Nr. 267
Was Karlstadt und Luther zu Jena beredet und wie sie vereinbart haben, gegeneinander zu schreiben sowie die Unterredung Luthers mit Rat und Gemeinde zu Orlamünde
Jena, 1524, 22. August und Orlamünde, 24. August (Druck: [Bamberg oder Wertheim], 1524, [Mitte September])

Einleitung
Bearbeitet von Stefanie Fraedrich-Nowag

1. Überlieferung

Frühdruck:

[A:]Karlstadt, Andreas Bodenstein von
Weſʒ ∥ ſich doctoꝛ ∥ Anndꝛeas Boden∥ſtein von Karlſtadt ∥ mit doctoꝛ Martino Lut∥ther/ beredt ʒu Jhenn/ Vnnd ∥ wie ſy wider einander ʒuſchꝛeibenn ∥ ſich entſchloſſen haben. ∥ Jtem ∥ Die handlung Doctor ∥ Martini Luthers mit dem Rath ∥ vnnd Gemeyne/ der Statt Oꝛla⸗∥münd/ am tag Bartholomei Da∥ſelbſt geſchehen.Anno ꝛc. xxiiij. ∥ Exurge domine, Iudica cauſam tuam ∥ [TE]
[Bamberg bzw. Wertheim]: [Georg Erlinger], [1524].
4°, 12 Bl., A4–C4; TE.
Editionsvorlage:
BSB München, 4° H.ref. 749.
Weitere Exemplare: UB München, 0014/W 4 Theol. 5463(2) 17. — HAB Wolfenbüttel, Yv 1737.8 Helmst.; G 74.4 Helmst. (11); Yv 1921.8 Helmst.; A: 131.6 Theol. (19); A. 148.26 Theol. (23); A: 156 Theol. (8); A: 140.22 Theol. (18).
Bibliographische Nachweise:

Die Titeleinfassung bestehend v.a. aus floralen Elementen dient in erster Linie dekorativen Zwecken, oben mittig befindet sich eine Medaille mit einem Kopf, unten die Darstellung eines Rades mit drei Menschen.

Frühdruck:

[B:]Karlstadt, Andreas Bodenstein von
Wes ſich doctoꝛ andꝛeas ∥ Bodenſtein von Karlſtadt mit ∥ doctoꝛ Martino Luther/ ∥ beredt ʒu Jhen/ Vnd wie ∥ ſy wider einander ʒu ∥ ſchꝛeiben ſich ent∥ſtchloſſen ha-∥benn. ∥ Jtem ∥ Die handlūg Doctoꝛ Ma∥rtini Luthers mit dem Rath. ∥ vnd Gemeyne/ der Stat Oꝛ∥lamund/ am tag Bartholo∥mei Daſelbſt geſtchehen. ∥ Anno etc. xxiiij. ∥ Exſurge dn̄e. Judica cauſaʒ tuā ∥ [TE]
[Leipzig]: [Jakob Thanner], [1524].
4°, 12 Bl., A4–C4; TE.
Editionsvorlage:
ULB Halle, Vg 677,QK.
Weitere Exemplare: HAB Wolfenbüttel, H: Yv 1644.8 Helmst.
Bibliographische Nachweise:

Der Titel wird von den geflügelten Symbolen der vier Evangelisten in den vier Ecken des Titelblattes eingerahmt; rechts und links des Titels stehen die Apostel Petrus und Paulus. Mittig über dem Titel findet sich eine Christusdarstellung mit ausgebreiteten Armen, unterhalb des Titels ein Wappen, das auf der linken Seite einen aufsteigenden Löwen, auf der rechten Seite zwei Pfähle zeigt – möglicherweise eine Abwandelung des Leipziger Wappens.1

Frühdruck:

[C:]Karlstadt, Andreas Bodenstein von
Weƥ ∥ ſich Doctoꝛ ∥ Anndꝛeas Boden∥ſtein von Karlſtadt ∥ mit Doctoꝛ Martino Luther ∥ beredt ʒů Jhenn/ Vnnd wie ∥ ſy wider ein anderʒůſtchꝛeiben ∥ ſich entſtchloſſen haben. ∥ Jtem ∥ Die handlung Doctor ∥ Martini Luther mit dem Rath ∥ vnnd Gemeyne/ der Stat Oꝛla-∥münd/ amtag Bartolomei. Da∥ſelbſt geſtchehē. A. ꝛē.xxiiij. ∥ Exurge domine/ Judica cauſam tuam. ∥ [TE]
[Augsburg]: [Melchior Ramminger], [1524].
4°, 12 Bl., A4–B4; TE.
Editionsvorlage:
BSB München, 4° H.ref. 750.
Weitere Exemplare: UB München, 0014/W 4 Theol. 5463(3) 20. (unvollständig). — HAB Wolfenbüttel, A: 511.46 Theol. (13).
Bibliographische Nachweise:

Die rein dekorativen Zwecken dienende Titeleinfassung im Stil der Renaissance besteht v.a. aus floralen Elementen, Fabelwesen und Vögeln, den unteren Blattrand ziert ein Jagdszene. Die einzelnen Elemente sind in unteschiedlicher Zusammensetzung und Positionierung auch in zahlreichen anderen Drucken Rammingers aus dieser Zeit nachweisbar.

Die erste Ausgabe der hier edierten Schrift wurde vermutlich in der ersten Septemberhälfte bei Georg Erlinger gedruckt und wird zumeist seiner kurzen Produktionsphase in Wertheim zugeordnet.2 Diese erste Ausgabe bildete die Grundlage für die Nachdrucke in Leipzig bei Jakob Thanner und Augsburg bei Melchior Ramminger, die wahrscheinlich ebenfalls noch 1524 erschienen. Die beiden Ausgaben bieten im Wesentlichen denselben Text, abgesehen von geringfügigen orthographischen und lexikalischen Unterschieden sowie vereinzelten Abweichungen in den Zeilen-, in C vereinzelt auch Seitenumbrüchen, sowie einer wahrscheinlich aus Platzgründen vorgenommenen Auslassung auf der letzten Seite in B.3

Editionen:

Literatur:

2. Entstehung und Inhalt

Vom 21. bis 24. August 1524 unternahm Luther eine Predigt- und Visitationsreise ins mittlere Saaletal, also in die Region, wo Karlstadt ausgehend von seinem Wirken in Orlamünde über eine große Anhängerschaft verfügte. Über die tatsächlichen Beweggründe dieser Reise ist nichts bekannt, ebenso wenig über eine offizielle landesherrliche Instruktion. Da Luther auf seiner Reise jedoch von dem Weimarer Hofprediger Wolfgang Stein begleitet wurde und sich vor und wahrscheinlich auch nach der Reise zumindest kurz am Weimarer Hof aufhielt,4 ist davon auszugehen, dass er in herzoglichem Auftrag oder zumindest mit herzoglichem Einvernehmen handelte.5 Diese Vermutung legt auch das offiziell anmutende Auftreten Steins gegenüber Luthers Diskussionspartnern während der Reise nahe.6 Bereits am 24. Juni 1524 hatte Kurprinz Johann FriedrichLuther, da »der Schwärmer, Gott sei es geklagt! allzu viel«, dazu aufgefordert, nach dem Vorbild Paulus' von Stadt zu Stadt zu ziehen und die dortigen Prediger zu prüfen.7 Er kann also wohl durchaus als einer der Initiatoren dieser Reise gesehen werden, die sicherlich auch vor dem Hintergrund der Ereignisse um Thomas Müntzer in Allstedt zu betrachten ist, die im Sommer zu einer Radikalisierung der Reformation in Thüringen8 geführt hatten und auf die Luther Ende Juli mit dem Brief an die Fürsten zu Sachsen von dem aufrührerischen Geist reagierte.9 Hierin wandte er sich zwar explizit nur gegen den »Geist von Allstedt«, nahm aber auch die vom selben Geist beseelten »Schwärmer« ins Visier, zu denen er auch Karlstadt zählte,10 dessen Wirken in Wittenberg bereits seit Beginn des Jahres zunehmend mit Missfallen und Sorge betrachtet worden war.11 Durch Luthers Schrift, aber auch durch einen Bericht des Rektors der Universität, Kaspar Glatz, sahen sich die Fürsten nun nicht nur verstärkt Warnungen vor einer ähnlichen Entwicklung in Orlamünde gegenüber,12 sondern zudem auch Forderungen nach einem obrigkeitlichen Eingreifen ausgesetzt.13

Die vorliegende, anonym herausgegebene Flugschrift ist eine der wenigen Quellen zu dieser Reise und beschränkt sich auf die Schilderung der Streitgespräche Luthers mit Karlstadt in Jena am 22. bzw. mit den Bürgern der Stadt Orlamünde am 24. August; die weiteren Stationen von Luthers Reise – Kahla und Neustadt an der Orla – finden keine Erwähnung.14Die Verfasserschaft wurde bislang zumeist dem Jenaer Prediger und Karlstadtanhänger Martin Reinhart15 zugeschrieben, den Luther in einem Brief an Nikolaus von Amsdorf als Veranlasser dieser Schrift vermutete.16Reinhart war Augenzeuge der Begegnung zwischen Luther und Karlstadt in Jena17 und könnte für den Aufenthalt Luthers in Orlamünde auf zeitnahe Berichte von Augenzeugen zurückgegriffen oder dem Gespräch sogar selbst beigewohnt haben. Darüber hinaus verfügte er über Kontakte zu Georg Erlinger, bei dem er 1524 zwei Schriften zum Druck brachte.18 Ähnliche Voraussetzungen gelten jedoch auch für den ebenfalls in Jena ansässigen Prediger, Schwager und Vertrauten Karlstadts, Gerhard Westerburg,19 der sich kurz nach den Ereignissen in Jena und Orlamünde wohl im Auftrag Karlstadts auf den Weg in die Schweiz machte, um dort – gemäß der zwischen den beiden Reformatoren getroffenen Vereinbarung, sich fortan nur noch publizistisch auseinanderzusetzen20 – den Druck einiger Karlstadtschriften zu veranlassen.21 Dabei könnte ihn sein Weg auch über Bamberg oder Wertheim22 geführt haben, wo er die vorliegende Schrift zum Druck hinterlassen haben könnte, ihre Drucklegung jedoch nicht abwartete, sondern direkt nach Zürich und Basel weiterreiste.23 Die Druckversion der Acta Jenensia dürfte in der zweiten Septemberhälfte vorgelegen haben, da sie Luther bereits am 3. Oktober bekannt war.24 Vor diesem Hintergrund muss die Frage, wer der Verfasser und Herausgeber dieser Schrift war – Reinhart, Westerburg oder beide, möglicherweise auch in Absprache und Kooperation mit Karlstadt – vorerst offen bleiben.25

Wie bereits aus dem Titel des Drucks hervorgeht, umfasst die vorliegende Schrift zwei Teile – den Bericht über das Zusammentreffen Karlstadts und Luthers in Jena am 22. August und den Bericht über Luthers Auseinandersetzung mit den Bürgern von Orlamünde am 24. August – die, auch wenn sie durch den gemeinsamen Abdruck in Bezug zueinander gesetzt werden, weitgehend unabhängig nebeneinanderstehen. Obwohl bewusst neutral gehalten, ist die Schrift ihrer Tendenz nach als deutlich karlstadtfreundlich einzustufen, was auch in der Darstellung und Gewichtung der Quellen zum Ausdruck kommt. So werden die erste Predigt Luthers in Jena und die darin vorgebrachten Vorwürfe nur zusammengefasst und seine zweite Predigt lediglich erwähnt, der Brief der Orlamünder, in dem sie auf die ihnen gemachten Vorwürfe reagierten, dagegen in Gänze abgedruckt26; auch erhalten in beiden Berichten Karlstadt bzw. seine Anhänger das letzte Wort.27 Insgesamt ist die Wiedergabe der Ereignisse in Jena und Orlamünde jedoch als durchaus akkurat einzuschätzen, decken sich die Beschreibungen doch weitgehend mit den wenigen überlieferten Berichten der beteiligten Personen.28

Demnach traf Luther am Nachmittag des 21. August 1524 in Jena ein, wo er am Morgen des darauffolgenden Tages in der Michaeliskirche predigte und polemisierte. Karlstadt fühlte sich durch seine Worte getroffen und wandte sich daher in einem öffentlichen Brief an Luther, indem er ihm um eine Unterredung bat.29 Daraufhin kam es am Nachmittag desselben Tages im Gasthaus zum Schwarzen Bären zu einem Treffen zwischen den beiden Reformatoren. Hierin verwahrte sich Karlstadt zunächst deutlich gegen die von Luther gegen ihn in seiner Predigt vorgenommene Gleichsetzung mit Müntzer und seinen Anhängern. Luther zog sich zwar darauf zurück, dass er Karlstadt nicht genannt habe, zeigte sich jedoch durch dessen Reaktion darin bestätigt, dass dieser zu den »neuen Propheten« zu zählen sei. Damit machte er seine bislang nur in privater Korrespondenz geäußerte diesbezügliche Meinung erstmals öffentlich. Anders als vielleicht zu erwarten gewesen war, entwickelte sich das Gespräch nicht zu einer öffentlichen Disputation um theologische Inhalte, sondern zu einem Diskurs darüber, wie mit den Differenzen zwischen den beiden Kontrahenten zukünftig umzugehen sei. In diesem Zusammenhang verwies Karlstadt immer wieder auf seine isolierte Situation in Wittenberg nach der Rückkehr Luthers von der Wartburg sowie die Einschränkungen in seiner Predigt-, aber auch in seiner publizistischen Tätigkeit und kreierte so gleichsam eine Verfolgungssituation, der er sich bereits seit Jahren ausgesetzt sehe.30Auf das schließlich durch Karlstadt vorgebrachte Disputationsangebot (unter der Voraussetzung, dass ihm freies Geleit zugesichert werde), ging Luther nicht ein, sondern forderte ihn stattdessen auf, öffentlich gegen ihn zu schreiben, die gegenseitigen Differenzen also zukünftig publizistisch auszutragen. Zur Bekräftigung dieser Vereinbarung überreichte er Karlstadt einen Gulden als »Arrabo« im Sinne eines Symbols zur Legitimation für ein straffreies, publizistisches Vorgehen.31 Hiermit manifestierte sich der Bruch zwischen den beiden Reformatoren, den Luther zwei Tage später beim erneuten Zusammentreffen der beiden in Orlamünde noch einmal unmissverständlich deutlich machte, als er Karlstadt unter Verweis auf diese Vereinbarung die Teilnahme an seinem Streitgespräch mit den Orlamündern verweigerte.32

Mit der Übergabe des Guldens und der Besiegelung der Vereinbarung durch Handschlag endete das Streitgespräch zwischen Luther und Karlstadt. Im Anschluss scheint sich noch eine rege Diskussion unter den Anwesenden ergeben zu haben, die der Autor der Kürze halber nicht wiedergegeben, sondern es lediglich bei der Wiedergabe des Gesprächs der beiden Reformatoren belassen hat. Über die Diskussion der Laien, in der »die selbigen […] auch zu der sachen mancherley gutte fürschleg/ auff das die sach/ wie sy auch Got durch sein genade fuͤgen wurd ans licht keme« machten, ist nichts Weiteres bekannt – das Augenmerk des Lesers sollte also in erster Linie auf die Differenzen zwischen Luther und Karlstadt und die zwischen ihnen getroffenen Vereinbarungen gelenkt werden.33

Während sich Karlstadt nach Hause begab, hielt Luther im Anschluss an dieses Gespräch noch die Nachmittagspredigt in der Jenaer Schlosskirche und reiste dann nach Kahla. Hier predigte er am Morgen des 23. August34 und begab sich dann nach Neustadt an der Orla, von wo aus er am 24. August nach Orlamünde weiterreiste.35 Während diese Stationen in den Acta Jenensia nicht näher thematisiert werden, wird die Genese von Luthers Besuch in Orlamünde dagegen detailliert wiedergegeben, was entweder darauf schließen lässt, dass der Autor keine näheren Kenntnisse über Luthers Aufenthalte in Kahla und Neustadt hatte oder bewusst auf eine Darstellung verzichtete, um das Augenmerk des Lesers auf die Ereignisse in Orlamünde und v.a. auf Luthers als herablassend dargestelltes Auftreten gegenüber den Orlamündern zu lenken. Demnach informierte der Hofprediger Stein die Orlamünder am 22. August von Jena aus davon, dass Luther nunmehr »verhanden und zubekomen wer.«36 Diese Aussage lässt vermuten, dass die Orlamünder bereits im Vorfeld der Visitationsreise Kontakt zum Weimarer Hof aufgenommen und um ein Treffen mit Luther gebeten hatten, um als Reaktion auf Luthers Ende Juli erschienenen Brief an die Fürsten zu Sachsen von dem aufrührerischen Geist, aber auch die Berichte Karlstadts aus Wittenberg die in Orlamünde vorgenommenen Reformen zu verteidigen.37 Der Orlamünder Stadtschreiber begab sich auf die Nachricht Steins sofort nach Jena, wo er Luther ein Schreiben, das in voller Länge in der Flugschrift abgedruckt ist,38 persönlich überreichte und um eine wohlwollende Antwort bat. Dieses Schreiben ist auf den 16. August datiert (»Datum Orlemünd dinstag nach Assumptionis. Anno. Xxiiii«), es könnte sich also durchaus um eine Kopie eines früheren Schreibens handeln. In Anbetracht der Tatsache, dass sich die Orlamünder in ihrer Anrede jedoch direkt an Luther richteten, der sich zu diesem Zeitpunkt noch in Wittenberg aufhielt, ist wohl eher von einem Datierungsfehler auszugehen.39

In ihrem Schreiben griffen die OrlamünderLuther mit harschen Worten an und forderten ihn auf, »nach dem wir so hoch verdechtig bey dir gehalden/ du wolltest aufs fürderlichest so es dir gelegen bey uns erscheinen/ dich mit unns zubesprechen.«40 Damit bezogen sie sich auf die von Luther in seinen Predigten in Wittenberg41 sowie in seinem Brief an die Fürsten zu Sachsen von dem aufrührerischen Geist vorgenommene Verknüpfung von aufrührerischer Gesinnung und der Entfernung der Bilder aus den Kirchen, wodurch sie sich zu Unrecht in eine Reihe mit den radikalen Reformern um Müntzer gestellt sahen. Sie standen zwar offen zu der zu diesem Zeitpunkt bereits ohne große Tumulte vorgenommenen Entfernung der Bilder aus ihren Gotteshäusern,42 hatten sich zugleich jedoch in einem Anfang August in Wittenberg gedruckten Brief an die Allstedter öffentlich von Müntzers Idee eines Defensivbündnisses distanziert,43 was Luther auch bekannt war, wie aus seinen Äußerungen im Gespräch mit Karlstadt deutlich wird.44 In ihrem Schreiben warfen die Orlamünder Luther nun vor, bei seiner Kritik nicht aus der Heiligen Schrift heraus, sondern »auß deinem eigenen hirn« zu argumentieren. Die Tatsache, dass er sie öffentlich in dieser Weise kritisiere, zeige darüber hinaus, dass er kein Teil der Gemeinschaft mit Christus sei.45

Möglichweise aufgrund dieser massiven Angriffe gab Luther dem Orlamünder Stadtschreiber erst am folgenden Tag in Kahla eine knappe Antwort und kündigte sein baldiges Kommen an. Die Orlamünder erwarteten ihn daher noch am selben Abend; Luther kam jedoch nicht. Als er am folgenden Tag schließlich um die Mittagszeit in Orlamünde eintraf, befanden sich die Bürger und auch die Mitglieder des Rates mehrheitlich auf den Feldern, erwarteten seine Ankunft also anscheinend nicht; der Bürgermeister musste Rat und Bürger erst zusammenrufen lassen. Obgleich die Orlamünder ihn schließlich in angemessener Form willkommen hießen,46 behielt Luther das rotzipfelige Barett, das ihn als Angehörigen des Gelehrtenstandes und damit gegenüber dem einfachen Volk als höher gestellt kenntlich machte, demonstrativ auf. Damit reagierte er – so wird zumindest suggeriert – auf die mangelnde Ehrerbietung der Orlamünder, die ihn in ihrem Brief vom 16. August – anders als jetzt im persönlichen Treffen – ohne akademischen Grad lediglich als »bruder in Christo« und mit dem gleichrangigen »du« angesprochen und damit eine aus Luthers Sicht ungerechtfertigte Gleichrangigkeit zwischen ihnen hergestellt hatten.47 Die Orlamünder sahen in diesem Verhalten Luthers ihrerseits einen Affront und eine mangelnde Ehrerbietung, was dafür spricht, dass es sonst üblich war, zur Begrüßung das Barett zu lüften.48 Im Folgenden verweigerte Luther sich zudem den wiederholten Bitten des Rats und der Gemeinde nach einer Predigt im Sinne einer christlichen Unterweisung und betonte, dass er lediglich gekommen sei, um mit ihnen über ihren Brief und die darin enthaltenen Anschuldigungen reden zu wollen. Luther trat hier also – deutlicher als in Jena und Kahla, wo er nach Art der Invokavitpredigten versucht hatte, die Gläubigen »auf den rechten Weg zurückzubringen« – nicht als Prediger, sondern fast schon in der Rolle eines Visitators auf, der die Gemeinde ermahnen sollte, sich den fürstlichen Weisungen gemäß zu verhalten.49 Dies schlägt sich auch in seiner bereits erwähnten Weigerung nieder, sich erneut mit Karlstadt auseinanderzusetzen bzw. ihn auch nur bei dem Gespräch mit den Orlamündern zu dulden.50 Hierdurch wird nicht nur der Bruch zwischen den beiden Reformatoren nochmals unterstrichen, sondern in der Darstellung zugleich suggeriert, dass Luther sich einer direkten, mündlichen Auseinandersetzung über seine Lehre verweigere.

Tatsächlich begann Luther, nachdem der Großteil der Bürger im Haus des Schossers zusammengekommen war, damit, den Brief der Orlamünder zu verlesen und zu den einzelnen Streitpunkten Stellung zu nehmen. Dabei unterstellte er zunächst, die Orlamünder hätten den Brief nicht selbst geschrieben, sondern Karlstadt habe sich ihres Siegels bemächtigt und den Brief ohne ihr Wissen in ihrem Namen verfasst, was diese jedoch vehement abstritten,51 ebenso wie den Vorwurf, Karlstadt habe sich widerrechtlich in die Pfarrei gedrängt, dem sie mit Verweis auf die von ihnen vorgenommene Wahl und das von Luther selbst in seiner Schrift Dass eine christliche Versammlung oder Gemeine Recht und Macht habe formulierte Recht der Gemeinde zu einem solchen Vorgehen begegneten.52 Im weiteren Verlauf entwickelte sich eine immer hitziger werdende Diskussion zwischen Luther und den selbstbewusst auftretenden Orlamündern. Im Zentrum stand dabei zunächst die Bilderfrage: Während ein Schuster,53 in diesem Punkt Wortführer der Orlamünder, ganz im Duktus der Lehre Karlstadts daran festhielt, dass das alttestamentliche Bilderverbot (2. Mose 20,3f. bzw. 5. Mose 5,7f.) sowohl die Herstellung als auch die Anbetung der Bilder umfasse, bestand Luther nur auf der Ablehnung der »abgöttischen Bilder«, also derjenigen Bilder, die auch angebetet würden.54 Die Argumentation der Orlamünder lässt hierbei auf eine genaue Kenntnis der Lehre und Schriften Karlstadts, aber auch der Schriften Luthers schließen – was als Konsequenz der durch Karlstadt in Orlamünde vorgenommenen Praxis der lectiones und collationes, also der gemeinsam mit den Laien vorgenommenen Bibelauslegung, gesehen werden kann.55 Basis der Argumentation der Orlamünder bilden immer wieder eigene Auslegungen von Bibelworten als Beweis dafür, dass sie sich nach Gottes Wort, also der göttlichen Wahrheit richten, wie der Bürgermeister schließlich mit Blick auf die Bilderfrage unterstreicht.56 Damit zieht er zugleich in Zweifel, dass sich Luther gottesfürchtig verhält, solange er »wyder got und gotis warheit« – im Sinne der Interpretation Karlstadts und der Orlamünder – »redt oder lyst.«57Luther sah sich dadurch von den Orlamündern »verdammt« und reiste fast überstürzt ab; die Bitten eines Ratsherrn, die weiteren Themen – Taufe und Abendmahl – auch noch zu besprechen, lehnte er ab. Ob er die Stadt tatsächlich so fluchtartig verließ, wie im vorliegenden Bericht geschildert, muss dahingestellt bleiben. Karlstadt soll jedoch, so geht zumindest aus einem späteren, wenig objektiven Bericht Kaspar Glatz' hervor, der die Pfarrei nach Karlstadts Ausweisung aus Sachsen das Amt des Konventors in Orlamünde übernahm, nach Luthers Abreise die Glocken läuten lassen und eine Predigt gehalten haben.58

Der Bericht schließt mit der Hoffnung, »Got woll seiner warheit/ uns zu heyl und trost beystehen.«59Der Verweis auf die göttliche Wahrheit ist an dieser Stelle sicherlich mit Bedacht gewählt, korrespondiert er doch mit dem eingangs zitierten Ps 73(74),22,60 gleichzeitig Beginn und Titel der 1520 erlassenen Bannandrohungsbulle gegen Luther.61 Dies kann als Aufforderung an den Leser gesehen werden, sich in Bezug auf die hier dargestellte Spaltung zwischen Luther und Karlstadt ein eigenes Urteil im Sinne der Wahrheit Gottes – in diesem Fall im Sinne Karlstadts – zu bilden, was durch den abschließenden Satz »Mich kümmert dyse speltung gar nicht/ denn ich will mich nach Gottis warheyt halten/ und nit achten waß der mensch saget« durch den Autor nochmals unterstrichen wird.62 Tatsächlich wurden mit der hier edierten Schrift erstmals die bereits seit 1522 schwelenden Differenzen zwischen Luther und Karlstadt öffentlich gemacht63 und der Bruch zwischen den beiden Reformatoren auch schriftlich manifestiert. Bislang hatten es sowohl Karlstadt als auch Luther vermieden, sich in ihren Schriften namentlich anzugreifen. Dies änderte sich nach der Vereinbarung von Jena, die gleichsam den Auftakt der Publikationsoffensive Karlstadts im September und Oktober bildet.64 Vor diesem Hintergrund können die Acta Jenensia gleichsam als Präambel oder Vorbereitung dieser Publikationsoffensive gesehen werden. Zusammen mit der Anfang November erschienenen Rechtfertigungsschrift Ursachen seiner Vertreibung aus Sachsen (KGK 281) bilden sie den publizistischen Rahmen dieses Schriftenkomplexes.65


1Auf dem Leipziger Wappen befinden sich der Löwe heraldisch rechts und die Landsberger Pfähle links – es könnte sich also auch um einen Satzfehler handeln.
2Diese Produktionsphase konnte bislang nicht datiert werden. Gesichert ist lediglich, dass Erlinger sich von Bamberg kommend im Jahr 1524 für einige Zeit in Wertheim aufhielt und dort zwei Aufgaben der Evangelienharmonie zum Druck brachte; ab 1525 ist er wieder als Drucker in Bamberg belegt; vgl. Reske2, 61 und 1099. Es kann also nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass sich Erlinger zum Zeitpunkt des Druckes in Bamberg befand und der Druck dort erfolgte. Zur Drucklegung der Acta Jenensia insgesamt siehe auch KGK 267 (Textstelle).
3Vgl. KGK 267 (Anmerkung). Hierzu siehe auch KGK 267 (Textstelle).
4Vgl. Hasse, Visitationsreise, 172–176. Witte dagegen geht mit Blick auf den Brief Luthers an Stein vom 10. September 1524 davon aus, dass Luther sich von Orlamünde aus direkt nach Wittenberg begab; vgl. WA.B 3, 344 Nr. 775.
5Die Zeitgenossen – auch der anonyme Autor des Berichts – scheinen von einem fürstlichen Befehl ausgegangen zu sein; vgl. KGK 267 (Textstelle). Karlstadt dagegen zog das in Zweifel; vgl. KGK 267 (Textstelle). Eine offizielle Instruktion bspw. für Stein konnt bislang nicht nachgewiesen werden.
7Herzog Johann Friedrich an Luther, 24. Juni 1524: »Ich acht aber dafür, daß es nicht baß möchte gestillet werden, denn daß Ihr [Luther] Euch eins hätt' der Weil genommen und von einer Stadt in die andern im Fürstentum gezogen und gesehen (wie Paulus tät), mit was Predigern die Städte der Gläubigen versehen wären. Ich glaub, daß Ihr bei uns in Duringen kein christlicher Werk tun möchtet.« (WA.B 3, 310,45–49 Nr. 754).
8Hierzu siehe die Einleitung zu KGK 261, Bräuer/Vogler, Müntzer, 225–230. Zur Auseinandersetzung der Allstedter mit den sächsischen Fürsten siehe außerdem TMA 2, 509–532 Anhang zum Mallerbachkonflikt.
9Vgl. WA 15, 199–221.
10Dies geht auch aus einem Brief Luthers vom 4. Juli 1524 an Johann Briesmann hervor: »Ex quo audies omnia, que in his regionibus aguntur. Satan suscitavit nobis prophetas et sectas, qui eo tandem procedunt, ut armis et vi velint tenare suarum opinionum incrementum; cum his video nobis fore negocii deinceps. Carlstadius quoque sui similis manet, et illis ipsis favet Homines sunt incredibili jactantia de spiritu suo, quem ex deo sese habere fingunt immediate, etiam fere sine Christo, ut Christum nobis exemplum tantum facturi videantur, et tollere omnia sacramenta cum Christo« (WA.B 3, 315,11–18 Nr. 756). Zu den Vorwürfen Luthers gegen die »Schwärmer« siehe KGK 266.
11Hierzu siehe KGK 255.
13Vgl. LuthersBrief an die Fürsten zu Sachsen von dem aufrührerischen Geist (WA 15, 212,24–213,3): »So gepürt myr doch untherteniges vleys/ auch das meyne da zu zuthun/ und E'uer' F'urstliche' G'naden' unterteniglich zu bitten und ermanen/ hyrynnen eyn ernstlich eynsehen zu haben/ und aus schuld und pflicht ordenlicher gewallt solchen unfug zu weren und den auffruhr zuverkomen.« sowie deutlicher KGK 264 (Textstelle).
14Zu den spärlichen Informationen zu Luthers Aufenthalt in Kahla und Neustadt an der Orla siehe Hasse, Visitationsreise, 185f.
15Martin Reinhart, aus Eibelstadt in Franken, SoSe 1520 imm. Wittenberg, wenig später Entsendung nach Dänemark, 1521 Rückkehr und Berufung zum Prediger an der Kloster- und Stadtkirche St. Michael in Jena, 1524 Ausweisung aus Sachsen, Aufenthalt in Nürnberg und erneute Ausweisung; vgl. Hoyer, Reinhart. Zu seinem Wirken in Jena siehe auch Leppin, Kloster, 142–151; Bauer, Reformation, 21–28.
16Vgl. Luther an Amsdorf, 27. Oktober 1524: »Orlamundae acta nequiter edidit Martinus ReinhardusJhenensis praedicator in meam ignominiam et Carlstadii gloriam.« (WA.B 3, 361,8f. Nr. 785).
18Vgl. die Schriften Eine Christliche brüderliche Ermahnung Bruder Heinrichs von Zutphen (VD16 H 1888) und Evangelium Christi (VD16 B 4654).
19Gerhard Westerburg (1486–1558) aus Köln, Studium in Köln und Bologna, 1521 Kontakt mit Nikolaus Storch, 1522 Umzug nach Wittenberg, 1523 Umzug nach Jena, Heirat mit der Schwester von Karlstadts Frau Anna, 1524 Ausweisung aus Sachsen, Umzug nach Frankfurt/Main, 1525 Rückkehr nach Köln, 1534 Anschluss an die Täuferbewegung in Münster, ab 1542 in Diensten Albrechts von Preußen, 1558 Tod in Ostfriesland; vgl. Woodbridge, Westerburg; BBKL 23, 1565–1569; MennLex s.v. Westerburg, Gerhard.
21Westerburg verließ Jena wahrscheinlich um den 26. August 1524; vgl. Gerhard Westerburg an Herzog Johann am 26. November 1524: »denn ich Ihn drey monet nitt Inheymischs« (KGK 268 (Textstelle)). Mitte September hielt er sich sechs Tage in Zürich auf, wo er Grebel und seinen Brüdern die Schriften Karlstadts zur Kenntnis brachte und von dem Zerwürfnis der beiden Reformatoren berichtete; vgl. das Schreiben Konrad Grebels an Joachim Vadian vom 14. Oktober 1524 (KGK 268 (Textstelle)). Hierin bezeichnet GrebelWesterburg als »nuncius«, was ein gewisses Mandat vorraussetzt. Von Zürich aus begab er sich nach Basel, wo er Ende September »Acht tag oder 14 ongevorlich noch Franckforter mesz« (KGK 267 (Textstelle)) anlangte und die Drucklegung der ersten Abendmahlsschriften in die Wege leitete. Zu Westerburgs Reise siehe auch KGK 268.
22Zum Druckort siehe KGK 267 (Anmerkung).
23Hierzu siehe auch KGK 268 (Anmerkung).
24Vgl. Luther an Spalatin, Wittenberg, 3. Oktober 1524: »Mihi vehementer placet libellus de actis meis Jhenensibus et Orlamundensíbus, […]« (WA.B 3, 354,4f. Nr. 779). Im weiteren Verlauf des Schreibens erklärt er, dessen Inhalt auch in Erwartung des weiteren Hervortretens Karlstadts – also weiterer Publikationen – geduldig ertragen zu wollen.
25KGK 268 (Anmerkung). Er wurde zeitgleich mit Westerburg Anfang Oktober ebenfalls der sächsischen Lande verwiesen und begab sich dann nach Nürnberg, das er am 17. Dezember 1524 ebenfalls verlassen musste. Hierzu siehe auch KGK 276 (Textstelle).
28Vgl. die Berichte Karlstadts und der Orlamünder an den Weimarer Hof (KGK 270 mit Beilage) sowie Luthers Bericht in seiner Schrift Wider die himmlischen Propheten (WA 18, 83,33–84,34).
29Hierzu siehe KGK 266.
31Hierzu siehe KGK 267 (Anmerkung).
34Zum Inhalt der Predigt siehe KGK 270 (Textstelle); zu Luthers Aufenthalt in Kahla insgesamt Hasse, Visitationsreise, 185f.
35Obwohl die Distanz zwischen Kahla und Orlamünde nur 5 km beträgt und die Orlamünder von einer Ankunft Luthers noch am Abend des 23. August ausgingen, wählte dieser den Umweg über Neustadt an der Orla, wo weder eine große Anhängerschaft Karlstadts noch eine Predigt Luthers belegt sind. Die Vermutung bei Hasse, Visitationsreise, 177, Luther habe eine Übernachtung in Orlamünde bewusst vermeiden wollen, erscheint vor diesem Hintergrund durchaus plausibel. Ob Luther in Neustadt auch predigte, wie in der Literatur zumeist angenommen, kann nicht zweifelsfrei belegt werden. Mit Blick auf die Ankunftszeit in Orlamünde (13 Uhr) erscheint eine Predigt am 24. August unwahrscheinlich (vgl. Hasse, Visitationsreise, 190f.); bei einem Aufbruch in Kahla um die Mittagszeit wäre jedoch eine Predigt am Nachmittag des 23. August möglich gewesen.
37Hierzu siehe KGK 266. Ein solches Schreiben hätte sogar durch Karlstadt bei seinem Aufenthalt in Weimar am 15. August mit seinem eigenen Schreiben in der Hofstube übergeben worden sein können (siehe KGK 270 (Textstelle)).
39Möglich wäre z.B., dass »octava assumptionis Mariae«, also der 22. August, gemeint ist; vgl. die Datierung im ersten Teil der Acta »Auff Montag den achtten tag nach unnser frauen himelfart/ wellicher ist der xxii. tag Augusti.« (KGK 267 (Textstelle)).
41Karlstadt hatte ihnen nach seinem letzten Aufenthalt in Wittenberg am 22. Juli 1524 davon berichtet; vgl. KGK 267 (Textstelle).
42Dies geht sowohl aus den Äußerungen der Orlamünder gegenüber Luther bei ihrem Zusammentreffen in Orlamünde als auch in ihrem Schreiben an Herzog Johann hervor, vgl. KGK 267 (Textstelle) und KGK 270 (Textstelle). Wann genau die Bilder aus den Kirchen in Orlamünde entfernt wurden, ist nicht bekannt, es ist aber davon auszugehen, dass es recht bald nach Karlstadts Übersiedelung und ohne große Tumulte geschah.
43Vgl. den Sendbrief der Orlamünder an die Allstedter (Beilage zu KGK 262).
47Die Egalisierung des Standesunterschieds durch die Orlamünder kann als Ausfluss der Orlamünder Theologie Karlstadts gesehen werden, der im Sinne seines Verständnisses vom mündigen Laien eine gewisse Gleichrangigkeit in der Gemeinde praktizierte, wo er sich als »Bruder Andres« präsentierte. Hasse, Visitationsreise, 195 sieht in der Wahl der Anrede einen weiteren Beweis dafür, dass Karlstadt an der Abfassung des Briefes beteiligt war.
48Zur Symbolik dieses Verhaltens im Einzelnen siehe Kaufmann, Anfang der Reformation, 472–476 mit Anm. 30 sowie Kaufmann, Filzhut versus Barett.
49Hierzu siehe auch Hasse, Visitationsreise, 194f.
51Hiermit wird die Rolle der Orlamünder als unabhängige Handlungsträger im Sinne des von Karlstadt propagierten mündigen Laien unterstrichen, die im weiteren Verlauf des Gesprächs mit Luther noch deutlicher zu Tage tritt. Der Sprachstil und die inhaltliche Nähe zu Karlstadts Schriften lassen jedoch die Vermutung zu, dass er an der Abfassung dieses Briefes beteiligt war; vgl. Hasse, Visitationsreise, 195 mit Anm. 75.
52Zur Argumentation der Orlamünder siehe auch KGK 256.
53Über die Identität dieses Mannes ist nichts bekannt. Möglicherweise handelt es sich um den in den Visitationsprotokollen von 1527 in Orlamünde erwähnten Schuster Burkard Metz, der weiterhin der Lehre Karlstadts anhing. Die Visitatoren trugen ihm auf, sich in der »rechten Lehre« unterweisen zu lassen und seinen Irrtum einzusehen oder das Fürstentum bis Michaelis (29. September) zu verlassen; vgl. Barge, Karlstadt 2, 142.
54Hier wird der zentrale Unterschied zwischen Karlstadt und Luther in der Bilderfrage deutlich: Beide unterscheiden zwar zwischen »innerem« und »äußerem« Bild und streben in erster Linie die Entfernung der Bilder aus dem Herzen an. Während aber Luther eine Trennung von Bild und Anbetung für möglich und damit die Entfernung der Bilder zwar für wünschenswert, aber zweitrangig ansieht, ist für Karlstadt beides untrennbar miteinander verbunden, woraus er seine Forderung nach einer Entfernung aller Bilder und Kruzifixe aus den Kirchen ableitete. Vgl. Stirm, Bilderfrage, 39f. Hierzu siehe auch die Einleitung zu KGK V, Nr. 219, S. 131–138 (Von Abtuung der Bilder).
55Zu Karlstadts Idee der teilnehmenden Gemeinde siehe Kotabe, Laienbild, 256f.
58Vgl. WA.B 3, 424,13–28 Nr. 818.
60Vgl. Ps 73(74),22 Vg »surge Deus iudica causam tuam memento obprobrii tui ab insipiente tota die.«
61Vgl. CCath 42, 364–411.
62Vgl. KGK 267 (Textstelle). Hierzu insgesamt siehe Hasse, Visitationsreise, 180.
65Hierzu siehe auch die Einleitung zu KGK 281.

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