Nr. 131
Disputatio Iohannis Eccii et Andreae Carolostadii
Leipzig, 1519, 27., 28., 30. Juni und 1., 3., 14., 15. Juli

Einleitung
Bearbeitet von Stefania Salvadori

1. Überlieferung

Frühdrucke:

[A₁:]Eck, Johannes; Karlstadt, Andreas Bodenstein von
Diſputatio ‖ excellentium.D.doorū Iohannis Eccij & ‖ Andreę Caroloſtadij q̄ cepta eſt Lipsię ‖ XXVII.Iunij.AN.M.XIX. ‖ Diſputatio ſecunda.D.Doorū Iohānis ‖ Eccij & Andreę Caroloſtadij q̄ cepit ‖ XV.Iulij. ‖
in:
Eck, Johannes; Karlstadt, Andreas Bodenstein von; Luther, Martin
Diſputatio ‖ excellentium.D.doorū Iohannis Eccij & ‖ Andreę Caroloſtadij q̄ cepta eſt Lipsię ‖ XXVII.Iunij.AN.M.XIX. ‖ Diſputatio ſecunda.D.Doorū Iohānis ‖ Eccij & Andreę Caroloſtadij q̄ cepit ‖ XV.Iulij. ‖ Diſputatio eiuſdem.D.Iohannis Eccij & ‖ D.Martini Lutheri Auguſtiani q̄ ǁ cepit.IIII.Iulij. ‖
[Erfurt]: [Matthes Maler], [1519], fol. A1v‒D4v und P3v‒P4r.
4°, 62 Bl., A6, B4‒P4.
Editionsvorlage:
BSB München, Rar. 1954, DigitalisatLinksymbol.
Bibliographische Nachweise:

[A₂:]Eck, Johannes; Karlstadt, Andreas Bodenstein von
Diſputatio ‖ excellentium.D.doorū Iohannis Eccij & ‖ Andreę Caroloſtadij q̄ cepta eſt Lipsię ‖ XXVII.Iunij.AN.M.XIX. ‖ Diſputatio ſecunda.D.Doorū Iohānis ‖ Eccij & Andreę Caroloſtadij q̄ cepit ‖ XV.Iulij. ‖
in:
Eck, Johannes; Karlstadt, Andreas Bodenstein von; Luther, Martin
Diſputatio ‖ excellentium.D.doorū Iohannis Eccij & ‖ Andreę Caroloſtadij q̄ cepta eſt Lipsię ‖ XXVII.Iunij.AN.M.XIX. ‖ Diſputatio ſecunda.D.Doorū Iohānis ‖ Eccij & Andreę Caroloſtadij q̄ cepit ‖ XV.Iulij. ‖ Diſputatio eiuſdem.D.Iohannis Eccij & ‖ D.Martini Lutheri Auguſtiani q̄ ǁ cepit.IIII.Iulij. ‖
[Erfurt]: [Matthes Maler], [1519], fol. A1v‒D4v und P3v‒P4r.
4°, 62 Bl., A6, B4‒P4.
Editionsvorlage:
BSB München, W 4 Theol. 5457#14.
Weitere Exemplare: Ev. Stift Tübingen, q 8 an 2.
Bibliographische Nachweise:

[A₃:]Eck, Johannes; Karlstadt, Andreas Bodenstein von
Diſputatio ‖ excellentium.D.doorū Iohannis Eccij & ‖ Andreę Caroloſtadij q̄ cepta eſt Lipsię ‖ XXVII.Iunij.AN.M.XIX. ‖ Diſputatio ſecunda.D.Doorū Iohānis ‖ Eccij & Andreę Caroloſtadij q̄ cepit ‖ XV.Iulij. ‖
in:
Eck, Johannes; Karlstadt, Andreas Bodenstein von; Luther, Martin
Diſputatio ‖ excellentium.D.doorū Iohannis Eccij & ‖ Andreę Caroloſtadij q̄ cepta eſt Lipsię ‖ XXVII.Iunij.AN.M.XIX. ‖ Diſputatio ſecunda.D.Doorū Iohānis ‖ Eccij & Andreę Caroloſtadij q̄ cepit ‖ XV.Iulij. ‖ Diſputatio eiuſdem.D.Iohannis Eccij & ‖ D.Martini Lutheri Auguſtiani q̄ ǁ cepit.IIII.Iulij. ‖
[Erfurt]: [Matthes Maler], [1519], fol. A1v‒D4v und P3v‒P4r.
4°, 62 Bl., A6, B4‒P4.
Editionsvorlage:
HAB Wolfenbüttel, A: 459 Theol. (2).
Weitere Exemplare: HAB Wolfenbüttel, H: S 180.4° Helmst. (2). — ZB Zürich, III N 153, Nr. 3.
Bibliographische Nachweise:

[A₄:]Eck, Johannes; Karlstadt, Andreas Bodenstein von
Diſputatio ‖ excellentium.D.doorū Iohannis Eccij & ‖ Andreę Caroloſtadij q̄ cepta eſt Lipsię ‖ XXVII.Iunij.AN.M.XIX. ‖ Diſputatio ſecunda.D.Doorū Iohānis ‖ Eccij & Andreę Caroloſtadij q̄ cepit ‖ XV.Iulij. ‖
in:
Eck, Johannes; Karlstadt, Andreas Bodenstein von; Luther, Martin
Diſputatio ‖ excellentium.D.doorū Iohannis Eccij & ‖ Andreę Caroloſtadij q̄ cepta eſt Lipsię ‖ XXVII.Iunij.AN.M.XIX. ‖ Diſputatio ſecunda.D.Doorū Iohānis ‖ Eccij & Andreę Caroloſtadij q̄ cepit ‖ XV.Iulij. ‖ Diſputatio eiuſdem.D.Iohannis Eccij & ‖ D.Martini Lutheri Auguſtiani q̄ ǁ cepit.IIII.Iulij. ‖
[Erfurt]: [Matthes Maler], [1519], fol. A1v‒D4v und P3v‒P4r.
4°, 62 Bl., A6, B4‒P4.
Editionsvorlage:
BSB München, 4 Hom. 1596 d, DigitalisatLinksymbol.
Weitere Exemplare: UB Heidelberg, Salem 78,3/E RES.
Bibliographische Nachweise:

[A₅:]Eck, Johannes; Karlstadt, Andreas Bodenstein von
Diſputatio ‖ excellentium.D.doctorū Iohannis Eccij & ‖ Andreę Caroloſtadij q̄ cepta eſt Lipsię ‖ XXVII.Iunij.AN.M.D.XIX. ‖ Diſputatio ſecunda.D.Doorū Iohānis ‖ Eccij & Andreę Caroloſtadij q̄ cepit ‖ XV.Iulij. ‖
in:
Eck, Johannes; Karlstadt, Andreas Bodenstein von; Luther, Martin
Diſputatio ‖ excellentium.D.doctorū Iohannis Eccij & ‖ Andreę Caroloſtadij q̄ cepta eſt Lipsię ‖ XXVII.Iunij.AN.M.D.XIX. ‖ Diſputatio ſecunda.D.Doorū Iohānis ‖ Eccij & Andreę Caroloſtadij q̄ cepit ‖ XV.Iulij. ‖ Diſputatio eiuſdem.D.Iohannis Eccij & ‖ D.Martini Lutheri Auguſtiniani q̄ ǁ cepit.IIII.Iulij. ‖
[Erfurt]: [Matthes Maler], [1519], fol. A1v‒D4v und P3v‒P4r.
4°, 62 Bl., A6, B4‒P4.
Editionsvorlage:
Wolfenbüttel, H: H 65.4° Helmst. (4), DigitalisatLinksymbol.
Weitere Exemplare: [A₅Lp] UB Leipzig, Kirchg.948/5 (mit zahlreichen hsl. Notizien) — UB Leipzig, Libri.sep.2379 (auf dem Titelblatt Widmung an Georg Spalatin von der Hand Johannes Langs) — MKB Goslar, 349,4 (aus dem Besitz von Andreas Gronewalt) — BSB München, Res/4 H.ref. 258, DigitalisatLinksymbol — ULB Münster, COLL. ERH. 313, DigitalisatLinksymbol — UB Paderborn Erzbischöflichen Akademischen Bibliothek, Th. 6116(19) (aus dem Besitz von Otto Beckmann), DigitalisatLinksymbol — ÖNB Wien, *35.R.200, DigitalisatLinksymbol — [A₅] ZB Zürich, Gal III 48 Nr.4 (Mischform)
Bibliographische Nachweise:

Der aus der Werkstatt von Matthes Maler stammende Druck liegt in mindestens fünf Varianten vor, von denen die ersten vier (A₁ bis A₄) durch eine unterschiedliche Mischung der Druckfehlerkorrekturen in den Bogen A bis D auffallen. Demgegenüber wurden die hier edierten ersten vier Bogen von A₅ neu gesetzt; nur der letzte Bogen P ist identisch mit den Varianten A₁, A₃ und A₄. Die erste Auflage des letzten Bogens P bietet dagegen nur A₂, welche eine Reihe weiterer Besonderheiten enthält. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es noch weitere Exemplare mit einer anderen Zusammenstellung der Bogen geben könnte, wie im Fall von A₅, wo Bogen A–D der letzten Druckvariante entsprechen, Bogen P dagegen mit A₂ identisch ist. Die aus der Kollation der hier betrachteten Exemplare gewonnenen Daten ermöglichen jedoch eine plausible Rekonstruktion der Abfolge der Drucklegung.

Keines der bisher gesichteten Exemplare bietet in ihrer ersten Auflage alle Bogen. Bei den Bogen A bis D ist A₁ die älteste Fassung und damit die Variante mit den meisten Druckfehlern: Sie enthält nicht nur den Tippfehler im Titel »Augustiani«, der nur in A₅ korrigiert wurde1, sondern auch eine Reihe von Ungenauigkeiten, die in allen nachfolgenden Auflagen verbessert wurden.2 Abgesehen von diesen Korrekturen und nur wenigen weiteren kleineren Abweichungen3 sind die Druckvarianten A₁, A₂ und A₃ in Bogen A bis C nahezu, im Bogen D dagegen vollkommen identisch. A₄ markiert eine Zwischenstufe zwischen den ersten drei und der letzten Ausgabe A₅: Sie stimmt im Bogen A mit A₁₃ überein – abgesehen von einer Korrektur in einer Überschrift auf fol. A6r4; Bogen B weist stattdessen gegenüber den ersten drei Auflagen eine Reihe von typographischen Varianten (Zeilenumbrüche, Abkürzungen, Spatien, Interpunktion) auf, die anschließend in A₅ übernommen wurden, ohne dabei aber dieser letztgenannten Vorlage vollständig zu entsprechen.5 A₄ und A₅ stimmen dann in Bogen C und D weitgehend überein, abgesehen von einer kleinen Abweichung auf fol. C3r.6

Der Bogen P, auf dem die ConclusionesKarlstadts (KGK 117) abgedruckt sind, stellt eine Ausnahme bezüglich dieser Druckschritte dar: Dessen vermutlichen Erstdruck bietet die Variante A₂, die typographische Besonderheiten7 und – besonders auffällig – auf fol. P2r die Datierung »M.D.xx« aufweist, während alle anderen Druckvarianten (A₁ und A₃ bis A₅) neu gesetzt wurden und die Jahreszahl der Disputation (»M.D.xix.«) als Datierung tragen. Diese Abweichung läßt sich durch eine genaue Betrachtung des Bogens P klären. Er enthält auf den ersten beiden Blättern die letzten Passagen der Disputation zwischen Luther und Eck (P1r–P2r); auf den verbleibenden Blättern (P2v–P4r), die gefüllt werden mussten, sind die Conclusiones der drei Theologen nachgedruckt. Fol. P2r gibt also eine fiktive Abschlußerklärung der Disputation wieder, weil die tatsächliche Reihenfolge nach der ersten Disputation zwischen Eck und Karlstadt (27. Juni–3. Juli) und nach der Disputation zwischen Eck und Luther (4.–14. Juli) noch eine zweite Disputation zwischen Eck und Karlstadt (14.–15. Juli) vorsah, an deren Ende die ausgesprochene Schlusserklärung abgedruckt worden ist.8 Die Entscheidung des Herausgebers, die chronologische Abfolge nicht einzuhalten und stattdessen zunächst die hier edierten zwei Disputationen zwischen Eck und Karlstadt zusammenzustellen und die Auseinandersetzung zwischen Eck und Luther9 an den Schluss zu stellen, führte dazu, dass ein zusätzliches Explicit am Ende der gedruckten Disputation eingefügt werden musste. Hier hätte aber auch der Drucker sein Impressum setzen können.10 In ihrer Knappheit – »Soli Deo honor et gloria. Anno.M.D.xix.« – konnte diese abschließende Formel zu Missverständnissen führen. Es ist daher nicht auszuschließen, dass der Drucker einfach das Jahr eingetragen hat, in dem der Text gedruckt und distribuiert wurde11, und dass die Schlussformel bei erster Überprüfung (womöglich von dem Herausgeber) wieder auf die ursprünglich beabsichtigte Form, d. h. auf das Explicit zur gesamten – 1519 abgeschlossenen – Disputation, zurückgesetzt wurde.12

Dass ein Revisions- und Korrekturprozess nicht nur dieses letzten Bogens, sondern auch der vorherigen innerhalb eines begrenzten Zeitraums abgeschlossen wurde, könnte auch erklären, warum die erhaltenen Exemplare von A₁ bis A₄ sehr selten,13 bzw. in deutlich geringerer Anzahl im Vergleich zur letzten und vollständig korrigierten Variante A₅ erhalten sind. Das Exemplar A₅ – eine Mischform von A₅ (Bogen A–D) und A₂ (Bogen P) – bezeugt darüber hinaus, dass zum Zeitpunkt der Zusammenstellung der Bogen alle Druckvarianten in der Druckerei höchstwahrscheinlich vorhanden waren.

Von den Exemplaren der letzten Auflage ist das in der UB Leipzig erhaltene Exemplar A₅Lp im textkritischen Apparat der vorliegenden Einheit berücksichtigt. Das Exemplar gehört zu einem Sammelband aus dem Besitz Arnold Wöstefeldes, Rektor der Leipziger Universität im Sommersemester 1519,14 der weitere 24 Drucke aus den Jahren 1518–1520 enthält. Gleich mehrere Drucke betreffen die Leipziger Disputation.15 A₅Lp weist einige Anmerkungen des Besitzers, Wöstefeldes, auf, vor allem aber finden sich hunderte Korrekturen und Eintragungen einer nicht näher identifizierbaren Person, die sich oft auf die notariellen Protokolle beziehen.16 Der unbekannte Schreiber konnte auf Grundlage der ihm vermutlich vorliegenden exemplaria notariorum nicht nur die Druckfehler korrigieren, sondern gleichermaßen sowohl die Ergänzungen (additiones) des Herausgebers17 als auch dessen Auslassungen anzeigen.18 Ob diese exemplaria oder acta der Notare (die Pluralform deutet darauf hin, dass dem Schreiber mehr als eine handschriftliche Vorlage zur Verfügung stand) die endgültigen, schon kollationierten Protokolle, oder doch eher vorbereitende, während der Disputation angefertige Niederschriften waren, ist nicht rekonstruierbar. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass die Korrekturen des unbekannten Schreibers von A₅Lp oft mit den Lesearten des Freiberger Manuskripts übereinstimmen.19

Ein zweites Exemplar der Variante A₅ aus der UB Leipzig (Libri.sep.2379) trägt eine Widmung von der Hand des berühmten Erfurter Gräzisten (und vermutlichen Initiators des Erfurter Druckes) Johannes Lang20: »Georgio Spalatinoτῷ φιλῳ τὠ καλλíστῳ«.21 Im Exemplar der Marktkirchen-Bibliothek Goslar notierte der Vorbesitzer Andreas Gronewalt22 selbst, dass er den Druck am 28. Januar 1520 in Halle vom Buchführer Wolfgang Juche23 erworben habe.24 Das ist ein wichtiger Hinweis auf das Erscheinungsdatum von A₅.25Gronewalt bezahlte fünf Groschen für das Buch, wie auch der Wittenberger Professor Otto Beckmann26, dessen Exemplar sich heute in Paderborn befindet.27

[B:]Andreas Bodenstein von
PROTESTATIO D.dooris Caroloſtadii per ‖ reſpondentem ſibi a latere.
in:
Eck, Johannes; Karlstadt, Andreas Bodenstein von; Luther, Martin
Diſputatio inter Egre‖gios & præclaros viros ac doores,Ioannem Ecciū & Mar‖tinum Lutherum in ſentia notariorum habita ‖
[Paris]: [Jodocus Badius], [1520], fol. a1r‒v.
4°, 92 Bl., a8‒l8, m4.
Editionsvorlage:
BNF Paris, D‒5832.
Weitere Exemplare: BNF Paris, RES P‒R‒908 (2), DigitalisatLinksymbol
Bibliographische Nachweise:

Der ungefähr Anfang Januar 1520 von Jodocus Badius ohne Titelblatt gedruckte Text enthält nach einer kurzen Einleitung die Protestationes der drei Autoren; es folgen die – hier nicht edierte – Disputation von Eck und Luther und, am Schluss, die offiziellen Erklärungen der zwei Notare, Johannes Graumann28 und Franciscus Richter29, mit denen sie das herausgegebene Teilprotokoll beglaubigten.30 Aus dieser Vorlage wird in der vorliegenden Edition nur die ProtestatioKarlstadts und Ecks berücksichtigt.31

Handschrift:

[a:]Andreas-Möller-Bibliothek des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Freiberg, VII 4° 12, fol. 228r–256v und 379r–398v

Mitschrift/Protokoll von einer zeitgenössischen, unbekannten Hand

Eine getreue Niederschrift der Leipziger Disputation wird in dem bekannten Freiberger Manuskript überliefert,32 das sowohl Drucke als auch andere Handschriften enthält. Vermutlich kam der Sammelband in den Besitz der Freiberger Bibliothek33 dank seines Besitzers, dessen Name sich aus dem im vorderen Einbanddeckel eingeklebten Ex libris entnehmen lässt: »Ioannes Hornicaeus, Lipsiensis, Magister«.34Hornicaeus35 ist zwischen 1602 und 1604 als »Academiae Notarius« oder »Secretarius« belegt.36 Danach wurde er »zum Syndico und Stadtschreiber [in Freiberg] auffgenommen Anno 1603. stunde diesem Dienste für 13 Jahr/ und wohnete zugleich dem Rathstule bey/ von Anno 1605. biß Anno 1617. da er sich nach Dreßden begeben/ und allda OberStadtschreiber worden«37. Seine Ankunft in Freiberg fällt mit einer wichtigen Phase in der Geschichte der Stadtbibliothek zusammen: Tatsächlich »ist Anno 1604. der Anfang zu Vermehrung derselben gemacht worden/ und haben E.E. Rath und andere fürnehme Liebhaber der freyen Künste/ […] milde Contributiones zu Erkauffung newer Bücher gutwillig angeleget […]«38. Hornicaeus selbst verfasste im Jahr 1604 einen neuen Katalog der dortigen Bibliothek und verzeichnete 722 Bände39; allerdings ist der Sammelband mit dem hier besprochenen Manuskript der Leipziger Disputation in diesem Katalog nicht nachgewiesen.40 Die Stiftung des Sammelbandes ist deshalb höchstwahrscheinlich erst nach 1604 und vor 163041 erfolgt. Ob Hornicaeus diesen Sammelband und andere Bände42 zur Vermehrung der Freiberger Schulbibliothek spendete, oder ob er ihn im Zuge seines Abschieds aus Freiberg oder gar testamentarisch vermachte, lässt sich nicht näher belegen. Es ist jedoch ersichtlich (und für die vorliegende Edition relevant), dass das Freiberger Manuskript mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aus dem offiziellen Kontext der Notare der Universität Leipzig stammt.

Dass das Manuskript der Leipziger Disputation (= a) nicht zufällig in diesen Sammelband eingebunden worden ist, bestätigt die Zusammensetzung desselben. Fast alle darin enthaltenen neun Druckexemplare – davon mehrere vom Schreiber des Manuskripts (= a) annotiert43 – betreffen die Leipziger Disputation, deren Protokoll die am 27. Juni zur Eröffnung des Treffens gehaltene Rede Mosellanus vorangeht und dem die am 16. Juni, am Ende der Auseinandersetzung, gehaltene OratioLanges folgt. Es ist daher zu vermuten, dass die Disputation der formale Grund für die Gestaltung des gesamten Sammelbandes war.44 Die Aufschrift auf dem Rücken des Sammelbandes, die heute kaum noch lesbar ist, kann mit Brieger folgendermaßen entziffert werden: »De Disputatione Lipsiensi inter Iohannem Eckium et Doctorem Martinum Lutherum. Oratio Mosellani de ratione disputandi«.45 Der Name Karlstadt wurde schlichtweg weggelassen.

Der Schreiber von a verfasste auch das zweite handschriftliches Stück des Sammelbandes, der sich unmittelbar nach dem an erster Stelle eingebundenen Druck befindet46 und das Protokoll einer an der Leipziger Universität im Jahr 1514 gehaltenen Quodlibet-Disputation enthält,47 auf dessem Titelblatt die – nachträglich durchgestrichene – Überschrift »Disputatio Doc. MartiniCarolostadii et Eckii«48 notiert ist. Dieses zweite Protokoll besteht in einer Wolfgang Schindler49 zugewiesenen vorbereitenden Quaestio50 und in der darauffolgenden eigentlichen Quodlibet-Disputation, die von »Kongishoffen«, nämlich Nikolaus Apel,51 eingeleitet wurde.52 Der Schreiber des Freiberger Manuskripts der Leipziger Disputation protokollierte also schon frühere Disputationen und hatte in dieser Tätigkeit offensichtlich in einer amtlichen Funktion gehandelt.

Mindestens drei Phasen des Redaktionsprozesses (a₁, a₂, a₃) dieses Protokolls der Leipziger Disputation, alle von derselben Hand, lassen sich unterscheiden.53 Dass der Schreiber derart sorgfältig und über einen langen Zeitraum immer wieder auf dieses Protokoll zurückgekommen ist, deutet auf sein großes Interesse hin, vielleicht auch geweckt durch die lange Phase polemischer Berichte über die Angriffe und Gegenangriffe bezüglich der Leipziger Disputation zwischen Sommer 1519 und Anfang des Jahres 152054. Das Protokollmanuskript besteht aus 21 Bogen mit einer Signatur auf dem jeweiligen ersten Blatt (A1, B1, C1, D1, E1, F1, G1, H1, I1, K1, L1, M1, N1, O1, Post O Ante P1, P1, R1, S1, T1, V1, X1) und aus insgesamt 171 Blättern.55 Die hier edierten Disputationen zwischen Karlstadt und Eck umfassen die Blätter 228r–256v (Bogen A bis fol. D5v) und 379r–398v (von fol. T5v bis Bogen X).

Die chronologische Reihenfolge der Korrekturgänge ist nicht immer eindeutig. Auch der Farbton der schwarzen Tinte, manchmal verblasst, manchmal intensiver, bietet keinen zuverlässigen Anhaltspunkt für eine verlässliche Unterscheidung zwischen der ersten Fassung und den späteren Korrekturen. Die drei Phasen des Redaktionsprozesses sind in der vorliegenden Einheit wie folgt unterschieden und im textkritischen Apparat berücksichtigt worden.56

Die erste Fassung auf Grundlage des Gehörten ist in schwarzer Tinte und in ziemlich regelmäßiger Schrift bezüglich der Form und den Abständen geschrieben. Dennoch gibt es an manchen Stellen erhebliche Formunterschiede, die von der Eile zeugen, mit der das Manuskript niedergeschrieben wurde.57 Der Schreiber hatte breite Blattränder vorgesehen, vielleicht in Vorausschau der Notwendigkeit, sie später für Korrekturen und Anmerkungen verwenden zu müssen,58 was ist in der Tat geschehen ist. Auf die Tatsache, dass diese erste Fassung eine in dictando gefertigte Niederschrift war, deutet zunächst die reiche Verwendung konventioneller und unkonventioneller Abkürzungen hin. Häufig sind sogar ganze Silbengruppen mit einfachen Überstrichen abgekürzt, deren Unklarheit in den darauffolgenden Korrekturgängen wiederholt aufgelöst worden sind.59 Dieser erste Entwurf ist durch mehrere Schreibfehler gekennzeichnet, die sowohl auf die Geschwindigkeit des Schreibens als auch auf Hörschwierigkeiten zurückzuführen sind, vor allem wenn es sich um für den Schreiber vermutlich unbekannte Wörter und Begriffe handelte.60 Auslassungen begegnen an jenen Stellen, an denen es dem Schreiber vermutlich nicht möglich war, das soeben Gesagte zu hören und/oder aufzuschreiben. Einzelne oder mehrere Wörter sind darüber hinaus durchgestrichen: Sie weisen nicht auf Hörschwierigkeiten hin, sondern vielmehr auf beim Diktieren vom Disputator selbst verbesserte, umformulierte oder widerrufene Aussagen.61

Dieser Korrekturdurchgang in roter Tinte beseitigte einige Fehler, zeichnete die im ersten Konzept schwer lesbaren Buchstaben nach und löste die unkonventionellen Abkürzungen auf, die zu Missverständnissen führen könnten.62 Neben dieser Verbesserung des Textes unterstrich der Schreiber mehrere Passagen in roter Tinte, listete die im Text erörterten Bibelstellen und Schriften der Kirchenväter mittels Marginalien auf und fügte kurze, zusammenfassende Kommentare oder einzelne Begriffe in Form von Randglossen ein, vermutlich um die inhaltlichen Hauptargumente der Diskussion hervorzuheben und damit eine erste Gliederung des Textes vorzubereiten.63

Ein zweiter Korrekturgang in schwarzer Tinte verbesserte weitere Textfehler und erläuterte einige Abkürzungen. Wahrscheinlich sind viele der Bibelstellen und patristischen Quellen am Rand zeitgleich hinzugefügt worden. Vor allem aber kollationierte a₃ das Freiberger Manuskript mit dem Erfurter Druck und wies auf markante Abweichungen in Randglossen hin.64 Dieser Korrekturdurchgang ist von a₁ an manchen Stellen schwer zu unterscheiden, da beide in schwarzer Tinte vorgenommen worden sind. Es ist trotzdem davon auszugehen, dass a₃ ein zusätzliches Blatt – fol. 240ar–v – ins Manuskript eingefügt hat. Als Eck am 30. Juni die Disputation unterbrach, weil er Karlstadt vorwarf, aus Büchern zu lesen,65 hatte der Schreiber das Protokoll eingestellt und sogar den Anfang der Antwort Karlstadts – die nach a₁ etwas länger gewesen war als in A angegeben66 – durchgestrichen. Der Schreiber protokollierte den folgenden Streit und die Verhandlungen nicht, sondern setzte seine Arbeit erst am darauffolgenden Tag fort67, sodass der im Erfurter Druck enthaltene Bericht in a₁ nicht enthalten ist und erst durch a₃ in Teilen am unteren Rand auf fol. 240r, in Teilen auf einem zusätzlichen Blatt, fol. 240ar–v, ergänzt wurde.68

Der Schreiber dieses Manuskripts der Leipziger Disputation bleibt leider nach aktuellem Stand der Forschung unbekannt. Von den vier in der Vereinbarung vorgesehenen Notaren sind nur zwei namentlich bekannt, weil ihre Erklärungen in der Pariser Ausgabe der Disputation zwischen Luther und Eck vertreten sind: Johannes Graumann, genannt Poliander, und Franz Richter von Heinichen.69 Der Professor und Notar Johannes Graumann konnte anhand mehrerer Schriftproben als möglicher Schreiber des Freiberger Manuskripts ausgeschlossen werden.70 Für den zweiten Notar Franz Richter von Hainichen lässt sich diesbezüglich keine Aussage treffen, weil bisher von ihm noch kein Autograph zum Vergleich gefunden wurde. Ob es noch zwei weitere Notare gab, die vielleicht für die Disputation zwischen Eck und Karlstadt zuständig gewesen waren71, und ob die Notare eventuell nicht eigenhändig nachschrieben, sondern ihre Schreiber die Disputation protokollieren ließen, kann hier nicht eindeutig belegt werden. Allerdings ergeben sich aus der genaueren Auswertung der bisher weitgehend vernachlässigten Leipziger Universitätsunterlagen einige weiterführende Überlegungen. Am 8. April 1519 liest und genehmigt eine Kommission einen Brief Herzog Georgs bezüglich seiner neuen Pläne zur Reform der Universität. Anwesend sind neben dem Rektor, Johannes Lange von Löwenberg72, und dem Dekan der Artistenfakultät73, Simon Eisenmann aus Dillingen74, auch folgende Professoren: »mgr. Gregorius Konytz75, mgr. Arnoldus76, mgr. Cubitensis77, mgr. Hennychen78, mgr. Grawman79, mgr. Ioannes Fugius80, mgr. Schmollis81«.82 Dieses Gremium umfasst interessanterweise nicht nur die beiden in dem Pariser Druck B erwähnten Notare Graumann und Richter, sondern auch jene zwei Professoren, die der Fakultätsrat etwa zwanzig Tage später ausdrücklich als für die bevorstehende Leipziger Disputation verantwortlich ernannte: »Anno domini, quo supra [1519], die Iovis post Pasche, que erat vigesima octava Aprilis, congregato consilio facultatis sub hoc exemplo: ,Reverende domine magister, sitis hodie hora undecima in vaporatio tam ad consultandum de futura disputatione ordinanda secundum decretum consilii facultatis atque audiendum legi novum complendi modum et ad tractandum quedam alia etc.: Ubi primum decretum est, ut mgr. Gregorius Konitz, si vellet, subiret munus futuri disputatoris ad id tempus, quando doctor Iohannes Eckius cum domino doctore Martino Luther esset disceptaturus super quibusdam articulis indulgentias et potestatem pape concernentibus, et eo casu, quod predictus magister nollet vel non posset, magister Vulfangus Schyndeler Cubitensis partes future disputationis subiret salvo sallario a facultate prestando.«83

Vermutlich hatte Gregor Breitkopf die Aufgabe abgelehnt, da die entsprechende Zahlung am 22. August nur an Wolfgang Schindler erging.84 Weitere Details bezüglich der Aktivitäten zur Leipziger Disputation innerhalb der Universität Leipzig könnten sicherlich durch eine eingehende Untersuchung dieser Quellen geklärt werden.

Zusammenfassend handelt es sich bei dem Freiberger Manuskript um eine in dictando gefertigte Niederschrift der Leipziger Disputation. Die Tatsache, dass die Herkunft des Sammelbandes, in dem das Manuskript überliefert ist, der notariellen Umgebung der Leipziger Universität zugeordnet werden kann, und dass der unbekannte Schreiber weitere Disputationen offiziell protokollierte85, legt die Vermutung nahe, dass er dienstlich an der Leipziger Universität tätig war, an der Disputation zwischen Eck und Karlstadt teilnahm und sie professionell protokollierte. Diese Erkenntnisse werden durch den Abgleich der vorhandenen Quellen untermauert. Auch wenn die hier berücksichtigte Handschrift des Protokolls nicht mit dem von den Notaren beglaubigten Text der Pariser Ausgabe verglichen werden kann86, können anhand der Marginalien in A₅Lp ähnliche Beobachtungen gemacht werden, wie sie Brieger und Seitz vorgenommen haben.87

Vergleicht man das Freiberger Manuskript mit den handschriftlichen Eintragungen in A₅Lp, die sich ausdrücklich und oft auf die acta notariorum beziehen, so ist festzustellen, dass beide Quellen in vielen Korrekturen und in den Abweichungen vom Erfurter Druck A übereinstimmen.88 Allerdings fehlen dem Freiberger Manuskript im Vergleich zu den handschriftlichen Eintragungen in A₅Lp fast alle Zeitangaben und weiteren Merkmale, die eigentlich für ein Protokoll charakteristisch wären.89 Daraus geht hervor, dass es sich bei dem Freiberger Manuskript nicht um ein offizielles, d. h. endgültiges und (wie in der Vereinbarung vorgesehen) kollationiertes Notariatsprotokoll handelt90 – wie es im Fall der Pariser Ausgabe B anzunehmen ist91 –, sondern um eine während der Disputation unter Diktat angefertigte Niederschrift.

Vergleicht man nun die aus den handschriftlichen Quellen (Freiberger Manuskript und handschriftliche Eintragungen in A₅Lp) gewonnenen Erkenntnisse mit dem Erfurter Druck, so erscheint es in der Tat naheliegend, dass A kaum das von den Notaren erstellte und kollationierte offizielle Protokoll zur Vorlage gehabt haben konnte. Dies ist nicht nur durch die vom Herausgeber des Druckes hinzugefügten, hauptsächlich in der dritten Person verfassten Zusammenfassungen und Berichte über die Geschehnisse während der Disputation zu begründen (im Manuskript fehlen diese, sie wurden in A₅Lp korrekt als Additio im Vergleich zu den notariellen Protokollen gekennzeichnet),92 sondern auch durch die fehlenden Textpassagen.93 Dennoch zeigt der Erfurter Druck eine substantielle Übereinstimmung mit den handschriftlichen Quellen, wie auch der ehemalige Notar Johannes Graumann in seinem Exemplar des Druckes notierte.94 Die Abweichungen sind nicht so relevant, dass man vermuten könnte, A greife auf eine Vorlage zurück, die von den während der Disputation angefertigten Niederschriften vollständig unabhängig sei. Es ist vielmehr anzunehmen, dass A auf einer während der Disputation in dictando angefertigten Niederschrift beruht, ähnlich wie das Freiberger Manuskript, das allerdings als Vorlage für A ausgeschlossen werden muss. Ob dem Herausgeber des Erfurter Druckes eines der noch nicht kollationierten Hörprotokolle oder – wie einige Marginalien mit teilweise spöttischen Kommentaren vermuten lassen könnten95 – eine private Niederschrift der Leipziger Disputation zur Verfügung stand, kann hier nicht belegt werden.

Editionen:

Literatur:

2. Inhalt und Entstehung

Nach der Ankunft aller Teilnehmer in Leipzig und der Unterzeichnung des ersten Teils der Vereinbarung96 begann am 27. Juni feierlich die erste Disputation zwischen Karlstadt und Eck. Wie zeitgenössische Quellen berichten, wurden die Disputanten und alle Zuschauer, die aus Wittenberg und Ingolstadt angereist waren, von Simon Pistorius, Professor für Zivilrecht,97»in das gros Collegium/ in die grossen Stuben […] von wegen der Universitet zu Leipzig« mit einer lateinischen Eröffnungsrede, einer »Oratio Latina«98 empfangen. Danach wurde in der Thomaskirche eine Messe abgehalten »De sancto spirito […] Und der Cantor Georgius Rhaw/ unser Buchdrucker hernach99/ sunge eine Messse mit zwölff stimmen/ die vorhin nie gehört war«.100 Schließlich versammelten sich alle Teilnehmer und Zuschauer in der Pleißenburg, in der der Herzog das Auditorium mit zwei Kathedern und Teppichen hatte richten lassen101 und der Gräzist Petrus Mosellanus102 seine Eröffnungsrede103 hielt.104 Unter den Anwesenden waren auch »ein vierteil den Bürgern/ die ware alda in irem Harnisch/ mit iren besten Wehren/ und mit irem Fenlin«105, um während der Disputation für Ordnung zu sorgen.106 Sie begaben sich zweimal täglich in das Schloss, wie Fröschel berichtet: »Zu morgens umb 7. Hora bis umb 9. Nach mittage/ Hora 2. bis uff 5.«107

Die erste Disputation zwischen Eck und Karlstadt begann bereits am Nachmittag desselben Tages, um 14.00 Uhr108, nachdem der Cantor das Veni sancte spiritus gesungen hatte.109 Am darauffolgenden Tag, den 28. Juni, wurde die Disputation um 7 Uhr morgens wiederaufgenommen und vermutlich bis 9 Uhr fortgesetzt.110 Ob Eck und Karlstadt sich auch am Nachmittag trafen, bleibt unklar111. Die Quellen – vor allem die Berichte Ecks und seiner Anhänger – berichten von einem ermatteten, im Gespräch sehr verwirrten Karlstadt.112Schulherr geht davon aus, die Ursache sei der Wagenunfall, der sich bei der Ankunft der Wittenberger in Leipzig ereignet hatte.113Eck berichtet davon, dass Karlstadt Schwierigkeiten gehabt habe, den am ersten Tag der Disputation – am 27. Juni – vorgetragenen Belegen und Argumenten zu folgen, weshalb er »aus Büchern zu lesen« begann.114 Um einen reibungslosen Ablauf der Disputation zu gewährleisten, übermittelte Eck am Vorabend dem Wittenberger Theologen darum diejenigen Thesen, die er am Tag darauf besprechen wollte.115 Nichtsdestotrotz erschien Karlstadt am 28. Juni mit vier Zetteln zur Disputation, aus denen er seine Argumente vorlas; des Weiteren stellte sich heraus, dass er ebenso eine Kopie der Protokolle vom Vortag von den Notaren erhalten hatte.116 Dies ist zumindest das Bild, das die Darstellung Ecks zeichnet. Der Ingolstädter behauptet, er habe nur darum nicht protestiert, weil er eine Unterbrechung der Disputation unbedingt vermeiden wollte – diese hätte Karlstadt nur noch mehr Zeit zur Vorbereitung gegeben.117 Jene Ereignisse, auf die die Quellen nur vereinzelt hinweisen, bilden den Ausgangspunkt für den Streit, der die Disputation zwei Tage später unterbrechen sollte.

Am 29. Juni, an dem das Fest Peter und Paul gefeiert wurde, konnten beide Gegner eine kurze Atempause einlegen; Luther predigte indes in der Schlosskapelle über das Matthäusevangelium.118 Die Disputation sollte am darauffolgenden Tag, am 30. Juni, um 14 Uhr119, wiederaufgenommen werden. Als Karlstadt, der die Debatte eröffnen sollte, allerdings erneut von einem Zettel vorzulesen begann, wurde er sofort von Eck unterbrochen, der laut zu protestieren anfing. Diese Episode wird sowohl durch den Erfurter Druck120 als auch durch die zeitgenössischen Berichte121 und indirekt auch durch das Freiburger Manuskript bestätigt: Der Schreiber hatte bereits begonnen, die Worte Karlstadts – eine Wiederholung der vorangehenden Antwort Ecks – niederzuschreiben. Sobald aber die Disputation unterbrochen wurde, setzte der Schreiber ab und strich dasjenige durch, was er zuvor geschrieben hatte. Erst am darauffolgenden Tag, als die Disputation fortgesetzt wurde, setzte auch die Protokollführung wieder ein. Was sich aber noch am selben Tag ereignete, wird nur im Erfurter Druck berichtet.122Eck beteuerte, dass entschieden worden war, auf italienische Weise (mos italicus)123, ohne Verwendung von Büchern, zu disputieren124 und sich nur auf das eigene Gedächtnis zu verlassen. Karlstadt bemühte sich, mäßigend auf diesen Protest – den der Herausgeber sofort als Beweis für Ecks Hochmut interpretiert125 – zu reagieren, doch ließ der Streit sich nicht beilegen und die Entscheidung wurde den anwesenden Behörden (principes und magistratus) überlassen: Sie bestätigten das Verbot der Verwendung von Büchern, wie Cäsar Pflug126, Amtmann Herzog Georgs, in einer kurzen deutschen Rede bekannt gab. Karlstadt jedoch wollte die Entscheidung nicht akzeptieren, auch wenn Eck»auß sonderlicher bitt nachgelassen dem doctori Carolostadio nach heint außm zedel zu pronunciren wollen«127 zugestanden hatte. Am darauffolgenden Tag aber sollte ohne Bücher disputiert werden.128 Weil diese Entscheidung von Karlstadt kategorisch abgelehnt wurde, wuchs die Furcht vor einem frühzeitigen Abbruch der Disputation. Da jedoch viele, unter anderem auch berühmte Zuhörer von weit hergekommen waren und man zudem verhindern wollte, dass eine derart wichtige Thematik von solchen Lächerlichkeiten überschattet würde, wurde die Disputation trotz allem am nächsten Tag fortgesetzt.129 In den Berichten der Wittenberger wird die Verwendung von Büchern durch Karlstadt nicht bestritten, sondern als legitim anerkannt: Mit Büchern sollte nachgewiesen werden, dass Kirchenväter und die Schrift korrekt und ohne Sinnverzerrung zitiert wurden. Ecks Weigerung, Bücher zu benutzen, und der damit verbundene Streit am 30. Juni zeigten, so die Wittenberger, einfach seine wahre hinterlistige Natur, seine Vorliebe für Ruhm und Ehre, die die Suche nach der Wahrheit überschattete.130

Am Freitag, den 1. Juli, kam es zu einem weiteren Treffen zwischen Eck und Karlstadt, allerdings nur am Vormittag zwischen 8 und 10 Uhr131, um noch einmal die Diskussion über den freien Willen aufzugreifen. Nach einem weiteren Tag der Unterbrechung – am Samstag, den 2. Juli, wurde Mariä Heimsuchung gefeiert132 – endete schließlich die erste Disputation zwischen Eck und Karlstadt am Sonntag, den 3. Juli.133 Am darauffolgenden Tag begannen sodann Luther und Eck zu disputieren. Ihre Auseinandersetzung endete am Donnerstag, den 14. Juli kurz vor 8 Uhr morgens.134 Direkt im Anschluss, noch am selben Tag, trafen sich Eck und Karlstadt für ihre zweite Disputation.

Beide waren bereits am frühen Morgen, noch vor Beginn der Disputation Ecks mit Luther, wahrscheinlich bezüglich der Unterzeichnung des dritten Teils der Vereinbarung135 und in Anwesenheit Johannes Langs in eine Auseinandersetzung geraten: Eck hatte zunächst eine angebliche Übereinstimmung zwischen seinen und Karlstadts Thesen angedeutet136 und danach sogar behauptet, es sei durchaus sinnvoll, während der Disputation in anderer Weise vor dem Volk zu reden, als während einer Predigt.137 Dieser kurze Wortwechsel in dem für die Disputation vorbereiteten auditorio versprach in den folgenden Monaten zu einem weiteren Streitpunkt zwischen den Wittenbergern und dem Ingolstädter Theologen zu werden.138 Die zweite und letzte Disputation zwischen Karlstadt und Eck begann kurz danach, am Vormittag des 14. Juli. Vor Beginn der Diskussion resümierte Karlstadt noch einmal die Grundzüge seiner Auseinandersetzung mit Eck: Die ersten Thesen über den freien Willen – seine Conclusiones 11, 12 und 14 – waren in der ersten Disputation bereits behandelt worden; jetzt bereiteten sich beide darauf vor, die dreizehnte conclusioKarlstadts139 zu diskutieren, die beweisen sollte, dass der Mensch immer sündige, wenn er tue, was in seinen eigenen Kräften steht.140 Tatsächlich griff Karlstadt noch einmal kurz den Streit auf, der sich am 30. Juni wegen seines Vorlesens aus Büchern, konkreter der jeweiligen Argumente der kirchlichen Autoritäten, ergeben hatte – eine Episode, die er offensichtlich noch immer als unangenehm empfand. Er betonte, dass er hatte zeigen wollen, wie ein negatives Urteil über seine Lehre einem Verstoß gegen kirchliche Autoritäten gleichgekommen wäre.141 Um kurz vor 8 schließlich beginnt die zweite Disputation zwischen Eck und Karlstadt; sie endet am Freitag, den 15. Juli142. Nach einer öffentlichen Schlussrede Johannes Langes aus Lemberg143, wurde am Nachmittag das Te Deum laudamus gesungen, wonach sich alle Anwesenden auf die Heimreise machten; während auch die Wittenberger zeitnah abreisten, blieb Eck dagegen noch elf Tage in Leipzig.144

In den Monaten unmittelbar nach dem Ende der Disputation wurde eine große Anzahl von Berichten der Anwesenden – teils in Form von Briefen, teils in Form von ausführlichen Schriften – gedruckt: Sie stellten ein Medium dar, mit dessen Hilfe jede Partei versuchte, ihre Sicht des Geschehens darzustellen und sich als Sieger zu brüsten.145 Dem Konflikt zwischen den Wittenbergern und Eck kam damit eine ganz neue öffentliche und publizistische Dimension zu. Er wurde – in Erwartung einer offiziellen Entscheidung der als Richter gewählten Universitäten Paris und Erfurt – im Verlauf der Zeit immer heftiger. Neben den von Eck oder von Luther und Karlstadt sowie von deren Unterstützern veröffentlichten Drucken kam es zudem zur handschriftlichen Verbreitung des Wortlauts der Disputation. Hierunter waren nicht nur die offiziellen kollationierten Protokolle, sondern auch die die Kollation vorbereitenden Protokollniederschriften146 sowie private Mitschriften, von denen der Herausgeber des Erfurter Druckes mehr als 30 Exemplare erwähnte.147

Einige Hinweise bezüglich der Verbreitung der kollationierten notariellen Protokolle sind historisch gesichert. Kopien der Protokolle, die auch beim Rentmeister hinterlegt worden148 und zumindest bis in die 1530er Jahre noch an der Universität Leipzig verfügbar waren149, wurden an die Universitäten Erfurt und Paris übermittelt. Gemäß der von den drei Disputanten unterzeichneten Vereinbarung hätten diese notariellen Protokolle nicht veröffentlicht werden dürfen, bis nicht die dafür eigens ausgewählten Schiedsrichter ihre Stellungnahmen abgegeben hätten150. Den von Jodocus Badius im Paris gedruckten Akten lagen diese offiziellen Protokolle der Disputation zwischen Eck und Luther zugrunde151, samt den amtlichen Erklärungen der Notare, in denen die offiziellen handschriftlichen Urkunden beschrieben sind. So lautet Franz Richters Erklärung: »Et Ego Franciscus Richter Misnensis. diocesis, clericus publicus, sacra imperiali auctoritate Notarius, inclyteque Universitatis Lipsensis prememoratae Scriba: Quia predictis disputationibus, obiectionibus, responsionibus, prestantionibus, omnibusque aliis et singulis suprascriptis: dum sic, ut premittitur, in tam celebri luce fierent et egerentur, una cum prenominatis testibus152, a principio in finem usque, perpetuo presens interfui: Eaque sic fieri vidi et audivi: pariterque cum collega seu connotario meo infrascripto153 totam huiusmodi disputationem et aliorum actorum seriem ex ore disputantium excepi, ac diligenter in notam sumpsi. Iccirco simul com eodem collega meo hoc presens publicum registri instrumentum huiusmodi disputationem et acta in se continens, manu alterius, ob negociorum nostrorum impedimenta, in centu quinquaginta papyri ab intra, et duobus pergameni ab extra foliis fideliter conscriptum: exinde confeci, subscripsi, publicavi, et in hanc publica formam redegi: Signoque nomine et cognomine meis solitis et consuetis: una cum illustrissimi Principis et domini domini Georgii Ducis Saxoniae, Lantgravii Thuringiae, Marchionis Misnae prememorati, necnon magnifici domini Rectoris antedictae Lipensis academiae sigillorum appensione communivi, signavi, et roboravi: in fidem et evidens testimonium omnium et singulorum praemissorum vocatus, rogatus, et legitime requisitus. Protestor autem de emendatione ubicunque in premissis repertaque per meipsum et collegam meum infrascriptum est facta.«154

Der Pariser Druck der Disputation zwischen Eck und Luther wird als inneruniversitäre Publikation dargestellt und verstößt darum nicht gegen die Vereinbarung.

Erst am 4. Oktober 1519 hatte Herzog Georg mit der Bitte um ein Urteil die Disputationsakten an die Pariser Universität gesandt155. Die Weiterleitung bestätigte der herzogliche Bankier und Prokurator bei der niederländischen Regierung in Antwerpen, Thomas Gramaye156, am 10. November.157Gramaye berichtet am 26. Dezember, die Universität Paris habe die Briefe Herzog Georgs und der Universität Leipzig am 22. November in einer Versammlung verlesen und eine Untersuchungskommission von 24 Professoren aus »alle faculteiten«158 eingesetzt.159 Der Rektor der Universität hatte Gramaye darüber hinaus mitgeteilt, dass der Druck des notariellen Protokolls bei dem Universitätsdrucker Jodocus Badius gegen Bezahlung von 20 Goldkronen veranlasst worden war, damit jedes Mitglied der Untersuchungskommission eine Kopie davon erhalten könne.160 Ferner wurde eine Geldentschädigung von 25 bis 30 Goldkronen »pro laboribus« für jeden der 24 Professoren gefordert.161 Doch die Universität Paris schob ihr Urteil auf, und obwohl Herzog Georg, weiterhin durch seinen Vermittler Gramaye, im November 1520 dringend eine offizielle Entscheidung verlangte162, wurde erst im April 1521 die Determinatio der Universität Paris über die Schriften Luthers – nicht aber spezifisch über die Leipziger Disputation – vorgelegt.163

Auch der Versuch, eine öffentliche Stellungnahme der Universität Erfurt zu erhalten, scheiterte, wie Mosellanus bereits Anfang August 1519 andeutete.164Zwar blieb zunächst noch alles ungewiss165, doch wurde Anfang/Mitte Dezember in Wittenberg immer deutlicher, dass die Erfurter sich einer klaren Positionierung entziehen wollten166 und – auch dank Langs Einsatz – die Schiedsrichterrolle im Nachhinein ablehnten. Die Disputationsakten wurden dem Herzog zurückgesandt.167 Am 29. Dezember 1519 formulierte die Erfurter Universität endlich eine offizielle Antwort an Herzog Georg: Die Aufforderung, die Akten »myt fleyße zu ubersehen, unser bedenken und declaration dorauf zu stellen etc.« könne nicht erfüllt werden, da die Universität nicht von allen Disputanten um ein Urteil ersucht worden war und darüber hinaus ihre Professoren aus den Dominikaner– und Augustineremitenorden nicht auszuschließen bereit war.168 Die am 9. Januar 1520 verfasste, neuerliche Aufforderung Herzog Georgs an die Universität Erfurt, die Schiedsrolle über die Leipziger Disputation zu übernehmen, blieb unbeantwortet.169

Es ist schwer einzuschätzen, ob diese Verweigerung einer Stellungnahme seitens der Universität Erfurt nicht den Ausfall derjenigen Klausel in der Vereinbarung zur Folge gehabt haben könnte, die eine Publikation der Protokolle verbot, wenn sie nicht mitsamt dem – aus Erfurt ohnehin nicht mehr zu erwartenden – Urteil der Schiedsrichter veröffentlicht würde.170 Nahezu gesichert ist, dass Kopien der Disputationsakten in Wittenberg und vielleicht auch in Ecks Umgebung kursierten171, während die kollationierten Protokolle erst nach Paris und Erfurt geschickt und von den zuständigen Universitäten eingesehen wurden (Sommer/Winter 1519), und dass eine – wahrscheinlich private – Niederschrift der Leipziger Disputation in Erfurt gedruckt wurde172, und zwar bereits zeitgleich mit der offiziellen Entscheidung der Universität Erfurt, die Schiedsrichterrolle nicht zu übernehmen (Mitte Dezember 1519).

Diese chronologische Abfolge wird durch wenige, aber doch deutliche Quellen bestätigt. Zwischen Juli (Ende der Disputation) und Dezember 1519 (Beginn der Publikation des Erfurter Druckes) kursierten Kopien der notariellen Protokolle und womöglich auch privater Niederschriften – so wird es zumindest vom Herausgeber des Erfurter Drucks im Widmungsschreiben an den Leser angegeben.173 Bereits im Verlauf der Disputation erwähnte Eck Kopien der notariellen Protokolle, die Karlstadt hatte anfertigen lassen, um sich besser auf die Widerlegung der Argumente Ecks vorzubereiten.174 Der Ingolstädter Theologe warf seinem Gegner darüber hinaus vor, er habe vor der Abreise nach Wittenberg eine Kopie der Disputationsakten erhalten und »heimlich« mitgenommen.175 Angeblich teilte Eck selbst jedoch seinem Korrespondenten Jacobus Hoogstraeten am 24. Juli 1519 mit, er habe die Dominikaner damit beauftragt, ein Exemplar der Disputation(sakten) abzuschreiben – solch ein Hinweis deutet darauf hin, dass er während seines Aufenthalts in Leipzig offenbar in der Lage war, eine Abschrift der Disputation in Auftrag zu geben.176

Obwohl in der Vereinbarung vorgesehen war, dass jede Streitpartei eine Kopie der notariellen Protokolle erhalten sollte177, blieb der Besitz solcher Disputationsakten sowie generell die Veröffentlichung jeder Art von Schriften bezüglich der Disputation im Sommer und Herbst 1519 ein Konfliktgrund. Auf Ecks Attacken178 reagierte Luther bereits Mitte August im Widmungsbrief an Spalatin zu seinen Resolutiones über die in Leipzig disputierten Thesen.179 Der Wittenberger zeigt sich durchaus der Tatsache bewusst, dass Eck in dieser veröffentlichten Stellungnahme zur Disputation einen Vertragsbruch wittern könnte, vor allem hinsichtlich des Publikationsverbots. Auch wenn Luther diese Klausel der Vereinbarung generell für unrechtens hielt,180 hatte er sich doch zu ihrer Einhaltung bereit erklärt und zugesichert, seine Kopie der notariellen Disputationsakten nicht zu veröffentlichen – was indirekt bedeuten könnte, dass er eine solche Kopie besaß.181Luther wollte darüber hinaus nicht einmal private Niederschriften der Disputation veröffentlichen, die jeder der Anwesenden hätte anfertigen können und die nicht dem in der Vereinbarung festgelegten Veröffentlichungsverbot unterlägen. Dies wiederum steht im Einklang mit dem Widmungsbrief an den Leser, der dem Erfurter Druck vorangestellt ist.182 Nichtsdestotrotz weigerte sich Luther vehement, bezüglich der Disputation zu schweigen, da er nie und nirgendwo einer solchen Auflage zugestimmt habe.183 Selbst wenn er dies zugesichert haben sollte, sei ohnehin Eck derjenige gewesen, der diese Vereinbarung als erster nicht eingehalten habe, als er bereits Ende Juli einen Bericht an Friedrich III. verfasst hatte.184

Es ist also davon auszugehen, dass Luther und Karlstadt bei ihrer Rückkehr nach Wittenberg über eine (einzige) Kopie der notariellen Protokolle, höchstwahrscheinlich eine private Abschrift,185 verfügten. Die Hinweise in der Korrespondenz unmittelbar nach der Disputation und vor der Veröffentlichung der ResolutionesLuthers belegen das Kursieren dieser privaten Abschrift in Wittenberg: Anfang August sandte Melanchthon»librum Disputationis Lipsicae«186 an Spalatin, den Luther kurz danach mit Nachdruck drängte, das »exemplar Lipsicae disputationis« zurückzugeben187. Die polemischen Schriften beider Parteien in den Monaten zwischen September und Ende Oktober 1519 deuten den Besitz einer Abschrift der notariellen Disputationsakten direkt und indirekt an188, jedoch immer nur am Rande eines sich weiterhin ausweitenden, radikaler werdenden Konflikts.189 Nachdem die Auseinandersetzung im Herbst eine neue Ebene erreicht und die Spannung mit Rom sich erneut verschärft hatte, rückte die Diskussion über den Besitz der notariellen Protokolle graduell in den Hintergrund.190Im Briefwechsel werden die Disputationsakten und ihre Veröffentlichung nicht mehr erwähnt, bis Luther am 18. Dezember in einem Schreiben an Lang, indem er sich darüber freut, dass die Universität Erfurt die Schiedsrichterrolle endgültigt abgelehnt habe, darum bittet, dass Lang ihm ein Exemplar des Drucks der Disputation – offensichtlich war er bereits über einen solchen informiert191 – sobald wie möglich zukommen lassen solle.192 Nur wenige Tage später, am 21. Dezember, sandte Lang ein Exemplar des Erfurter Druckes an Pirckheimer.193

Aus diesen beiden Briefpassagen haben zunächst Seidemann194, dann vor allem Enders195 und mit ihnen die gesamte nachfolgende Literatur gefolgert, dass Johannes Lang196 als der Herausgeber des Erfurter Druckes der Disputation zu gelten habe. Angesichts seiner engen freundschaftlichen Beziehung zu den Wittenbergern197, seiner Anwesenheit als Zuschauer während der Leipziger Disputation198 (in ähnlicher Weise beschreibt sich der Herausgeber des Erfurter Druckes in dem Widmungsbrief an den Leser199) und seiner aktiven Position innerhalb der Universität Erfurt200, die es ihm sogar ermöglicht haben könnte, Zugang zu den aus Leipzig gesandten notariellen Protokollen zu erhalten201, scheint diese Vermutung plausibel. Mit eindeutiger Sicherheit aber belegen die erwähnten Briefpassagen nur, dass es Lang möglich gewesen war, Exemplare des frisch erschienenen Erfurter Drucks zu beschaffen und zu versenden. Darüber hinaus verdienen noch einige weitere Aspekte Beachtung. Immerhin ließen die Wittenberger und insbesondere Melanchthon sowie die an der Seite Luthers stehenden Nürnberger Humanisten wie Oekolampad und Pirckheimer in jenen Monaten einige ihrer Werke bei Matthes Maler202 veröffentlichen oder nachdrucken.203 Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein breiter (humanistischer) Kreis in Erfurt sich für Luther und Karlstadt eingesetzt haben könnte und darum auch andere zur Veröffentlichung der Disputationsakten beigetragen haben. Vorausgesetzt die Annahme, dass der Erfurter Druck offenbar nicht auf die offiziellen kollationierten Notarprotokolle, sondern eher auf eine private Niederschrift der Disputation zurückgeht, bleibt zu vermuten, dass der Herausgeber die offiziellen Akten von der Universität Erfurt nicht unbedigt benötigte; vielmehr hatte er sich bereits dazu entschieden, ein Manuskript zu veröffentlichen, das dem Publikationsverbot in der Vereinbarungstricto sensu nicht unterworfen war. Damit folgte er ganz der von Luther im Oktober dargelegten Argumentation.204 Letztendlich ist aber dennoch anzunehmen, dass Johannes Lang eine zentrale Rolle bei der Veröffentlichung der Leipziger Disputation einnahm, da deren Drucklegung in Erfurt unbedingt von jemandem vor Ort betreut werden musste. Es ist allerdings keineswegs ausgeschlossen, dass er in Absprache und mit Unterstützung der Wittenberger, die eine private Abschrift der Protokolle besassen, oder anderer Personen in Erfurt agierte.

Mit dem Brief Langs vom 21. Dezember und die Zusendung eines Exemplars des Erfurter Druckes an Pirckheimer205 ist der terminum post quem der Fertigstellung des Druckes anzusetzen. Die ungenaue Jahresangabe auf fol. P2v – 1520 statt 1519206 – kann durch die Veröffentlichung zur Jahreswende erklärt werden. Dass Andreas Gronewalt, der sonst darauf bedacht gewesen war, einen Erstdruck der Schriften Luthers zu erhalten, nur noch ein Exemplar der gedruckten Disputationsakten in der letzten Version A₅ gegen Ende Januar 1520 erwerben konnte207, mag auf die schnell aufeinanderfolgende Vorbereitung und Verteilung der fünf Druckvarianten zwischen Dezember 1519 und Januar 1520 hinweisen. Schließlich ist die Verbreitung des Erfurter Druckes, der in den nachfolgenden polemischen Schriften Ecks und der Wittenberger, wie auch in der zeitgenössischen Korrespondenz nicht mehr als illegal angesehen wurde, auch von Karlstadt in seiner Confutatio im Februar 1520 bestätigt.208

Das vom Herausgeber im Widmungsschreiben an den Leser angegebene Ziel des Druckes ist es, die Konfliktsituation, die mit der Disputation entstanden sei, zu beseitigen: Die Streitparteien waren zwar darin übereingekommen, die notariellen Protokolle erst dann zu veröffentlichen, wenn die als Richter gewählten Universitäten ihr Urteil gefällt hätten; sie hatten aber nicht nur eine große Anzahl von Zuschauern bei der Disputation zugelassen, die ihre privaten Niederschriften verfassten, sondern auch die nachfolgende Verbreitung von parteiischen und trügerischen Berichten nicht verhindert. Mit der Herausgabe der notariellen Protokolle sollte nun die Wahrheit ans Licht kommen, damit jeder (christliche) Leser sein eigenes Urteil auf der Grundlage eines neutralen Berichtes fällen könne.209 Diese Absichtserklärung entspricht voll und ganz der Absicht der Wittenberger, die von Eck verbreiteten »Lügen« über den wahren Verlauf der Disputation endgültig zu demontieren, und sie erfüllt vor allem den Wunsch Luthers, sich nicht dem Urteil einiger weniger (wahrscheinlich ihm feindlich gesonnener) Theologen, sondern dem freien Urteil aller Christen zu unterwerfen.210

Die am 27. Juli begonnene erste Disputation zwischen Eck und Karlstadt behandelt das Thema des freien Willens. Nach der üblichen Versicherung der Disputanten, sich nicht gegen die Lehre der Kirche wenden zu wollen, legte Eck als erster seine Position dar: Der freie Wille, d. h. der menschliche Wille, besitze eine produktive Kraft zu den guten Werken. Die menschliche Fähigkeit, zwischen Gut und Böse frei zu entscheiden, werde durch Sir 15,14–19 untermauert. Die Auslegung dieser Bibelstelle – explizit die Frage, ob sie nur auf Adam vor der Sünde oder auch auf die ganze postlapsarische Menschheit anzuwenden sei – ist Gegenstand des ersten Disputationstages. Karlstadt betont in Abgrenzung zu Eck hingegen immer wieder die ausschließliche Freiheit des Menschen, zu sündigen, während bezüglich der guten Werke die Notwendigkeit göttlicher Wirkung und Regierung bestehe. Eck antwortet darauf, dass er die Gnadenmitteilung nie verworfen habe – was ja pelagianische Ketzerei wäre –, sondern lediglich ihre Wechselwirkung mit dem menschlichen Willen hervorzuheben gedachte: Durch die Unterstützung der Gnade wirke der menschliche Wille produktiv mittels seiner natürlichen Kraft, Gutes hervorzubringen. Mit diesem Argument wird die Verlagerung des Schwerpunktes der Debatte auf den folgenden Tag, den 28. Juni, vorbereitet, an dem Karlstadt als erster das Wort ergreift. Er argumentiert gegen die von Eck postulierte Zusammenarbeit von Gnade und freiem Willen und führt die Diskussion zurück zum Herzen der Theologie, zu Christus: Allein der Sohn Gottes sei in der Lage, den Menschen von seiner Schwäche, von seiner sündigen Natur zu befreien. Die einzige Gerechtigkeit, die der Mensch darum leisten könne, sei all jenes, was Christus selbst in ihm hervorbringt und wozu er ihn anleitet. Die Präposition mecum in 1. Kor 15,10 – am Vortag von Eck zur Unterstützung seiner These angeführt – wird sodann von Karlstadt im Kontext anderer Stellen der paulinischen Briefe interpretiert, aus denen klar hervorgeht, dass alles Gute ausschließlich von Gott und nicht vom Menschen komme. Den ganzen Tag über (gerahmt von ironischen Bemerkungen bezüglich der Argumentationsweise des Gegners und Kommentaren zur geeignetsten hermeneutischen Methode im Verständnis der Schriften) bemühen sich die Disputanten, ihre Thesen zu begründen, wobei sie hier auch auf die Kirchenväter zurückgreifen. Auf den Vorwurf Karlstadts, dass Eck eine semipelagianische Lehre vertrete, präzisiert letzterer mit Verweis auf das 3. Buch des pseudoaugustinischen Hypognosticon, dass der Wille in der Seele im Vergleich zu den niederen Kräften ein König sei, im Vergleich zur göttlichen Gnade aber lediglich ein Diener und Knecht. Gleichzeitig rückt Eck aber nicht von seiner These der Zusammenarbeit von Gnade und freiem menschlichen Willen ab. Stattdessen führt er eine Passage von Bernhard an, nach der Paulus nicht nur als Diener, sondern auch als socium cooperantem gratiae per consensum definiert werde, und aus der deutlich hervorgehe, dass Menschen gute Werke mit Gottes Hilfe tun könnten, insofern Gnade und freier Wille mixtim non singillatim wirkten. Diese Autoritäten, die über das Verhältnis von gratia und liberum arbitrium schreiben, stehen für den Rest des Tages im Mittelpunkt der Diskussion, in der Karlstadt darum bemüht ist, die Zitate in Bezug auf andere Bibelstellen und kirchenväterliche Zeugnisse zu interpretieren und damit seine Lehre zu untermauern: Die göttliche Gnade sei die einzige aktive Kraft am guten Werk, der menschliche Wille hingegen bleibe nur passiv; sogar der consensus zur Gnade werde von derselben erst gespendet.

Am 29. Juni (dem Feiertag Peter und Paul) ruhte die Disputation, am 30. Juni wurde sie kurz nach Beginn unterbrochen; erst am 1. Juli wurde sie wieder aufgenommen. Zunächst versucht Karlstadt, die Widersprüche aufzudecken, in die Eck sich an den Vortagen verstrickt hatte, als dieser das Wesen des freien Willens manchmal als natürliche und autonome Fähigkeit, manchmal als der Gnade untergeordnet beschrieben habe. Um seine Position gegenüber Karlstadts Kritik zu verteidigen, führt Eck eine weitere Unterscheidung ein, die Gegenstand heftiger Diskussionen werden sollte. Bezüglich der von Eck angeführten Passage Bernhards über die vermischte (mixtim) Wirkung von Gnade mit menschlichem Willen im guten Werk fragt Karlstadt zunächst, wie zwei Ursachen jeweils das ganze Werke verursachen könnten oder ob nicht doch die eine diesen, die andere jenen Teil der Werke bewirke. Eck antwortet, dass beim Zusammenwirken jede der beiden Ursachen das gute Werk ganz (totum), nicht aber gänzlich (totaliter) hervorbringe. Von Karlstadt als philosophische Antwort abgelehnt, wird diese Unterscheidung von Eck sogleich auf Gott angewendet, der die guten Werke totum, aber nicht totaliter vollbringe. Die Diskussion verschiebt sich damit an dieser zweiten Hälfte des Tages schnell in Richtung der scholastischen Autoren, die Eck, so Karlstadt, verdrehe. Nach einer eintägigen Pause setzen Eck und Karlstadt am 3. Juli die Disputation fort. Beide streben danach, ihre Positionen durch Hinzuziehung zahlreicher Bibelstellen und Kirchenvätrer-Zitate zu bekräftigen, die der jeweils andere wiederum Schritt für Schritt widerlegt. In dieser Phase wird vor allem der rhetorische Charakter des Konflikts offenbar: Gegenseitig werfen Eck und Karlstadt sich sowohl mangelnde Argumentationsfähgkeit, als auch Unkenntnis der heiligen Schriften; gegenseitig provozieren sie sich und deuten darauf hin, der Gegner stimme letztendlich mit der eigenen These überein.

Während der beiden Tage ihrer zweiten Disputation – am 14. und 15. Juli – sondierten Eck und Karlstadt zunächst die theologischen Voraussetzungen ihrer Lehren etwas kohärenter. Als erstes wurde die 13. These Karlstadts diskutiert: Wenn der Mensch bei seinen Taten dem folge, was in ihm liege, dann sündige er notwendigerweise. Ecks Widerlegung – er argumentiert mit einer Fülle von Zitaten und Belegen – mündet letzlich in der Feststellung, der freie menschliche Wille könne aus seiner natürlichen Kraft heraus ausschließlich zum Bösen gelangen, zum Guten aber nur durch die Unterstützung der Gnade – eine Behauptung, die von Karlstadt freudig als ein klares Zugeständnis Ecks anerkannt wird. Am letzten Tag bildet die Frage, ob nicht auch der Gerechte beim guten Werk sündige, den Kern der Debatte. Karlstadt beabsichtigt Ecks zweite These zu widerzulegen, um dem Menschen, sei es auch ein Heiliger, jeden Grund für Stolz und Vertrauen in seine eigenen Werke zu nehmen und allein die Gnade Gottes als für alles Gute verantwortlich hervorzuheben. Ins Zentrum ihrer Auseinandersetzung stellen beide Disputanten Pred 7,21 und führen zudem Belege aus den Werken der Kirchenväter an. Entgegen Ecks Bemühungen, den freien menschlichen Willen (schwach, aber immer noch zum Guten fähig) mit der Gnade zu verbinden, argumentiert Karlstadt vehement für den totalen Gegensatz zwischen postlapsarischer menschlicher Natur (die in den Gerechten, in den Heiligen und sogar in den Märtyrern sündhaft bleibe) und erlösender Wirkung der göttlichen Gnade. Nur sie, nicht die guten Werke, könne den Gläubigen das ewige Leben sichern.


1Auf. fol. A1r. Das fehlerhafte Anfangsdatum der zweiten Disputation zwischen Eck und Karlstadt – 15. statt 14. Juli – korrigiert auch A₅ nicht.
4Vgl. z. B. KGK 131 (Textstelle).
5Siehe z. B. den Bogen B, wo die Vorlage A₄ und A₁₃ auf fol. B1r, B2v, B3r und B4v übereinstimmen, aber alle übrigen folia in A₄ Layout-Varianten aufweisen, die A₅ übernimmt.
7Z. B. unterscheidet sich A₂ auf fol. P2v in Spatien, Graphik und Layout von allen anderen Auflagen.
8Auf. fol. D4v.
9Die Disputation zwischen Eck und Luther ist auf fol. E1r bis P2r. Ediert in WA 2, 254–383.
10Die folgenden Conclusiones wurden vermutlich nochmals nachgedruckt, um den Bogen P aufzufüllen. Sie sind hier in KGK 117 ediert.
11Zwischen Ende 1519 und Anfang 1520.
12Zur genauen Datierung des Druckes s. u. KGK 131 (Textstelle).
13Vor allem A₁ und A₂ sind sehr selten.
14Zu diesem Exemplar siehe auch Brieger, Handschriftliche Protokolle, 39–42. Auf der Innenseite des hinteren Einbanddeckels befinden sich ein Besitzvermerk und ein Inhaltsverzeichnis von der Hand Wöstefeldes selbst (Brieger, Handschriftliche Protokolle, 39 Anm. 4). Zu Arnold Wöstefeld/Wüstenfelt (um 1477–um 1540), unter dessen, Johann Kochels und Georg von Wiedebachs Vorsitz die Vereinbarung unterzeichnet wurde, siehe KGK 130 (Textstelle), KGK 130 (Textstelle) und KGK 130 (Textstelle).
15Mosellanus, Oratio (1519a), UB Leipzig, Kirchg.948/4; Lange, Oratio (1519), UB Leipzig; Kirchg.948/6 – jeweils unmittelbar vor und nach dem Erfurter Druck der Leipziger Disputation –; die vorbereitenden Thesen zur Disputation, UB Leipzig Kirchg.948/7 (vgl. KGK 105) und UB Leipzig Kirchg.948/8 (vgl. KGK 117), und weitere polemischen Schriften der Wittenberger aus den Jahren 1519–1520. Das Titelblatt von Lange, Oratio (1519) (UB Leipzig Kirchg.948/6) enthält eine hsl. Widmung des Verfassers an Wöstefeld.
21In diesem Exemplar befindet sich nur eine handschriftliche Anmerkung von Georg Spalatin auf fol. A6v: »Hec Cesar Pflug.«.
22Zu Andreas Gronewalt (vor 1493 – um 1541) siehe Bubenheimer, Gronewalt.
23Bei Wolfgang Juche in Halle (zu ihm siehe Grimm, Buchführer, 1593 Nr. 639) kaufte auch Thomas Müntzer wiederholt ein; siehe den Brief Juches an Müntzer vom 26. 7. 1524 in TMBW 2, 92 Nr. 94, hier vor allem (für biographischen Hinweise auf Juche) Anm. 2.
24Vgl. auf dem Titelblatt die handschriftliche Eintragung Gronewalts: »A Wulff buchfurer ex hallis transmissus ipso die karoli [28. Januar] 1520 pro .v. g[rossis]«. Ich verdanke Prof. Ulrich Bubenheimer die Beschreibung dieses Exemplars. Weitere Details und Abbildung des Erwerbungsvermerks von Gronewald in Liersch, Marktkirchen-Bibliothek Goslar, 105 Nr. 170; 160.
25Gronewalt hatte seit 1516 kaum eine Publikation der Wittenberger verpasst und fast alle Erstdrucke Luthers erworben. Diesen Hinweis verdanke ich Prof. Ulrich Bubenheimer. Zum Erscheinungstermin der Erfurter Drucke der Leipziger Disputation s. u. KGK 131 (Textstelle).
26Zu Otto Beckmann (1476–1566) siehe Johannes Grave: Beckmann, Otto, in: BBKL 17, 94–96. Vgl. auch KGK I.1, Nr. 7, S. 289 und Anm. 12 und Nr. 8, S. 293 Anm. 12.
27Beckmann notierte auf dem Titelblatt: »Dedi quinque g[rossos]«. Ich verdanke Prof. Ulrich Bubenheimer diesen Hinweis. Der Druck ist aufgeführt bei Honselmann, Otto Beckmann, 263 Nr. 19.
28Zu Johann Gramann/Graumann, genannt Poliander (1487–1541), deutscher Humanist und Reformator, ab 1516 Professor in Leipzig, 1522–1525 Domprediger in Würzburg, ab 1526 Pfarrer und auch Professor in Königsberg, wo er 1541 starb, siehe RGG4 2, 182f.
29Franciscus Richter Misnensis, aus Hainichen in Sachsen, immatrikuliert in Leipzig SS 1497, bacc. SS 1501, mag. artium WS 1508, Lektor an der theologischen und Artisten-Fakultät ab 1509, bacc. in iure 1517, assumptus ad consilium facultatis artium Juni 1517, Rektor WS 1517, Dekan der Artistenfakultät SS 1520, lic. in iure 1525, Doktor in iure 1530, gestorben um 1555. Siehe Matrikel Leipzig 2, 38. 42, 48, 51, 381, 442, 520, 552, 737.
30Zur Entstehung dieses Druckes und zu den amtlichen Erklärungen der Notare siehe unten KGK 131 (Textstelle).
32Löscher, Reformations-Acta 3, 291, berücksichtigte ein zeitgenössisches »Manuscriptum, das Anno 1519 von diesem Colloquio verfertigt und mir [Löscher] aus der Freybergischen Bibliotheca publica gütig communiciert worden« war. Eine ausführliche Beschreibung des Freiberger Manuskripts der Leipziger Disputation findet sich bei Brieger, Handschriftliche Protokolle. Für seine Ausgabe der Leipziger Disputation benutzte auch Seitz, Disputatio dieses Manuskript.
33Zur Geschichte der Freiberger Bibliothek siehe Möller, Theatrum Freibergense Chronicum, hier vor allem 129–133. Dank Hieronymus Weller von Molsdorf (1499–1572) wurden die Bücherbestände der im Zuge der Reformation aufgelösten Freiberger Klöster 1565 im Domherrenhaus gesammelt und der dortigen Lateinschule übergeben. Ein erster Katalog wurde 1578 angefertigt und zählte 736 Bände. In den darauffolgenden Jahren wurde der Bestand der Bibliothek erweitert und durch regelmäßige Spenden wurden weitere Bücher erworben. 1630 wurde schließlich der Konrektor Andreas Möller zum Bibliothekar gewählt; er nahm die noch heute zum großen Teil verwendete Einteilung des Bestandes vor, weshalb die Bibliothek seinen Namen trägt. Zum kostbaren Bestand dieser Bibliothek vgl. Bannies, Freiberger Bücherschätze.
34Siehe die Beschreibung des Sammelbandes durch Matthias Eifler (Handschriftenzentrum Leipzig) im Rahmen des DFG-Projekts »Erschließung von Kleinsammlungen mittelalterlicher Handschriften in Ostdeutschland«, vgl. http://www.manuscripta-mediaevalia.de/info/projectinfo/kleinsammlungen_ostdeutschland.html.
35Zu Johannes Hornicaeus, 1574 in Leipzig geboren (so behauptet Johannes Avianus in seinem Gelegenheitsgedicht in Avianus, Carmina Gratulatoria, fol. A3v), immatrikuliert in Leipzig SS 1582, siehe Matrikel Leipzig (Jüngere) 1, 200. Im darauffolgenden Jahrzehnt ist er weiterhin in Leipzig belegt; vgl. sein Epigramm in Avianus, Adamus Lapsus (1596), 4: »Iohannis Hornicaei Lipsiensis Opt. art. Magistri, Sacrarumque LL. Candidati, etc.«; ferner s. u. KGK 131 (Textstelle) und KGK 131 (Textstelle). Ab 1603 ist er Stadschreiber und Syndicus in Freiberg, 1605 wird er Ratsmitglied in Freiberg; ab 1617 Oberstadtschreiber in Dresden, wo er 1638 starb. Zu Johannes Hornicaeus siehe auch Döring, Freiberger Inkunabelkatalog, 25, Anm. 4. Brieger, Handschriftliche Protokolle, 43 Anm. 3 erwähnt einen Paul Hornicaeus, der erst in den 1630er Jahren in Freiberg tätig war. Er war der Sohn eines Hieronymus Hornicaeus aus Rochlitz. Vgl. Hörnigk, Leben und Wandel, fol. A2r.
36Förster, Libri Quinque, fol. [7]v: »M. Ioannes Hornicaeus Lipsiensis, inclytae inibi Academiae Notarius«. Vgl. ebenso den Sammelband mit carmina gratulatoria, der ihm von seinen Kollegen und Freunden als Gratulation für seine neue Anstellung als Syndikus gewidmet wurde: Avianus, Carmina Gratulatoria, hier vor allem das Gelegenheitsgedicht von Johannes Avianus (vgl. KGK 131 (Textstelle)), fol. A3r–B2v.
39Informationen zu Hornicaeus, zu den genannten Buchstiftungen sowie zum Inhalt der Inkunabeln finden sich bei Döring, Freiberger Inkunabelkatalog, 25.
40Freundlicher Hinweis von Dr. Matthias Eifler, Handschriftenzentrum Leipzig.
41Der Sammelband ist im Standortkatalog von Andreas Möller von 1631/51 in Klasse III am Beginn der »Scripta Theologorum Lutheranorum in Quarto« verzeichnet mit der Überschrift: »Disputatio Lipsiensis Dn. Doct. Martini Lutheri & Carolostadii cum Eccio. Item oratio Johannis Langii concludens actum illum disputatorium. Item epistola Melanchthonis de Disputatione Lipsicam cum Responsione Eccii. […]«. Die Umsignierung in Klasse VII erfolgte erst zu einem späteren Zeitpunkt, nachdem die von Andreas Möller vorgenommene Einteilung des Buchbestandes in zehn Klassen im zweibändigen Standortkatalog des Konrektors Tobias Liebe (1683–1686) um zwei weitere Klassen ergänzt worden war. Freundlicher Hinweis von Dr. Matthias Eifler, Handschriftenzentrum Leipzig.
42Nach Döring vermachte Hornicaeus der Freiberger Schulbibliothek außer diesem Band mindestens fünf Inkunabeln (VII 2° 158, VIII 4° 20 und 28, XII 2° 46 und XII 4° 13) sowie vier Frühdrucke (I A 2° 88, VII 4° 5, 12 und 29), von denen einige Bände ebenfalls entsprechende Ex Libris tragen; vgl. Döring, Freiberger Inkunabelkatalog, 25 und Nr. 21, 114, 499.
44Die gedruckten Texte sind in folgender Reihenfolge enthalten: Rubius, Solutiones (1519); es folgt das erste umfangreiche Manuskript, s. u. KGK 131 (Textstelle); Emser, Epistola (1519b); Eck, Disputatio et excusatio (1519a); Luther, Disputatio et excusatio (1519b); Cellarius, Iudicium (1520); Eck, Excusatio (1519b); Cochlaeus, Antwort (1520) (als einzige Ausnahme hat dieser Druck nicht unmittelbar mit der Leipziger Disputation zu tun, sondern ist eine Antwort auf Luthers 1520 erneut vorgetragene Konzilsappellation; vgl. Spehr, Luther und das Konzil, 181–254); Mosellanus, Oratio (1519a); es folgt das Manuskript der Leipziger Disputation; Lange, Oratio (1519). In seiner Beschreibung verweist Brieger auf die »wiederholt wiederkehrende Jahreszahl 1527« auf dem Einband (Brieger, Handschriftliche Protokolle, 43). Die Jahreszahl ist heute kaum erkennbar. Sie bezieht sich möglicherweise auf das Jahr der Zusammenstellung des Sammelbandes. Siehe dazu die Beschreibung des Sammelbandes durch Matthias Eifler (Handschriftenzentrum Leipzig), vgl. KGK 131 (Textstelle).
45Brieger, Handschriftliche Protokolle, 43. Unter dieser Aufschrift steht noch eine zweite, die leider unlesbar ist.
47Fol. 11r–174v. Fol. 175r–v ist leer. Der Titel auf fol. 11r lautet: »[…] de quolibet anno 1514«. Rest der Seite leer.
48Vgl. fol. 35r. Die Überschrift ist nachträglich durchgestrichen worden.
49Wolfgang Schindler von Elbogen († 1538), immatrikuliert in Leipzig SS 1496, bacc. WS 1597, mag. WS 1501, sent. 1506, assumptus ad consilium facultatis artium SS 1507, Dekan WS 1511, Rektor WS 1514/15, theol. lic. und dr. WS 1523. Zu ihm vgl. Matrikel Leipzig 2, 18, 26, 384, 429, 861. Siehe dazu Kusche, Magisterkollegien 2, 840–842.
50Vgl. auf fol. 11v: »Questio Anteliniaris (!) et preparatoria ad disputationem de quodlibet Michi assignata per venerabilem virum dominum Wolffgangum Schindlerum […] baccalarium sacre theologie est ista: Perfectissimum et supernum rerum omnium primum actus solus simpliciter purus summo gaudio et voluptate, ex plena sui comprehensione felix sa[…]. Optimum et unus omnis boni et totius universi bonum externum. Desideratum a moto rebus medius: qui et ipse modo suo actus p[…] sunt et orbes suos a[…] manet […].«
51Nikolaus Apel von Königshofen († 1537), immatrikuliert in Leipzig 1492, mag. art. 1497, Dekan der Artistenfakultät WS 1508/09 und WS 1514/15, Rektor SS 1514, Vizekanzler 1518. Zu ihm siehe Kusche, Magisterkollegien 2, 744f.
52Die Ordnung der Disputation wurde am 13. Juli vorgelesen; vgl. Matrikel Leipzig 2, 494: »Item anno eodem in die sancte Margarhete (!) [13. 7.] sunt convocati per publicum edictum omnes magistri nostre universitatis, et fuit hic tenor convocacionis: Reverende magister, sitis hodie hora duodecima in stuba facultatis arcium ad audiendum legi ordinacionem disputacionis de quodlibet et ad recipiendum questionem et problema a domino quodlibetario sub pena prestiti iuramenti et non allegacionis ignorancie etc.«. Siehe dazu die Beschreibung des Sammelbandes durch Matthias Eifler (Handschriftenzentrum Leipzig), vgl. KGK 131 (Textstelle).
53So auch Brieger, Handschriftliche Protokolle, 44f. Ausnahmen sind fol. O8v bis Post O Ante P4r in der hier nicht edierten Disputation zwischen Eck und Luther.
55Eine Beschreibung in Brieger, Handschriftliche Protokolle, 42–48.
56Im textkritischen Apparat wird insofern nicht direkt auf das Protokoll [= a], sondern auf die drei Korrekturgänge a₁, a₂, a₃ verwiesen, die unter a subsumiert werden.
57Das schließt nach Seitz die Vermutung aus, dass das Freiberger Manuskript eine Kopie anderer Handschriften oder des Druckes sei: »Dass M [= a] nicht als Kopie einer anderen Handschrift oder eines Druckes, sondern dictando geschrieben ist, beweist die überaus grosse Anzahl von Hörfehlern, die sich überall finden.« (Seitz, Disputatio, 6).
58Der Buchbinder hat möglicherweise die Blätter beschnitten; dadurch ist ein kleiner Teil der Randanmerkungen verlorengegangen.
59Seitz, Disputatio, 6: »Die flüchtige Schrift und übermässige Abbreviaturen […] erklären sich zwar ebenfalls am besten bei der Annahme, dass in M [= a] eine bei der Disputation selbst entstandene Niederschrift vorliegt; ein sicheres Argument dafür aber bieten die sehr zahlreichen Lücken, die andeuten, dass der Schreiber an den betreffenden Stellen dem diktierenden Disputator nicht zu folgen vermochte.«
61Vgl. auch Seitz, Disputatio, 7. Besonders auffällig auf fol. 240r–v, s. u. KGK 131 (Textstelle).
62In der vorliegenden Einheit werden nur Korrekturen mitediert, wo a₂ in a₁ vorhandene eindeutige Fehler verbessert.
68Entspricht in dem Erfurter Druck fol. A6v; vgl. KGK 131 (Textstelle).
70Siehe z. B. die umfangreichen handschriftlichen Eintragungen von der Hand Polianders zu LuthersDie Propheten alle Deutdsch (1532), in SB-PK Berlin, Libri impr. cum notis mss. fol. 3.
71Die Anzahl der Notare wird nochmals bestätigt in Clemen, Bericht, 49: »[…] aber zu ende der disputation, als man solt der iiii notarien acta dem rentmeister überantwort, […]«. Dies legt die Vermutung nahe, dass tatsächlich noch zwei weitere Notare die Disputation protokollierten.
72Zu Johannes Lange von Löwenberg (1485–1565), siehe ADB 17 (1883), 637f.
73Die theologische Fakultät hatte sich mehrmals gegenüber dem Herzog geweigert, die Disputation zuzulassen und die Schiedsrolle zu übernehmen. Vgl. KGK 105.
74Zum Professor der Mathematik, dem Arzt und Astronom Simon Eisenmann aus Dillingen siehe Matrikel Leipzig 2, 429, 477, 531.
75Der deutsche Humanist und Theologe Gregor Breitkopf (um 1472–1529); siehe ADB 3 (186), 303. Vgl. auch KGK I.1, Nr. 1, S. 5.
77Wolfgang Schindler von Elbogen, auch de Cubito, Cubitensis, vgl. KGK 131 (Textstelle).
78Franciscus Richter Misnensis, aus Hainichen in Sachsen, s. o. KGK 131 (Textstelle).
79Johann Gramann/Graumann, genannt Poliander, s. o. KGK 131 (Textstelle).
80Johann Fuge/Fuegk/Fugius von Leipzig, immatrikuliert in SS 1504, bacc. SS 1507, mag. WS 1513, dr. med. 1529; vgl. Matrikel Leipzig 2, 76, 432,488 und hier vor allem 434–438.
81Nicht identifiziert, vgl. Matrikel Leipzig 2, 769.
84Matrikel Leipzig 2, 541: »Anno domini, que supra [1519], die Lune post Assumptionis beate Virginis, qui erat vigesima secunda Augusti, […]. Item eodem tempore domino magistro Vulfgango Cubitensi decreti sunt decem aurei pro laboribus habitis in disputatione externorum doctorum et in conficiendis conclusionibus ea lege et conditione, quod confectarum a se conclusionum declarationes ederet pro honore facultatis et suo«. Siehe auch die Ausgaben für Schindler in Bezug auf die Leipziger Disputation im Universitätsarchiv Leipzig, Phil. Fak. Urkundliche Quellen B 032, pag. 58f.
86Die Pariser Ausgabe enthält nur die Disputation zwischen Luther und Eck. Seitz hat a mit B (für die Disputation zwischen Eck und Luther) verglichen und konnte bestätigen, dass das Manuskript eine große Nähe zu dem von den Notaren beglaubigten Pariser Druck aufweist. Seitz, Disputatio, 8: »Daraus lässt sich zunächst für den mittleren Teil, indirekt aber für die ganze Disputation der Schluss ziehen: wir haben in M [= a] nicht nur überhaupt eine Nachschrift, sondern eine sorgfältige, bis auf leicht erkennbare Versehen zuverlässige Nachschrift vor uns«.
94So berichtet Clemen, Bericht, 50f. Anm. 49: »[…] als ich in dem Sammelbande Ca 118 4° der Stadtbibliothek zu Königsberg i. Pr. als Nr. 7 ein Exemplar des bei Matthes Maler in Erfurt erschienenen Druckes der Disputationsakten […] fand, betreffs dessen Poliander, der ursprüngliche Besitzer des Sammelbandes, in dem vorn eingetragenen Inhaltverzeichnis bemerkt: Disputatio Lipsica ex actis notariorum. Poliander, der selbst einer der vier Notare war […], musste es wissen!«. Das Exemplar Polianders gilt heute als Kriegsverlust.
95Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Notare während der Disputation auch die Kommentare, die ein Disputator äußerte, während der andere sprach, transkribiert haben könnten. Vgl. z. B. KGK 131 (Textstelle) mit KGK 131 (Textstelle) und KGK 131 (Textstelle) mit KGK 131 (Anmerkung). Johannes Agricola aus Eisleben (um 1492–1566), der gelegentlich für Luther geschrieben hat (zu ihm vgl. MBW 11, 41) war in Leipzig während der Disputation anwesend, vgl. Clemen, Bericht, 47. Siehe KGK 132 (Textstelle).
96Vgl. KGK 130.
97Zu Simon Pistorius (1489–1562) siehe Kusche, Magisterkollegien 2, 803–508. Karlstadt hat ihm und seine zwei Söhnen die Epitome gewidmet, siehe KGK 103.
99Zu Georg Rhau (1488–1548) siehe ADB 28 (1889), 372–374 und BBKL 8, 121f. Siehe auch Reske, Buchdrucker, 997–999.
100Laut Fröschel, Königreich (1566), fol. B1v befahl der Rektor der Universität Leipzig seinen Magistri, die Wittenbergischen Gäste in die Thomaskirche zu begleiten.
101Vgl. Seidemann, Leipziger Disputation, 48 und Anm. Siehe dazu den Bericht Mosellanus’ an Willibald Pirckheimer, datiert 3. August 1519 (Pirckheimer, Briefwechsel 4, 69–73 Nr. 614).
102Zu Petrus Mosellanus († 1524), siehe Kusche, Magisterkollegien 2, 786–788.
104Fröschel, Königreich (1566), fol. B1v–B2r. Siehe auch den ähnlichen Bericht Ecks an Georg Hauer und Franz Burckhart am 1. Juli 1519, in Eck, Briefwechsel, Nr. 87: »Die 27. Iunii convenimus in Collegio maiori, ubi ordinarius nos excepit pulchra oratione nomine universitatis: dein ad ecclesiam ivimus cum hospitibus omnibus et tota universitate; ibi facta sunt sacra de Spiritu sancto, arx dein petita, ubi princeps curavit amplissimum locum sedilibus et tapetis munificentissime apparari. Petrus Mosellanus, Grecitatis professor, oratione luculenta animum principis expressit«. Die Grundzüge des Berichtes werden bestätigt von Cellarius, Vera epistola (1519), fol. A1v–A2r (Capito, Correspondence 1, 52 Nr. 31).
106Die Anwesenheit bewaffneter Bürger bestätigt auch Ecks Bericht an Georg Hauer und Franz Burckhart am 1. Juli 1519, in Eck, Briefwechsel, Nr. 87: »Aderant armati LXXVI, et hi quotidie assunt ab initio disputationis usque ad finem, propter insultum Wittenbergensium et Bohemorum timendum; cum vexillo et tympanis semper arcem petunt«.
108Der ganze Vormittag war mit der feierlichen Eröffnung der Disputation verbracht worden.
109Fröschel, Königreich (1566), fol. B2r: »Nach mittag Hora 2. fieng man an die Disputation/ da war Georg Rhaw der Cantor/ mit seinen Cantoribus und mit den Stadpfeiffern bestellet/ die fiengen an zu singen und darein zu blasen das Veni sancte Spiritus. Darauff fiengen sie an die Disputationem/ am ersten Doctor Carlstad/ mit dem Doctore Ecken«.
111Sowohl im Buchdruck als auch im Freiberger Manuskript gibt es keinen Hinweis darauf. Der Bericht Fröschels lässt nicht mit Sicherheit darauf schließen, dass auch am Nachmittag disputiert wurde.
112Vgl. Eck an Georg Hauer und Franz Burckhart, 1. Juli 1519: »Pomeridie hora 2a cepta disputatio. Opponebam Carolestadio de libero arbitrio. Hui vellem, quam frigidissime assumpsit, mallem, ex alio audiretur; caret memoria: fatetur memoria me superiorem ingenue, cum frigide nostra solvisset. Ego ex ordine punctatim recensui omnes eius solutiones melius quam ipse exposuisset cum omnium admiratione. Ex continenti replicavi, nil poterat assumere, sed magnam habebat catervam assidentium, et iam ex uno, iam ex alio libro legebat, cum maximo sui contemptu. Unde primum nostris animus factus est, et me deducere catervatim studebant.« (Eck, Briefwechsel, Nr. 87). Siehe aber auch den Brief Mosellanus’ an Pirckheimer, 3. 8.1519 (Pirckheimer, Briefwechsel 4, 69f. Nr. 614) und Nikolaus von Amsdorfs Schreiben an Spalatin, 1. 8. 1519: »Aber das ist war/ Eck ubertriff D. Carlstad weit mit dem gedechtnis und aussprechen/ also das es mir leid war/ das die Sach angefangen war […]/ Denn Eck arguirt und thut sein fürwendung nach welscher Manier und gewonheit/ mit newn oder zehen Argumenten/ durch welche nicht die warheit sondern eitel ehre des gedechtnis und verstands gesucht wird/ […] Das kan nicht besser geschehen/ denn mit grossem geschrey und mit menge vieler Argument und widerrede/ Denn die zuhörer halten allein den für den obsiger/ der am sehrsten schreiet und das letzt wort behelt/ Weil denn Eck allzeit das letzt wort gehabt/ und am sehrsten geschrien/ wird er derhalben auch heutiges tags von den Leipzigern für den oblieger geehrt und gehalten« (Wit deutsch 9, 70f. (= fol. M4v–M5r); auch in Walch2 15, 1186). Petrus Mosellanus und Nikolaus von Amsdorf beschreiben den Ingolstädter allerdings sehr negativ.
113Vgl. Schulherr, Epistola (1519), fol. B4r: »Eo qui superioribus diebus ambas in pollicibus venas apaeruisset e quibus maior memorie pars una cum sanguine effluxerit/ quique suis amicis plane non videatur consultum hoc pacto se contendere«. Siehe eine ähnliche Erklärung im Brief Ecks an Gervasius Vaim, 3. 12. 1519: »[…] disputavi itaque tribus septimanis cum illo maledicentissimo monacho et illius propugnatore Andrea Carlstadio, viro quidem minoris eruditionis quam sit Ludderus, sed ad iniurias propensiore; et qui omnino disputare nesciat, sed clamare et iniuriari, ex scheda domi meditata legere, ex uno et altero libro et tertio et quarto aliquid praelegere, ut infantiorem disputatorem nunquam audieris; habet tamen hebetudinis suae excusationem, quoniam inminutione sanguinis super pollice, una cum sanguine memoriam queritur se emisisse […]« (Eck, Briefwechsel, Nr. 100). Zum Wagenunfall siehe auch KGK 130 (Textstelle).
114Eck an Georg Hauer und Franz Burckhart, 1. Juli 1519 (Eck, Briefwechsel, Nr. 87).
115Eck, Briefwechsel, Nr. 87. In seinem Bericht an Hauer und Burckhart behauptet Eck, er habe einen Fehler gemacht, als er seine Thesen an Karlstadt übergab, damit sich dieser besser vorbereiten könnte. Der Austausch der zur Disputation stehenden Thesen war jedoch in der Vereinbarung festgelegt, vgl. KGK 130 (Textstelle).
116Eck an Georg Hauer und Franz Burckhart, 1. Juli 1519: »Venit mane, et notarius contra pacta ei fecerat copiam actorum et dictorum; conscripserat 4or schedas et legit de verbo ad verbum unam post aliam cum suo maximo dedecore.« (Eck, Briefwechsel, Nr. 87). Ob der Wittenberger Theologe seine Argumentation tatsächlich auf Zetteln zusammengefasst hatte und sie vorlas, ist in keiner anderen Quelle belegt. Dass Karlstadt eine Kopie der Protokolle bekommen hatte, deutet aber auch Eck während der Disputation an, s. u. KGK 131 (Textstelle). Eck meinte, dies geschah »contra pacta«; in der Vereinbarung war aber lediglich die Veröffentlichung, nicht das Kursieren der Protokolle unter den Disputanten verboten, vgl. KGK 130 (Textstelle).
117Vgl. Eck an Georg Hauer und Franz Burckhart, 1. Juli 1519 (Eck, Briefwechsel, Nr. 87).
118Zur Predigt Luthers, siehe WA 2, 246–249. Siehe auch den Bericht in Fröschel, Königreich (1566), fol. B3v–B4r.
119S. u. KGK 131 (Textstelle). Anscheinend fand keine Disputation am Vormittag des 30. Juni statt.
121Vgl. z. B. Hitzschold, Epistola (1519), fol. A3r–v; Melanchthon an Oekolampad, MBW.T 1, 132–141 Nr. 59; Schulherr, Epistola (1519), fol. B3v–B4r; Rubius, Solutiones (1519), fol. B3v–B4r.
122In A₅Lp ist der Bericht über den darauffolgenden Streit als Additio gekennzeichnet und in einer knapperen Formulierung unter Verweis auf die »exemplaria Notariorum« zusammengefasst.
123Zu den (juristischen) Schulrichtungen des mos italicus und des mos gallicus siehe Bubenheimer, Consonantia, 204f.
125Diese Meinung vertritt auch Luther in seinen Resolutiones Lutherianae super propositionibus suis Lipsiae disputatis und verteidigt Karlstadt, indem er ihn mit Augustinus vergleicht, der die Donatisten und Manichäer mithilfe von Büchern bekämpfte (siehe eine ähnliche Argumentation Karlstadts am Anfang der zweiten Disputation, s. u. KGK 131 (Textstelle)): Karlstadt – wie auch der Kirchenvater – suche tatsächlich die Wahrheit und wolle durch die Bücher beweisen, dass der Ingolstädter Theologe die kirchlichen Schriften unschlüssig oder sogar falsch zitiere; Eck hingegen strebe nur nach eigenem Ruhm, indem er die Disputation in eine Gedächtnisprobe verwandele. S. u. KGK 131 (Anmerkung).
126Cäsar Pflug/Plugk (1458–1524), herzoglicher Rat Georgs von Sachsen.
128In seinem Bericht an Georg Hauer und Franz Burckhart vom 1. Juli 1519 (in dem historische Ereignisse und rhetorische Selbstdarstellung Ecks ineinander übergehen) betont Eck immer wieder seine Großzügigkeit gegenüber Karlstadt und bekundet, er sei durchaus bereit gewesen, Karlstadt von Zetteln lesen zu lassen. Erst nachdem die Richter die Verwendung von Büchern verboten hätten, sei Eck ihrer Entscheidung nachgekommen und sei trotz seines guten Willens nicht mehr für Karlstadt eingetreten, der Eck weiterhin durch die Studenten (bacalaureos theologiae) und sogar die Notare ersucht habe, seine Beweise während der Disputation aus Zetteln ablesen zu dürfen. Vgl. Eck, Briefwechsel, Nr. 87. Siehe auch Eck, Expurgatio (1519), fol. B4r–v.
130Vgl. z. B. Luther an Spalatin, 15. Juli 1519, in Resolutiones Lutherianae super propositionibus suis Lipsiae disputatis: »Altera machina fuit: Carlstadius noster secum libros attulerat. Cum sit honestissima disputandi et tutissima ratio, ex praesentibus libris loca ostendere et dicta vel probare vel confutare, magno tumultu hoc Eccius noster detrectavit. Nam videbatur cuiusdam compilatoris ingenio et opera fretus multas consarcinasse autoritates S. patrum studioque factionis suae auxisse: ibi periculum erat, ne, sicut aliquoties convincebatur, ita semper convinceretur male induxisse dicta patrum. Nam cum precedentia et sequentia non vidisset (nec enim veritas, ut dixi, quaerebatur), ita illas aptavit ad propositum, ut nihil minus valeret ad propositum, nisi quod delectabat eum aliquando et risum miscere auditorio. Statuerunt itaque pro Eccii voluntate, libros domi reliquendos esse et solius memoriae et linguae viribus ac libertate disputandum: hoc est, quod optimi quidam dixerunt, hanc disputationem non de veritate, sed de laude memoriae et linguae agitari. Pretexuit tamen et hic Adam ille folium fici pulcherrimum, quod sane nullus, nisi sit stipes, intelligat, videlicet puerile et ridiculum esse, theologum e libris aut schedis disputare. Et mirum quam blandum sibi vulgi murmur hoc ingenio invenerunt, quod de his rebus iudicat, sicut de puerorum scholasticis exercitamentis, quasi non et Augustinus contra Manicheos et Donatistas collatis libris pugnaverit: verum veritatem ille querebat, non gloriam.« (WA 2, 393,25–394,5).
132S. u. KGK 131 (Anmerkung). An diesem sowie am darauffolgenden Tag predigte Eck gegen Luther, s. u. KGK 132 (Textstelle).
133Die letzte Sitzung der ersten Disputation zwischen Eck und Karlstadt begann um 6 Uhr morgens. Es ist zu vermuten, dass die Theologen an diesem Tag nur vormittags disputierten.
134Am 14. Juli disputierten Eck und Luther noch eine letzte Stunde. Unmittelbar danach, um 7 Uhr morgens, begann die zweite Disputation zwischen Eck und Karlstadt.
136Vgl. KGK III, Nr. 146 = Karlstadt, Verba Dei (1520), fol. A2v: »Postridie Margarethae, huius anni, in auditorio ad ingentem disceptationem apparato, sedebam, iunctus Reverendo Patri Langio, Augustinianae professonis per Saxoniam Vicario, tum latinarum, tum Graecarum literarum viro impense gnaro, is et ego inanem pugilum amborum Martini et Eccii, praestolabamur congressum. audituri interibi spumantia monstra, quae Eccius ex aedito suggestu, in Martinum expuere subniteretur, Tum prior pugil, pugil inquam fortior quam Theologus, adventavit prius, hic me adit, et tantisper, dum Martinus abest, donecque in veniendo et expectando est, ita exorsus compellat, Si inter Martinum et me, argutator inquit gloriosus, conveniret, quemadmodum mihi tecum convenit. Si ita in unam sententiam, Martinus et ego concurreremus, prout nos in eadem opinatione sumus, vellem ait in diversorium Martini denigrare. docuit me inaspernabilis hospes, si sequeretur opinionem patris Reverendi eatenus, quatenus in meam ivit sententiam, vellet illum non solum affectibus, sed et pedum passibus assectari.«
137Auch auf diesen Punkt greift Karlstadt – und ebenso Luther – zurück, um Ecks»unbeständigen und hinterlistigen« Willen offen zu legen.
142Ab 7 Uhr morgens. Mosellanus berichtete am 6. 12. 1519, die Disputation hätte noch fortgesetzt werden können, »wenn man nicht Nachricht überkommen hätte, daß Joachim, Markgraf von Brandenburg, der von Frankfurt vom Churfürstentage zurückkehrte, in der Nähe sei. Denn für denselben mußte auf unsers Fürsten Befehl die Herberge auf dem Schloß in Leipzig zugerichtet werden. Darum ist man so auseinandergegangen, daß beide Parteien sich des Sieges rühmten« (Walch2 15, 1199f.).
143Lange, Oratio (1519). Zu Johannes Lange aus Löwenberg, Rektor der Leipziger Universität im WS 1518, s. o. KGK 131 (Textstelle).
144Fröschel, Königreich (1566), fol. B3r: »Nach dem aber dieselbige Disputation zum ende komen ist/ da ist aber der Cantor von S. Thomas/ Georg Rhaw/ mit den Cantoribus und Stadpfeiffern bestelt gewest/ und nach der Oration/ welche M. Johannes Langius Lembergensis ein Schlesinger that/ und den Gesten abdancket/ hat der Cantor angefangen das Te Deum laudamus zu singen/ darein die Stadpfeiffer auff das beste und herrlichst geblasen haben/ das ist geschehen nach Mittag/ als die Disputation gar jr ende gehabt/ Da ist jederman wider zu hause gegangen/ und die Wittenberger sind wider nach Wittenberg gezogen/ Aber Doctor Eck ist noch lenger alda blieben/ und sich mit den Theologen und Collegiaten und andern Leuten/ leichtsinnig/ fröhlich und guter ding gemacht.«
145Ein Überblick ist zu finden in Brecht, Luther 1, 307–332; Barge, Karlstadt 1, 163–180.
146In der Vereinbarung wird darauf hingewiesen, dass die offiziellen Protokolle, die sowohl die Disputanten als auch die Universitäten Paris und Erfurt erhalten sollten, aus der Kollation der von vier Notaren erstellten Mitschriften der Disputation auszufertigen waren. Es ist also anzunehmen, dass es mindestens vier (oder zwei, wenn man nur die in der Pariser Ausgabe erwähnten Notare Graumann und Richter als gesichert zählt) bei der Disputation gefertigte Niederschriften gab, die als eine Art vorläufige Protokollkonzepte gelten können. Sie sollten nach der Disputation offensichtlich kollationiert werden, um mit ihrer Hilfe die endgültigen, offiziellen Protokolle auszufertigen. Wahrscheinlich ist dies auch einer der Gründe für die Verzögerung der Versendung der Disputationsakten nach Paris (und vielleicht auch nach Erfurt?), die erst am 4. Oktober in Auftrag gegeben wurde. S. u. KGK 131 (Textstelle).
147In der an den Leser adressierten Widmung behauptete der Herausgeber, der Erfurter Druck beruhe auf solchen privaten Abschriften.
149Auf Befehl des Herzogs wurde 1531 eine Kopie der Protokolle an Eck geschickt. Der damals noch als Universitätsnotar tätige Franz Richter fertigte die Abschrift an. Siehe Kapp, Historia disputationis, 7. Siehe dazu Seidemann, Leipziger Disputation, 43. Es stellt sich die Frage, ob die Disputanten (wie in der Vereinbarung vorgesehen) schon zu einem früheren Zeitpunkt eine Kopie der notariellen Disputationsakten erhalten hatten und Eck nur eine zweite Kopie davon benötigte, oder ob die Disputanten offiziell überhaupt keine notariellen Protokolle nach der Leipziger Disputation erhielten – was bedeuten würde, dass die Wittenberger nur über eine private (d. h. nicht offizielle) Niederschrift der Disputation im Juli/August 1519 verfügten.
151Vgl. Seitz, Disputatio, 3f. und 8–11. Siehe auch oben, KGK 131 (Textstelle).
152Vgl. aus dem Pariser Druck der Leipziger Disputation (hier als B), fol. 91r–v: »Actum anno, indictione, die, mense pontificatus quibus supra, in amplissimo coenaculo arcis Lipsensis, Mersenburgensis diocesis, publice coram illustrissimis et illustribus principibus et dominis, dominis Georgio et Ioanne filio eius, ducibus Saxoniae, lantgraviis Thuringiae, marchionibus Misnae; ac Bernino Stetinensi, Pomeranorum, Cassubiorum Sclavorumque duce, et Ruhae principe; nec non Georgio, Anhaldi principe, Aschaniae comite ac Bernaburgiae domino; itemque clarissimis illustrissimi principis Georgii Saxoniae ducis etc. praefati consiliariis, principem ipsum in absentia referentibus; insuper magnificis egregiis et venerabilibus viris et dominis, rectore, magistris, doctoribus totius universalis studii ibidem; et praeterea plurimis externarum Academiarum doctissimis viris; frequentissimoque tandem studiosorum iuvenum consessu; ex huiusmodi nihilominus praesertim auditorum corona honorabilius viris Ioanne Teuber Vueysman et Barptolomaeo Schaller Ernfridsdorfensi, Bambergensis et Misnensis diocesis laicis, testibus ad praemissa requisitis specialiter et rogatis.« (WA 59, 603,5370–604,5385).
153Johann Graumann, genannt Poliander; s. o. KGK 131 (Textstelle).
154Vgl. aus dem Pariser Druck der Leipziger Disputation (hier als B), fol. 91r–v (WA 59, 604,5987–5408) und auf fol. 92r, die ähnliche Erklärung Graumanns (WA 59, 604,5409–605,5430).
155Gess, Akten und Briefe 1, 100f. Nr. 134.
156Vgl. Gess, Akten und Briefe 1, 7 Nr. 11 Anm. 1.
157Gess, Akten und Briefe 1, 102f. Nr. 137, hier vor allem 103,1–7: »Die een roerende zeker proces en disputacien van den twee doctores jn theologie, die sich gesubmittert hebben an den rector, doctores en anderen herendes universiteyts te Paris, welcke proces en disputacien uwer G. beuel nae ic te Paris geschickt hebbe by eenen eerbairen priester, die aldaer mitten herren des universiteyts wol bekant es ende die sacke wol vytrichten sal.«
158Die Berufung einer Untersuchungskommission mit Professoren aus allen Fakultäten verstieß gegen die Entscheidung Herzog Georgs, nur Theologen und Kanonisten als Schiedsrichter zu genehmigen; vgl. KGK 130 (Textstelle).
159Gess, Akten und Briefe 1, 109 Nr. 145, hier vor allem 109,23–27.
160Gess, Akten und Briefe 1, 109,30–110,1 Nr. 145.
161Gess, Akten und Briefe 1, 110,1–5 Nr. 145.
162Gess, Akten und Briefe 1, 144–146 Nr. 182.
163Die Determinatio (1521) der Pariser Universität ist ediert in WA 8, 255–312. Zum historischen Hintergrund siehe die Einleitung zur Edition des Druckes der Leipziger Disputation zwischen Eck und Luther in WA 59, 428f.; siehe dazu Winter, Protokolle, hier vor allem 42f. Vgl. auch Bos, Luther Sorbonne.
164Vgl. Mosellanus an Pirckheimer, 3. 8. 1519 (Pirckheimer, Briefwechsel 4, 72,98–104 Nr. 614).
165Siehe Luther an Lang, 3. 9. 1519: »Miror, quid tardent Erfordienses vestri, R. P. Expectatur enim iudicium eorum, quanquam suspicor eos prudentius acturos, quam ut sese misceant alienis et odiosis causis istis.« (WA.B 1, 506,4–6 Nr. 196). Noch im Oktober wartete Luther beunruhigt auf eine Entscheidung; vgl. Luther an Lang, 16. 10. 1519: »Nova nulla, nisi Lipsensium invidiam indies gliscere; iactant iidem pro constanti, Erffordenses vestros tulisse sententiam contra nos pro Eccio; quod si ita est, proficiat vobis, quod vestri in alienam causam sine causa involvuntur.« (WA.B 1, 539,4–8 Nr. 212).
166Siehe Luther an Spalatin, 3. 12. 1519 (WA.B 1, 565,27f.).
167Vgl. Luther an Lang, 18. 12. 1519: »Placet tuos Erfordienses iudicium detrectasse. Iam enim et frustra disputatum est, et iudicatur vane a Parrhisiensibus, hoc est, campus aperitur in Romanum Antichristum loquendi, Deo propitio. […] Non satis intellexi quid velles, cum scriberes Graece, non sine magno tuo studio remissas disputationes Duci Georgio, et qua causa tui theologi et iureconsulti essent adeo ἀπόπληκτοι« (WA.B 1, 597,20–22 und 25–27 Nr. 232).
168Gess, Akten und Briefe 1, 113,13–29 Nr. 149: »[…] fruntliche bytte, dy angezeygten disputata vorgemelter doctora myt fleyße zu ubersehen, unser bedenken und declaration dorauf zu stellen etc., alles inhalts vornohmen. Und weren E. F. G. in dyesem und andern fellen nach allem unsern vorstand willig gewest, zu dyenen; wir befinden aber nach manchfaltigem gehaptem rate, das uns dyesfals dye gezenkte, so zwuschen obgemeltendoctora stehen und in der gehapten disputation furpracht seyn, zu entscheyden und unser erkentnysse ader declaration dorauf zu thun, nicht gepurhen wyll, dyweyl wyr derhalben von ynen myt eynmutiger bewilligunge in Schriften ader susten nicht angesucht. Als wyr glaupwirdig berichtet werden, sye unter sich selbst der stellunge ader bewilligunge nicht eynig seyn sollen. Dorzu so wolte uns nyt wol anstehen, unser universitet ingeleypte berumte und hochgelarte doctores der zweyer orden, prediger und Augustiner, apgleych auf uns das erkentnisse zu thun gewilliget, nach vermeldunge E. F. G. schrifte, auszuschlyßen und abzusundera.«.
169Gess, Akten und Briefe 1, 114f. Nr. 151.
170Ende Oktober hielt Eck die Veröffentlichung der offiziellen Akten der gesamten Disputation – mitsamt der Stellungnahme der (Pariser) Universität – mindestens für möglich; siehe Eck an Johann von Schleynitz, Bischof von Meißen, 28. 10. 1519: »[…] at edita olim disputatio, fidissimis notariis excepta, et felicis studii Parrhisini iudicium, manifestabit quam falsum dixerit arrogans frater. […] non aliud adduxerim argumentum, quam ex Hussiticis articulis hanc calumniosam scropham bene intelligunt domini Lipsenses et omnes futuri disputationis lectores. […] quaere Lipsiae, et audies de copia Carlstadii, non eruditionis, quae parva est, sed de copia praelegendi ex libris puerorum more. At detegetur et haec falsitas [bzw. Karlstadts] disputatione publicata. […]« (Eck, Briefwechsel, Nr. 96).
175Eck an Kurfürst Friedrich III., 8. 11. 1519: »Aber daß Ludder vor seinem Landsfürsten darf ohn Scham leugnen, als hätt er die heiligen Doctores nit verleugnet, zeuch ich mich auf der Notari Geschrift, und so D. Bodenstain ein Exemplar heimlich hinweg geführt hat zu Leypßig wider fürstlicher Rät und der Universität Bot […]« (Eck, Briefwechsel, Nr. 97).
176Eck an Jacobus Hoogstraeten, 24. Juli 1519: »Commisi ego Fratribus tui Ordinis, ut curent exemplar Disputationis exscribi, et ad te quam primum transmittant.« (Eck, Briefwechsel, Nr. 91).
178Eck war der erste, der den Wittenbergern vorwarf, gegen das Publikationsverbot zu verstoßen, indem er die Vertragsbestimmungen (nämlich, dass notarielle Protokolle nicht veröffentlicht werden dürften, bevor die Richter ihre Stellungnahme abgegeben hätten) auf die Veröffentlichung von privaten Berichten, auch in Form von – manchmal öffentlichen – Briefen über die Leipziger Disputation, anwendete. Eck warf Melanchthon schon am 25. Juli ausdrücklich vor, durch seinen Brief an Johannes Oekolampad vom 21. Juli 1519 (MBW.T 1, 132–141 Nr. 59) den Vertrag gebrochen zu haben; vgl. Eck, Excusatio (1519a), fol. B1v. Siehe auch die Antwort Melanchthons in seiner kurz danach erschienen Defensio contra Eckium (1519) in MWA 1, 15,21–39. Am 22. Juli hatte allerdings auch Eck dem Kurfürsten Friedrich III. einen Bericht gesandt, s. u. KGK 132 (Textstelle).
179Resolutiones Lutherianae super propositionibus suis Lipsiae disputatis (WA 2, 391–435) und hier siehe vor allem den Widmungsbrief an Spalatin (WA 2, 391–403).
181Siehe auch Luther, Catalogus (1533), fol. A5v: »Disputatio Lipsica excepta a notariis«. Der Eintrag in diesem – nicht immer zuverlässigen – Katalog könnte sich allerdings auf den Erfurter Druck der Disputationsakten beziehen.
183Widmungsbrief Luthers an Spalatin, 15. 8. 1519: »Persuasus vero sum, ubi haec [Resolutiones] viderit Eccius meus Eccianaque factio, statim vociferaturos esse, non servasse me fedus nec conventioni paruisse, ubi cautum est, ne disputatio invulgetur ante decretum iudicum, Quasi vero ullum pactum nobis unquam servaverint ipsi. Respondeo tamen, me convenisse, ne per nos disputatio evulgetur ea, quae manu Notariorum excepta est: caetera vero exemplaria, sicut permittebatur cuilibet sibi eadem colligendi potestas, quis prohibebit ne edantur? Sed esto, nec ipsa edantur, meum Notarii exemplar non edetur, pulchre ita servato pacto. Verum ne praeterea scriberem, non pepigi, immo palam protestatus sum, cum iniquioribus nostram libertatem conditionibus vexarent, ne praesumerent me taciturum: itaque nolo tacere.« (WA 2, 400,25–35).
184Vgl. nochmals Luthers Widmungsbrief an Spalatin in den Resolutiones: »Sed finge, me ita pepigisse, rogo, uter primo solvit pactum? Nonne Eccius, qui, ut audio, ampullosis et iniquissimis literis etiam Illustrissimum Principem et patronum nostrum […] corrumpere molitus est, pessima de me, quantum potuit, recensens, […].« (WA 2, 100,36–401,2). Zum Brief Ecks an Kfst. Friedrich III., siehe KGK 132.
185Vielleicht eine während der Disputation verfasste private Anschrift, wie Eck in seinem Brief an Jacobus Hoogstraeten andeutet; vgl. Eck an Jacobus Hoogstraeten, 24. 7. 1519, wo Eck drei Vorwürfe formuliert: Die Wittenberger hätten ihre Argumente ständig aus Büchern vorgelesen, sie hätten immer über eine Kopie der Disputation verfügt und konnten sich damit zu Hause besser auf die Diskussion vorbereiten, und sie wurden sowohl zu Hause als auch während der Disputation von mehreren Freunden (u. a. Johannes Lang und Philipp Melanchthon) unterstützt (Eck, Briefwechsel, Nr. 91). Die Wittenberger reisten sofort nach Ende der Disputation ab. Zu diesem Zeitpunkt konnte die Kollation der Protokolle, die Herstellung der endgültigen Reinschrift und die Anfertigung von offiziellen Abschriften für jeden der drei Disputanten (siehe die Vereinbarung, KGK 130) nicht fertig gewesen sein.
186Melanchthon an Spalatin, [Anfang August 1519]: »Salve, mi Spalatine. Transmitto tibi librum Disputationis Lipsicae universae, iudicaturo, non utri vicerint, sed utrorum caussa probior ac sincerior sit. Item Resolutiones conclusionis de potestate pontificia. Item Epistolam doctoris Martini praefigendam libro Resolutionum tibi dicando [vgl. KGK 131 (Anmerkung)], et Epistola meam [vgl. KGK 131 (Anmerkung)]. Ex his, spero, de caussa nostra nonnihil cognosces.« (MBW.T 1, 143,1–7 Nr. 61).
187Luther an Spalatin, [1. Drittel August 1519]: »Caeterum una omnes rogamus, ut exemplar Lipsicae disputationis huic tabellario reddas. Est, quo egeamus illo, ut suo videbis tempore. hoc ita oramus, ut non dubitemus te facturum.« (WA.B 1, 434,5–8 Nr. 190).
188In seiner Anfang September erschienenen Widerlegung des Widmungsbriefs Luthers an Spalatin vom 15. 8. 1519 (vgl. KGK 131 (Anmerkung)), schreibt Eck: »Scripsit D. Martinus, et nescio quos autores allegans: & quomodo potes hoc dicere Martine: qui semper domi habuistis copiam omnium/ quae notarii exceperant: ego autem toto tempore quo disputavimus, copiam eorum nunquam habui/ nec volui habere: De in quod iam Wittenbergae haec scripsisti: ubi exemplar poteras habere notarii vestri: qui contra iussum consiliariorum illustrissimi principis et almae universitatis id secum abstulit.« (Eck, Expurgatio (1519), fol. C2r). Hier bezieht sich Eck auf eine Passage in Luthers Widmungsbrief an Spalatin, hier in KGK 131 (Anmerkung). Die Wittenberger reisten unmittelbar nach Ende der Disputation ab, Eck blieb dagegen noch elf Tage in Leipzig. Während seines Aufenthalts war der Ingolstädter offenbar in der Lage, eine Abschrift der Disputation in Auftrag zu geben (vgl. KGK 131 (Anmerkung)). Genau diesen Punkt greift Luther in seiner im Oktober veröffentlichten Epistola super expurgatione Ecciana auf, WA 2, 706,27–35.
189Parallel zur direkten Kontroverse zwischen Eck und den Wittenbergern bezüglich der Leipziger Disputation und deren Ergebnissen, ereignete sich im Sommer–Herbst 1519 auch die scharfe Auseinandersetzung zwischen Luther und Hieronymus Emser, in die sich Eck ständig einschaltete. Bereits Mitte August 1519 erschien Emser, Epistola (1519a), in der die von Luther während der Disputation formulierten Äußerungen über die Böhmen dargelegt und kritisiert wurden. Luther antwortete Ende September mit seiner Ad aegocerotem Emserianum additio (WA 2, 658–679). Eck zögerte nicht, sich öffentlich an der Verteidigung Emsers zu beteiligen und veröffentlichte bereits Ende Oktober Eck, Pro Emser (1519), was wiederum die Reaktion der Augsburger Humanisten Bernhard Adelmann von Adelmansfelden und Oekolampad provozierte. Letzterer reagierte mit Oekolampad, Indocti Lutherani (1519) (zu dieser anonym erschienenen Schrift siehe Kaufmann, Anfang der Reformation, 367–376). In der Zwischenzeit hattte Emser auf Luthers Angriff Anfang November 1519 mit Emser, Assertio (1519) geantwortet. Luther berichtet Spalatin ausführlich über diese Auseinandersetzung in seinen Briefen zwischen September und Dezember 1519.
190Ab Oktober wird der Besitz der Protokolle und der damit verbundenen Schriften über die Leipziger Disputation nicht mehr als Verstoß gegen die Vereinbarung thematisiert. Auch gegen die Publikation der Disputationsakten im Erfurter Druck wird in der schriftlichen Auseinandersetzung zwischen Eck und den Wittenbergern ab Anfang 1520 nicht besonders polemisiert.
191Vielleicht im (heute verschollenen) Brief Langs, den Luther am 3. Dezember an Spalatin weiterleitete? Vgl. WA.B 1, 565,27f. Nr. 224.
192Luther an Lang, 18. 12. 1519: »Dispuationes impressas cura, ut quantocius habeamus« (WA.B 1, 597,14f. Nr. 232).
193Johannes Lang an Pirckheimer, 21. 12. 1519: »Lipsicam illam disceptationem, doctissime Bilibalde, ad tuam humanitatem mitto, quo tu quoque pro tua genuina prudentia iudices, quis horum trium pugilum sacris sit proprior.« (Pirckheimer, Briefwechsel 4, 155,4–7 Nr. 650).
195Vgl. WA.B 1, 589 Anm. 6 Nr. 232.
196Zu Johannes Lang (1487–1548) siehe BBKL 4, 1078 und RGG4 5, 68. Lang berichtete Luther regelmäßig über die Situation in Erfurt und die Nachspiele der Leipziger Disputation, s. o. KGK 131 (Anmerkung) und KGK 131 (Anmerkung).
197Einen regelmäßigen Briefaustauch unterhielt Lang nicht nur mit Luther, sondern auch mit Melanchthon, vgl. MBW.T 1, 62 Nr. 50.
198Siehe Clemen, Bericht, 46: »Confluxerant Erfordienses, […], d. Langius, vicarius per Saxoniam heremitarum, qui Luthero adhesit […]«.
200Seit Februar 1519 war Lang Dr. theol. in der theologische Fakultät.
201Siehe z. B. KGK 131 (Anmerkung). Jedoch liegt die Vermutung nahe, dass eher eine private Niederschrift der Disputation als die notariellen Protokolle als Vorlage des Erfurter Druckes diente.
202Zu Matthes Maler siehe Hase, Bibliographie, 51–88 und 214f. (Biographie) und Reske², Buchdrucker, 218. Siehe dazu Langer, Matthes Maler und Claus, Erfurter Drucke.
203Melanchthon veröffentlichte bereits im August 1519 bei Matthes Maler seine lateinische Übersetzung einer Osterpredigt Gregors von Nazianz (Hase, Bibliographie, 393 = G 3093), die er Johannes Staupitz widmete (vgl. MBW.T 1, 147f. Nr. 64). Ebenfalls 1519 wurden die von Melanchthon in Wittenberg bereits Mitte Oktober 1518 herausgegebene Epistola Pauli ad Titum (= B 5174) bei Matthes Maler nachgedruckt (Hase, Bibliographie, 395 = B 5175). Bei Matthes Maler erschien um 1519 auch ein Nachdruck von [Oekolampads] Canonicorum indoctorum Lutheranorum ad Johannem Eccium Responsio (Claus, Erfurter Drucke, 307 Nr. 11 = O 297) und ein Jahr später von [Pirckheimer] Eccius dedolatus (Hase, Bibliographie, 404 = C 5587). Dazu kamen ein Nachdruck der von Nikolaus von Amsdorf aus Luthers Predigten zusammengestellten, erstmals im März 1519 in Leipzig erschienenen Eine christliche Vorbetrachtung, so man will beten das heilige Vaterunser (ediert in WA 9, 220–225; Hase, Bibliographie, 384a = L 4211) und im Oktober 1519 ein Nachdruck von Erasmus’Paraclesis (Hase, Bibliographie, 59 Nr. 387 = E 3275). Am 10. Juli 1520 hatte Luther aus Leipzig ein Exemplar des gerade bei Maler erschienenen Eccius dedolatus erhalten und an Spalatin weitergeleitet (WA.B 2, 137,8f.). Es sei darüber hinaus darauf hingewiesen, dass Helius Eobanus Hessus (einer der Verfasser der Dunkelmännerbriefe) 1519 bei Maler ein Erasmus gewidmetes Werk veröffentlichte (Hase, Bibliographie, 394). Der Humanist Eobanus stand in engem freundlichen Kontakt sowohl zu Johannes Lang als auch zu Philipp Melanchthon, verfolgte mit großem Interesse die Leipziger Disputation von Ferne und sprach sich gerade im WS 1519 als Professor in Erfurt öffentlich gegen Eck und für Luther aus (Vredeveld, Helius Eobanus Hessus 4, 206–212).
208Karlstadt, Confutatio (1520), fol. A2v: »[…] actorum inspectione, (quae Lipsiae a notariis excepta et nunc impressa circumferuntur) constare potest cui vis lectori. […]« (= KGK III, Nr. 150).

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