Nr. 171
Welche Bücher biblisch sind
1520, [Herbst]

Text
Bearbeitet von Stefania Salvadori

A1r
Welche bucher Biblischa seint.

Dissesb buchlin lernetc unter-
scheyd zwueschen Biblischen buchern und
unbiblischen/ darynnen viel geyrret haben/
und noch yrren/ Dartzu weyszet das buch-
lin/ welche bucher/ in der Biblien/ orstlichd
seint zuleszen.


Andrese Bodenstein von Carolstadtf Doctor.


Wittembergk.g


A1v
Dem Ersamen und namhafftigen
Wolffgang Sturtzen Burger und Bergmeyster in S.
Joachimsz talh1/ wunsch ich Andres Bondenstein ge-
suntheit und wol leben in Christo/ mit anbietung mey-
ner willigen diensten.


Ersamer gonder und furderer/ Die weil ich euch
als einen liebhaber/ reyner Christlicher warheit (szo in
Biblischen buchern eingeleybt)2 in eygner person/ und
auch durch eur gonder (der yhr nit wenig/ umb eur
dienst/ leuthselickeit/ und gutheit/ habt erlangt) vermer-
cket und erkant/ hab ich allen Christen/ sunderlich euch/
zu gut und ehren/ ein kurtz antzeyg und berichtung thuen
wollen/ Auff das yhr eygentlich sehen unnd verstehen
mugth/ welche bucher/ in der Biblienn warhafftiglich
Biblische und Gotliche bucher/ und widerumb wilche
unbiblisch seint. Item welche zu ernst/ und widder star-
cke gewappente feynd furtzuwenden. Widderumb wel-
che allein den hauffen gemehren/ und zuschumpff oder
widder plosse einfeltige krieger (als Parfuesser holtzschugeri seint3) dienen.4 Das thu ich derhalben/ das euch
die graue gesellen/ und andere keszyeger5/ nit an der seel
beschedigen/ wie sie sich/ an euren guttern/ gesuntheit
und leben/ vortzeitten/ zuvorletzenj unterstanden haben.
Ich hoff yhr werdetk mir nicht verargern/ dan/ der wir-
dige her und magister Johan Sturtz/ eur bruder (der
anher/ den rechten Christlichen glauben zulernen)6 gekum-
men/ hat mich vertrost/ das euch/ diesses zuschreyben/
zu keinen ungefallen gereichen wurt/ Damit got befol-
len. Datum eylung/ Wittemberg Sontags nach aller
heyligen. Im Jar. M. D. XX.7

A2rVorred.


Nach dem ittztl/ wie ich bericht/ neu und
deutsche Biblien/ sollen gedruckt wer-
den8/ und alle Christen geystliche und ley-
hen/ gelarte aberm9 ungelarten/ die heylige
schrifft/ zuleszen odder horen leszen (und
in solchem vleysz) schuldig seint/ das sie
widderumb andere Christen leren mugen und wollen/
hab ich obgenanter/ auff anregen unnd begerung etzli-
cher gotforchtiger menschen/ allen und yeglichenn Chri-
sten/ alden und iungen/ geweichten und ungeweichten10/
menner und weyber11/ ein kurtze unterricht thun wollen.
Welche bucher/ ano12 yemandts widerred/ Gotlich und
Biblische seint/ welche auch widerumb von etzlichen
nit angenummen oder zugelassen/ Damit der fruemp und
getraueq diener gottis/ sich auff die allerbeste schrifft le-
gen mug/ und der leer obligen/ die yhnen/ durch alle ke-
tzerische feynd tragen/ unnd ausz aller ferlickeit brengen
mag. Und das er (wie ein klueg lamblinr) die beste weid
erstlich suchen kan/ Aber ich wil das allis auffs kurtz-
te versuchen. Szo ymandts weitter berichtung bedarff
odder begert/ der lesze mein lateinisch buchlin de scrip-
turis Canonicis intitulirt und genennet13/ das wurt yhn
ferner furen und verstendigen.

Biblisch bucher des alten testaments.


In dem alten gesetz/ seint nachgeschriebenn bucher
Canonici/ das ist/ gotlich oder Biblische/ Funff bu-
cher Moysi/ die selben .v. bucher sein zeitten von Christo
das gesetz genant.14 Unnd die Juden nennen auch noch
heut die selbe funff bucher/ das gesetz/ hebraisch thora.


Darnach machen sie/ die Juden (unnd ist alszo bey
den gelarten Christen in ubung und gewonheit) die an-
A2vdere ordnung der Prophetenn/ nemliche disser bucher.


Josue.i.Zum ersten zelen sie unter den propheten/ Jesum ein -
son Nave/ das ist/ das buch Josue.


Judicum.iiDarnach das buch der richter/ zu dem selben hen-
cken sie das buchlin Ruth.Ruth.


Samuel.iii.An die dritte stelh ordnen sie Samuel/ das ist/ das
erste und ander buch der konig.


buch der konig.iiii.In die vierde stad setzen sie das buch der konig/ das
seint/ die zwey letzte bucher der konigen.


Esaias.vAn das funffte glid/ stellen sie Esaiam.


Hiere.vi.Hieremiam in das sechste.


Die sibendeEzech.vii stadt geben sie Ezechiel.


Und die achte stelh behalten die .xii. klein propheten/xii. kleinpropheten
die ein buchlin bey den Juden seint〈/〉 besitzen und inhaben.


Disse bucher heyssen prophetische/ szo in diesser an-
dere ordenung begriffen.15

Driets ordnung gotlicher bucher.


Die driet ordenung begreuffett bucher/ der yene/ szo
die Juden heylig schreyber/ odder heylige leerer genant
haben/ wie wol sie etzliche lerern/ ausz den selben/ als
David/ Moysi vergleichen.16


Job.i.In disser ordnung stehet das buch Job zufodderst.


David.iiDarnach David/ den sie mit einem psalmen buch
beschliessenn. Do auch zumercken ist/ das die psalmen
der yenen seint/ der titel sie haben/ welcher aber anu17 uber-
schrifft ist/ der selbige gehort zu denn schreybern odder
meystern/ die sich uber negest vorgehenden psalmen ge-
schrieben. Ich weysz wol/ das Augustinus in der zalh
disser bucher vil anders redet/ dan Hieronymus. Ich
weysz auch/ das er andere meynung hat/ von den psal-
men/ aber yhr sollentv wissen/ das Hieronymus in di-
ssem vahlw/ Augustino weyd uberleit/ und grosser zuach-
ten/ und Hieronymo auch nachtzufolgen ist.18


Es ist auch szo offenbar/ das der heylig AugustinusA3r
geyrret/ das einer greuffen kondt/ und wir mugen yhe
nit leugnen/ das er geyrret.


In ytzt obangetzeygter ordnung haben drey bucher
Proverbia.iii.Salomonis.


Die driet stelh/ nemlich proverbiorum aber19 Beyspilen
odder gemeyner reden.


Eccle.iiiiZu dem vierdten/ das buch Ecclesiastes.


Canti.v.Zu dem funfften/ das buch Canticum canticorum.


daniel.vi.Zu dem Sechsten Daniel.


Para.vii.Zu dem sibenden Paralipomenon.


Esdras.viIi.xDie achte stadt behelt Esdras/ nemlich seinn zwey
erste buchlin.


Hester.ixAn neundter stelh stehet Hester.20


Summa der bucher.Und also zelen sie nit mehr/ dan .xxii. bucher des alten
gesetzes/ aber auff das allermeinst .xxiiii. so man die bu-
cher Ruth/ und der Drehen Jeremie21 sonderlich abtzelen wil〈.〉22


Alle bucher/ die unszer bucher dem alten gesetz zuschrey-
ben/ und seint nicht in obgemelten ordenungen begriffen/
die seint/ nit von allen gleubigen angenommen/ und fur
Gotliche odder Biblisch schrifft gerechnet. Ja ich sag
Apocryphi.frey mit sanct Hieronymo/ sie seint Apocryphi23/ das ist
unbekanter autoriteten/ und haben kein Biblische hey-
lickeit/ Darausz folget/ das Augustinus viel bucher ze-
let/ und fur heylig schrifft achtet/ die doch nit fur heyli-
ge schrifft/ solten getzelty und geschatzt werdenn.24 Es ist
auch unverborgenz/ allen den yenen/ szo heylig schrifft des
alten gesetz/ odder testaments/ in der sprach/ der Juden (von
welchen das alt testament zu unsz gekummen) leesen/ das
nicht mehr/ auch keine andere bucher dem alten gesetz zuge-
horig seint/ dan .xxii. obertzelte bucher. Es sol auch nie-
mants andere bucher/ mit dem alten gesetz zelen/ dan die
ytzt oben vermeldet seint.25


ManasseDarausz folgtaa/ das gebet odder Oration Manasse
nit als heylig schrifft zubrauchen ist.26

A3vItem/ das die letzte zwey bucher (szo Esdre/ durch
yrthumb/ unterschrieben)ab auch nit fur heylig biblische
schrifft sollen gehalten werden.27 Und sol sich niemants
entsetzen/ szo er in den heyligen lerern (als Augustino/
odder Ambrosio und der gleichen) obgenant bucher
(nebendt heyliger gotlicher schrifft eingefuret) leszenn
wurt/ Dan wir mugen in diessen zeitten schrifften Au-
gustini/ und seiner gleichen/ auch einfuren/ Aber wan
wir yhre lerungen/ als heylige biblische schrifft/ und in
solcher wirden wolten gebrauchenn/ szo tethen wir un-
recht/Vide de scripturis Canonicis und ertzurneten den heyligen Augustinumhertig-
lich/ac Das ich reichlichad in dem buchlin von unterscheyd
heyliger geschrifft/ und heyliger lerern/ beweysen wert/
wil got/ und in obgedachtem buchlin de scripturis Ca-
nonicis beweyst hab.28


Tobias.iii.Item/ ausz obvermelter ordenung folget auch das/
das buchlinn Tobie auch nit als heylige/ Biblische
schrifft/ in dem alten gesetz beschlossen.


Judit. v.Item/ das Judith auch nit zu denae alten gesetz geteylet ist.


Sapien.viDergleichen nachgeschrieben bucher/ nemlich das
Eccle.viibuch Sapientie/ Ecclesiastici/ ii. bucher Machabeo-
rum.Machabeorum. viii Item Baruch/ die zwey letzte capittel Danielis/
Dani.ix.und ein gut teyl Danielis in dem .iii. capittel/ nit gotli-
cher schrifft seint. Dan der bucher und gedachte capit-
tel/ ist keynes/ unter den buchern/ des alten gesetzes ge-
schrieben.


Ich glaub wol/ und gestehe/ das die Juden der sel-
ben ein teyl itzt (wie wir die Christliche lerer) haben/
aber in der Biblien stehen sie yhe nit vertzeychendt/ es
sol sie auch keyner wirdigen als die Biblische bucher.29


Unter dissen buchern itzt ertzelt/ die unbiblische ver-
urteylt/ und in Hebraischen Biblien nit beschlossen/ sol
doch unterscheyd der Apocryphenn bucher gehaldenn
werden/ als diesser.30

A4rDas die zwey letzte bucher Esdre ye und ye/ fur kein
Esdre .iii. et .iiii.heylig biblische schrifft gehalten seint.


Dergleichen ist das gebet Manasse und Baruch
und die zwey letzte capittel Danielis/ von der Susanna
von dem abtgot Bel/ und drachen/ und von Abakuk.31


Wiewol in itzt gemeltenn buchern/ nicht wenigaf ge-
schrieben stehet/ das niemants verneynen darff/ Dan-
noch ist niemant getzwungen/ die sententz und wort der-
selben bucher antzunehmen/ derhalben das sie in solchen
buchern geleszen werdenn/ szondern derwegen/ Das
sie in andern (die heylige gotliche schrifft genant) auch
mugen gefunden werden/ Derhalben ist erstlich zumer-
cken/ das viel schrifften in heyliger kirchen geleszen wer-
den/ die doch nit Biblisch und gotlich gewest/ und noch
itzt nit heylig schrifft sein. Dan es werden spruchen und
reden (Augustini/ Hieronymi/ Ambrosii/ Gregorii/
Bede32/ Chrysostomi/ Cyrilli/ letynischer und kriechi-
scher lerern) geleszen/ und gesungen. Die sich gar nicht
wollen als biblischeag geehret haben/ odder das wir/ yhre
bucher odder schrifften/ der heyligen gotlichen schrifft/
vorgleichen/ aber33 Biblische und gotliche sollen halten.34


Ubung der kirchen.Alszo lieszet die Christliche kirche manicherley bu-
cher/ ygliche in eygner krafft/ und in seiner macht und wir-
den. Sie machet auch durch yhrem gebrauch/ kein schrift
hoher oder mehr wirdiger/ dan sie in yhr selber ist.


Augustinus und Jeronymusah (unnd der gleychen)
seint wol heylig Christliche lerer/ yhre Homileyen und
anderer lerern/ lieszet die kirch/ Aber sie heldet sie/ der bi-
blischen schrifft ungleich/ und unvergleichlich geringer.
Unnd abai wol etzliche dolle Monichenaj/ gedachte lerer/
szo grosz machen und schatzen/ sprechende/ das yhren le-
rungen niemands darff widdersagen.35 Yedoch ist offen-
bar/ wie obberurte doctores alle Christen/ von sich/ in
die schrifft/ furen/ und sprechen/ Das sich ein yeglicher A4v
mensch/ in die Biblische schrifft eyniglich unnd festig-
lich anhefften sol.36 Und das sie einer durch heyli-
ge schrifft teylen37 unnd straffen mug/ szo befunden/ das
sie gotlicher schrifft gefelt hetten. Derhalben/ apgleichak
die Christliche kirchen/ solcher spruchen und reden/ hey-
liger lerer/ teglich gebraucht/ dannoch bleyben sie heyli-
ge doctores/ unnd yhre bucher solche heyligen/ den wir
widersagen dorffen/ und werden nummeral mehr38 Biblische.


Alszo sol ein yeglicher/ von den Apocryphen reden/
das sie/ und ein yeglich in seiner krafft und macht bley-
ben/ wie wol sie die kirchen gebraucht/ oder die heylige
lerer/ zeytten (yhren sachen zu gut) einfuren.


Darumb werden die zwey letzten bucher Esdre/ nin-
dert39 grosser odder mehr durch gebrauchung/ ya sie wer-
den nummeram mehr40 den Biblischen gleichmessig.


Unter den Apocryphen/ das ist/ die nicht in dem alten
gesetz (davon ich itzt sage und handel)an begriffen/ seint/
etliche als die heylige bucher/ und fur heylige angenummen
und doch nit gotlich odder Biblische geschatzt.

Nemlich/

i. Sapientie iii. Judith Macha-
beorum.
ii. Ecclesiastici iiii. Thobie


Disse bucher und yhren ynhalt/ sol keyner/ als Bi-
blische halten/ aber er mag sie wol fur alte heylige schrifft
gebrauchen/ wie einer sonste heyliger lerern schrifft ge-
braucht.


Unnd wie wol sie/ wie gemeldet/ nit als Biblische
leer seint zuachten/ dannoch radt ich niemandts/ sie in
leychtfertickeit/ und loesem gemut und spotheyten zu vor-
werffen/ auff das sich keiner selber zu schanden mache/
Dan esz wer zumalh spotlich/ das du in dem buch der
Weiszheit verlachest/ dastuao mit aller ehererpiettung/ in
bewerttenn buchern Moysi odder Danielis/ aber41 der
gleichen/ lesen/ annehmen/ und kussen mussest.42

B1rIch beken/ das Hieronymus obvertzeygte43 bucher
nit szo starck achtet und helt/ das sie einen oder yemants
der feind/ fellen und fahen44 und pinden mugen/ dannoch
sein sie mehr und mechtiger/ den Hiero'nymo'. August'ino'. und der
selben gleichen lerer/ krigisch und lateynisch.45


Ich sag auch/ das wir spruchen gedachter bucher/ und
sententz/ an46 ander bestendige Biblische red/ wider key-
nen feyndt werffen unnd fur rucken sollen. Aber doch
mugen sie nebent andern schrifften stehen/ den hauffen
gemehren und tzyren/ Dan yderman wurt bekennen/
das loblich (wie wol nit von notten)ap szo einer mit einem
grossen und schonen heerhauffenaq zihen mag.


Exemplum.arDie kriegsknecht haben nit alle harnisch die ym he〈e〉r-
hauffenas seint/ dennest47 vorwerffen sie nit die heubtleut.
Alszo ist es mit den schrifften in obbeschriebenat ordnung
begriffen/ und den andern/ szo auszerhalb derselben or-
denung/ uber viel Jar vor Christ geburt gemacht unnd
gebraucht sein. Die Biblische seint die geschickte unnd
gewappente sententz/ Aber die andere obvermelt seint
plosz nacket und schwach/ aber sie mehren den hauffen/
und dienen zu dem parat48 und vorfechten49 nit ubel. In demau
parat und vorschirmen50 pflegt man schumpff51/ undav spil/ und
lust zuhaben.


Aber ym kampff/ und ernstlichen streychen52/ ist kein
schumpff/ und gehoren geschickter leuth zum ernst/ dan
zu dem spiel. Alszo ist es mit den schrifften Sapientie/
und der gleichen/ dienen sie wol zu einem vorfechten und
parat/ aber zu dem ernst/ und kampff und wunden/ seint
sie zu schwache/ Sie machen kein todliche wunden/ sie
fahen keinen feynd/ sie machen auch niemandts zu einem
ketzer/ deroaw sie leugnet. Dann Hieronymus hat sich
nicht dorffen unterstehen/ des buchs Sapientie/ wid-
der sein feynd anax53 andere Biblische buchern/ zugebrau-
chen. Er hat alwegen geforcht/ die ketzer mochten das-
B1vselb vorwerffen. Darumb er steets andere schrifft fur ge
wend/ und desselbe zu zyrh54 bey getzogen und auff der
seyden55 gebraucht.56


Ich sage nit das solche gering und schwach bucher/
erlogen sententz inhalten (wie mich villeicht einer mocht
vernehmen)57〈.〉 Neyn ich sag/ das keiner fur einenn ketzer
ist zuachten/ deroay solche bucher nit annymbt/ das halt
ich nach sanct Hieronymi leer/ das sie keinen feynd ny-
derwerffen/ pinden unnd gefencklich machen/ und doch
mehr und krefftiger seint/ dan sanct Augustini/ Hiero-
nymi/ Ambrosii/ unnd Gregorii/ unnd der gleychenn/
schrifft und lerungen.58


Das ist auch war/ wan ich widder einen schreyben
odder mit wortten fechten solt/ deroaz sich mit einer red
Moysi/ Josue/ der bucher der konig odder eyns Pro-
pheten sententz geharnischt unnd bekleydt het/ Unnd
ich wolt yhn/ mit einer schrifft/ ausz den buchern/ die nit
in der zal altes testaments vortzeychentba und mit getzelt
seint/ anfechten/ das er sich gar nicht gegen mir weren
solt/ er mocht mich auch verachten/ und mein argument
achten/ gleich als pfiff ein gansz/ und pliesz yhn an/ dan
es ist yhe spotlich/ das einer gegen Gotlicher und Bi-
blischer schrifft/ mit einer/ die nit fur Biblisch gesch-
tzet/ streytten sol.


Darumb seint die/ grosse doren/ so menschen red und
sentenz (sie heyssen Bepstlichebb aber59 der heyligenn lerern
Augustini/ und seiner gleichen/ wort odder leerbc) wider
Biblische grundfesten dorffen furtragen.


Endtlich sollen die leyhen/ den orstenbd hunger unnd
duerst/ nit ausz den buchern Sapientie/ Ecclesiastici/
Thobie/ Judith/ und andern/ welchebe in der zal aldes
gesetz nit eingeleybtbf/ loeschen und styllen/ Das sol yhr vleisz
sein/ das sie Christenliche geyst/ und iugent/ ausz denen
buchern/ formiren/ speysen/ und aufftzyhen/ die anbg60 eyni-
B2rges menschen gegenred Gotlich und Biblisch geacht/
und das wollen sie sich yhe embsig bevleyszen/ und vor
allen dingen sich ausz geferdten des glaubens tragen. Wan
sie aber in denbh glauben wol erwachsen und sich gnuglich
ausz Biblischen schrifften bewart und bewapent haben/
als dan mugen sie unbiblische buchern durchleszen.61


Das ich von den buchern oben in einer kleynen figur
beschrieben/ nemlich Thobie und der gleichen gesagt/
solt yhr auch von nachfolgenden buchern und capitteln
urteylen und halten/ ya dartzu minder und geringer.62


Dan wie wol/ viel gutter unnd lieplicher sententz/ in
diessen buchern verleybt und ingehalten seint/ unnd die
kirchen siebi zeitten gebraucht/ dannoch bleyben sie unbi-
blisch/ und gibt yhn heylig kirch/ kein grosser herlickeit/
dan das wir solche bucher nebent den andern/ in einem
hauffen gebrauchen mugen.


Ich werde auch keinen nachlassenn/ sich mit den la-
teynischen odder deutschen Biblien zu weren/ und be-
helffen/ das ytzt gemelte bucher und capittel/ in solchen
Biblien beschlossen und begriffen seint.63 Dan fur das
erst/ weysz ich/ das die Hebraischen getrucktenn Bi-
blien (den wir in zweyffeligen und dunckeln sachenbj) so
das alt testament belangend/ zuglauben und nachfol-
gen schuldig/ berurte buchlin und capittel nit haben.64


Fur das ander/ wiewol lateynisch und deutsche Bi-
blien/ obgenante bucher und capittel auch behalten ha-
ben/ dannoch haben sie stets/ zeychen/ und yhre vorach-
tung in den vorreden Hieronymi auch gehabt/ das sie
nit Biblisch seint.65

Ich geb auch zu/ das Ba-
ruch und andere buchlin offtgemelt/ vil sententz und wort
haben/ die auch gotlich und Biblische sein/ dannoch seint
solche sententienbk ye nit Biblisch/ derhalben/ das sie in sol-
che unbiblischen buchern steend/ sonder derhalben/ das
wir sie in unvertegtigen66 und Biblischen buchern finden67/ B2v
Sonste/ solten alle reden und spruch Biblisch sein/ die
in solchen buchern begriffen/ und doch auch in der hey-
ligen schrifft gefunden werden/ wurt folgenn/ das wir
vil spruch ausz Vergiliobl und Ovidio musten horen und
annehmen als Biblisch. Kurtzlich/ wil einer erhalten68
das ein schrifft Biblische/ und mit yhr (als Biblische)
schlissen und brangen69/ szo musz er sie anbm70 alle mittel ausz
einem Biblischen buch nehmen und furwenden.


Hester.Alhie sol auch niemandts nit wissenn/ das in dem
buchle Hester/ auch etzliche sententz und wort eingeley-
bet/ die doch frombd eingefurt und zugesetzt seint/ das
wurt meniglicher in dem .xi .xii .xiii. und .xv. capittel ver-
mercken.71

Neu Testament.


Das neu testament mag auch in drey ordnung ge-
teylt und gespeltbn werden.


Oberste und furtrefflichgiste ordenung begreufft die
Evangelische bucher/ derbo die heylige kirchen vier ange-
nommen hat/ disse/ Evangelium Mathei/ Evangelium
Marci/ Evangelium Luce/ und Evangelium Johannis.
Zu disser ornenungbp gehoren geschicht unnd hendel der
Aposteln.72


Marcus.Evangelium Marci halten die alte vetter fur einen
kurtzen begriff Mathei/ Derhalben/ das/ das Mat-
theus nach der leng und breyt geschrieben/ das hat Mar-
cus mit kurtzem schreyben verneuhet/ und ertzelt.


Evangelium Marci wurt von etzlichen/ Evangelium
Petri genant/ die zweyffeln/ apbq esz vonn Petro/ odder
Marco/ gemacht/ Aber ich bin durch Hieronymum
bericht/ das Petrus das Evangelium Marci beste-
tiget hat. Das letzt capittel Marci ist unbiblisch/ wie
etzliche sagen. wer weitter berichtung begeret/ der leesz
mein buchlin de scripturis Canonicis.73

B3rActus das seint der Apostel handelung odder ge-
schicht/ hat Lucas beschrieben/ derhalben seint sie Evan-
gelischmessig.74


Die andere Evangelia (als Nicodemi/ das itzt ge-
druckt umbher getragen wurt75) und andere der gleichen/
seint nicht Gotlich odder Biblische/ apbr sie gleich gutte
sententz haben. Derwegen sollen die prediger und lesze-
meyster sich fursehen/ und besinnen/ was sie den scheff-
lin Christi fur weyd furgeben/ unnd unterscheyd zwu-
schen Biblischen und unbiblischen haben.76

Andere Ordenung.


In die andere ordenung/ oder an das ander glid/ stel-
len Christlich lerer/ die EpistelnbsPauli/ auszgenommen
die Epistel zu denn Hebreyernbt/ Dan disse Epistel/ ist
in zeytten/ des heyligen Hieronymi/ nit von allen kirchen
angenommen gewest/ und stehet noch in zweiffel/ wer sie
gemacht.77 Aber alle andere sanct Paulsbu Epistel/ haben
negestbv wirden/ digniteten/ und autoriteten/ nach Evan-
gelischer maiestet. Nemlich/ i. zu den Romern. ii〈.〉 zu den
Corinthern. i. zu den Galatern. i. zu den Ephesern.bw i. zu
den Philipensern. i. zu den Colosensern .ii. zu den Thessa-
loni'censern' Diesse hat er zu Christlichen kirchen geschrieben.


Paulus hat auch etzliche zu seinen iungern geschrie-
ben/ als .ii. zu Timotheo. i. zu Tito. zu Philemonen ei-
ne. Szo haben wir in den Summen .xiii. Epistel Pauli.78
Zu diessem glid gehoren die osternbx sanct Peters unnd
sanct Johannes Episteln.


In der unterste und letzte stell/ neues testament/ ste-
hen volgende bucher. i. Epistel Jacobi/ die andere Pe-
tri. ii. letzte Johannis/ und eine Jude. Item die epistel
zu den Hebreyern und Apocalipsis Johannis/ Disse
hab ich derhalben zusamen geordent/ das vor zeittenn
getzweyffelt/ und noch fur ungewisz geacht wurt/ wer B3v
oder welche solche buchlin gemacht〈.〉79/ von sanct Jacobs
Epistel ist gesagt/ das sie ein ander gemacht/ dero Ja-
cobus genant/ aber doch kein Apostel ist/ Derwegen sie
von etzlichen klein geschatzt/ und fur unbiblisch gerech-
net. Aber ich weysz mein gewissen nit zubewarenn/ szo
ich der gleichen saget/ dan der kriegische tittel deutet auff
den Jacobum/ des schrifft sich auch lateynische und krie-
chische lerer/ als Biblische und heylsame geschrifft ge-
brauchen. und spricht Hieronymus(deroby uns den zwey-
ffel gelernet hat80) das die selbe Epistel Biblisch autori-
teten ynbehalten hab/ dartzu nennen sie Hieronymus/
Augustinus/ und alle andere Canonicam oder catho-
licam. Szo hab ich auch nyndert geleszen/ das ein lerer
seinen widersachern gestat und nachgelassen hat/ solche
Epistel zu vorachten und verwerffen. Es hat auch key-
ner (szo vil mir ytzt bewust) widder obgemelt Epistel
dorffen sagen/ das etzliche Pelagianer wider das buch
der Sapientie geredt habenn〈.〉81/ Derhalben kan ich nie-
mandts rathen (bzapca sie gleich in der untersten stel wa-
net) das er sie vorwerff/ oder schumfflich handel.82


Das ich von diesser Epistel gesagt/ das sol auch von
andren Episteln/ szo ym dritten glidt vertzeychent/ ver-
standen sein.


Doch ist zuwissen/ das unter alle buchern/ die drit-
te ordnung Apocalipsis Johannis/ das geringst ist/ ur-
sach/ das in zeytten Hieronymi und darnach vil Chri-
sten/ dasselb buch noch nit angenummen.


Zu dem andern/ das der krigischecb titel nicht lautet
Apocalipsis Johannis Apostoli/ szonder alszo/ Apo-
calipsis Johannis Theologi.


Fur das dritte/ das der stilus/ red/ und Sermon/
gemut und art des buchs der heymlichen offenbarung
der macht/ ingenii/ und art und schicklickeit (so in andern
buchern Johannis Apostoli) gespurt unnd vermerckt/ B4r
meines bedunckes fast uneinlich ist und nit gleich.83 yedoch
wil ich dasselb/ und die andere bucher der letzten ordenung
nit vorworffen habenn/ sunder/ wie obvermelt/ unter-
scheyd geben/ Wurt aber yemandts die selbigen vorwer-
ffen/ der thu es uff sein verlust oder gewin/ dan dieweil
wir kein andere urkunt/ den84 schreyben Christlicher lerercc/
als Hieronymi und seiner gleichen/ haben/ Und der selbig
schreybt und nent offtmals/ die siben Epistel/ Jacobi/
Johannis/ Jude/ dartzu auch die epistel zu den Hebrey-
erncd/ Apostolicas/ Canonicas et catholicas/ und Apoca-
lipsim ein gotlich Biblisch buch/ kan ich diszmal nicht
furuber und anders schreyben/ das solche bucher Bi-
blisch/ und der untersten wirden sein.85


Ich rath auch niemandts/ das er sich erstlich auff die
schwertste/ dunckele und verdeckte bucher heyliger schrifft
lege/ auff das er sein arbeit und zeit nicht unnutzlich ver-
lyre/ oder finsternusz durch finsternusz verkerece/ abercf et-
war einen vorstandcg thuen fassen der heyligen schrifft und heyligen
geyst (deroch in der schrifft/ wie er vor zeiten durch menschen
redt/ noch redet und lernet) zuwider und engegen sein.86 Dan
es ist kein neyn87/ das etzliche bucher allegorienci/ figuren
und verdeckte sententz haben/ welche durch warheit und
licht (das man hyn und her in der schrifft findt)cj solten er-
clert und erleucht werden/ Darumb sol der christlich leser
vor allen dingen/ Christum in der schrifft suchen/ das ist/ solche
schrifften lesen/ die Christum mit seinem leyden/ mit seiner
kraft/ mit seiner ckguttickeit/ mit seinerck heylickeit abmalen/Ad galat. iii.88
und fur die augen des lesers setzen/ so kan er nicht yrren/ nach
den Christus selbst gesagt/ Ich bin das licht/ und der mir
qui sequitur me/ Jo. viii.nachfolget/ der wandert nicht in finsternisz.89 Hastu Chri-
stum und sein wort vor augen/ szo prichstu durch alle schrifft/
und magst alle finsternusz erleuchten/ wie er gepotten hat/
sagende/ Das ich euch in finster90 und geheym gesagt/ das
solt yhr/ ym licht und auff techern predigen und erleuchten.91B4v
Derhalben/ sollen sich die menschen erstlich/ auff klare
wort Christi legen/ die selb einnemen/ und wie ein licht
zu allen verporgen schrifften tragen/ und erleuchten. Sol-
che bucher obgemelt/ seint alle die yenecl/ szo den rechten
warhafftigen glauben haben〈.〉/ An die selbig/ das ist/ ancm
das wort Christi sollen sich all Christen/ und kein an-
dereAd Galat. 1.92 wort anhefften/ und sich kein creatur davon lassen
dringen/ Apcn gleich ein Engel von hymel/ oder ein Apo-
stel/ odder ein Bapst von Rhom/ aberco ein weyszer der
welt/ als ein Theologus/ ehr sey pfaff93 oder Monichcp/
hochgelart odder unverstendig/ heylig oder sundig. In
summa/ er sol sich nichts von dem Wort Christi lassen ab-
tzyhen. Derhalben/ und damit/ das den Christlichen
menschen lustig94 und leicht werd/ wolt ich geratten ha-
ben/ das sie des morgens/ ein zeit/ klein odder grosz/ in
lesung odder anhorung/ heyliger Evangelien/ und nach
mittem tag/ odder abent essen/ ein zeit in der heyligenn
schrifft/ altes gesetz/ vortryeben/ ja gewinnen. Nemlich
zu dem ersten/ das einer frue Matheum leesz odder horet
leszen/ und nach abent essen Deuteronomium Moysi/
und fuget das alte gesetz zu den neuen Evangelien.95Aber
wie wol das nit alwegen und yglichem geschehen kan/
unnd bescheert werden/ sunderlich dem/ dero nit vil ge-
ubet/ und in heyliger schrifft erfaren. Doch weysz ich/
szo einer Mattheum unnd Deuteronomium gar auszliest/
das er einen mechtigen unnd tieffen geyst Christi in der
schrifft auff das wenigst96 richen wurt/ und endtlich da-
hyn kummen/ das ehr versuchen97 wirt/ wie susz der geyst
Christi〈.〉98/ das sol er aber vor wissen/ das die bruderliche
gemeyne lieb unnd guttickeit (szo ym buch der andern
ehe99 oder gesetz/ auff tag gestellet) yn Mattheo auff ei-
nen tag/ unnd auff ein teglich Christlich leben gericht
ist. Exemplum/ Das Deuteronomium ym. xv. capittel dem
sybende iar/ und vorgeben gelt schulden hat gesagt100/ das C1r
sollen die Christen alle tag halten. Dan wir haben nicht
mehr/ dan einen tag/ nach dem geschrieben. Hec est dies
quam fecit dominus exultemus et letemur in ea.101 Das ist
der tag/ in dem alle christliche bruder ein gemeyne freunt-
liche frolickeit haben/ und sollen keinen/ arm lassen bleyben.102


Von diessen/ welche (von ersten zu lesen seint) wolt
ich wol ein eyges103 buchlin machen. Aber diesse materien
leydet es nit/ doch welcher einen schonen geyst des glau-
bens/ ausz Historien schopffen/ unnd Paulum dartzu
vergleichen wil/ das unser selickeit nicht in wercken/ son-
der ym glauben stehet/ der leesz das .xx. capittel in dem
andern buch Paralipomenon104/ und der gleichen hysto-
rien und bucher/ als die bucher der konige/ Josue und
Judicum etc.105


Endtlich/ damit die einfeltige/ die nach dem pradtcq
gottis/ und wasser/ das Christus gibt/ verlangen haben
und hungern abercr dursten/ ein sicher unverdechtig schaff-
driefftcs106 erlangen/ hab ich fur nutz und gut geacht/ das ich
alle bucher/ szo (anct107 eynige widersprechen) Biblisch und
gotlich seint gehalten/ widderumb in eyner figur repe-
tirt/ Die folget alszo.

i. Genesis Das seint die allerheyligste Bibli-
sche bucher altes gesetz so die hoch-
ste wirden haben.
ii. Exodus
iii. Leviticus
iiii. Numeri
v. Deutero'nomium'
C1v
i.
Josue
Disse bucher gehoren in
die andere ordnung/ und
besitzen den namenn der
propheten.
ii. Judicum und Ruth
iii. Samuel. i und. ii. regum
iiii. iii. und iiii. regum
v.
Esaie
vi.
Hieremie
vii.
Ezechielis
viii. xii. prophetarum.
i.
Job

Driet ordnung diesser bu-
cher behelt die niderste stad〈/〉
seint aber doch sunder allen
zweyffel Biblisch.
ii.
David
iii. Proverbia Sa-
lomonis.
iiii. Ecclesiastes eiusdem
v. Canticum canti'corum' eiusdem
vi.
Daniel
vii. Dibre haiominie
verba dierum. i'd est'
Paralipome'non'.
viii. Esdre duo priores.
ix.
Hester



Alszo mugen auch drey stell abercu ordenungen neues
geseez fur augen gestelt werden/ nemlich.

Evan-
gelium.
i.
Matthei
Diesse bucher seint die aller
hochste/ sunderlich die. iiii.
Evangelien/ dan in den sel-
ben redet Christus sein wort
selber/ unnd furet auff yhn
seinen vatter.
ii.
Marci
iii.
Luce
iiii.
Johannis
v. Und actus
Apostolorum

Ander Ordenung.

Bucher/ der
negsten wir-
den und kreff-
ten/ nach evan-
gelischer ma-
iestet
i. i. Epistel zu den Romern
ii. Zu den Corinthern
i. Zu den Galatern
i. Zu den Ephesiern
i. Zu den Philipensern
i. Zu den Colossensern
ii. Zu den Thessalonicensern
ii. Zu Timotheo
i. Zu Tito
i. Zu Philemonen
Alle des Apostel Pauli
i. Die erste sanct Peters.
i. Die erste sanct Johannis.

C2r
Diesse Episteln/ seint ancv108 eyniges widerred/ von den
Aposteln (wie angetzeigt) geschrieben. derhalben/ und
cwdie weylcw sie das wort Christi und gotlichen willen er-
kleren/ und uns an heylsame schrifft pinden/ und ist un-
getzweyffelt das sie den podenlauffercx Christi zustehen/
haben sie die andere stadt der wirden.

Driet Ordnung.


Die folgende bucher/ hab ich in das drit glid/ Bi-
blischer schrifften derhalben gestelt/ das von yhren wer-
ck meystern getzweyffelt wurt/ und noch nit allenthal-
ben beschlossen/ weer odder welche/ sie geschrieben od-
der gemacht. Ich hab sie aber/ solchescy zweyffels halben
nit von Biblischer eer und wirden dorffen entschliessen109
und werffen/ dan ich sehe bey kriechischen und Latey-
nischenn lerern/ das sie (doch mit unterscheyd/ wie vor
gesagt) als heylige Biblische schrifft geacht/ genendt/
und gebraucht werden. Unnd wan die lerer auff einen
teyl fallen110/ szo sprechen sie/ das wir siben catholicas/ ca-
nonicas et Apostolicas haben/ sie sagen auch/ das S.
Paulus die Epistolencz zu den Hebreyernda gemacht/ und
sanct Jacob der Apostel/ die Epistel welche in der Bi-
blien geschrieben. Item sanct Peter .ii. unnd sanct Jo-
hannes der Aposteldb .iii. und sanct Judas der Apostel ein
Epistel gemacht haben. Aber was von dem buch Apo-
calypsisApocalipsis. zuhalten sey/ hab ich nit verhalten111/ das ich nit
glaub/ das der Johannes/ welcher ein Apostel genant/
unnd das Evangelium Johannis/ unnd drey andere
Episteln sol geschriebenn/ hab gemacht/ Ursach/ das
gedachtes buch/ nach art/ nach gemuet112 hat/ der ande-
ren bucher/ szo von Johannesdc dem Apostel auszgan-
gen/ unnd istdd yhe einn merckliche anderung des stili/
das ist/ des fatem unnd tuchs113/ der red unnd der krafft/ C2v
die sich in Apocalypsi ereygende und beweyszen thut114/ die
red ist anders/ szo ist das ingenium anders/ unnd ist dem
vierten buch (das Esdre untergelegt115)df einlicher116 und gley-
cher/ dan den buchlin Johannis. Derwegen/ unnd die-
weyl es szo seherdg dunckel/ und mit gewulcken der gesicht
verdecket/ kan ichs schwerlich zu Biblischen schrifften
setzen/ aber doch/ dieweil ich den ersten Canonen unnd
begriff Biblischer bucher/ szo dem neuenn testament
zu gehoret/ noch nit hab zuhenden gehabt117/ und Apoca-
lypsis zu den buchern des neuen gesetzes angepunden/
wil ich nicht urteylen/ und ytzt ein figur der Biblischen
bucher letztes gradts auch zaygen/ alszo.

i.
i. Epistel zu den Hebreyerndh
ii.
Ein Epistel Jacobi
iii.
Die andere Epistel Petri
iiii.
Die letzte zwue Johannis
v.
Eine Jude
vi.
Und das aller nyderst buch/ Apocalypsis Johan-
nis des Theologen.


Nun folgen Apocryphen altes und neues ge-
setzes/ der sich die kirch/ kegen starcken feynden/ nit ge-
brauchtdi/ und alszo sie nit erkendet/ Nemlich/

i.
Sapientie
ii.
Ecclesiastici/ das die kugeln118 geystlich zucht nennen.119
iii.
Judith
iiii.
Tobie/ des sich etzliche ertichte petler120/ den armen
zuschaden/ behelffen.121
v.
ii. bucher Machabeorum122/ des gebrauchen sich die
pfarhern pro requiem eternam/ und pro dona no-
bis/ widder pauren.123
vi.
Baruch ist ein schreyber Hieremiae gewest/ und
hat gut reed.124 Disse bucher gebrauchen etzliche Ju-
den zeitten125 (wie wir Augustinum und Hieronymum/
und der gleychen/ in yhn schreyben und disputieren fur-
C3rtragen) unnd nennen sie heylige bucher/ aber kein
verstendiger gebraucht sie/ als und fur Biblisch.
vii.
Das gebet Manasse.126
viii.
Zwey letzte bucher/ szo Esdre mit frevel zuge-
schrieben/ werden offtmals von Hieronymo ver-
lacht/ und abwitzig und tholl reed genent.127
ix.
Ein gut teyl/ des .iii. capittels Danielis verlachen
etzlich/ und spotten der Christen mit dem gesang
der .iii. kinder/ die in feurigen oven sollen gesun-
gen haben.128
x.
Die .ii. letzte capittel Danielis/ Nemlich die hi-
storien Susanne/ von dem abtgot Bel genant/ von
dem Drachen und Abakuk.
xi.
Das letzte capittel Marci.
xii.
Die Epistel die man Pauli (zu den Laodiciern)
achtet/ ist gar vorworffen.


Das hab ich kurtzlich/ wie obgemelt/ geschrieben/ da-
mit antzeygung zuthun/ das ich euch und den euern/ sonder-
lich den doctor und magisterdj/ euren brudern/ zudienen und
wilfaren altzeit gewertig und gutwillig wil bereit erfunden
werden/ Grusset mein gonder ym Talh129/ und lebet wol.

Volgent notabilia: sein zuwurff.130


Fur das letzte sollen etlich notabilia germerckt werden〈.〉


Das erst/ das der Bapst unvergleicher weysz/ min-
der ist/ dan die Biblischen schrifften/ und er sol yhm das
Ne innitaris prudentie tue131/ nicht weniger lassen gesagt
sein/ dan dem allergeringsten handtwercks man.


Das ander/ sag ich/ unnd ist war/ das Biblische
schrifft/ ein gemeindk Concilium uberwindt/ unnd szo ein
paur vom pflug/ dem Concilio ein schrifft kont zeygen/
das sein synn gut/ und des Concilii boesz were/ szo solt
das Concilium dem pauren weychen und ehr geben/ von
wegen Biblischer schrifft.

C3vFur das driet/ ist zumercken/ das Biblische schrifft
wirdiger ist/ dan die Christliche kirche/ und das sich die
Christliche kirch/ nach heyliger schrifft richten/ und leben
und halten sol/ und nicht widderumb/ die schrifft nach der
kirchen leben und sich denen sol.


Fur das vierdt sag ich mit ernst und warheit/ das
ein yeglicher/ der kirchen/ von wegen heyliger/ schrifft gleu-
ben sol/ und nit der schrifft derhalben glauben/ das sie in der
kirchen geubt/ dan wir glauben Biblischen buchern/ das
sie der heylig geyst zu der kirchen geret. Alhie hore/ das der
Bapst diesse red Augustini (Non crederem Evangelio
nisi crederem Ecclesiae132) unrecht und widder meynung Au-
gustini/ mit dendl horen/ zu seinem forteyldm gebraucht/ Dan er
zeucht sie dahyn/ es solt keyner der schrifft glauben/ das
sie gerecht und warhafftig und gut ist/ er glaube dan der
kirchen. Das ist Augustino wol in .vi. enden zuwider/
dan er saget/ das man durch heylige schrifft ein gantz und
volkummen Concilium straffen kan/ und ist das sein gemut/
Durch antzeyg heyliger kirchen lerne ich/ das disz aber
ein ander buch Evangelisch odder nit Evangelisch ist.Leo ketzer.
Derwegen hette der Bapst sein ketzerisch Bulle wol zu
andern sachen gebraucht/ dan das er sich ubir die schrift
uberheben unterfegt.133Ich sag clar/ das dieser bapst Leo
ist ein ketzer/ und erbiet mich das mit schrifften zubewey-
szen/ und alle die yhm in solcher sach/ seiner Bullen anhen-
gig sein/ die seint in der vermaledeyung/ bann/ acht und
anathema gottis/ und Christlicher kirchen feyndt.134


Fur das funfft/ ist zumercken/ das ich gemeiner ubung
nachgefolgt hab/ in dem wort Biblischdn bucher. dan wan
man spricht/ das stehet in der Biblien heldet und achtdo/
ydermeniglich/ das dasselbe in den buchern beschlossen
sey/ daryn der Christlich glaub abgemalt und auszge-
truckt. Weil dan unverborgen ist/ das unsere bucher die
wir Biblien nennen/ vil frombde bucher haben/ in wel-
C4rchen wir den glauben nit sollen suchen/dp hab ich (damit
unterscheyd zumachen) etzliche bucher Biblische/ etz-
liche unbiblische benent.


Zu dem sechsten/ mercke/ das die Biblische bucher
krichisch Canonici/ lateynisch regulares/ zu deutsch re-
geln geheyssen werden/ Derhalben/ das sie form/ ma-
ssen/ und regeln des rechten glaubens seint/ und das wir
keynes menschen wort sollen fur ein regel und richtmasz
Christliches glaubens achten/ sonder allein gottis wort
das er indq die propheten und aposteln geredt und gegeben/
uns zusagenn. DendrPaulus spricht alszo ad Thessa. ii.
wir sagen got unableszlich danck/ das yhr/ ein leer ange-
nummen/ dadurch yhr got habt erkant/ das yhr nit einemds
sermon der menschen/ sonder warhafftiglich ein sermon
gottis empfangen hat.135Das sol mir der Bapst wol mer-
cken/ das Paulus die von Thessalica lobet/ das sie kein
menschen gesetz angenummen136/ derhalben thut der bapst
heyliger schriftt gewalt/ das er sein hellischedt Decretalen
lasset Canones nennen/ dan sie seint nicht regel der chri-
stglaubigen/ sunder der gleyszner.137 Der heylig Paulus
preyszet Timotheum. ii. c. iii. das er die heylige geschrifften
von kind auff erkant/ die yhn gelart machet durchdu den
glauben zu der selickeit/ und beschleust/ das der mensch
volkummen werd/ zu allen gutten wercken durch gotliche
lerung.138 Nun ist die heylige schrifft/ den Christen genug-
sam/ szo seint Bepstliche traditionen uberflussig und un-
nutz. Folget auch/ das keyner durch Bepstliche statu-
ten zu der selickeit gefurt wurt. Ja der teuffel henck sich
(an meyner stadt) an des yrrischen gottis Decretlin/
dan sie seint yhe kein regel des glaubens/ sollen auch gar
nicht Canonice oder Catholice genent werden.


Im Jar M. D. XX.dv139

C4vdxBeschlußred140


Von Pharo (wem ist es unbewüßt? Daz er ain neuer kü-
nig in Egipto und von Joseph kain wissen het/ wie er z sey-
nemExo. viii.141 volck saget. Komment/ wir woͤllen die Sün Israel/ weiß-
lich nidertrucken/ auff das ir nit z vil werd/ unn z unsern fein-
den tredten/ so uns schaden z fyegen moͤchten/ unn in regen-
ten und trucket sy/ und überwuge sy mit arbaiten.


Aber ye hefftyger Pharo die glaubyge nydertrucket/ Ye
meer und heüffyger sy wchsen.142


Syhe/ dise historien beschleüsset/ vor gehandelte reden/ Das
auch Layen/ dem glaubigen/ die warlich gottes reich seind/
gewalt gethon haben. Und gibt uns ainen gten ztrit/ z-
sagen. Das gottes reich/ in engsten und nydertrucken/ Mitt
macht/ und hauffen auff wechsset. Dann es ye mß war wer-
den. So ain korn in die erden foͤlt/ und stirbt/ so bringt es vill
früchten.143 Alles dencken ist verloren. Nem im ja kayner für144/
das er gotes reich/ klainer und geringer wel145 machen/ mit ver-
folgen. nidertrucken und abstechen. Dann wir wissen/ dasdw die
Juden mit irem verbieten/ die Apostel anzünten/ das wort
gottes manhafftiger z predigen.146 Und ist kainem veborgen
wie Gamaliel geraten/ und wie die junger trutzig und voller
Acto. v.mts wurden z predigen.


Obgleich ainer zway drey fünff/ hundert/ drühundet. etc. er-
moͤrden wurd/ Es wurd nit helffen. Ee gottes wort muͤssyg
und styem blib/ ee myesten die Kinder in wiegen anfahen z
predigen. Es war alles verloren/ speyß und arbait/ die Pha-
ro der halben verthet/ das er/ das volck der glaubygen nider-
trucken wolt.dx


aheilig und BiblischB
bDiszB
cleretB
derstlichB; ernstlichC
eAndreasC
fCarolstatB, C
gfehlt B; Wuittenberg.C
hmügenB
iholtzschherC
jzverletzenB
kwerdentB
lyetzB, C
moderC
nyetlichenC
oonB, C
pfrnmmB
qgetreuB, C
rlemlinB
sDie drittB; DritC
tbegreifftB
uonB, C
vsoltC
wfalC
xvii.A
ywerdenC
zunnerborgenB
aafoletA
ab(C
achoͤrttygklich.C
adreihclichA, B
aedemC
afwienigC
agblblischeA
ahHieronymusB
aiobB, C
ajMünchenB; MünnichenC
akobgleichB, C
alnimmerC
amnimmerC
anhandelC
aodas tuB; das duC
apnoͤtenC
aqhersz hauffenA; hoͤrß hauffenC
arDiese Marginalie ist in C am Anfang des vorigen Absatzes platziert.
ashoͤr hauffenC
atobgeschribenC
audenC
avfehlt B
awderenC
axonB, C
ayderC
azderC
baverzeichnetB; verzaichnetC
bbBiblischeB
bclereB, C
bderstenB, C
bewellycheC
bfingelybtB
bgonC
bhdemC
bizuB
bjfachenA
bksententzB; sentencienC
blVirgilioC
bmonB, C
bngespaltenB
bodieB
bpordnungB, C
bqobB, C
brobB, C
bsEpistelB
btHebreernB
buPaulusC
bvnangstC
bwEphesiern.C
bxerstenB, C
byderB, C
bzfehlt C
caobB, C
cbkriehischeC
cclereeC
cdHebreernB
ceverkeerA; verkerC
cfoderC
cgverstandB
chderC
cialle glorienC
cjfindtC
ck-ckfehlt C
clihenB
cmonC
cnObB, C
cooderC
cpMunchB; MünnichC
cqbrotB, C
croderC
csschaffdyrffC
ctonC
cuoderC
cvonB, C
cw-cwdweilB
cxbottenlaͤufferB, C
cysolihsB
czEpistelnB
daHebreernB
dbEpostelA
dcJohanneB
ddfehlt B
deerzaigenC
df(C
dgsereB
dhHebreernB
dibrauchtC
djmeisterB
dkgemeyuA
dldemC
dmvortelB
dnBiblischerB
doachtetB
dpsuchen)A, B
dqimB
drDannC
dseinenB
dtheylischeA
dudurhhA
dvxxi.B
dwvom Editor verbessert für des
dx-dxfehlt A, B

1Wolfgang Stürtz wurde 1519 zum Bergmeister von Joachimsthal ernannt. Im Widmungsbrief zu De canonicis scripturis ist er unter den wichtigen Persönlichkeiten in Joachimsthal, mit denen Karlstadt offensichtlich Kontakte hatte; siehe KGK 163 (Anmerkung). Siehe dazu und auch zur Bedeutung dieser Bergstadt für Karlstadt und die Wittenberger im Allgemeinen in jenen Jahren KGK 163 (Textstelle).
2Zur Beschreibung der kanonischen Bücher als Wahrheits- und Glaubensregel siehe KGK 163 (Textstelle).
3Spöttischer, in sich eine Widersprüchlichkeit tragender (barfuss – holzschuhtragend) Name für die Franziskaner. Zur Auseinandersetzung mit diesen siehe die Schriften Karlstadts vom Sommer 1520 gegen Franciscus Seyler, vgl. KGK 161 und KGK 162.
4Ähnlich in der lateinischen Fassung, vgl. z. B. KGK 163 (Textstelle).
5D. h. Käsjäger, vgl. DWb 11, 252: »ausdruck für das betteln der bettelmönche, […], man schalt also bettelmönche überhaupt so, sie fragten wol besonders nach käse, zum brote das sie überall erhielten«.
6Über besagten Johannes Stürtz, der angeblich zum Studium nach Wittenberg gegangen war, liegen uns keine Kenntnisse vor.
7D. h. 4. November 1520.
8Vermutlich wurde im Jahr 1520 in Wittenberg erstmals über eine vollständige Übersetzung der Bibel ins Deutsche nachgedacht, was mit Erasmus’ Wunsch im Vorwort an den Leser, bezüglich der Paraphrasen im Novum Testamentum, übereinstimmte, die Bibel in die Hände von Bauern, Schneidern, Steinmetzen, Dirnen, Zuhältern und Türken zu geben (LB 7, fol. 2). Auch Karlstadt hatte sich in seinen Verba Dei (Februar 1520) auf Erasmus berufen, um seine Forderung zu bekräftigen, den Laien die Bibel in der Muttersprache verfügbar zu machen; vgl. KGK 146 (Textstelle). Die Konsequenzen zur allgemeinen Zugänglichkeit der biblischen Bücher, für welche sowohl Luther z. B. in der Adelsschrift als auch Karlstadt in De canonicis scripturis plädiert hatten, zeichnete sich in den darauffolgenden Monaten deutlich ab. Im Frühling 1521 erschien Langs deutsche Übersetzung des Matthäusevangeliums (B 4894); zwischen Ende 1521 und Anfang 1522 fertigte Luther dann die erste vollständige Übersetzung der Bibel ins Deutsche an. Siehe zum Überblick und zu weiterführenden bibliographischen Angaben Blanke, Bibelübersetzung. Zur Bibelübersetzung Luthers, auch in Zusammenhang mit der vorreformatorischen Laienbibel, siehe Kaufmann, Anfang der Reformation, 68–101.
9Oder.
10Geistlichen und Laien.
12Ohne.
13Vgl. KGK 163.
17Ohne.
18Vgl. auch hier KGK 163 (Textstelle).
19Oder.
20Hier folgt Karlstadt nochmals Hieronymus; vgl. KGK 163 (Textstelle).
21Gemeint sind hier die Threni d.h die LamentationesJeremias nach der Vg.
24Zum Vergleich des Kanons laut Augustin und Hieronymus, siehe KGK 163.
26Die Oratio Manasse hatte Luther noch in seiner im März 1520 erschienenen Confitendi Ratio herausgegeben. Vgl. KGK 163 (Textstelle).
27D. h. Ruth und Cinoth. Vgl. KGK 171 (Anmerkung).
28Offensichtlich plante Karlstadt ein weiteres Werk zu dem Unterschied zwischen kanonischen Schriften und Schriften kirchlicher Autoren, das anscheinend nie zu Stande kam. Das Thema wurde jedoch kurz in De canoncis scripturis erörtert, worauf hier Bezug genommen wird. Vgl. z. B. KGK 163 (Textstelle).
29Damit wird das Prinzip nochmals bestätigt, dass der Gebrauch apokryphe nicht in kanonische Bücher verwandelt.
30Wie folget.
32Beda Venerabilis (672–735).
33Oder.
34Nichtkanonische Schriften, auch die der Kirchenväter, können daher in den Kirchen gelesen und verwendet werden, sind aber nicht mit den biblischen Schriften vergleichbar. Das sola scriptura Prinzip lässt sich nach Karlstadt nicht auf ein binäres System von kanonischen (und deshalb anzunehmenden) und nicht kanonischen (abzulehnenden) Büchern reduzieren, sondern umfasst eine viel nuanciertere Abstufung der Schriftautorität. Die Frage nach dem Unterschied zwischen kanonischen Büchern und Schriften der Kirchenlehrer – die Karlstadt wahrscheinlich in einem geplanten Werk vertiefen wollte – wird in De canonicis scripturis in Bezug auf ein Zitat des Augustinus berührt; vgl. KGK 171 (Anmerkung).
35Polemisch greift Karlstadt hier nochmals die Bettelorden und vor allem die Franziskaner an, mit denen – vor allem mit Franciscus Seyler – er im Sommer 1520 eine heftige Auseinandersetzung geführt hat; vgl. KGK 161 und KGK 162. Den Vorwurf, die Franziskaner und generell die Bettelorden achten mehr auf menschliche Meinungen, Gesetze, Schriften und Dekretale als auf die göttliche Schrift, formulierte Karlstadt ausführlich auch in De canonicis scripturis; vgl. KGK 163 (Textstelle).
37Urteilen.
38Nimmermehr.
39Niener, d. h. nirgendwo.
40Nimmermehr.
41Oder.
43Oben angezeigte.
44Fangen, vgl. DWb 3, 1237.
45Vgl. den Absatz mit Verweis auf Hieronymus in der lateinischen Fassung von De canonicis scripturis; KGK 163 (Textstelle). Hier wird dennoch eine klarere und neuere Abstufung eingefügt, in der die Schriften der Kirchenväter den Hagiographen untergeordnet sind. Darüber plante Karlstadt in jenen Monaten ein Buch zu verfassen; vgl. KGK 171 (Anmerkung).
46Ohne.
47Dennoch.
48DWb 13, 1459: »mhd. kunststück, posse, kurzweil […]; frühnhd. ein fechterkunststück […]: wenn die fechter ein preambl machen, darein sie alle sprüng und kunststück bringen, das heist man ein parat«.
49Hier wird das Verb »als minder ernsthaft und nicht entscheidend dem eigentlichen kampfe gegenübergestellt und in diesem sinne auch übertragen gebraucht […], den anfang gegenüber einer gesteigerten folge, ersten versuch gegenüber der ausführung bezeichnen« (DWb 26, 1029).
50DWb 26, 1469: »den Schild mit gewandtheit zur verteidigung brauchen«, aber hier auch in einer »übertragenen und verschlimmerten bedeutung jemandem etwas vormachen«.
51Schimpf, Scherz.
52DWb 19, 1186: »auf jemanden in feindlicher absicht losgehen, im zweikampf gegeneinander (mit waffen) anrennen«.
53Ohne.
54Zierde, Ausschmückung.
55D. h. seitlich, indirekt.
56Ähnliche Beobachtungen und Vorschläge auch in KGK 163 (Textstelle).
57Es ist nicht klar, ob Karlstadt hier allgemein spricht oder ob er sich auf jemanden bezieht.
59Oder.
60Ohne.
62Unmittelbar nach den Hagiographen beschreibt Karlstadt hier die Bücher, die für völlige Apokryphen gehalten werden sollen. S. o. KGK 171 (Textstelle); vgl. auch KGK 163 (Textstelle).
63Wahrscheinlich plante man schon in jenen Monaten eine deutsche Übersetzung der Bibel, worauf Karlstadt auch am Anfang des vorliegenden Buches hinweist; s. o. KGK 171 (Textstelle). Hier verkündet er ausdrücklich, er wolle seinen Beitrag leisten, indem er durch einen klaren Unterschied zwischen kanonischen und nicht kanonischen Büchern die Aufnahme von unbiblischen Texten in volkssprachigen Übersetzungen verhindert. Mehr als die theologischen Kontroversen außerhalb und innerhalb Wittenbergs, die in De canonicis scripturis ausführlich behandelt werden (vgl. nochmals KGK 163 (Textstelle) und KGK 163 (Textstelle)), rückt in Welche Bücher biblisch das pädagogische Anliegen Karlstadts stärker in den Vordergrund; s. o. KGK 171 (Textstelle).
64Hier scheint Karlstadt nicht nur allgemein auf den hebräischen Kanon zu verweisen, sondern auf von ihm angesehene Exemplare der hebräischen Bibel. Welche Editionen er besaß (vielleicht wie Luther die 1494 in Brescia gedruckte vollständige hebräische Bibel und den 1516 in Basel bei Froben herausgegebenen Psalter), ist nicht näher zu belegen.
66Unverdächtigen.
67S. o. auch den Unterschied zwischen Hagiographen und völligen Apokryphen, KGK 171 (Textstelle).
68Beweisen, behaupten.
69DWb 2, 303: »prangen, ostentare, superbire«.
70Ohne.
73Vgl. mit geänderter Reihenfolge der Argumente und Bemerkungen KGK 163 (Textstelle).
75Hier bezieht sich Karlstadt höchstwahrscheinlich auf die beiden im Jahr 1520 erschienenen Editionen des Nikodemusevangeliums. Eine lateinische Version (VD 16 ZV 2012) hatte Johann Singriener in Wien herausgegeben; zu diesem Drucker siehe KGK 163 (Anmerkung). Eine deutsche Fassung erschien vermutlich in demselben Jahr in Augsburg und präsentierte das Nikodemusevangelium mit der Kommentierung eines jüdischen Rabbiners; vgl. Wahrhafftige Hystoria (1520), fol. A1r–v und D4v–E1r und F3r–F4r.
82Zur Auseinandersetzung mit Luther bezüglich der Kanonizität des Jakobusbriefes siehe KGK 163 (Textstelle).
83Anders als in De canonicis scripturis nutzt Karlstadt hier die Argumente gegen die Kanonizität des Jakobusbriefes, um zu begründen, warum derselbe in dem dritten, niedrigsten Rang eingeordnet ist.
84Denn, als die.
86Zum unterschiedlichen Gebrauch der biblischen Bücher siehe auch oben KGK 171 (Textstelle). Siehe dazu die parallelen Passagen z. B. in KGK 163 (Textstelle).
87Es ist nicht zu leugnen.
88Vgl. Gal 3,1–4. Zum an dieser Stelle angedeuteten Unterschied zwischen Gesetz und Glaube siehe auch unten KGK 171 (Textstelle), wo Karlstadt die Rechtfertigung ohne Werke deklariert.
90Finsternis.
91Vgl. Mt 10,27 Vg »Quod dico vobis in tenebris, dicite in lumine et quod in aure auditis, praedicate super tecta«.
92Vgl Gal 1,8 Vg »Sed licet nos aut angelus de caelo evangelizet vobis praeterquam quod evangelizavimus vobis, anathema sit«.
93Pfarrer.
94Lustvoll.
95Die Lektüre des Deuteronomiums und des Matthäusevangeliums (und möglicherweise der darin enthaltenen Bergpredigt) bietet nach Karlstadt eine für seine Laienleser geeignete christliche Anfangsunterweisung. Karlstadt sollte im WS 1521/1522 über das Deuteronomium lesen; vgl. Bubenheimer, Scandalum, 276 mit Anm. 52. Ab Mitte Oktober/Anfang November 1519 bis zum April 1520 hielt Philipp Melanchthon seine Vorlesung »hora sexta matutina« zum Matthäusevangelium, vgl. Luther an Lang, 18. Dezember, 1518, WA.B 1, 597,8–10 Nr. 232; die dazugehörigen Annotationes wurden erst 1523 veroffentlicht; vgl. MWA 4, 133–208.
96Zumindest.
97Hier im Sinn von erfahren, kosten, untersuchen, prüfen; vgl. DWb 25, 1882f.
98Ähnlich auch im Widmungsbrief zum Augustinkommentar; vgl. KGK I.2, Nr. 64, S. 562, Z. 28–S. 563, Z. 3.
99Bund, Testamentum.
100Vgl. das Erlassjahr im 5. Mose 15,1–6.
101Ps 117(118),24 Vg »Haec est dies quam fecit Dominus; exsultemus, et laetemur in ea.«
102Hier interpretiert Karlstadt die alttestamentlichen Bestimmungen über das Erlassjahr (vgl. KGK 171 (Anmerkung)) als für die Christen immer verbindliche soziale Gesetze, weil es nur einen von Gott gegebenen Tag gibt (vgl. KGK 171 (Anmerkung)), und zwar den, an dem alle Mitglieder der christlichen Gemeinde die gleiche Fröhlichkeit teilen und den Ärmsten Hilfe gewährt wird. Angesichts der unmittelbar davor vorgeschlagenen Lektüre des Matthäusevangeliums im Zusammenhang mit dem Deuteronomium ist hier anzunehmen, dass Karlstadt seinen Lesern auch die Bergpredigt (vor allem Mt 5,1–11) und den Zusammenhang zwischen sozialer Fürsorge gegenüber den Mitmenschen und dem Christsein (vgl. Mt 25,31–46) vor Augen führen will. Siehe hier auch Kruse, Universitätstheologie, 368.
103Eigenes.
104Vgl. z. B. 2. Chr 20,1–30.
105Anders als im Fall des oben erwähnten, geplanten Werkes (vgl. KGK 171 (Anmerkung)) wird die hier kurz angesprochene zusätzliche Schrift von Karlstadt selbst für nicht realisierbar gehalten. Bodenstein stellt jedoch anhand eines zusätzlichen Beispiels vor, wie man die Lektüre von Texten aus dem Alten Testament mit Passagen aus dem Neuen vergleichen kann. Diesmal fokussiert er sich auf die Verhältnisse zwischen Rechtfertigung allein aus dem Glauben, vor allem in Paulus’ Briefen, und aus den Werken im Alten Testament (vgl. vorherige Anm.). Zur Diskussion über die verschiedenen Glaubensarten bei Paulus und bei Jakobus sowie die damit verbundene Auseinandersetzung um die Kanonizität des Jakobusbriefes mit Luther siehe KGK 163 (Textstelle).
106Schafweide oder Schafweg; vgl. das Wort »trift« in Lexer, Handwörterbuch 2, 1513.
107Ohne.
108Ohne.
109Ausschließen.
110Übereinstimmen.
111Zurückgehalten; vgl. DWb 25, 510.
112D. h. weder Art noch Gemüt.
113Faden und Tuch.
115Untergeschoben, zugeschrieben wird.
116Ähnlicher.
117Karlstadt meint vermutlich, das Problem liesse sich erst klären, wenn er eine sehr frühe Zusammenstellung der neutestamentlichen Texte auffinden könnte.
118Cuculla, (Mönchs)Kappe; vgl. DWb 11, 2533.
119Schon in der spätmittelalterlichen deutschen Bibelübersetzung wurde das Buch Jesus Sirach mit dem »buch der geystlichen zucht« identifiziert; vgl. z. B. die Nuernberger Ausgabe von Koberger Bibel (1483), fol. CCCXIXr; DigitalisatLinksymbol. So auch in der Vorrede Luthers zum Buch von Jesus Sirach (1530); WA.DB 12, 144,3.
120D. h. Bettelmönche.
121Möglicherweise eine Anspielung auf Tob 4 und vor allem auf 4,10f. Vg »Praemium enim bonum tibi thesaurizas in die necessitatis: quoniam eleemosyna ab omni peccato et a morte liberat, et non patietur animam ire in tenebras«. Auch mit Verweis auf diese Bibelstelle wurde seit dem Mittelalter die Vorstellung vertreten, dass man sich während des Lebens mit seinen Werken ein Kapital im Himmel ansammeln könnte und dass Almosengeben Sündenvergebung bewirkt. Siehe z. B. das Libellus de eleemosyna vom Papst Innozenz III. in PL 271, 752.
122Zur Diskussion über die Makkabäerbücher während der Leipziger Disputation zwischen Luther und Eck und zur Ablehnung ihrer Kanonizität siehe KGK 163 (Anmerkung).
123Vermutlich ist hier ein Verweis auf das Agnus Dei als Grundgebet der katholischen Kirche, wo zweimal mit Miserere nobis und letztemal mit Dona nobis pacem respondiert wird. Im Requiem, d. h. in der Missa pro defunctis, wird jedoch zweimal mit Dona eis requiem und letztmal mit Dona eis requiem sempiternam respondiert. In Zusammenhang mit dem Gebet für die Verstorbenen wird seit dem Mittelalter auf 2. Makk 12 verwiesen, und vor allem auf 2. Makk 12,46 (Vg »Sancta ergo et salubris est cogitatio pro defunctis exorare, ut a peccatis solvantur«). Vgl. z. B. Thomas, Quodl. III q. 9 art. 2 (Thomas, Opera (Busa) 3, 455); siehe auch Taylor, Pro Defunctis. Mit Verweis auf diese Bibelstelle – 2. Makk 12,46 – diskutierte Luther über das Fegefeuer mit Eck während der Leipziger Disputation; vgl. WA 59, 527,2930–2942. Diese Bibelstelle erwähnt Luther auch in seiner in Dezember 1520 erschienenen Assertio per bullam Leonis X., vgl. WA 7, 149,23–26.
125Zeitweise.
130Hier vermutlich im Sinn von »wurf der waffen, wurfgeschosse (im kampf, im wettkampf, auf der jagd)«, DWb 30,2143.
131Spr 3,5 Vg »Habe fiduciam in Domino ex toto corde tuo, et ne innitaris prudentiae tuae«. Diese Stelle hatte Luther schon in der Heidelberger Disputation angeführ, einmal schon in den einleitenden Bemerkungen: »Diffidentes nobis ipsis prorsus iuxta illud spiritus consilium ’ne innitaris prudentiae tuae˛ humiliter offerimus omnium, qui adesse voluerint iuditio haec Theologica paradoxa« (WA 1, 353,8–11); und nochmals in der Explicatio conclusionis sextae, wo Luther mit Verweis auf Spr 3,5 noch deutlicher argumentiert: was die natürliche Vernunft dem Menschen vorschreibt und was in menschlichen Augen Weisheit ist (die prudentia), sei zu verwerfen und man solle sich nur auf Gott verlassen (WA 1, 372,17–21). Diese Stelle hatte auch Johannes Eck im Widmungsbrief an Kaspar Schatzgeyer OFM (1463–1527) zu seiner Schrift gegen Luther unmittelbar nach der Leipziger Disputation zitiert; vgl. Eck, Expurgatio (1519), fol. A4v; DigitalisatLinksymbol; ediert auch in Fabisch/Iserloh, Dokumente 2, 285.
132Cfr. Aug. c. ep. Man. 5,6 (CSEL 25.1, 197,22–24); zitiert auch in KGK 163 (Anmerkung).
133Hier vermutlich aus »unterfahen […] etwas lastähnliches auf sich nehmen [[…].] in der reflex. verb. stellt sich der nebenbegriff des gewaltsamen, gewagten, widerrechtlichen, anmaszlichen, thörichten u. dgl. ein« (DWb 24, 1543). Die entscheidende Stelle aus Aug. c. ep. Man. 5 (vgl. vorherige Anm.) wurde auch in der Bannandrohungsbulle Exsurge Domine angeführt; vgl. Fabisch/Iserloh, Dokumente 2, 388f.
136Vgl. vorherige Anm. und auch Apg 17,11.
137Heuchler, Scheinheiliger.
139Mit dem letzten Abschnitt zu den »Notabilia« füllen die Wittenberger und Basler Ausgaben den Bogen C bis auf fol. C4v, das in A und B leer bleibt. Ähnlicherweise füllt die Wiener Ausgabe Bogen C mit den »Notabilia« auf fol. C2r–C3r und ergänzt dazu auf fol. C3v eine Beschlussrede; vgl. KGK 171 (Textstelle).
140Diese Schlussrede ist aus Karlstadt, Berichtung dyesser red (1521), fol. C3r (KGK IV) vom Sommer 1521 entnommen worden. Auf Josef, Jakobs Sohn, und auf dessen Prophezeiungen, bzw. dessen Deutung der Pharaos Träume (vgl. 1. Mose 41) bezieht sich die erste in De canonicis scripturis erwähnte Augustinstelle; vgl. KGK 163 (Anmerkung).
141Vermutlich ist hier ein Fehler aufgetreten, da in 2. Mose 8 keine passende Stelle zu finden ist. Die Marginalie in Karlstadt, Berichtung dyesser red (1521), fol. C3r; DigitalisatLinksymbol verweist dagegen auf 2. Mose 3, vermutlich 2. Mose 3,7–12.
144Keiner nehme sich vor.
145Will.

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