1. Überlieferung
Frühdrucke:
DEFENSIO ‖ Andreę Carolostadii ‖ aduersus ‖ Eximii .D. Ioannis Eckii theologię ‖ doctoris & ordinarii Ing: ‖ Monomachiā ‖ Patitur Carolostadius non modo Se: ‖ Ap: studiiqꝫ Ro: in Italia/ ‖ Parisie. in Gallia/ aut ‖ Coloniensis in Ger⸝‖mania iudiciū/ ‖ sed etiā sin⸝‖gulorū ‖ & ‖ omniū ‖ Qui dialogos, aduersus Pelagi: Hieronymi, atqꝫ Augusti: de ‖ peccatoꝶ meritis, de Spi: & Lit: de perfectione iusti: & cōtra ‖ Iulia: &c, libros, cęterorumqꝫ ecclesiasticoꝶ, Chrysostomi, ‖ Cypriani, Cyrilli, Hilarij, Ambro: Cassiani, Grego: Bernhar: ‖ Bedę volumina, non ex cauda, sed ab exordio, ad finē vsqꝫ, ‖ assumptę materię, & legerunt & intellexerunt, ‖
Wittenberg: Johann Rhau-Grunenberg, 1518.
4˚, 30 Bl., A4–F4, G6.
Editionsvorlage:
HAB Wolfenbüttel, H 55.4 4° Helmst. (4), Digitalisat.Weitere Exemplare: UB Würzburg, 2an Th.dp.q. 557 (= Freys/Barge, Verzeichnis, Nr. 10; auf fol. [G6]v andere hebräische Type und Vokalisierung als Freys/Barge, Verzeichnis, Nr. 11) — SUB Göttingen, H.E.E. 378/5:1 Rara. — BSB München, 4° Polem. 3340 (17) (= Freys/Barge, Verzeichnis, Nr. 11. Das Münchener Exemplar entstammt einer Sammelbindung Ecks [»Nr. 8«; Blattzählung: »262«–»292«] mit durchgehenden Randbemerkungen von ihm1. Auf dem Titelblatt eine handschriftliche Dedizierung von Otto Beckmann2 an Christoph Scheurl (»domi'no' Christofero Schewrlo Nurbergen'si' v'triusque' J'uris' doctori«), Digitalisat
Bibliographische Nachweise:
- VD 16 B 6138.
- Freys/Barge, Verzeichnis, Nr. 11 und Nr. 10.
- Zorzin, Flugschriftenautor, Nr. 8.
Der Drucker setzte die Thesen Ecks in einer etwas größeren Drucktype als die jeweils darauf folgenden Entgegnungen Karlstadts. Ab Bogen »E« begann der Drucker (wohl um Papier zu sparen) Ecks Thesen in eine kleinere Type als auf den vorhergehenden Bögen A–D zu setzen. Um in dem so entstehenden komprimierteren Druckbild den Beginn von Karlstadts Entgegnungen kenntlich zu machen, fügte er auf den Bögen E–G in den Schlusszeilen von Ecks Thesen etwas abgesetzt »Carol'ostadi'« ein.
o. T.
in:
Karlstadt, Andreas Bodenstein von
DO‣ AN‖DREAE CAROLOSTA‖dij & Archidiaconi VVitten=‖burgeñ. ccclxx & Apologeti=‖cæ conclusiones pro sacris ‖ literis & VVittenbur=‖geñ. compositæ. ‖ Eiusdem defensio aduersus Mo=‖nomachiam D. Ioannis Eckij ‖ Theologiæ doctoris. ‖ Inuenies deinde Epithome eius=‖dē de Impij iustificatione, quā ‖ non male ad inferos dedu=‖ctū reductūque uocaueris. ‖ [TE]
[Straßburg oder Schlettstadt]: [Schürer-Offizin], [1519], D3r–I5r.
4°, 58 Bl., A4–D4, E8, F4, G8, H4, I8, K6.
Editionsvorlage:
HAB Wolfenbüttel, 459 Theol 4° (8).Weitere Exemplare: BSB München, 4° Polem. 540 (17), Digitalisat — UB Marburg, XIXc B 719 (11).
Bibliographische Nachweise:
- VD 16 B 6139.
- Freys/Barge, Verzeichnis, Nr. 14.
- Zorzin, Flugschriftenautor, 8 [B].
- Köhler, Bibliographie, Nr. 1920.
Zu Druck B vgl. KGK 085. Der Schürersche Nachdruck der Defensio verzichtet auf eine Wiedergabe der Marginalien, die dem Wittenberger Erstdruck beigegeben sind. Nur in der Originalausgabe A finden sich die Angaben zu den etwa 200 in den laufenden Text eingeflochtenen Bibelstellen.
Editionen:
- Löscher, Reformations-Acta 2, 108–170.
- Walch2 18, Sp. 632–710 (dt. Übersetzung des von Löscher edierten Texts).
2. Inhalt und Entstehung
Auf die Thesen Karlstadts gegen ihn (vgl. KGK 088) hatte Johannes Eck mittels Gegenthesen eine Verteidigung seiner theologischen Position verfasst.3 Den drei Thesengruppen Karlstadts (insgesamt 109 Thesen), die Eck wiederum in seiner Schrift abdruckte4, stellte der Ingolstädter 43, 42 und 26 (insgesamt 111) Thesen entgegen. Außerdem forderte Eck auf dem Titelblatt seiner Entgegnung Karlstadt heraus, ihre theologischen Differenzen durch ein Urteil des Apostolischen Stuhls, bzw. Expertengremien der Universitäten in Rom, Paris oder Köln entscheiden zu lassen.5 Auf dem Titelblatt seiner Defensio akzeptiert Karlstadt diese Herausforderung6, vertraut sich aber ebenso »jedem einzelnen und allen« Lesern als urteilsbefugt an, welche die Werke einer Reihe dort angeführter Theologen der alten Kirche komplett »gelesen und verstanden« haben. Auch in der Schrift selbst wendet er sich an die Leser als kompetente Richter in seiner Auseinandersetzung mit Eck.7
Die Defensio gegen EcksMonomachia verfasste Karlstadt zwischen dem 28. August8 und dem 14. September 1518.9 Am 26. September teilte er Spalatin eine Verzögerung der Fertigstellung des Druckes mit.10 Auf die Defensio scheint sich Karlstadts Bemerkung in einem weiteren Brief an Spalatin vom 20. Oktober 1518 zu beziehen, er habe »apologeticam nostram« schon am 13. Oktober einem Boten zur Überbringung an Spalatin mitgegeben.11 Demzufolge wird der Druck der Defensio Anfang Oktober 1518 fertig gewesen sein.
Den griechischen Begriff des Einzelkämpferstreites (monomachia) verwendete Eck in einem Brief an den Wittenberger vom 28. Mai 1518 für desssen Kritik an ihm.12 Karlstadt bevorzugte für seine Thesen gegen Eck zu diesem Zeitpunkt die Bezeichnung apologia.13 Nach Erhalt von Ecks Verteidigung gegen ihn (am 28. August 1518) benutzte auch Karlstadt den Begriff monomachia für seinen literarischen Kampf mit Eck.14
In dieser zweiten Auseinandersetzung mit Eck widmet Karlstadt der Widerlegung dessen erster Gruppe von 43 Gegenthesen 38 Seiten, Ecks zweiter Gruppe von 42 Gegenthesen nur noch 17 Seiten. Ecks letzte Gruppe von 26 Gegenthesen will Karlstadt in den Erläuterungen seines Augustinkommentars widerlegen.15 Im Vordergrund der Debatte zwischen Karlstadt und Eck stehen die Themen rechter Bußpraxis, Vermögens bzw. Unvermögens menschlicher Willenskraft zu gutem Handeln und die Verbindlichkeit kirchlicher Bußstrafen. Karlstadt ändert seinen bisher von knappen Thesen geprägten Stil der literarischen Auseinandersetzung. In seiner Verteidigung gibt er Ecks beide ersten Gegenthesen-Gruppen wieder, versucht sie aber nun mit einer auf jede einzelne der Eckthesen folgenden Kommentierung zu widerlegen. An einer Stelle entwickelt sich Karlstadts Kommentierung sogar zu einer längeren, traktatartigen Darstellung seiner vornehmlich von Augustin und Bernhard von Clairvaux her entwickelten Kreuzestheologie.16 Damit fließen in diese im Kontext akademischer Disputationspraxis konzipierte Streitschrift Elemente aus Karlstadts zeitgleicher Predigttätigkeit ein. Als primären Leserkreis hat Karlstadt besonders seine Studenten im Blick.17 Für sie fügt er weiterführende, seine Position stärkende Belegstellen aus den Kirchenvätern und der Heiligen Schrift an.18 Mehrmals verweist er Eck auch auf seine »Erstlinge«, die 151 Conclusiones vom April 1517 (KGK 058) und dazu verfasster Explicationes.19 Karlstadts Argumentation in seinen Apologeticae Conclusiones (Mai/Juni 1518) mittels Belegen aus den liturgischen Gebeten der Kirche verteidigt er jetzt ausdrücklich.20 Den Rückgriff auf die Kollekten begründet Karlstadt damit, dass in ihnen eine 800 Jahre zurückreichende kirchlich geprägte Theologie zum Ausdruck kommt; sie stehe der Heiligen Schrift näher und sei bewährter als die knapp 400-jährige scholastische Theologie, auf die sich Eck berufe.21 Karlstadts argumentative Zusammenfügung von Kirchengebeten, einer Vielzahl biblischer Beweisstellen und Aussagen der Kirchenväter soll Ecks gegen die Wittenberger erhobenen Vorwurf, sie würden häretische Positionen vertreten, von Grund auf widerlegen.22
In seinen siebzehn für die Disputation mit Eck in Leipzig zusammengestellten Thesen greift Karlstadt auf die Defensio zurück; ausdrücklich verweist er die Leser am Ende derselben darauf.23