs bey
in149 sein will und ein mündtliche antwortt geben. Derhal-
ben hofften der Radt und gemeyn/ das doctor Mar-
tinus des nechsten tags vor Bartholomei150 zu nacht
wurd komen und besteltenbp die herberig/ uffs beste sy ver-
mochten mit speiß und getranck. Aber er bleyb auß und
keret gen Neuenstat zu.151 An sannt Bartholomeus
tag152 umb des zeygers eyn stund153/ kam doctor Marti-
nus und waren gleich die leutbq den merer teyl am feld
und warten der erenden154 und sendet gedachtten herrn
Wolfgang155 vor im hyn/ nach dem Burgermeister156 zu
fragen/ der den Burgermeister fand und sprach/ Nach-
dem der Rath und gantz gemeyn/ Martinum Luther
zu Jhen mit einem brief gesucht157/ und ym da selbst von
Buchsymbol fehlt irn wegen uberantwurt ist/ Derhalb sey doctor Mar-
tinus. Luther itzt kommen/ und man soll im raht unnd
gemein fordern158/ denn er het mit inen des selbigen briefs
halben zuͤreden.

Hyer auf hat der Burgermeyster sein Raths gesel-
len und gemein als bald etliche lassen suchen und for-
dern von dem felde. Alsbald etliche des raths im ent-
gegenn gegangen sovil ir verhanden/ fruntlichbr und
bruͤderlich entfangen/ sich gegen im geneygt159/ und dyse
wort geredt.

Erber160 hochgelerter günstiger herr doctor/ seyt uns
allen gotwilkommen/ was er161 aber geantwort weiß ich nit
eigentlich/ er behylt aber sein rotzypffelich baretbs auf
seinem haubt/ und eret sy nit wyder umb162/ Do hat der Bur-
germeyster weyter mit doct'or' Mar'tinus' reden woͤllen/ ant-
wort Martinus. und sagt/ er muͤst bald wider auf seyn163
aber im hauß woͤll wir mit einander reden/ und als er
ynß schossers hauß164 kam/ hat der Burgermeyster im
seinen vorigen titel165 wyder gegeben/ sich bedanckt von
wegen des raths und gantzer gemein/ das er sich sovil
gemuͤth und auff ire schryfft166 zu inen kommen/ und forderbt167
umb gots willen gebeeten/ er wolte bueine predigtbu thun/
aber doctor Martinusbv/ Antwort/ er were nicht kommen
zu predigen/ sonder het iren brieff〈/〉 davon wolt er mit
dem Rath und gemein reden/ unter des hat man ein
zeyt mit im getruncken/ dieweil hat sich das volck ge-
sammelt/ und in dem ist der Rath und sovil ir168 beyein-
ander gewest/ auffgestanden sich beredt/ unnd wyder
zu im gegangen/ unnd des andern mals umb gottes
Buchsymbol fehlt willen gebetten/ Das er inen wolte gottis wort predi
gen/ weyl er sy in etzlichen artickeln verdechtig hyelttebw169
die solte er in170 an tag geben/ und wo sy irretten christlich
unterweysen/ das wolten sy gernebx unnd demuͤttiglich
annemen und sich weysen lassen.

Dar gegen wolten sy iren verstand und meinung
auch eroffen/ darauf doctor Martinus seinen kopf
geschüttelt unnd gesagt/ er wolts nicht thun/ er were
auch darumb nicht zu in171 kommen. Hatt aber den Brief
der stat zu Orlamünde zu handen genomen unnd ge-
fragtt/ ob sich der Radt zu dem sigel bekennet/ hatt
Rath und gemeyn ja gesagt. Sprach doctor Marti-
nus〈.〉 Ich sehe eüch für einfeltige leut an/ unnd ist mir
nicht wol gleublich〈/〉 das ir disen brief solt gemacht ha-
ben/ will euch den brief nicht verargenn172/ sonndern für
gut halten/ aber ich besorge〈/〉Karlstadt habe den Brief
gemacht und under der stat sigil gehandelt. Darauf
Radt unnd gemeyn geanntwort/ das Karlstat dises
briefs keynen Buchstaben gemacht/ auch mit irm stadt-
sigil nichts gehandelttby/ noch zuhandeln gestuͤnden/ das
wolten sy wol bey leyb und leben erhalten/ unnd thet ym
derhalben zukurtz/ dann sy wissen sich anders und bessers
fürzusehen dann das menigklich173 mitt irem sigil solt
umbgeen und zuschaffen habenn. Also hat doctor
Martinus des Raths brief zu Orlamünd vonn an-
fang byßbz zu ende gelesen.

Deß Raths und der gemeyn brieff
an Doctor Martinum Lutther.

Buchsymbol fehlt

Dem Christlichenn leerer Martino Luther
Unserm bruder in Christo
.

Goͤtlichen frid durch Christum unnsern herrenn
zuvor lieber brůder. Es hat uns unnser pfarrer und
seelsorger Anndresca Karolstadt nach dem er yetzt zu
Wittemberg geweßt174/ mit disem bericht zuerkennenn
geben/ wie er daselbst erfaren und gehoͤrt/ Als soltestu
uns auf deinem predigstůl für ketzer/ irrige und swir-
merische geister unverschampt ausschreyenn
/ So du
doch unnsere geyster nicht geprůfft/ nicht erforscht/
noch dich mit uns hirvon beredt hast. Und ob du solchs
verneinen woltest/ Bistu zu uberweysen175 in deinen eyg-
nen schryfften/ welche wir selbst und wol gelesen/ als du
wyder die irrigen geyster an die lanndtfürsten vonn
Sachssen geschryben176/ do du dann verachtest all die/ so
auß goͤtlichem bevelh/ stumme Goͤtzen und heydenischecb
bilder umbringen
/ wider welche du cceine craftloßecc welt-
weisse und umbestendigte bewerung auß deinem eigenen
hirn und nicht gegrünter schryfft/ auffmutzest
.177Das
du uns aber als glyder christi/ durch den vatter einge-
pflantzt unverhoͤrt unnd unuberweyst178/ so offenntlich
schiltst unnd lesterst/ das zeygt an/ das du dises war-
hafftigen Christi und suncd Gottis selbst kein glidt bist

dieweyl du freveliche scheltwort und nicht Christliche
und brůderliche straff als dir von Christo auffgelegt
Luce.xviii. Gegen unns fürnimstce179/ So du nur so un-
versunnen und hitziger stirn gewest/ werden wir auß
christlicher und brůderlicher lieb/ dir zu schreyben ver-
ursacht/ mit bit du woͤllest/ Gotte die seinen durch sei-
nen einigen sun christum erworben/ nit so turstig180 besudelncf
und versprechen.181 Nuecg moͤchtestu sagen/ syhe gute chri-
sten/ sy künnen nit leyden/ so man sy einwenig angreyft
Buchsymbol fehlt welchs christus gethon unnd noch vil mer erdult hat/
das wissen wir wol lieber Bruder/ weystu aber auch〈/〉 dasch
Christus die schryfftgelerten und vermeinte frummen
juden am hoͤchsten und stetz gestrafft unnd wee uber
sy geschryen hat/ und für die unverstendigen creutzigere
seinen vater gebeeten etc.182Hieneben erbieten wir unns
vor dir und yederman/ Ja auch wo nichts dann gestalt
des todts erscheint von unserem glauben und glaub-
reichen wercken/ durch goͤtliche crafft〈/〉 hulffe und bey-
stand bekentniß unnd rechenschafft zugeben
183/ Bitten
dich auch/ nach dem wir so hoch verdechtig bey dir
gehalden/ du woͤltest aufs fürderlichest〈/〉 so es dir gelegen〈/〉
bey uns erscheinen/ dich mit unns zubesprechen
/ unnd
wo wir irren (do vor uns Got bewar) gůtlich und nit
mit scheltwortten unterweysen und mit landtverbye-
tung bedreuen
184/ Hirauß Goͤtliche einigkeyt unnd
Christliche gemeine zu dem sonnderlichenn lob
Gottis auffgericht und erbauet werde/ Bitten
dein brůderliche antwort. Datum Orlemünd
dinstag nachci Assumptionis. Anno. xxiiii185

Rath und gemein zu
Orlemünd

Nach solchem verlesen hat doctor Martinus von
einem yetlichen186 artickel in sonderheit geredt/ und son-
derlich do187 er gelesen/ Es hat uns unser pfarrer unnd
seelsorger Andres Karlstat etc.188 hatt er gesagt/ ir heißt
in189 euern pfarnhern〈/〉 aber mein herrecj〈/〉hertzog Fridrich
unnd die Universitet zu Wittemberg wissen nichts
drumb190/ Man wirts im auch nicht gesteen191/ Darauff
ein kemererck des Raths192 geantwort/ wenn Karolstadt
unser pfarher nicht ist/ so hat Paulus falsch geleert193
Buchsymbol fehlt und euer bůcher můsten auch falsch sein,194 dann wir ha-
ben in195 erwelt/ wie unser schrift an obgemelt Universi-
tet gethan beweist und inne helt196/ und bey disem artickel
ist es also verbliben〈.〉

Forder hat er197 gelesen also im brief lauten/ Auß got-
lichem bevelhe/ stumme goͤtzen und heidenisch bilder um-
bringen etc.198 Und hatt davon wellen reden/ Ist Andres-
Karolstat eben zumassen komen199/ und haben im etliche
auff doctor Martinus seytten gewincket nider zusitz-
en/ Aber Karolstat ist zu doctor Martino gegangen
und gesagt/ Lieber herr doctor〈/〉 kündt ir es leiden〈/〉 so
entpfahe ich eüch/ darauff sprach Martinus/ Neyn〈/〉
ich kans nicht leiden. Do sagt Karolstat/ es ist gleich
sovil/ Und in dem er sich vom Martino wandte/ sagt
Martinus〈/〉 ir seyt meyn feind/ und ich hab euch einen
gulden darauf gegebenn200/ sprach Karolstat/ Ich will
euer feynd bleiben/ unnd aller der〈/〉 die wider got seind/
so lang ir wider die warheit und gott seyt. Anntwort
doctor Martinus Luther/ Herr doctor ir wolt hyn-
auß geen/ ich will euch bey der sach nit haben. Sprach
Karolstat〈/〉 ist doch hye ein offenliche audientz201/ handelt
ir recht/ so doͤrft ir euch vor mir nit scheuhen. Sprach
doctor Martinus/ Ir seyt mir verdechtig unnd mein
feynd/ sprach Karolstat/ ob ich gleich verdechtig wer〈/〉
so byn ich doch nicht euer richter/ aber bey euermcl wi-
dertheil202 moͤcht euer feind steen und zuhoͤrn.

Darauff hub fürstlicher prediger zu Wimar〈/〉 herr
Wolfgang stein an und sprach zu Karolstadt/ herr-
doctor〈/〉 ir habt euern abschidt zu Jhen erlanngt/ dar-
umb mügt ir wol hynaußgeen
/ Karolstat anntwort/
seyt ir doch mein fürst nicht/ das ir mir zugebiettenn
Buchsymbol fehlt habt/ wuecm203 er aber des fürstlichen bevelch hette/ moͤch-
te er denselben fürlegen
.204 Do aber Karlstat wolt zu-
hoͤren und sehen und nicht hynauß/ Sagt Martinus
zu seinem knechte/ span an/ span an/ Ich hab mit Ka-
rolstat nicht zuthun/ will er nicht hynauß〈/〉 so will ich
faren/ und stund auff. Damitt aber die angefangen
besprechung nicht verhindert wurde/ Ist Karolstadt
entwichen und hynwegk gangen.

Als nun Karolstat entwich/ Nam doctor Luther
des Raths brief wider herfure/ entschuldiget sich/ sa-
get〈/〉 er het der Orlamündische auff der cantzel oder in
seinem schreyben nie gedacht/ sy hetten mer zu Witten-
berg zůschicken〈/〉 denn das ir gedacht wurde〈.〉205 Derauffcn sagt
der stattschreyber zu Martino. Luth'er'〈/〉 Ir habt aber
geschriben〈/〉 das auß eurn eigen schriften zubeweisen ist〈/〉
das ir unns Orlamündisch auch mit den schwermer
und schwimeln geistern eingezogen und gemeint habtco/
als sollten wir auch〈/〉 wie zu Alstett geschehen〈/〉 dermassen
handeln und umbgeen/ dieweil wir auch die bilder ab-
gethon haben/ und das frey bekennen
206/ Darauff ant-
wort Marti'nus' Luth'er'〈/〉 Ich habe in gemein207 geredt/ unnd
seindt noch mer stette〈/〉 die es gethon habenn208/ habecp ich
euch getroffenn〈/〉 was kan ich darzů〈?〉/ Dargegen sagt
obgemelter209/ so habt ir uns aber mit unwarheyt getro-
ffen/ das ir uns den schwermen geystern vergleicht.

Darnach sprach Marti'nus' Luth'er'Ferner/ ir habt
mir einen feindeßbrief geschryben210/ ir gebet mir meinen
titel nicht211/ den mir doch etliche fürsten und herrn/ so
meine feinde seindt/ geben/ und nicht abbrechen
212/ darum
neme ich eurn brieff für einen feindts brieff an/ obenn
auff dem brieffecq heyst ir mich einen christlichenn lerer213/
Buchsymbol fehlt und ynwendig verdampt ir mich214/ darauf sprach der
Burgermyster〈/〉 wir haben euch brůderlichcr geschryben
und heimlich215 zwischen euch unnd uns angesprochen/
und nicht verdampt/ sagt Marti'nus'〈/〉 Brůderlich/ das
kann ich in dysem euren brieffe nicht versteen/ dann ich
halt ine für einenn feindtsbrieffe/ sprach einer auß der
gemein. Auß was ursachen/ ist er dann ein feindtsbrief〈?〉
Sprach Marti'nus' Luth'er'〈.〉 ob ich sonst nichtcs wüste〈/〉 das
ir schwirmer seit/ so weiß ichs doch yetzunder/ dann ir
brynnet alle vor meinen augen als ein feüer/ ir wert mich
doch nicht fressen
/216 und hub als baldt an und sprach/
wo woͤlt ir/ in der schryfft beweysen〈/〉 das man bilder soll
abthun? sprach einer auß dem rath/ Herr doctor freunt-
licher bruder〈/〉 ir lasst mir das zu〈/〉 das Moses ein außle-
ger der x gebot ist/ sagt M'artinus'〈/〉 ja/ sprach dieser weiter/ so stet
in den x worten geschriben/ du solt nicht fremde goͤter
haben217/ und als bald in der außlegung Mosy volget/ du
solt alle bilder abthun und keins haben218/ sagt Marti'nus'〈/〉
ja/ das ist von den abgoͤttischen bilden geredt/ dyse seint
abgoͤttische〈/〉 die man annbeetet/ was schadet mir ein
crucifix an der wandt〈/〉 das ich nicht anbeete〈?〉219/ sagt ein
schuster220/ ich habe offt vor einem bildt an der wanndt
oder auff dem wege mein hůt abgezogen〈/〉 das ist ein ab-
goͤtterey/ und gottis uneren und der armen menschen
grosser schaden/ darumb soll man bilder nicht haben221〈/〉
sprach Marti'nus'ct〈/〉 So můstu des mißbraucht auch die
weyber umbrengenn〈/〉 auch den wein vorschutten222/ ant-
wort ein ander auß der gemein〈/〉 nein/ das seint Creatur
von got/ uns zur hilffe/ und enthaltungen unnd not-
turft geschaffen/ die er uns nicht bevolhen hat umb-
zubringen/ Die bilder aber〈/〉 die menschen hende gemacht
haben/ die seint uns bevolhen abzuthun223/ doctor Mar'tinus'
hielt aber fest auf dem wort abgoͤtische bilder/ sprach
Buchsymbol fehlt der schuster wyder/ ja〈/〉 ich woͤlt dirs wol nach lassenn/
wanncu nicht in Mose alle bilder verboten weren224/ sprach
Marti'nus' Luth'er'〈/〉 Es steet nicht in der schryfft/ sagt der
schuster/ es gelt was du wilt es stet darinnen/ und schlugen
die henden zusamen und wetten/ sprach der schuster〈/〉
Waß ist das gesagt/ got spricht/ Ich will mein braut
nacket haben/ und will ir das hemde nicht anlassen225/ do
sangk Marti'nus' nider/ streich mit seiner handt uber sein
angesicht/ bedacht sich unnd sprach/ Ey hoͤre zu/ das
heyst bilder abthun/ ey wie ein seltzam teutsch ist das〈?〉/
hub ein ander an/ Ja es ist ja war unnd sovil gesagt/
got will〈/〉 das die seel aller creatur nacket/ das ist bloß und
ledig sein sol
/ und als bald ich mich mit einer erleubten
cvcreatur geluste/ so ist die seel verbildet/ wie vil mer wirtcv
die seel bedeckt und verwickelt/ wann sy sich mit verboten
bilder belustet.226In dem bracht einer das buch Mosy
und ward Marti'nus' der text gelesen also lautent/ So be-
waret nu euer seelen wol/ denn ir habt kein gleichniß ge-
sehenn des tages〈/〉 da der herre mit euch redet/ auß dem
feuer auff dem berge horebcw/ auff das ir euch nicht ver-
derbet/ und macht euch irgent ein bildt das gleich seincx
eim man oder weyb oder vyhe auff erdenn/ oder voͤgel
unter dem hymel oder gewürme auff dem landt oder
vichecy227 inn wassern unter der erden/ das du auch nichts
dein augen auffhebest geen himel unnd syhest die sonn
und den moncz und die stern/ das gantze herda des hymels
und werdest ausgestossen/ und beetest sy an/ und dienst
inen/ welcher der herre dein got zugeteilt hat allen voͤlck-
erndb under dem gantzen hymel228/ Darauß oͤffentlich volgt〈/〉
das nicht allein abgoͤtisch sonder alle bilder verbotten
seint/ ja das christen kein bilder machen noch haben solten〈.〉
Darauff sagt Marti'nus'〈/〉 es stůndt darbey geschryben/ du
solt keins anbeeten/ darumb hette got die abgoͤtische
gemeint/ do sagt einer auß der gemein/ es stet nichts
im text abgoͤttisch/ sondern du solt gar keins machen
noch haben/ das anbeeten ist ein sonderlich ubel/ das gotdc
Buchsymbol fehlt auch sonderlichdd verbotten229/ sprach Marti'nus'〈/〉 lyßde forth
und er laß〈/〉 du solt dein augen nicht auffheben/ gegen hy-
mel stern〈/〉 son und mon anzubeeten230/ fraget doctor Mar'tinus'
und sprach/ warumb dustu sy auch nit ab/ do antwort
der schuster/ stern vom himel seint nicht von unsern hen-
den gemacht/ darum got die stern nicht in unsere macht
geben abzuthun/ got hats uns auch nicht gebotten als
bilder abthun/ darumb sollen wirs nicht fürnemen.df

Do sprach Mar'tinus'〈/〉 er sagt nochmals von abgoͤtischen
bilde/ sprach der Burgermeister/ hoͤret lieben hern hoͤrt〈/〉
do wart ein groß stilschweygen/ do saget er weyter/ lie-
ben hern hoͤrt/ wir halten uns stracks nach dem wort
gots/ dann es stet geschryben/ irdg solt weder darzu setzendh noch
darvon nehmen
231/ do sprach der fürstlich prediger232〈/〉 lyeber alter
schweyget ir stille/ sprach Mar'tinus' wyder/ ir habt mich
verdampt/ antwort der schůsterdi/ so du ye verdampt
wilt sein/ halte ich dich und einen ytzlichen verdampt/ so
lang er wyder got und gotis warheit redt oder lyst
/ sprach
Mart'inus'〈/〉 das hettendj mir die kinder wol auff der gassen ge-
sagt und stundt darmit auf und eilet zum wagen.

Dodk233 das der kemerer234 einer sahe〈/〉 sprach er〈/〉 ey lyber herr do-
ctor saget uns vor235 von den articklen des sacraments und
der tauf236/
dodl keret sich. M'artinus' L'uther' umb und sprach/ ich hab ge-
nug darvon geschryben/ leset meine bůcher237/ antwort der238
widerumb/ ich habe sy zum teil gelesen/ ich byn aber darinne
meiner gewissenn nicht genůgsam ersetiget/ antwort
Marti'nus' Lut'her'〈/〉 hatdm ir wasdn fels drando〈/〉 so schreybet wyder
mich/ Darneben war der prior von Wittenbergdp239 sagt zum ke-
merer〈/〉 was brengen die bilder schaden/ antwort der kemerer〈/〉 vil〈/〉
der prior〈/〉 du soltest vil wyssen und darumb versteen/ der keme-
rer/ Ich hab sein mer vergessen〈/〉 denn ir es gelernet habt
lasse sy sich nyder setzen〈/〉 so wil ich euch von dem schaden der
bilder sagen/ aber sy240 eyleten alle sampt zum wagen und
furen also von dannen.

dqGot woͤll seiner warheit/ uns zu heyl und trost bey-
steen

Amen. Mich kümmert dyse speltung gar nicht/
denn ich will mich nach Gottis warheyt halten/ und nit
achten〈/〉 waß der mensch saget
.dq


aLuther C
bhochgelerte B
cbevelch C
dDurchleutigen B
evom Editor verbessert aus ohr AB; ur C
f-ffehlt C
gfolgt wie sich C
hpredig C
isind B
jkinnen C
ksolher C
langetzigt C
maus BC übernommen; Luhter A
ner es C
oMargraͤffische C
pherberge B
qnich B
rgrund C
sAnfachen C
tSagt C
ubedürfft C
vzeychet C
wSiche C
xanfachenn C
yDas B
zWarum C
aafehlt B
abevangeliuz B
acherfür C
adscheich C
aebeüte C
afscahft B
agwird C
ah-ahfehlt B
aigeren C
ajmeinent C
akfolgt gar B, C
albocht C
amgrossen C
anfürgefaren C
aovolckt A
apstuckt A, B
aqlelbentag B; lebtag C
arthon C
asthon C
atdarinnen C
auVersammelet C
avbocht C
awWa C
axwlecher C
aymoht B
azRaͤdt C
baander C
bbfürhaltet C
bcdannoch C
bdfolgt ich B
bezoch C
bfDranck C
bgader B
bhHindernuß C
bibescheidigen B
bjwalan B
bkschadt B
blweynmar B
bmweinmar B
bnWolfgan B
bogewartes C
bpbestoͤlten C
bqleuet C
brfreuntlich C
bsbannet A, B.
btfordert C
bu-buain predig C
bvMartiuus B
bwhyeltten C
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byhehandelt A; gehanhelt C
bzys C
caAndreas B
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cc-ccein ecraftloße C
cdson B
cefürnimbst C
cfbesudelen C
cgNun C
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cjherr C
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cleurem B
cmwye C
cndarauff B, C
cohab B
cphab C
cqbrieff C
crbruderlicher B
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ctfolgt L'uther'C
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cv-cvZeile doppelt C
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cyvysche C
czmond B
dahoͤr C
dbvoͤlck C
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dfAbsatz fehlt C
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dhsetze C
dischůchster C
djhett C
dkDa C
dlda C
dmhabt C
dnettwas C
dodaran C
dpWittemberg C
dq-dqfehlt B

124. August 1524.
3Ps 73(74),22, Beginn und Titel der 1520 erlassenen Bannandrohungsbulle gegen Luther. Korrespondierend mit dem letzten Satz des hier edierten Berichts (siehe KGK 267 (Textstelle)) kann hierin eine Aufforderung an den Leser gesehen werden, sich in Bezug auf die hier dargestellte Spaltung zwischen Luther und Karlstadt ein eigenes Urteil im Sinne der Wahrheit Gottes zu bilden; vgl. Hasse, Visitationsreise, 180.
521. August 1524.
6Luther unternahm vom 21.–24. August 1524 ausgehend von Jena eine Predigt- und Visitationsreise durch das mittlere Saaletal. Hierzu siehe die KGK 267 zu dieser Einheit.
722. August 1524.
8Thomas Müntzer und die Vorgänge in Allstedt. Hierzu siehe KGK 261 und KGK 262.
9Bezug auf Müntzers Wirken als Prediger in Zwickau (1520/21). Hierzu siehe Bräuer/Vogler, Müntzer, 92–124 und Kaufmann, Zwickauer Propheten.
10Zerreissen, zerbrechen, hier im Sinne eines Bildersturms.
11auszurotten.
12Hierbei handelt es sich um die von Luther immer wieder postulierten Merkmale des »aufrührerischen Geistes«. Hierzu siehe KGK 266 (Anmerkung).
13entstehen. Vgl. DWb 24, 1826 s.v. unterstehen II,6.
15Wahrscheinlich Bezug auf LuthersInvokavitpredigten.
16Hierzu siehe auch KGK 266 (Anmerkung).
18Vgl. KGK 266.
19Diese Äußerung legt nahe, dass der Brief offen in der Gaststube ausgehängt wurde. Siehe auch KGK 266.
20wenn.
21Es ist nicht bekannt, wer Luther das Schreiben überbrachte.
22wenn.
23Zu ihm siehe KGK 267 (Anmerkung).
24Wahrscheinlich handelte es sich hier um die im Gasthaus einquartierten Boten.
25Diese Aussage unterstreicht, dass bei dem hier dargestellten Streitgespräch die Differenzen zwischen Luther und Karlstadt erstmals für die Öffentlichkeit greifbar zu Tage traten. Bislang hatten die beiden Reformatoren die öffentliche Auseinandersetzung gescheut. Hierzu siehe auch KGK 267 (Anmerkung).
26Sitz, Sitzmöbel. Vgl. DWb 16, 860.
27Luther reiste in Begleitung des Weimarer Hofpredigers Wolfgang Stein (zu ihm siehe KGK 267 (Anmerkung)) und des ehemaligen Priors des Augustinerklosters in Wittenberg, Eberhard Brisger (zu ihm siehe KGK 267 (Anmerkung)); es ist also davon auszugehen, dass diese an seiner Seite saßen.
28Gemeint sind die oben genannten Anwesenden, vgl. KGK 267 (Textstelle).
29überfallen, angreifen, meist mit dem Nebensinn der Überraschung, aber auch Unruhe machen, beunruhigen. Vgl. DWb 23, 372, s.v. überlaufen Nr. 2.
30Gemeint ist die oben erwähnte Morgenpredigt Luthers in der Michaeliskirche; vgl. KGK 267 (Textstelle).
31jemanden mit Worten angreifen, beleidigen, tadeln. Vgl. FWB, s.v. antasten Nr. 8
33Vgl. auch LuthersBrief an die Fürsten zu Sachsen von dem aufrührerischen Geist: »Nu ist myr das eyne sondere freude/ das nicht die unsern solch wesen anfahen/ Und sie auch selbs wöllen gerhümet seyn/ das sie unsers teyls nicht sind/ nichts von uns gelert noch empfangen haben/ Sondern vom hymel komen sie/ und hören Gott selbst mit yhn reden/ wie mit den Engeln/ und ist eyn schlecht ding/ das man zu Wittemberg den glauben und liebe und creutz Christi leret. Gottes stym (sagen sie) mustu selbst hören/ und Gottes werck ynn dyr leyden/ und fülen wie schweer dein pfund ist/ Es ist nichts mit der schrifft/ Ja Bibel Bubel Babel etc. Wenn wyr solche wort von yhnen redeten/ so were yhr creutz und leyden (acht ich) theurer/ denn Christus leyden/ würdens auch höher und mehr preysen/ also gerne wollt der arme geyst/ leyden und creutz von yhm gerhümet haben. Und mügen doch nicht leyden/ das man ey wenig an yhrer hymelischen stym und Gottes werck zweyffel odder bedenck neme/ Sondern wöllens stracks mit gewallt gegleubt haben/ on bedencken/ das ich hohmütigen stoltzern heyligen geyst (wo ers were) widder gelesen noch gehort habe.« (WA 15, 211,22–212,7).
34Brotstücke in Suppe werfen, im übertragenen Sinne etwas vermischen, untermischen. Vgl. FWB, s.v. einbrocken.
35innerlich bewegen. Vgl. DWb 14,1468 s.v. rühren Nr. 4.
36Vgl. 1. Kor 11,23–26. Zu Karlstadts Abendmahlspraxis siehe Predigt vom Empfang des heiligen Sakraments (KGK IV, Nr. 210).
37Im Gegensatz zu Müntzer lehnte Karlstadt die Elevation ab, die er als alttestamentliches Opferritual verwarf. Hierzu siehe KGK 262 (Anmerkung).
38anfangen.
39Tatsächlich hatte es Luther in seinen Schriften und Predigten zwar bislang vermieden, Karlstadt namentlich zu nennen, sondern sich v.a. gegen den »Geiste von Allstedt« gewandt, durch die Hervorhebung von Bilderentfernung und Abendmahlsreform als zentrale Merkmale dieses »aufrührerischen Geistes«Karlstadt und seine Anhänger jedoch implizit in seine Kritik mit eingeschlossen. Hierzu siehe KGK 267 (Anmerkung) sowie KGK 266.
a So zuletzt in der um die Jahreswende 1523/24 gedruckten Schrift Von dem Priestertum und Opfer Christi (KGK VI, Nr. 249).
41Luther bezieht sich hier auf den dem Treffen vorausgegangenen Brief (KGK 266).
42Ich habe mit euch nichts zu tun; ich habe euch nichts getan.
43bezichtigen, beschuldigen, anklagen; vgl. DWb 31, 509.
44nun.
45Das Karlstadt die Kritikpunkte der Predigt auf sich und seine Lehre bezieht, sieht Luther als Beweis dafür, dass Karlstadt wie Müntzer zu den »Schwarmgeistern« zu zählen sei.
46anfangen.
47Wahrscheinlich bezieht sich Karlstadt hier auf die Predigt Luthers vom Morgen, wohl aber auch auf die Predigten und Berichte, die er in bei seinem letzten Aufenthalt in Wittenberg gehört hatte; vgl. KGK 267 (Textstelle).
49Ende Juni/Anfang Juli war es in Allstedt zu Aufruhr gekommen. Karlstadt hatte sich im Anschluss deutlich hiervon distanziert; vgl. KGK 261 und KGK 262.
50Gemeint sind die bei dem Gespräch anwesenden Personen.
51bedarf.
53Sendbrief der Orlamünder an die Allstedter (Beilage zu KGK 262). Dieser erschien Ende Juli 1524 bei Hans Lufft in Wittenberg im Druck und dürfte Luther daher bekannt gewesen sein.
54Vgl. KGK 267 (Textstelle). Damit setzte LutherKarlstadt und seine Anhänger mit der radikalen Reformation um Thomas Müntzer – dem »teuflischen Geist« – gleich, ohne die ihm bekannte Distanzierung der Orlamünder gegenüber den Entwicklungen in Allstedt zu berücksichtigen; siehe auch die vorige Anm.
56So zuletzt in der um die Jahreswende 1523/24 erschienenen Schrift Von dem Priestertum und Opfer Christi (KGK VI, Nr. 249).
58Erneut Bezug auf das Schreiben Karlstadts vom Vormittag. Luther hatte Karlstadt zu Beginn der Unterredung das Recht abgesprochen, ein solches zu schreiben; siehe KGK 267 (Textstelle).
59war.
61jemanden verbal angreifen, reizen, provozieren; jemandem übel nachreden; schmähen, schelten. Vgl. FWB s.v. stechen Nr. 7.
62Almosen, Stückchen Brot, das sich die herumziehenden Kurrendschüler erbettelten. Vgl. DWb 13, 1474f. s.v. parteken Nr. 2. Barge, Karlstadt 2, 127 Anm. 89 interpretiert diese Redewendung als »hochmütig behandeln«.
63Hierin kann auch bereits eine Ankündigung der Karlstadtschen Publikationsoffensive vom Herbst 1524 gesehen werden; vgl. KGK 273; KGK 274; KGK 275; KGK 276; KGK 277; KGK 278; KGK 279; KGK 280. Zum Zeitpunkt der Drucklegung der hier edierten Schrift befand sich Karlstadts Vertrauter Westerburg mit einem Großteil der Manuskripte auf dem Weg in die Schweiz, um sie dort zum Druck zu bringen; hierzu siehe auch KGK 267 (Anmerkung).
64wie ihr mich beschuldigt.
65Karlstadt hatte sich bereits im Juli und August mehrfach gegenüber den sächsischen Herzögen zur schriftlichen und mündlichen Verteidigung seiner Lehren bereit erklärt; vgl. KGK 265 und KGK 270. Ein ähnliches Vorgehen ist bereits 1518/19 im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung mit Eck zu beobachten.
66Karlstadt hatte sich um den 22. Juli zur Resignation seines Archidiakonats in Wittenberg aufgehalten. Hierzu siehe KGK 260.
67an sich fesseln, als Anhang erwerben. Vgl. DWb 10, 450 s.v. hängen Nr. 4.
68drohet.
69wenn.
70als.
71Luther bezieht sich hier wohl auf die von Karlstadt mitverfasste und am 24. Januar 1522 durch den Rat beschlossene Wittenberger Stadt- und Kirchenordnung, in der u.a. die geordnete, obrigkeitlich sanktionierte Entfernung der Bilder aus den Kirchen vorgesehen war; vgl. KGK V, Nr. 219 mit Beilage 1, hier besonders S. 183, Z. 3–5. Eine tumultartige Bilderentfernung ist dagegen für Wittenberg nicht belegt. Bezeugt ist lediglich eine Strafe für den Weißgerber Leonard Knodel, der am 6. Februar 1522 ein Bild in der Pfarrkirche abgerissen habe; vgl. Bünger/Wentz, Brandenburg, 155; Krentz, Ritualwandel, 204. Das Ausmaß der damit zusammenhängenden Unruhen war in der Forschung lange Zeit umstritten, es scheint sich jedoch um einen gemäßigten Vorgang gehandelt zu haben. Mit Krentz, Ritualwandel, 204 ist die »Bedeutung des Bildersturmes […] vielmehr in der späteren Flugschriftenkontroverse zwischen Luther und Karlstadt über die Bilderfrage zu suchen, in der sich beide Reformatoren auf die Ereignisse in Wittenberg 1522 bezogen.« Hierzu siehe auch Krentz, Ritualwandel, 581–585.
72Terminus technicus für den 24 Personen umfassenden Gesamtrat der Stadt Wittenberg. Hierzu siehe Bubenheimer, Aufruhr, 175f. mit Anm. 154.
73Gemeint sind hier wahrscheinlich Justus Jonas, Philipp Melanchthon, Nikolaus von Amsdorf und Johann Eisermann, neben Karlstadt Teil des fünfköpfigen Universitätsausschusses, der an der Abfassung der Wittenberger Stadt- und Kirchenordnung beteiligt gewesen war. Hierzu siehe die Einleitung zu KGK IV, Nr. 221.
74Erneut Bezug auf die Verabschiedung der Wittenberger Stadt- und Kirchenordnung (wie KGK 267 (Anmerkung)). Anders als hier suggeriert, waren die Vertreter der Universität jedoch nur beratend an deren Abfassung beteiligt, bei der eigentlichen Beschlussfassung im Rat waren sie nicht stimmberechtigt; vgl. Bubenheimer, Aufruhr, 176 Anm. 159.
75Nach Luthers Rückkehr von der Wartburg hatten Justus Jonas, Nikolaus von Amsdorf, Philipp Melanchthon sich von Karlstadt und seinen Reformen distanziert und wieder Luther zugewandt.
76Karlstadt spielt hier auf seine isolierte Situation in Wittenberg nach der Rückkehr Luthers von der Wartburg an. Hierzu siehe auch KGK 267 (Anmerkung) und KGK 267 (Anmerkung).
77war.
78bewirken. Vgl. DWb 25, 1050, s.v. verschaffen Nr. 2.
79Im Rahmen seiner Invokavitpredigten hatte Luther die in seiner Abwesenheit maßgeblich von Karlstadt mitverantworteten Reformen kritisiert und rückgängig gemacht. Gleichzeitig war eine bereits im Druck befindliche Schrift Karlstadts durch die Universität Wittenberg im April 1522 zensiert worden, womit KarlstadtLuther in Verbindung brachte; vgl. Hasse, Bücherzensur, 189–193 sowie KGK V, Nr. 227. Kurze Zeit später wurde noch eine weitere Schrift Karlstadts zensiert; vgl. KGK V, Nr. 228 sowie Zorzin, Flugschriftenautor, 229f.
80Es ist nicht ganz eindeutig, auf welche Predigertätigkeit sich Luther hier bezieht. Der inhaltliche Zusammenhang mit der Zensur der Karlstadtschriften, die mit einer Einschränkung seiner Predigttätigkeit in Wittenberg einherging, legt nahe, dass er sich hier auf Wittenberg bezieht – verbunden mit einer Spitze gegen die von Karlstadt 1523 postulierte göttliche Berufung zum Predigtamt, derer er sich nach eigener Aussage zunächst nicht sicher war; vgl. KGK VI, Nr. 248. Luther könnte sich aber auch auf Karlstadts Predigttätigkeit in Orlamünde beziehen, deren Rechtmäßigkeit er bezweifelte, siehe KGK 267 (Anmerkung).
81Dem impliziten Zweifel Luthers an der Rechtmäßigkeit seiner Predigttätigkeit begegnet Karlstadt hier mit dem Unterschied zwischen der äußeren (menschlichen) und inneren (göttlichen) Berufung, die er bereits in Ursachen seines Stillschweigens und von rechter Berufung (KGK VI, Nr. 248) und in Von dem Priestertum und Opfer Christi (KGK VI, Nr. 248) thematisiert hatte. Sowohl aus äußerer – hier von Luther wahrscheinlich gemeinten – als auch aus innerer Berufung stand ihm demnach das Predigtamt zu. So war er als von Menschen berufener Archidiakon des Allerheiligenstifts eigentlich verpflichtet, regelmäßig in der Stiftskirche zu predigen sowie als nomineller Pfarrherr grundsätzlich auch berechtigt, in Orlamünde zu predigen (vgl. hierzu Bünger/Wentz, Brandenburg, 96f.), aus göttlicher Berufung aber auch verpflichtet, das Wort Gottes an die Gemeinde weiterzugeben, für die er von Gott erwählt wurde.
82Bezug auf Karlstadts Tätigkeit als Pfarrer von Orlamünde. Luther stellte in Frage, dass er diese Stelle rechtmäßig ausfülle, da ihre Besetzung ohne Zustimmung des Kurfürsten und Universität und Stiftskapitel geschehen sei. Bereits im Januar hatte Luther gegenüber dem Weimarer Kanzler Brück beklagt, dass Karlstadt dort, wo er berufen sei (in Wittenberg), schweige und dort, wo er nicht berufen sei (in Orlamünde), lehre und verkündige; vgl. WA.B 3, 233,16–19 Nr. 703. Zur Übernahme der Pfarrei durch Karlstadt siehe KGK VI, Nr. 242 und Nr. 243.
83schmähen, übel nachreden. Vgl. FWB, s.v. anziehen Nr. 17. Auf welche Schriften sich Luther hier bezieht, ist nicht eindeutig zu ermitteln. Wahrscheinlich sind die bei Buchfürer in Jena Ende 1523/Anfang 1524 erschienenen Schriften (vgl. KGK 255 (Anmerkung)) gemeint, die Luther teilweise auf sich bezog, auch wenn der inhaltliche Zusammenhang auch den Bezug auf eine frühere Schrift möglich erscheinen lässt.
84Wahrscheinlich spielt Karlstadt hier auf die Schrift Ursachen seines Stillschweigens und von rechter Berufung (KGK VI, Nr. 248) an, möglich wäre aber auch, dass er sich auf Von demPriestertum und Opfer Christi (KGK VI, Nr. 249) bezieht. Zu diesen Schriften siehe auch KGK 267 (Anmerkung).
85Bezug auf Mt 5,23–25.
89Vermutlich ist ein Treffen Luthers, Melanchthons und Bugenhagens mit Karlstadt im April 1522 gemeint, in dem LutherKarlstadt bat, die später zensierte Schrift über die Messe gegen Dungersheim (KGK V, Nr. 227) nicht zu veröffentlichen. In diesem Zusammenhang hätte LutherKarlstadt auch die Anmerkungen der Universität übergeben, die mit Schreiben vom 27. April 1522 auch an Friedrich III. übersandt wurden (KGK V, Nr. 227 Beilage 1); vgl. Barge, Karlstadt 2, 562f. Brecht, Luther, 202 geht dagegen davon aus, dass Luther hier auf ein Treffen während Karlstadts Aufenthalt in Wittenberg Anfang April 1524 anspielt.
90Möglicherweise spielt Karlstadt hier auf ein weiteres Treffen mit Luther an, dass nach der Konfiskation seiner Schrift, aber vor dem Gutachten der Universität ohne Beteiligung Melanchthons und Bugenhagens stattgefunden haben könnte. So berichtet Luther gegenüber Spalatin von einem privaten Treffen mit Karlstadt, in dem er ihn gebeten habe, nicht gegen ihn (Luther) zu schreiben (vgl. WA.B 2, 509,11–17 Nr. 479), was die Anwesenheit weiterer Personen jedoch nicht zwingend ausschließt.
91belügen. Hierzu vgl. FWB, s.v. liegen.
92Die Artikel der Universität (wie KGK 267 (Anmerkung)).
93Hieronymus Emser. Dieser hatte sich im April 1522 schriftlich gegen Karlstadts Traktat Von Abtuung der Bilder gewandt; vgl. EmsersVerantwortung auf das ketzerische Buch [[…]] von Abtuung der Bilder (ediert in Laube/Weiß, Flugschriften, 305–335 Nr. 12). Die von Karlstadt verfasste Gegenschrift wurde konfisziert und zensiert; vgl. KGK V, Nr. 228. Zu dieser Kontroverse siehe auch Smolinsky, Bildersturm.
94war.
96während des Schweigens.
97sich nichts daraus machen, Anstoß nehmen. Vgl. DWb 11, 418 s.v. keren Nr. 9.
98Karlstadt bezieht sich hier auf die in die Antike zurückgehende und im ausgehenden Mittelalter weiterhin vorherrschende Vier-Säfte-Lehre, wonach das durchaus Schwankungen unterworfene Mischungsverhältnis (Complexion) dieser vier Säfte (schwarze Galle, Schleim, gelbe Galle und Blut) den Gesundheitszustand, aber auch das Temperament des jeweiligen Menschen bestimmte. Überwog die gelbe Galle, wie hier von Karlstadt wohl intendiert, handelte es sich um einen Menschen mit eher cholerischem, galligem Temperament, überwogen die anderen Säfte, verschob sich das Temperament in Richtung Melancholie (schwarze Galle), Phlegmatismus (Schleim) und Lebendigkeit (Blut).
99hart.
100besser.
101hineindrängen, hineinstürzen; hier wohl im Sinne von: in den Vordergrund drängen. Vgl. DWb 3,201 s.v. einherfahren.
102prahlerisch, hochmütig und mit übertriebenem Selbstbewusstsein auftreten. Vgl. DWb 13, 1956 s.v. pochen Nr. 3.
103Karlstadt gibt den Vorwurf an Luther zurück.
104tadeln, schelten. Vgl. DWb 19, 715f s.v. strafen Nr. 5.
105Karlstadt eröffnete und beendete mit seinen Disputationen zu den Themen Gnade und freier Wille die Reihe der Disputationen mit Eck in Leipzig. Tatsächlich war der Anstoß zur Leipziger Disputation von Karlstadt ausgegangen, Luther hatte erst im Februar 1519 erklärt, persönlich an der Disputation teilnehmen zu wollen; vgl. KGK II, Nr. 105.
106das.
107als.
108Bezug auf die im Beisein der Deputierten Herzog Georgs von Sachsen und Vertretern der Universität Leipzig getroffene Vereinbarung zwischen Eck, Karlstadt und Luther über den Ablauf der Leipziger Disputation im Juni/Juli 1519. Während Karlstadt diese schon am 26. Juni 1519 unterzeichnete und bereits vom 27. Juni bis 3. Juli 1519 mit Eck disputierte, unterzeichnete Luther diese Vereinbarung erst am Morgen des 4. Juli 1519 kurz vor Beginn seiner Disputation mit Eck; vgl. Einleitung zu KGK III, Nr. 130, S. 279. Im Vorfeld der Disputation war es zudem lange unsicher gewesen, ob Luther überhaupt eine Zulassung zur Teilnahme an der Disputation erhalten würde; vgl. KGK II, Nr. 105.
109Gemeint sind die Anhänger der radikalen Reformation, hierzu siehe auch KGK 266 sowie KGK 267 (Anmerkung).
112Mit dieser Aussage stellt Luther erstmals öffentlich den Zusammenhang zwischen Karlstadt und Müntzer her, was er bislang in seinen Predigten und Schriften zwar vermieden, in seiner privaten Korrespondenz jedoch bereits deutlich gemacht hatte; vgl. KGK 267 (Anmerkung) und KGK 267 (Anmerkung).
113Wahrscheinlich bezieht sich Luther hier auf die Ende 1523/Anfang 1524 unter Umgehung der Wittenberger Universitätszensur bei Buchfürer in Jena erschienenen Karlstadtdrucke; vgl. KGK 255 (Anmerkung).
114wüsste.
115böswilliger Mensch. Vgl. DWb 14, 2069 s.v. schalk, Nr. 2.
116ihn.
117ihn.
118Anwesenden.
119sich etwas Fremdes aneignen, anmaßen. Vgl. Georges, Handwörterbuch (1995) 1, 585, s.v. arrabo. Gemeint ist hier jedoch das vom hebr. ערבון (= Unterpfand) abgeleitete Wort »arrabo« (vgl. Georges, Handwörterbuch (1995) 1, 585, s.v. arra), das meist im Sinne von Pfand, Bürgschaft, Zeichen, aber auch als Bezeichnung für »Dran- oder Handgeld« (vgl. Mlat. WB 1, 975, s.v. arrabo Nr. 1), also »Geld, was bei Eingehung eines Vertrags dem sich zu Leistungen und Diensten Verpflichtenden gegeben wird«, genutzt wurde; vgl. DWb 10, 389; siehe auch DWb 8, 2090f. s.v. gottespfennig).
120Dem bedarf es nicht.
121Eine Münze durch Verbiegen (»Krümmen«) kennzeichnen. Vgl. DWb 11, 2458f s.v. krümmen Nr. 2b.
122ihn.
123ihn.
124»mit dem angebotenen Glas eines anderen auf dessen Gesundheit trinken.« Vgl. FWB, s.v. bescheid Nr. 2.
125verschaffen, heimlich zukommen lassen (hier in negativer Bedeutung). Vgl. DWb 32, 787. – Aufgrund seiner Erfahrungen in Wittenberg (siehe KGK 267 (Anmerkung)) sah sich Karlstadt anscheinend genötigt, sich dies noch einmal zusichern zu lassen.
126Dieses Vorhaben kann im Zusammenhang mit dem spätestens seit Mitte 1522 eingetreten sukzessiven Wandel von Karlstadts Lebensweise hin zum »neuen Lai« gesehen werden. Bereits bei seiner Übersiedelung nach Orlamünde hatte er angekündigt, nicht zwingend nach Wittenberg zurückkehren zu wollen, sondern, sollte Herzog Johann mit seiner Amtsführung nicht zufrieden sein, ein Landgut zu erwerben und seinen Lebensunterhalt als Bauer zu verdienen; vgl. KGK VI, Nr. 242.
127in Erfahrung bringen. Vgl. FWB, s.v. innewerden Nr. 1.
128zustehen. Vgl. DWb 1, 482 s.v. anstehen Nr. 12.
130Ob Karlstadt noch an diesem Tag nach Orlamünde zurückkehrte, ist unbekannt, möglicherweise blieb er auch in Jena, wo er Unterkunft bei seinem Schwager Gerhard Westerburg, Martin Reinhart oder anderen Anhängern gefunden haben könnte. Gesichert ist, dass er sich am 24. August 1524 wieder in Orlamünde aufhielt; siehe KGK 267 (Textstelle).
131Luther predigte am Nachmittag in der Schlosskirche zu Jena; vgl. Hasse, Visitationsreise, 181.
132Kahla. Dorthin reiste Luther im Anschluss an seine Predigt (wie vorige Anm.); vgl. Hasse, Visitationsreise, 185f.
133war(en).
135Wolfgang Stein (gest. 1553), aus Zwickau, 1505 imm. Erfurt; 1508 in Eisenberg, 1517–1519 Probst in Eisenberg, 1519 Hofprediger und 1529 Superintendent in Weimar, 1530 Dechant am Georgenstift in Altenburg, 1539–1545 Superintendent in Weißenfels; vgl. Pfarrerbuch Kirchenprovinz Sachsen 8, 361.
136Eberhard Brisger (ca. 1490–1545), aus der Nähe von Koblenz, 1508 Augustinermönch in Wittenberg, Studium in Wittenberg und Köln, letzter Prior des Augustinerklosters in Wittenberg, 1525 Heirat und Pfarrer in Altenburg, 1539/40 Superintendent in Zeitz; vgl. NDB 2, S. 618.
138Name konnte nicht ermittelt werden.
139der Kürze halber.
14022. August 1524.
142erwarten. Vgl. FWB, s.v. gewarten Nr. 1.
143zugegen. Vgl. DWb 25, 522.
144Möglicherweise hatten die Orlamünder im Vorfeld der Visitationsreise Kontakt zum Weimarer Hof aufgenommen und um ein Treffen mit Luther zum Austausch über die gegen sie vorgebrachten Vorwürfe gebeten. Hierzu siehe auch die KGK 267 zur vorliegenden Einheit.
145Name unbekannt.
146Siehe KGK 267 (Textstelle). Zu diesem Schreiben insgesamt siehe KGK 267 (Anmerkung).
148Kahla, wo sich Luther vom 22. auf den 23. August aufhielt.
149ihnen.
15023. August 1524.
15224. August 1524.
153ein Uhr mittags.
154Die Mehrzahl der Orlamünder befand sich auf dem Feld bei der Ernte, augenscheinlich erwarteten sie die Ankunft Luthers nach der Erfahrung am Vorabend nicht.
156Name konnte nicht ermittelt werden.
158jemanden vor Gericht, auf das Rathaus fordern, zu sich fordern. Vgl. DWb 3, 1892f. s.v. fordern Nr. 7.
159zum Gruß verneigen. Vgl. DWb 13, 568 s.v. neigen Nr. 2a.
160Ehrbarer.
162Hierzu siehe die KGK 267 zur vorliegenden Einheit.
163aufbrechen, abreisen.
164Amtshaus des Schossers, Amtmann unterschiedlichen Rangs, vom einfachen Steuereintreiber bis hin zum Kämmerer und Rentmeister. Vgl. DWb 15, 1600 s.v. Schösser.
165»Erber hochgelerter günstiger herr doctor« (siehe KGK 267 (Textstelle)). Diese Aussage ist in Zusammenhang mit dem späteren Vorwurf Luthers zu sehen, die Orlamünder hätten ihm seinen rechtmäßigen Titel nicht gegeben; siehe KGK 267 (Textstelle).
167weiter.
168von ihnen; d.h. den Mitgliedern des Rates.
169Die Orlamünder beziehen sich hier höchstwahrscheinlich auf die seit der Übersiedelung Karlstadts nach Orlamünde vorgenommenen Reformen – die Entfernung der Bilder aus der Kirche, die Darreichung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt und die Einstellung der Kindertaufe. Luther hatte diese in seinem Brief an die Fürsten zu Sachsen von dem aufrührerischen Geist als Merkmale »des mörderischen Geistes« genannt; vgl. KGK 266.
170ihnen.
171ihnen.
172als schlecht auffassen, verübeln. Vgl. DWb 25, 84.
173jeder, jedermann. Vgl. FWB, s.v. menglich.
175überführen. Vgl. DWb 23, 640f s.v. überweisen Nr. 2 u. 3.
176Gemeint ist LuthersBrief an die Fürsten zu Sachsen von dem aufrührerischen Geist (WA 15, 199–221).
177jemandem etw. vorwerfen, vorhalten. Vgl. FWB s.v. aufmucken.
179Möglicherweise Bezug auf Lk 18,9–14 (Gleichnis vom Pharisäer und vom Zöllner). Es wäre aber auch möglich, dass die Orlamünder sich hier auf Mt 18,15 beziehen; vgl. WA 15, 343, hier ist diese Bibelstelle als Marginalie angegeben.
180respektlos, dreist, unverschämt. Vgl. FWB s.v. turstig Nr. 3.
181tadeln, schmähen, verleumden. Vgl. DWb 25, 1472 s.v. versprechen Nr. B.
183Vgl. 1. Petr 3,15. Ähnlich hatte sich Karlstadt gegenüber Luther bei ihrem Treffen in Jena geäußert, siehe KGK 267 (Textstelle).
184Bezug auf LuthersBrief an die Fürsten zu Sachsen von dem aufrührerischen Geist, in dem er die Ausweisung der gewaltbereiten Aufrührer forderte: »Wo sie aber wollen mehr thun denn mit dem wort fechten, wollen auch brechen und schlahen mit der faust, da sollen E'uer' F'ürstlich' G'naden' zu greyffen. Es seyen wyr odder sie, und stracks das land verbotten und gesagt: Wyr wollen gerne leyden und zusehen, das yhr mit den wort fechtet, das die rechte lere bewerd werde, Aber die faust haltet stille, denn das ist unser ampt, odder hebt euch zum lande aus. Denn wyr, die das wort Gottes füren, sollen nicht mit der faust streytten« (WA 15, 219, 5–11).
18516. August 1524. Zu dieser Datierung siehe KGK 267 (Textstelle).
186jeglichen.
187als.
188Wörtlicher Bezug auf den Brief der Orlamünder an Luther; vgl. KGK 267 (Textstelle).
189ihn.
190Luther behauptete, Karlstadt habe unberechtigterweise und ohne Wissen der für Nomination (Universität und Stiftskapitel) und Präsentation (Kurfürst Friedrich III.) zuständigen Stellen die Pfarrstelle in Orlamünde übernommen, was jedoch nicht den Tatsachen entsprach. Zur Übernahme der Pfarrei Orlamünde durch Karlstadt siehe KGK VI, Nr. 242 und Nr. 243.
191erlauben, gestatten. Vgl. DWb 5, 4214 s.v. bestehen Nr. 27.
192Kämmerer, hier im Sinne von Ratsherr.
193Bezug auf das in Tit 1,5–9 formulierte Recht einer Gemeinde, ihren Pfarrer selbst zu wählen, das die Orlamünder zur Begründung der Wahl Karlstadts herangezogen hatten; vgl. Einleitung zu KGK 256.
194Bezug auf Luthers im Mai bzw. November 1523 erschienene Schriften Dass eine christliche Versammlung Recht und Macht habe (WA 11, 401–416) und De instituendis ministris ecclesiae (WA 12, 160–196), in denen Luther der Gemeinde die Wahl des Pfarrers zugestand. Letztere ließ der Jenaer Prediger und Karlstadtanhänger Martin Reinhart im Sommer 1524 nochmals in einer von ihm angefertigten deutschen Übersetzung bei Heinrich Steiner in Augsburg drucken (VD 16 L 4999), ihr Inhalt dürfte den Orlamündern also geläufig gewesen sein.
195ihn
196Vgl. KGK 256 (Textstelle); Universität und Stiftskapitel hatten diese Wahl nach Rückversicherung beim Kurfürsten jedoch abgelehnt, vgl. KGK 256 (Textstelle).
199hinzugekommen.
201Anhörung, Unterredung. Vgl. DWb2 3, 399.
202Streitgespräch. Vgl. DWb 29, 1337f s.v. widerteil Nr. 2.
203wenn.
204Karlstadt zieht hier in Zweifel, dass Stein (und damit auch Luther) im offiziellen Auftrag Kurfürst Friedrichs III. und Herzog Johanns handelten. Zur Bevollmächtigung Luthers siehe die Einleitung zu dieser Einheit.
205Sie hätten Besseres in Wittenberg zu tun, als sich mit ihnen (den Orlamündern) zu beschäftigen.
206Vgl. KGK 267 (Anmerkung). Bezug auf LuthersBrief an die Fürsten zu Sachsen von dem aufrührerischen Geist (WA 15, 199–221). Hierin hatte Luther sich zwar offen nur gegen Thomas Müntzer und seine Anhänger gewandt, aber u.a. durch die Verknüpfung von aufrührerischer Gesinnung und Entfernung der Bilder aus den Kirchen indirekt auch an Karlstadt und seine Anhänger, die die Bilder bereits aus ihren Kirchen entfernt hatten; KGK 270 (Textstelle).
207allgemeinen.
208Noch am Tag zuvor hatte Luther in Kahla vor einem zerbrochenen Kruzifix gepredigt, ein Bildersturm ist für Kahla aber auszuschließen; vgl. Hasse, Visitationsreise, 185–188.
209Der Stadtschreiber.
210Bezug auf den (KGK 267 (Textstelle)) abgedruckten Brief vom 16. August 1524.
211Luther spielt auf das Fehlen seines akademischen Titels in der Anrede des Briefs der Orlamünder (wie vorige Anm.) an, hierin hatten sie ihn als »Christlichenn leerer Martino Luther Unserm bruder in Christo« adressiert (siehe KGK 267 (Textstelle)).
212jm. etwas, was ihm zusteht vorenthalten. Vgl. FWB, s.v. abbrechen Nr. 10.
214Siehe nochmals KGK 267 (Anmerkung).
215vertraut, freundschaftlich.
216Bezug unklar. Möglicherweise ist Dan 3 gemeint.
219Luther unterscheidet – anders als Karlstadt, für den beide Aspekte deckungsgleich sind – zwischen »neutralen« Bildern und »abgöttischen«, also angebeteten bzw. zur Anbetung geschaffenen Bildern, die er als Verstoß gegen das alttestamentliche Bilderverbot ablehnt. Das Kruzifix sieht er in diesem Zusammenhang – sofern es nicht angebetet wird – als Zeichen; vgl. LuthersInvokavitpredigten: »Dann ich vermeyn, es sey keyn mensch oder ir gar wenig, der nit den verstandt hab: das crucifix, das da steet, ist mein got nicht, dann mein got ist im hymmel, sonder nur ein zeychen. Aber des andern mißbrauchs ist die welt vol: den wer wollte ein holzen oder silbern bilde in die kirchen setzen, wenn er nicht gedechte, goteynen dienst darn zethun« (WA 10.3, 31,7–11 Nr. 4).
220Zu ihm siehe KGK 267 (Anmerkung).
221Der Schuster nimmt hier die Argumentation Karlstadts auf, wonach die Verehrung von Bildern die Seele des Betenden »ermorde« (vgl. Von Abtuung der BilderKGK V, Nr. 219, S. 141, Z. 22–25), da dieser seine Seele nicht an Gott und seinen Willen, sondern an etwas Kreatürliches hänge, was eine vollkommene Vereinigung mit dem Vater/Schöpfer verhindere. Hierzu siehe auch KGK 267 (Anmerkung) sowie Von Mannigfaltigkeit des Willens Gottes und Was gesagt ist: Sich gelassen (KGK VI, Nr. 239 und Nr. 241).
222Bereits 1522 hatte sich Luther in den Invokavitpredigten dieses Arguments bedient, um der Entfernung der Bilder aufgrund der damit zusammenhängenden möglichen Versuchung zu begegnen: »Wytter, der wein und weyber bringen manchen zu jamer und machen in zu eym narren, darumb wollen wir alle weyber toedten und allen weyn verschütten« (WA 10.3, 33,12–14 Nr. 4).
223Der Schuster hebt hier auf den Unterschied zwischen Gottes Schöpfung und von Menschen geschaffenen Bildern ab. Während der Mensch durch die Verehrung bzw. Nutzung der ersteren Gottes Willen nachkommt – zumindest solange seine Liebe zur Natur und den Menschen der Liebe zu Gott entspringt – handelt er durch die Anbetung der Bilder gegen Gottes Willen. Zu diesem Gedankengang siehe auch Karlstadts Predigt Von den zwei höchsten Geboten der Liebe (KGK VI, Nr. 247).
224Erneut Bezug auf 2. Mose 20,4; 5. Mose 5,8.
225Dieser Ausspruch des Schusters ist sicherlich vor dem Hintergrund der durch die mystische Theologie Taulers beeinflussten Gelassenheitstheologie Karlstadts als Metapher im Hinblick auf die vollkommene Vereinigung der Seele des glaubenden Menschen mit Gott zu verstehen: Um diese höchste Stufe der Gelassenheit zu erreichen, muss die Seele (die Braut) von allem Kreatürlichen befreit, also »nackt« bzw. »blos« werden; siehe ähnlich auch KGK 267 (Textstelle). Zur Metapher von Braut und Bräutigam in diesem Zusammenhang siehe KGK VI, Nr. 239, S. 74, Z. 24 – S. 75, Z. 2. Auf welche Bibelstelle sich der Schuster hier jedoch genau bezieht, ist unklar. Albrecht, WA 15, 346 Anm. 1, vermutet Hes 16,39. Möglich erscheint jedoch auch ein Bezug auf Hos 2,3.14, diese Bibelstelle hatte Karlstadt bereits im Rahmen seiner Taulerrezeption bei der Lektüre einer Predigt in Bezug zur Bilderthematik angemerkt; vgl. Bubenheimer, Karlstadt liest Tauler, 22.
226Die Orlamünder nehmen hier Karlstadts Lehre von der Reinigung der Seele auf, wonach diese von allem Kreatürlichen befreit sein muss bzw. sich an nichts Kreatürliches hängen darf, um zur vollkommenen Erkenntnis Gottes zu kommen. Vgl. Von den zwei höchsten Geboten der Liebe (KGK VI, Nr. 247, S. 251, Z. 15–21) sowie Von Mannigfaltigkeit des Willens Gottes (KGK VI, Nr. 239, S. 64, Z. 19 – S. 65, Z. 19 und S. 40, Z. 23 – S. 42, Z. 28).
227Fische.
229Der Orlamünder Bürger folgt in der Auslegung von 2. Mose 20,3–5 der Interpretation Karlstadts, der das alttestamentliche Bilderverbot als eigenständiges Gebot sieht und hieraus das Verbot der Schaffung und Anbetung der Bilder ableitet. Luther dagegen ordnet das Bilderverbot dem ersten Gebot unter, das er als Verbot der Abgötterei sieht, woraus er seinerseits lediglich das Verbot der Bilderanbetung, nicht des Bildermachens ableitet, also auch einen unkultischen Gebrauch von Bildern in Betracht zieht; vgl. Stirm, Bilderfrage, 46–49.
233als.
235vorher.
236Gemeint sind die Darreichung des Abendmahls im evangelischen Sinne und die Ablehnung der Kindertaufe.
237Im Dezember 1523 legte Luther mit der Formula missae et communionis (WA 12, 205–212) seine Konzeption der evangelischen Abendmahlsfeier vor. Bereits im Frühjahr 1523 hatte er sich in Von Anbeten des Sakraments des heiligen Leichnams Christi (WA 11, 418–456) zur Realpräsenz Christi in Abendmahl bekannt und die Elevation als liturgische Geste beibehalten, war aber auch auf die Taufe von Kleinkindern eingegangen.
238Kämmer, Ratsherr.

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