Nr. 130
Vereinbarung zwischen Johannes Eck, Andreas Karlstadt und Martin Luther für die Leipziger Disputation
Leipzig, 1519, 26. Juni, 4. und 14. Juli

Text
Bearbeitet von Stefania Salvadori

Buchsymbol34r
aAuff Sontag noch Corporis Christi Anno etc. xix°a1/
ist durch dye hochgelarten Gestrengen und Wirdigen/
hern Johann Kochel doctor/ Canzler2/ Georgen von-
Widebach Amptman alhir zu Leypzkb/ Renthmeister3/
als furstliche vorordente Rethec/ und Rector4/ Magistri
und doctores diser loblichen universitet/ zwuschen den
wirdigen und hochgelarten hern Iohann Eckiod/
und hern Andrea Karolostadte der heyligen schrifftef
doctorng volginde abrede der disputation halbenh
beslosseni und auffgericht/


Nemlich dasj doctor Eckiusk erstlich wider dye Conclusiones
doctoris Karlstadtsl so vil er ym der den abend zuvornm zu-
schreyben wirdet/ opponirenn/ Darauff doctor Karlstadt
orespondiren sol; und volgenden tag sol doctor Karlstadto
wider pdoctoris Eckiip conclusiones so er ym den abend zuvornq
auch zuschreyben wirdet/ opponiren/ Darauff doctor
Eckiusr respondiren/ und also furder eynen tag umb
den andern biß zu ende der disputation procediren5/


Solche disputation als beyder teylsargumenta und
solutionest/ sollen durch vieru Notarien6 auffgeschrieben/
und zu ende der disputation kegenv einander collationirt/
auch eynem ydenwteylex eyn Exemplar derselbigeny gegeben
werden/doch der gestalt/ das solchez disputationes Buchsymbol34v
und derselbenaa Exemplar nichtab sollen Im druckac bracht/
odder sust publiciret werden/ Es sey dann das sich beyde
teylad eyns R〈i〉chtersaevoreynigtaf/ und desselbigenag spruch darauff
publiciret und eroffent werde7/


Deßgleichen sollen sich auch beyde teyl vor yrem abschiedt
des Richters voreynigen/ und dye Exemplar bey den
Renthmeister8 alhir Ingelegt werden/


Volgender weyse ist zwuschen doctor Iohann Eckio
und doctor Martino Luter der disputation halben
abgeredt und bewilligt/9


Doctor Ioannes Eckius und doctor Martinus Luther
haben yrer disputation halb Compromittirt und
bewilligt/ in maßen zuvor doctor Eckius und doctor
Karlstadt bewilligt und Compromiittirt10 haben/ und/
dye sunder Iniurien zuvorfuhren/ Doch so hat
doctor Martinus seyne appelation11/ dye er zuvorn vor-
gewendt/ als vil er des recht hat/ vorbehalten/
und nicht wollen fallen lassen/ Auch das dye acta
diser disputation nicht in Bebistlichen hoff/ auß ursachen Buchsymbol35r
yne bewegend/ darubir zuerkennen/ sollen geschigkt
werden/ So auch In diser disputation zwuschen berurten
doctoren yrrung vorfallen wurden/ sollen sie der herren
so alher vorordent/ weysung leyden/ Act'um' Montag
Udalrici Anno ut 'supra'12/


Als vormals angezeigt/ das dye berurten doctores sich
yrer disputation halben Richter voreynigen sollen/
haben sie nachfolgender maß gethan/ Als nemlich/
Doctor Ioannes Eckius und doctor Martinus Luter
haben bewilligt in dye zwue universiteten Paris
und Erffurdt/ Aber doctor Eckius und
doctor Karlstadt haben in dye universitet Erffurdt alleyne
bewilligt/ Und ob meher faculteten dann
dye doctores Theologie und Canonum auff solch yr
einbrengen erkennen sollen/ Sal in meyns g'nedigsten' hern
herzog Georgen zu Sachsen etc. gefallen gestelt seyn
und denselben mogen seyn f'urstliche' g'nade' solche acta zuschicken/
und haben weytter außgezogen13/ das zu solchem
erkentnis dye veter der zweyer orden Augustinensium
und predicatorum zu Erffurdt nicht sollen gebraucht
werden14/ Zu urkunde haben wir gnanten drey Buchsymbol35v
doctores uns mit unsern eygen handen unden an dise
schrifft/ underschrieben/ Geschehen zu Leypzk
Donnerstag noch Margarethe virginis Anno etc.
xvc° xix°15/


Ich Johann von Eck doctor etc. bekenne mit diser meiner aigen
handt geschrifft: das ich in obgemelt artikel/ wie sy hie verzeichent
sindt verwilligt hab: auch die angenommen: und denen wie sy
gebürt und billich ist, treulich leben will und volg thun
Act'um' zu leiptzig xiiii Julii Anno M. D. XIX.


Ich Endres Bodenstein doctor etc. bekan mit
dieser handtschrifft/ das ich/ wie obgemelt/
bewilligt/ und gelobt/ auch zukunfftiglich
geburlich halden und geleben/ Datum ut s'upra'.


Und ich D'octor'Martinus Luther bekenn auch
mit dißer meyn handschriften gleych den vorichen
herrn doctoren. Datum ut s'upra'


a-aAuff heut Sontag nach corporis christib
bLeipzigkb
crethb
decciob
eKarolstadtb
fgeschrifftb
gdoctorib
hgeschehenb
ibeschlossenb
jdas dasb
kecciusb
lKarolstadtb
mzuvoran auchb
noponirnb
o-ofehlt b
p-pdoctorem ecciumb
qzuvoranb
recciusb
stheilb
tsllutionesb
uiiiib
vgegenb
wiedemb
xtheilb
yderselbenb
zsulicheb
aaderselbigenb
abnitb
acdrugkb
adtheilb
aerichterb
afvereinigtb
agdesselbenb

126. Juni 1519.
2Johann Kochel aus Görlitz (Sachsen), Studium in Leipzig (Dr. utr. jur.); 1505–1507 Oberstadtschreiber, 1513–1523 albertinischer Kanzler; 1523–1524 Ordinarius der Juristenfakultät; 1523–1525 Syndikus des Leipziger Rates. Vgl. Schirmer, Herrschaftspraxis, 59.
3Georg von Wiedebach, aus Venusberg bei Marienberg. Als Türknecht von Herzog Albrecht verwaltete er die fürstliche Privatschatulle auf den Reisen und den Kriegszügen des Herzogs. 1491 heiratete er die Witwe des Jakob Blasbalg, Apollonia, gebürtig aus dem reichen Freiberger Patriziergeschlecht der Alnpeck. Im Frühjahr 1491 wurde Georg von Wiedebach albertinischer Landesrentmeister, ab 1494/95 war er Amtmann von Leipzig und bis zu seinem Tod (1524) verwaltete er auch die Rentkammerkasse. Zu ihm siehe Schirmer, Staatsfinanzen, 232f.
4Arnold Wöstefeldes von Lindau, Humanist und Professor in Leipzig; SS 1493 immatrikuliert in Leipzig und Promotion zum Bacc. art., WS 1498/99 Mag. art., 1506 aufgenommen in das Konzil der Fakultät, SS 1509 Dekan der artistischen Fakultät; SS 1507, SS 1519 und SS 1533 Rektor; zu ihm siehe Bauch, Leipziger Frühhumanismus, 412f.
5Hier sei darauf hingewiesen, dass jeder Disputator seine Thesen dem anderen am Abend zuvor mitteilen musste.
6Zu den Notaren der Leipziger Disputation siehe KGK 131 (Textstelle), KGK 131 (Textstelle) und KGK 131 (Textstelle).
10Sich verständigen, sich gegenseitig versprechen, aus dem lateinischen compromittere.
11Anrufung des nächsten höheren Gerichts zur Überprüfung einer Entscheidung. Vgl. 1, 268–271.
124. Juli 1519.
13In rechtlichen Verwahrformeln, ausgeschlossen.
1514. Juli 1519.

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