Nr. 167
Von Päpstlicher Heiligkeit
1520, [nach 17. Oktober]

Einleitung
Bearbeitet von Harald Bollbuck

1. Überlieferung

Frühdruck:

[A:]Karlstadt, Andreas Bodenstein von
Von Bepstlicher heylickeit: ‖ Andres Bodenstein von ‖ Carolstat Doctor. ‖ Disses buchlin beschleust durch heylige schrifft/ ‖ das Bepstliche heylickeit altzu viel yrrenn/ ‖ sundigen/ vnnd vnrecht thun kan. ‖ Wer das nit glaubt/ der ist ‖ Ein boszer vnchrist. ‖ Wittemberg. ‖ […] ‖ [Am Ende:] Datum Wit=‖temberg an dem .xvj.tag Octobris/Jn dem Tausent ‖ Funffhundert vnd zwentzigsten Jar. ‖
Wittenberg: [Melchior Lotter], 1520.
4°, 30 Bl., A4–F4, G6 (fol. G6v leer).
Editionsvorlage:
HAB Wolfenbüttel, 127.19 Theol. (11).
Weitere Exemplare: ÖNB Wien, 20.Dd.587.
Bibliographische Nachweise:

Handschrift:

[a:]StB Nürnberg, Ms. Solg. 12. 4°, 42 Bll., 40 Bll. beschrieben

Mit Papier beklebter Pergamenteinband. Zeitgenössische Abschrift unbekannter Hand

Der Druck, von dem es keine Nachdrucke gibt, ist in Schwabacher mit wenigen, meist deutschen Marginalien gesetzt; lateinische Marginalien sind in Antiqua gehalten. Die Bogensignatur weist an einer Stelle einen Fehler auf: »Ciij« statt »Diij«. – Die Handschrift ist eine vollständige und regelmäßig gehaltene Abschrift vom Druck mit nur wenigen Abweichungen, die häufig auf Flüchtigkeit verweisen. Einige Initialen sind mit Rötelstift verstärkt; Überschriften mit einer größer gehaltenen, roten Initale gekennzeichnet. Orthographisch vom Druck abweichend, verwendet der Schreiber Doppel-t (»gelartten«, »vatter«), meist »ai« statt »ey« (im Titel nicht), »daß« statt »das«, »Andreß« etc., »ob« statt »ap«, »er« statt »ehr«, »i(h)n« statt »yhn«, »vil« statt »viel«. Auffällig ist der Einsatz von Diphtongen (»wörtlin«, »zů«); meist heißt es »baupst« (selten »beupst«) statt »bapst«. Die Handschrift unterscheidet – anders als der Druck – »oder« und »aber« im Sinn eines modernen Sprachgebrauchs. Die Herkunft des zeitnah zum Druck zu datierenden Manuskripts, das der Sammlung von Adam Rudolf Solger (1693–1770) zugehörte, ist unbekannt.

Literatur:

2. Inhalt und Entstehung

Die Schrift Päpstliche Heiligkeit ist eine umfassende, polemische Reaktion auf die päpstliche Bannandrohungsbulle Exsurge Domine, zugleich eine scharfe »Abrechnung mit dem Papsttum« und ein »schonungsloses Pamphlet gegen Leo X.«1 Sie gehört in einen Zusammenhang mit den formaljuristischen Absicherungen gegen die Wirkung der Bulle, Bedingung (KGK 165) und Appellation (KGK 168), sowie der unmittelbar zuvor veröffentlichten Missive (KGK 166), einem öffentlichen Brief, mit dem Karlstadt Verwandten, Freunden und Gönnern seinen Schritt ins antipäpstliche Lager erklärt. Noch bis Ende 1519 findet sich bei Karlstadt keine Papstkritik.2 Während Luther die Irrtumsfähigkeit des Papstes herausstellte und dem Konzil einen Vorrang gegenüber dem römischen Kirchenoberhaupt einräumte,3 blieb Karlstadt ein »papsttreuer Schrifttheologe«4, der auf der Suche nach kirchlichen Normen zwar die Irrtumsfähigkeit des Konzils erkannte,5 für den die außerbiblische Tradition – unter Aufwertung der Bibel – aber weiterhin hohe Autorität besaß.6

Diese Haltung unterlag nun einem zunehmend rasanten Wandel. Bereits im August 1520 bestritt Karlstadt die Vorrangstellung des Papstes in Glaubensdingen und wies auf eine lange Reihe ketzerischer Päpste hin.7 Er wandte sich gegen die Göttlichkeit der päpstlichen Gewalt und forderte, die Dekretalen auf ihre Schriftgemäßheit zu überprüfen.8 Eine Beschleunigung erfuhr die Transformation seiner Haltung zum Papst, nachdem er erfahren hatte, dass Johann Eck handschriftlich seinen Namen – neben fünf weiteren – auf die am 15. Juni 1520 in Rom ausgestellte Bannandrohungsbulle Exsurge Domine hatte anfügen lassen.9 Nur mit dem Wissen von diesem Gerücht verfasste er die Bedingung (KGK 165), die den Charakter einer formalrechtlichen Antwort trug. Unmittelbar darauf, in Kenntnis des Meißner Notariatsinstrument vom 21. September 1520,10 aber noch ohne die Bulle in Händen zu halten, begann Karlstadt mit den Arbeiten an der Schrift Päpstliche Heiligkeit. Vermutlich bezieht sich Luther am 3. Oktober 1520 gegenüber Spalatin auf diese Arbeit, wenn er meint, dass nun auch Karlstadt, nachdem mit der Bannandrohung die Entscheidung gefallen war, weit mehr Mut gegen den Papst gefasst habe: »Carolostadius et ipse iacta alea in Pontificem Romanum cornua sumit.«11Eck hatte die Bulle am 3. Oktober in Leipzig abgesandt, am 10. Oktober traf sie in Wittenberg ein.12 Sie muss Karlstadt zu Gesicht gekommen sein, als er bereits kurz vor Abschluss seiner papstkritischen Schrift stand.13 Gerne hätte er ein Exemplar der Bulle käuflich erworben, was jedoch nicht möglich gewesen sei.14 Am 17. Oktober 1520 beendete Karlstadt die Arbeiten am Traktat Päpstliche Heiligkeit. Wann genau der Druck beendet wurde und die Veröffentlichung vorlag, ist nicht bekannt.

Das Traktat ist in eine Widmung und 16 Abschnitte eingeteilt. Bereits das Titelblatt fasst das Thema, dass der Papst wie alle Menschen irre und sündige, zusammen. Die Widmung an Neidhard von Thüngen zu Sodenberg (nicht vor 1446–1522)15 geht unmittelbar über in eine ausführlichere Disposition des Themas, die antithetisch die Missstände der Papstkirche ihrer Ironisierung gegenüberstellt und eine Synthese in der Selbstbefreiung aus den früheren Angstverhältnissen anstrebt, in denen Karlstadt angesichts der fälschlich aufgebauten Machtinstitute der römischen Kirche einst lebte. Die Darstellung der Missstände erschöpft sich nicht allein in der Entlarvung des Papstes als Sünder und Irrender, sondern in der Offenlegung der sozioökonomischen Basis des Papsttums in seiner engen Allianz mit den Bettelorden und immer differenzierteren Ablasskonstruktionen. Die folgenden 16 unterschiedlich umfangreichen Abschnitte widmen sich folgenden Inhalten bzw. Fragestellungen: 1. Wie entsteht Heiligkeit? Allein der innere, erneuerte Mensch in Anfechtungen, der in Gelassenheit sein Selbst aufgibt und das geistliche Gesetz lebt, kann geheiligt werden. Dessen Leben ist unabhängig von Werken und allem Äußeren. 2. Wenn der Papst heilig wäre, müsste er die eigene Bosheit seiner menschlichen Natur anerkennen. 3. Demzufolge kann der Papst, wenn er kein Sünder ist, auch kein Papst sein. Diese Vorstellung beruht auf dem biblisch neu gedeuteten Verständnis von Heiligkeit im Horizont allgemein menschlicher Sündhaftigkeit. 4. Das Papsttum ist in seinem derzeitigen Zustand nicht in der selbstangemaßten Funktion des Kommissars Christi. 5. Die wohl ironische Überschrift »Von den vil pferden« steht für ein Kapitel, das antithetisch die päpstlichen, veräußerlichten Inszenierungen und Rituale der Einfachheit und Demut Christi gegenüberstellt.16 6. Die Anbetung des Papsttums ist ungöttlich. 7. und 8. Zwei imaginäre Unterstützungsreden für den Papst als Gott auf Erden mit himmlischer Verfügungsgewalt, die Karlstadt sogleich entkräftet.17 9. Irrtum des Papstes hinsichtlich seiner gottgleichen Verehrung. 10. Der Irrtum, den Ablass als Blutschatz Christi zu beschreiben. 11. Der Irrtum, den päpstlichen Primat über das Kaisertum und jegliche weltliche Obrigkeit zu stellen. 12. Der Papst sei den Fürsten bzw. weltlichen Mächten untertan und übe selbst keine weltliche Macht aus. 13. Der theologische Skopus der Schrift.18 14. Erneute Rückkehr zu päpstlichen Zeremonien wie falsche Ehrerbietung gegen Bullen, Reliquien und Kirchengebäude als Bericht aus eigener Anschauung in Rom. 15. Wiederholung (Rekapitulation) der Argumente. 16. Eine Bitte bzw. petitio (Erbietung) an die Gönner von Thüngen und weltliche Herrscher im Allgemeinen, dem Treiben des Papsttums ein Ende zu setzen.

Der Umfang der einzelnen Abschnitte ist ungleichgewichtig,19 der Aufbau erscheint nicht immer schlüssig, wenn nach dem Skopus, der die Schrift in der theologischen Überwindung der päpstlichen Lehre gipfeln läßt, noch einmal länger auf die eigene Autopsie der römischen Missstände zurückgegriffen wird. Überhaupt scheint Karlstadt schnell zu wechseln zwischen Argumentation, Polemik, der Schilderung persönlicher Erfahrungen, Aufruf und Entwicklung einer Laientheologie. Allerdings zeichnen sich viele reformatorische Schriften durch eine vergleichbare Hybridität aus. Zudem ergibt sich ein strukturierteres Bild, wenn die Abschnitte 1 bis 12 drei Haupteilen zugeordnet werden.20 Die Abschnitte 1–3 beschäftigen sich mit der (neu begründeten) Heiligkeit der Christen, die Abschnitte 4–10 widerlegen den Unterschied zwischen himmlischem und (päpstlich postuliertem) irdischen Gott, die Abschnitte 11–12 widmet sich dem Verhältnis von päpstlichem Primat zur weltlichen Obrigkeit.

Ziel der Schrift ist also die Destruktion von Konzepten, die Päpsten Heiligkeit zuschreiben, und von kirchlichen Traditionen mit der Schlussfolgerung, dass der Papst als zu Unrecht Exkommunizierender selbst ein Exkommunizierter, mithin Ketzer und somit abzusetzen sei.21 Grundlage von Karlstadts Auseinandersetzung sind Historien, Anekdoten sowie das kanonische Recht, zusätzlich aber auch seine während der Romreise selbst gemachten Erfahrungen.22 Daraus ergeben sich einerseits persönliche Konsequenzen, die mit der Resignation vom Titel eines (römischen) Vizecomes23 den Prozess der eigenen Loslösung von Rom und den päpstlichen Hierarchien dokumentiert. Andererseits zeigen sich Züge einer neuen Ekklesiologie und Laientheologie.

Die Papstautorität diskutiert Karlstadt im Zusammenhang mit der Frage nach wahrer christlicher Existenz.24 Letztere stand bereits auf der Leipziger Disputation in Karlstadts Fokus, ohne dass er jedoch die Verbindung zum päpstlichen Primat suchte.25 Er beruft sich auf die paulinisch begründete Heiligkeit jedes Christen, eine nach Röm 8,23 an jeden verliehene Erstlingsgabe. Schon der Augustinkommentar hatte die Rechtfertigung mit dieser Heiligung des erneuerten Menschen gleichgesetzt.26 Sie erfolgt in geistlicher Grundlegung, ohne Vollkommenheit, und in der Hoffnung auf Erlösung. Eckpunkte seiner Bußtheologie sind die Anfechtung des Gläubigen, seine Seelenqual und das Sündenbekenntnis. Ohne Sündenbekenntnis erfolgt keine Erneuerung, keine Geburt im Wort der Wahrheit, keine Heiligung.27Voraussetzung seien also Selbsterforschung und Sündenbekenntnis;28 der nächste Schritt ist die Selbstverleugnung bzw. Gelassenheit (abnegatio), womit eine Verbindung zur zeitnahen Schrift Tugend Gelassenheit (KGK 166) besteht.29 Allein in seiner Infallibilität sei der Papst daher nicht in der Lage, Heiligung zu erlangen. Hinsichtlich der sündhaften Ausübung der priesterlichen Funktion sei Papst Leo III. gar als Ketzer zu bezeichnen, da er nie die Heilige Schrift durchgelesen habe und somit seinen wesentlichen Amtshandlungen, der Auslegung und Verkündung der Schrift, nicht nachgekommen sei.30 Kurz: auch der Papst sei nichts als ein irrender Sünder, seine Autorität der Schriftautorität unterzuordnen.31

Der siebente und achte Abschnitt entkräftet die Unterscheidung zwischen irdischem und himmlischem Gott, indem er diese mit Bezug auf Mt 16,18f. als Vergötzung des Papstes entlarvt.32 Damit schaltete sich Karlstadt in die Kontroverse um den päpstlichen Primat ein, die Luther und Eck bereits auf der Leipziger Disputation aufgenommen hatten.33 Während Eck mit Bezug auf den Begriff petram (Mt 16,18) Petrus und folgerichtig den Papst als vicarius Christi gemäß ius divinum definierte, bestritt Luther dies. In den Resolutiones vom 15. August 1519 erkannte er in der Textstelle eine Beziehung auf die gesamte Kirche; ein herausgehobener Vorteil für einen bestimmten Bischof sei nicht zu sehen.34 Im April 1520 hatte der Franziskaner Augustin von Alveldt die Schrift Super apostolica sede und bald darauf eine gekürzte, deutsche Version veröffentlicht, die noch einmal die Unterscheidung zwischen irdischem und himmlischem Haupt postulierte und dem Papst mit Primatsgewalt zusprach.35Karlstadt arbeitet die Argumente Alveldts kursorisch ab, doch allein seine in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe an die »keszpetler« und »holtzschucher«,36 die die Konstruktion einer irdischen Gottheit des Papstes stützen würden, ist auf Alveldts Schriften zu beziehen.

Bezugnehmend auf die Dekretale A nobis37, die einräumt, dass Urteile der Kirche zuweilen auch irrenden Meinungen folgten, was dagegen Gottes Urteilen nie geschehe, kommt Karlstadt im 9. Abschnitt zu dem Schluss, dass diese Dekretale selbst die Infallibilität des Papstes bestreite und eine gegenteilige Auffassung zu seiner Vergötzung des Papstes führe: »Ich habe einen herren/ der ist got in hymeln und erdtrich […] Der wegen szol keiner gedenckenn/ das der bapst […] ein hoher odder besser got sey/ dan der kleinst getaufft mensch […].«38 Daher gelte die Schlüsselgewalt für alle Christen (Mt 18,18)39 ebenso wie die Gotteskindschaft (Ps 81(82),6). Akteur der Sündenvergebung sei nicht ein Mensch, sondern allein Gott.

Rhetorisch und inhaltlich entkräftet Karlstadt im 11. Abschnitt die Dekretale De maioritate et obedientia40 von Innozenz III. (1198–1216), die auf der Basis von 1. Petr 2,13f. weltliche und geistliche Obrigkeit voneinander scheidet, die Überordnung der geistlichen Macht und der Spiritualia über die weltliche Herrschaft und die Temporalia begründet, den Kaiser auf die irdische Gerichtsbarkeit beschränkt und die päpstliche Überordung auf alle Schafe ausgedehnt (Joh 21,17). In rhetorischer Kontextanalyse weist Karlstadt nach, dass die Bibelepistel nicht kanonisch sein könne, wenn Petrus nicht an alle Christen geschrieben hätte, da sich Christus ausdrücklich an alle Menschen wendet. Die Dekretale sei also in drei Punkten fehlerhaft: 1. In der Kontextualisierung der Petrusaussage. 2. Auf einen Satz ohne Beachtung der Umstände könne keine Gesamtaussage aufgebaut werden.41 Die Freiheit der Laien und aller Christen stehe gegen die römische Freiheit.42 3. Petrus habe nicht seinen Untertanen geschrieben, sondern allen. Karlstadt bezieht sich auf das Priestertum aller Christen.43 Daher habe sich der Papst der weltlichen Macht unterzuordnen.44 Eine Unterscheidung zwischen weltlichem und geistlichem Stand lehnt Karlstadt ab. Die Priesterweihe verleiht keinen besonderen geistlichen, sakralen Stand mehr.45

Die moderne römische Kirche jedoch sei vollkommen verdorben. Papsttum und Mönchtum bilden ein dialektisch, sich gegenseitig bedingendes Paar: der Papst bestätigt die Bettelorden, die wiederum den Papst zum Gott erhöben, seine Sündhaftigkeit bestritten und Ablässe erfänden.46Karlstadt verbindet, wie Hutten und Luther, die Ablasskritik mit der Gravaminadiskussion.47 Die Orden würden reicher und bauten sich gewaltige Klosteranlagen. Bullen in ihrer Materialität, Reliquien und liturgischen Gegenständen würden eine höhere Ehrerbietung geleistet als der Schrift,48 deren Lesung in der Volkssprache verboten sei. Dabei ist zu beachten, dass Karlstadt Reliquien und liturgischen Gegenständen nicht ablehnend gegenüber tritt, sondern nur ihre gegenüber der Bibel höhere Wertschätzung beklagt.49 Auch die Sakramentsverehrung steht noch außer Frage.50 Um seine Ausführungen plastischer zu gestalten und die Distanzierung von der römischen Kirche zu unterstreichen, läßt Karlstadt seine in Rom gemachten, persönlichen Erfahrungen der päpstlichen Liturgie und der festlichen Umzüge anläßlich von Stadteinzügen und Krönungsjubiläen in den Text einfließen. Ähnlich wie im Passional Christi erschafft er ein antithetisches Programm und stellt der Eitelkeit und Leere der römischen Zeremonien51 den inneren Reichtum und die äußere Armut Christi entgegen. Nebenbei berichtet er von seiner augenscheinlich in Rom 1516 abgehaltenen Disputation, vermutlich mit Silvester Mazzolini Prierias, über den Willen Gottes, menschliche Schwäche und den Glauben.52Karlstadt erwähnt Prierias nicht namentlich, spricht nur – überraschenderweise in der Mehrzahl – von den »magistri sacri palatii«, einem Amt, dass es zeitgleich nur einmal gab, doch möchte er wohl gegen das Amt als römische Institution, nicht gegen die Person des Prierias polemisieren.53 Jedenfalls habe man Karlstadt ein substanzloses »Venis tu cum credere?«54 (»Was kommst du mit dem Glauben?«) entgegengehalten, das dennoch entlarvend gewesen sei. Denn was ginge über den Glauben und das Gotteswort? Den genauen Zusammenhang der Disputation läßt Karlstadt allerdings im Dunklen.55

Die Destruierung des Amtes des Papstes, der als Ketzer und Marrane56 diffamiert wird, und des Prälatenstandes korreliert mit einer auffälligen Aufwertung der Laien und ihres Schriftverständnisses.57 Er plädiert für eine Ämterwahl der Kirche und die Suspendierung der Sakramentalität priesterlicher Weihen. Die Sachautorität der Bibel ersetzt die Amtsautorität. Karlstadt beschreibt die neue Methode des Schriftbeweises als Grundlage der Wittenberger Argumentation in der Leipziger Disputation.58 Der Papst sei nicht mehr bei Christus und sollte »von einem Christlichen unnd vorstendigen Ackerman zuhoren und lernen«.59 Diese Valorisierung laikaler Schriftauslegung steht im Kontext von Karlstadts Vorstellung von deren einfältiger Schriftlesung (simplicitas).60 Daher rekurriert er explizit auf niedrige Stände wie Bauern und Handwerker.61 Das Recht der Schriftauslegung steht ohne Standesunterschied allen offen.62 Diese Laien sind sogar im Vorteil, da sie die in der Hochkultur kursierenden, antiken Texte weniger kennen würden, sodass sie in ihrer Einfalt gar nicht darauf kämen, heidnische philosophische Texte zur Bibelinterpretation heranzuziehen, wie es die doctores üblicherweise täten.63 Die theologische Laienbildung besitzt zudem einen pädagogischen Aspekt, indem derjenige, der das größere Schriftverständnis besitzt, andere unterweisen solle.64

Im selbst apostrophierten Skopus (Abschnitt 13) bündelt Karlstadt noch einmal die Hauptthemen der Schrift. Er postulierte eine über allen anderen Quellen stehende Schriftautorität,65 verbunden mit der buchstabengenauen Rekonstruktion des Gotteswortes.66 Das Heil erlange man allein durch den Glauben und die Verpflichtung der Gläubigen durch das Sakrament.67 Dieser Glaube ist christozentrisch angelegt.68 Letztlich spreche der Heilige Geist in den Propheten, die nichts anderes als rechte Schriftinterpreten seien.69

Schließlich setzt sich Karlstadt intensiv mit den eingegangen Nachrichten von der Bannandrohungsbulle auseinander. Da Eck den Namen von Karlstadt und anderer Lutheranhänger durch einen Notar auf die Bulle hatte schreiben lassen, ohne dass eine gesonderte, öffentlich sichtbare Klausel ihn dazu ermächtigte, denkt Karlstadt zuerst – wie auch Luther und Erasmus – an eine Fälschung.70 Auch fehle die feste Wendung »Moneatis vel citetis […]«, die Bullen dieser Art auszeichnete.71 Schon der päpstliche Gesandte Karl von Miltitz machte Willibald Pirckheimer und Lazarus Spengler darauf aufmerksam, dass solche Formfehler beanstandet werden könnten.72 Da aber die Bulle in Rom gedruckt sei, verwirft Karlstadt die Idee einer Fälschung und äußert stattdessen den Verdacht, von Eck heimtückisch auf die Bulle gesetzt worden zu sein, damit man ihn im Schatten Luthers und ohne ein ordentliches Verfahren hinterrücks und geräuschlos verurteile.73 Der Papst selbst habe wohl kaum eine Schrift Karlstadts gelesen.74 Schließlich greift Karlstadt die Nichteinhaltung der formalrechtlich festgelegten Fristen an, die einem Betroffenen zustünden.75 Sie umfassen 60 Tage, nachdem diesem das Urteil verkündet wurde, was einer Bekanntmachung mittels öffentlichem Anschlag in Wittenberg gleichkäme, nicht aber auf Grund der ihm unbekannten Veröffentlichung der Bulle in Meißen oder Merseburg.76 Eine Beschwerdesupplik musste gar innerhalb von 10 Tagen nach Verkündigung eines Urteils eingereicht werden.77

Neben diese formalrechtliche Beanstandung, die die Unrechtmäßigkeit der Bulle erweisen sollte, tritt die Forderung nach einem eigenen, ordentlichen Prozess. Karlstadt wollte nicht als Anhänger Luthers verurteilt werden. Stattdessen betont er immer wieder, dass von ihm aufgestellte Lehrsätze zur Gnade und zum freien Willen verurteilt wurden, die er auf der Leipziger Disputation vertreten habe.78 Tatsächlich sind unter den in der Bulle aufgeführten 41 verurteilten Irrtümern Luthers die Sätze 31, 32, 35 und 36 auch von Karlstadt gegen Eck vertreten worden.79 Eindringlich beklagt Karlstadt die Verdammung durch die Löwener theologische Fakultät,80 die in ihrem Gutachten vom Februar 1520 Karlstadts auszugsweisen Separatdruck aus den Apologeticae conclusiones (KGK I.2, Nr. 88) ausdrücklich erwähnte: »Item Andreae achidiaconi propositiones apologeticas […].«81 Schon im März 1520 hatte sich Karlstadt in einer nicht erhaltenen und höchstwahrscheinlich ungedruckt gebliebenen Schrift an den Löwener Theologen abgearbeitet.82 Seinen eigenen, vollkommenen Abschied von der päpstlichen und scholastischen Doktrin stellt Karlstadt gleich am Anfang der Schrift heraus. Denn über seine einstige Indoktrination, dass der Papst irrtumslos sei und Christus gleich an der Spitze der Christenheit stehe, könne er jetzt nur noch lachen.83 Ähnlich äußerte sich in dieser Zeit auch Luther.84 Geradezu ironisch ist die Randbemerkung zur Wurzel-Jesse-Tradition in ihrer Spielart einer Legitimation der Papstkirche, die Karlstadt wortspielerisch in einem Verweis auf den Ort Jessen bei Torgau auflöst.85

Mit der Widmung an Neidhard von Thüngen zu Sodenberg,86 die in der abschließenden Petitio wieder aufgenommen wird, unterstellt sich Karlstadt angesichts des angedrohten päpstlichen Banns in einer existentiellen Gefahrensituation dem Schutz des fränkischen Rittergeschlechts. Zugleich steht diese Dedikation in einer Tradition, suchte Karlstadt doch schon seit Anfang 1519 den Kontakt, vermutlich um sich eine zusätzliche Pfründe in seiner Heimatregion (vornehmlich in Würzburg) zu sichern.87Konrad von Thüngen war seit 1519 Bischof von Würzburg88, Sigmund von Thüngen (gest. 1522) übte die Funktion des Amtmanns auf der Karlsburg nahe Karlstadt aus und war der Hofmeister des Bischofs.89 Der hier bewidmete Neidhard übte im Kriegsfall die Funktion eines Anführers des fränkischen Adels aus.90Karlstadts erstes Ansuchen an lokale Eliten findet sich mit dem an Johann Wortwein gerichteten, nachgestellten Schlussbrief der Defensio.91 In der Päpstlichen Heiligkeit spricht er Neidhard und das gesamte Geschlecht von Thüngen außerhalb der Widmung noch weitere fünf Male direkt an und bittet nicht nur, dass sie für einen fairen Prozess eintreten, sondern dass sie sich für eine Kirchenreform, die die Macht des Papsttums beschneidet, einsetzten. Nachdem er die theologischen Begründungen für den päpstlichen Primat zerstört und Priesterschaft wie Gotteskindschaft aller Christen herausgearbeitet hat, sei es nun an den Fürsten, gebunden an biblischen Eid und Sakrament, den Prälatenstand und die alten Kirchenhierarchien zu beseitigen, um den wahren Glauben zu verteidigen.92 Die Herrschaft solle dem Papst gebieten, bei Verlust seines Amtes endlich wieder wahrhaftig christliche Lehrer anzustellen.93 Angesichts dessen, dass »Rom […] gleich dem teuffel«94 ist, der die Weide Christi vergiftet,95 also dem Antichrist gleicht, greift Karlstadt zur drastischen Aufforderung, das gesamte Institut des Papsttums zu vernichten: »Der keyszer und fursten sollen den Bapst zurtretten.«96 Auf jeden Fall seien alle Christen aufgerufen, päpstliche Dekrete nicht mehr zu befolgen97 und gegen Papst und seine Reden vorzugehen.98 Letztlich obliege aber diese Aufgabe der Obrigkeit, die sich vor Gott verantworten müsse, ob sie Christus die Weide recht bereitet habe.99 Damit stellt Karlstadt ein Programm für den Adel zur Durchführung einer Kirchenreform auf, das sich dem Diskurs von Luthers Adelsschrift und HuttensVadiscus anschließt.100


2S. KGK II, Nr. 105, S. 92 Anm. 37; KGK II, Nr. 108, S. 113f.; KGK II, Nr. 117, S. 162f.; S. 165, Z. 9–11. Vgl. Bubenheimer, Consonantia, 118–120; 157.
3WA 2, 37,8–28 u. 36,26–28.
5Bereits in den Apologeticae Conclusiones (Thesen 17, 18 und 20) hatte Karlstadt die Irrtumsfähigkeit des Konzils nachgewiesen (KGK I.2, Nr. 85, S. 798, Z. 11–15; S. 799, Z. 4f.). Vgl. Bubenheimer, Consonantia, 157.
6S. KGK 163 (Textstelle). Bubenheimer, Consonantia, 160, sieht in Karlstadts Ansatz in dieser Zeit, im Gegensatz zu Lutherssola scriptura, das Prinzip einer suprema scriptura, und richtet sich gegen Kriechbaum, Grundzüge, 14.
7Vgl. De canonicis scripturis (KGK 163 (Textstelle)). S. auch Bubenheimer, Consonantia, 164.
9Fabisch/Iserloh, Dokumente 2, 364–412; Mirbt/Aland, Quellen 1, 504–513 Nr. 789. S. auch KGK 165 (Textstelle); KGK 165 (Anmerkung); vgl. Barge, Karlstadt 1, 129.
10Das Meißner Notariatsinstrument abgedruckt bei Buchwald, Egranus, 164f. Anm. 1. Vgl. Klotzsch/Grundig, Nachrichten, 281; 287–289; Barge, Karlstadt 1, 219f.; Bubenheimer, Consonantia, 186f.
11WA.B 2, 191,29f. Nr. 340.
12WA.B 2, 194 Einleitung zu Nr. 341, vgl. Barge, Karlstadt 1, 220f.; Bubenheimer, Consonantia, 168.
16Der Luxus, den die Päpste mit Pferden betrieben, war auch Hutten im Vadiscus eine gesonderte Tirade wert, vgl. Hutten, Opera (Böcking) 4, 181.
19Die »Efferung« (Wiederholung) reicht über 12 Seiten (fol. F2v–G4r), Abschnitt 13 über sieben (fol. E3r–F2r); Abschnitt 8 umfasst dagegen nicht einmal eine Seite.
22Zur Funktion der eigenen Erfahrung, der Autopsie und Empirie in der humanistischen Geschichtsschreibung und Ethnographie vgl. Knape, Geohistoriographie, 254; Müller, Germania, 252; Neuber, Fremdheit, 252.
23S. KGK 167 (Textstelle). Dass Karlstadt diesen Titel besaß, ist nur durch diese Schrift bekannt. Vgl. Bubenheimer, Consonantia, 55–57. Die Ankündigung, auf den Titel zu verzichten, mag eine Reaktion auf kursierende Vorwürfe gewesen sein, dass Karlstadt nur deshalb nicht gegen den päpstlichen Primat agierte, weil er seine Pfründen nicht gefährden wollte. Vgl. auch KGK II, Nr. 161, S. 162 mit Anm. 38. Ähnlich äußerte sich im November 1520, wohl noch in Unkenntnis von Päpstliche Heiligkeit, der Franziskaner Johannes Fritzhans (Fritzhans, Von dem geweichten wasser (1520), fol. A2v), s. KGK 166 (Anmerkung).
26Vgl. KGK I.2, Nr. 64, S. 573, Z. 1–8; S. 587, Z. 13f. Zur Bedeutung der Erneuerung des Menschen (reparatio) in Karlstadts Bußkonzept s. auch die 13 Conclusiones (KGK II, Nr. 137, S. 463–474).
28KGK 167 (Textstelle). Karlstadt nimmt Bezug auf Ps. Cyrill = Orig. in Lev. 2 (PG 12, 415C), eine damals Cyrillus von Alexandria zugeschriebene Aussage.
30Abschnitt 3 (KGK 167 (Textstelle)).
31Abschnitt 4 (KGK 167 (Textstelle)). Vgl. Kotabe, Laienbild, 204f.
32Vgl. hierzu Kotabe, Laienbild, 207f.
33Vgl. KGK II, Nr. 134, S. 433f. u. S. 439, Z. 13–S. 453, Z. 12. S. auch Seitz, Disputatio, 80f., 85, 91, 96f., 105, 112ff., 116, 125, 127f., 130; Brecht, Luther 1, 302–305.
34WA 2, 429,10–13; 432,9–11;14f.
37X. 5,39,28: »[…] breviter respondemus, quod iudicium Dei veritati, quae non fallit, nec fallitur, semper innititur; iudicium autem ecclesiae nonnumquam opinionem sequitur, quam et fallere saepe contingit et falli.« (CICan 2, 899).
38KGK 167 (Textstelle). Vgl. Kotabe, Laienbild, 212, der erkennt, dass die Taufe für Karlstadt keine Voraussetzung für eine allgemeine Geistlichkeit der Christen darstellt.
39KGK 167 (Textstelle). Ebenso Luther in der Adelsschrift (WA 6, 411,36–412,4).
40X. 1,33,6 (CICan 2, 196–198).
45KGK 167 (Textstelle). Vgl. WA 6, 407,9–28.
46KGK 167 (Textstelle). Bereits im August 1520 verwirft Karlstadt den Ablass in seinem Traktat Ablass (KGK 161 (Textstelle)). Über die Ablässe der Bettelorden vgl. Paulus, Geschichte 3, 260–268.
49Dennoch eröffnet sich eine Diskrepanz zwischen dem Geist Christi und den materiell-repräsentativen Ausformungen der Kirche, die spätere Positionen, auch der Schrift Von Abtuhung der Bylder (1522), vorwegnimmt. Vgl. auch , fol. D3v: »Das gelt/ odder siclos soll man itzt nit tzu den steynern kirchen geben. Dan der selben ist mehr dan zuviel/ und wer genug. das in eyner meylen/ oder halben/ aber ye in eyner statt nur ein kirchen stuend/ dar yhn das wort gottis geprediget wuͤrd.«
51Als Beispiele führt er die Umzüge mit hunderten Reitern, Kanonenschüsse zum Krönungsjubiläum, die inszenierten Ovationen und »Vivat«-Rufe bei Einzügen und die auf einem weißen Pferd vor dem einziehenden Papst voranreitende Monstranz auf. Vgl. KGK 167 (Textstelle); KGK 167 (Textstelle); KGK 167 (Textstelle); KGK 167 (Textstelle).
53Auch in den Verba dei (KGK 146 (Textstelle)) bezieht sich Karlstadt nicht namentlich auf Prierias: »Thomas sane filius Aristotelis Bononiensi praedicatore teste.« Dennoch handelt es sich wohl um eine Anspielung auf dessen Replica F. Silvestri Prieriatis ad F. Martinum Luther von 1518 (vgl. WA 2, 53,36–64). Prierias gehörte zu den wichtigen Autoritäten, als Karlstadt noch thomistisch arbeitete. Allein in den Distinctiones finden sich vier Erwähnungen (KGK I.1, Nr. 2, S. 184 Anm. 104; S. 185 Anm. 108 und 111; S. 214 Anm. 297; S. 234 Anm. 420). Zur Auseinandersetzung mit Prierias s. auch De canonicis scripturis (KGK 163 (Textstelle)).
55Vgl. die Vermutungen bei Bubenheimer, Consonantia, 171.
56KGK 167 (Textstelle). Karlstadt nimmt Gerüchte über Papst Alexander VI. auf. Vgl. Reinhardt, Alexander VI., 73; 164. Zur Ketzerprädikation siehe in der im November 1520 verfassten Schrift Welche Bücher biblisch: »Ich sag klar/ das diser Bapst Leo ist ein ketzer« (KGK 171 (Textstelle)).
57Bereits in De canonicisscripturis (KGK 163 (Textstelle)) stellt Karlstadt das Urteil des Laien gleichberechtigt neben das des Klerikers. Vgl. Bubenheimer, Consonantia, 167. Zur Aufwertung der Laien und Reform der Kirchenorganisation vgl. Sider, Karlstadt, 136; zur Infragestellung der Kleriker und Theologen beim späteren Karlstadt vgl. Barge, Karlstadt 2, 12–14; Kähler, Protest, 307–309. Hier ist auch eine unterschiedliche Haltung gegenüber Luther zu konstatieren. Während dieser in der Adelsschrift die weltliche Obrigkeit im Laienstand dazu aufruft, ein Konzil einzuberufen (WA 6, 413,27–33), lädt Karlstadt Laien – ohne Begrenzung auf Obrigkeiten – dazu ein, an einem Konzil gleichberechtigt teilzunehmen. S. Appellation (KGK 168 (Textstelle)); Welche Bücher biblisch (KGK 171 (Textstelle)). Vgl. Bubenheimer, Consonantia, 198; Kotabe, Laienbild, 223f.
59KGK 167 (Textstelle). Mit der Überordnung der auf der Schrift begründeten Laienautorität wendet sich Karlstadt auch gegen seinen franziskanischen Kontrahenten Johannes Fritzhans. Vgl. Ablass (KGK 161).
60Vgl. hierzu ; KGK 146 (Textstelle). S. auch Kotabe, Laienbild, 222–224.
61In den Verba Dei (KGK 146 (Textstelle); KGK 146 (Textstelle)) zitiert Karlstadt ausgiebig die Praclesis des Erasmus von Rotterdam, dem eine gegenseitige Bibelunterweisung der einfachen Bevölkerung während ihrer Arbeit vorschwebte.
63In ähnlicher Weise fordert De canonicis scripturis, die Schriftauslegung nicht mit menschlichen Traditionen zu vermischen (KGK 163 (Textstelle)), und stellte eine Verbindung zur Einfältigkeit der Interpretation her (KGK 163 (Textstelle)).
64Vgl. Verba Dei (KGK 146 (Textstelle)); Welche Bücher biblisch (KGK 171 (Textstelle)). Vgl. Kotabe, Laienbild, 228–230.
65Vgl. KGK 167 (Textstelle). Eine ähnliche Fassung der Schriftautorität liefert , fol. D4v: »Es ist auch von unnoten. das du den Bapst. bischoffen oder yemants anders rath fragest/ aber ein absolution bittest. Wan dir die schrifft mit claren und verstendlich worten rath und absolution gibt.« (später in KGK IV).
66Vgl. KGK 167 (Textstelle); KGK 167 (Textstelle). Die Bibel allein zeige alle göttlichen Gesetze hinreichend an, so in Ablass (KGK 161 (Textstelle)). Vgl. Kriechbaum, Grundzüge, 15 Anm. 19.
70Auch Luther und Erasmus hegten den Verdacht, dass es sich bei der Bulle um eine Fälschung handeln müsse, vgl. Kalkoff, Prozess, 517; 536; weiter Bubenheimer, Consonantia, 190.
72Vgl. Kalkoff, Prozess, 520 Anm. 1; 536.
76So auch in der Appellation (KGK 168 (Textstelle) mit KGK 168 (Anmerkung)). Vgl. Bubenheimer, Consonantia, 191f.
77Vgl. HRG2 1, 270.
79Die Artikel 31, 32 und 35 der päpstlichen Bulle, die Lehrsätze Karlstadts verdammen, beruhen auf von diesem in der Leipziger Disputation vorgenommenen Argumentationen. S. KGK II, Nr. 131, S. 412, Z. 32f.; S. 391, Z. 13–20; S. 326, Z. 15–S. 327, Z. 19. Artikel 36 bezieht sich auf die 13. und 14. These Luthers in der Heidelberger Disputation vom April 1518, die Eck wiederum in Leipzig aufnahm, worauf Karlstadt antwortete, vgl. KGK II, Nr. 131, S. 323, Z. 19f.; S. 324, Z. 25–27; S. 343, Z. 3f. Die Artikel stimmen mit den vier im Dezember 1519 von Eck zusammengestellten Irrtümern Karlstadts überein: Eck, Contra Bodenstein (1519), fol. A2v–A3r.
80KGK 167 (Textstelle). S. auch Bedingung (KGK 165 (Textstelle)); Ablass (KGK 161 (Textstelle)); De canonicis scripturis (KGK 163 (Textstelle)).
81WA 6, 176,3. Die Verurteilung der Lehrsätze durch die Universität Löwen erfolgte bereits am 7.11.1519, das Gutachten wurde erst im Februar 1520 gedruckt (WA 6, 175,11–178,23). Die Fakultät hatte zum Studium der Lehre Luthers den im Oktober 1518 in Basel gedruckten Sammelband (Benzing, Lutherbibliographie, Nr. 3) benutzt, der Karlstadts den Apologeticae conclusiones (Thesen 102–213) entnommene, gegen Eck gerichtete Thesenreihe enthält (WA 6, 175,20f.; 31ff.). Eine Kritik einzelner Thesen Karlstadts bieten die Errores excerpti, eine unpubliziert gebliebene Auseinandersetzung der Löwener theologischen Fakultät, die sie zur Entscheidungsbildung an Kd. Hadrian von Utrecht (den späteren Papst Hadrian VI.) schickte. Vgl. Kalkoff, Forschungen, 194–202; Blockx, Veroordeling, 58; Grundmann, Gratia, 55–63.
84Luther schreibt in De captivitate Babylonica, dass er noch zur Zeit der 95 Thesen abergläubisch der römischen Tyrannei angehangen habe (WA 6, 497,6ff.). Vgl. Bäumer, Luther, 9; Bubenheimer, Consonantia, 116 Anm. 87.
87Im Brief an Spalatin vom 24.2.1519 (KGK II, Nr. 108, S. 116, Z. 4) erwähnt Karlstadt ein Schreiben an Adam von Thüngen (KGK II, Nr. 107, S. 111, verschollen) mit dem Wunsch, dass dieser zurückschriebe. In dem erhaltenen Brief an Spalatin unterwirft sich Karlstadt dem Schutz verschiedener Adliger (Degenhard Pfeffinger, Bernhard von Hirschfeld, Johannes von Taubenheim, Johann von Dolzig, Hieronymus Rudelauf). Am 8.5.1519 schrieb Karlstadt an Sigmund von Thüngen, den Vater des obigen Adam (KGK II, Nr. 122, S. 199). Vgl. auch Bubenheimer, Consonantia 31, Anm. 87. Bereits kurz zuvor, am 6.5.1519, hatte KarlstadtSpalatin gebeten, dass er sich bei Sigmund von Thüngen für ihn für eine Pfründe in Würzburg einsetzen möge (KGK II, Nr. 121, S. 196, Z. 17–20).
88Für Barge, Karlstadt 1, 56f. hoffte Karlstadt auf eine Pfründe in Würzburg im Zusammenhang mit der Einsetzung Konrads von Thüngen als Bischof.
89WA.B 1, 168 Anm. 1. Sigmunds Sohn Adam von Thüngen (gest. 1536) wurde 1523 sein Nachfolger als Amtmann auf der Karlburg, WA.B 1, 383 Anm. 5.
91KGK I.2, Nr. 90, S. 992, Z. 1.
100So Barge, Karlstadt 1, 230. Zu Luthers zeitgleichen intensiven Kontakten zum Adel, in dem er nun einen »potentiellen Träger der eigenen Reformanliegen« sah, vgl. Kaufmann, Adel, 11–14.

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