1. Überlieferung
Frühdrucke:
Voꝛſtandt des ꝛvoꝛts Pauli. ∥ Jch begeret ein voꝛbannter ſeyn ∥ von Chꝛiſto/ voꝛ meyne ∥ bꝛuͤder. Rhoma: 9. ∥ ꝛvas bann vnd achte. ∥ Andꝛes von Carolſtat. ∥ M. D. XXiiij. ∥ Jhen. ∥ ❧ ∥ [Am Ende:] ¶ Gedꝛuͤckt ʒů Jhen durch Michell ∥ Bůchfuͤrer. Anno. 1524. ∥
Jena: Michel Buchfürer, 1524.
4°, 8 Bl., A4–B4 (A1v leer).
Editionsvorlage:
HAB Wolfenbüttel, 258.14 Quod.(2).Weitere Exemplare: ULB Halle, Ii 3139(1). — UB Würzburg, Th.dp.q. 926. — RSB Zwickau, 16.11.8.(33).
Bibliographische Nachweise:
- VD 16 B 6212.
- Freys/Barge, Verzeichnis, Nr. 119.
- Zorzin, Flugschriftenautor, Nr. 58 A.
- Köhler, Bibliographie, Nr. 1926.
- Pegg, Copenhagen, Nr. 381.
Titelblatt ohne Einfassung und bis auf das Weinblatt am Schluss ohne Schmuck.
Verſtandt des woꝛts Pauli. ∥ Jch begeret ayn verbanter ſeyn ∥ Chꝛiſto/ für meyne brie⸗∥der. Roma. 9. ∥ Was bann vnnd achte. ∥ Andꝛeas von Carolſtat. ∥ M. D. XXıiij.
[Augsburg]: [Simprecht Ruff], 1524.
4°, 8 Bl., a1–b4 (b4v leer).
Editionsvorlage:
BSB München, 4° Exeg. 157 (Digitalisat).Weitere Exemplare: SB-PK Berlin, Cu 1360 R. — ULB Halle, Vg 540,QK. — ÖNB Wien, 40.N.107. — RFB Wittenberg, EKU 625.
Bibliographische Nachweise:
- VD 16 B 6211.
- Freys/Barge, Verzeichnis, Nr. 120.
- Zorzin, Flugschriftenautor, Nr. 58B.
- Köhler, Bibliographie, Nr. 1925.
- Pegg, Belgium and Netherlands, Nr. 299.
- Pegg, Great Britain, Nr. 250.
- Pegg, Lindesiana, Nr. 108.
- Pegg, Strasbourg, Nr. 358.
- Pegg, Swiss Libraries, Nr. 429.
Titelblatt ohne Einfassung und Schmuck. Der Druck ist orthographisch different von A (»herab« statt »heraber«, »wo« statt »wa«, »obs« statt »abs«, »leuge« statt »liege«, »bezeuget« statt »betzeyget«).
Literatur:
- Barge, Karlstadt 2, 42–45; 73.
- Pater, Karlstadt, 61–63; 145.
- Sider, Karlstadt, 179f.; 256; 265; 273f.; 286f.
- Zorzin, Flugschriftenautor, 100; 156.
- Joestel, Neue Erkenntnisse, 133–136.
- Looß, Bann, 9–12.
- Evener, Enemies, 191f.
2. Entstehung und Inhalt
Die Schrift gehört in die Reihe der in Orlamünde entstandenen Schriften Karlstadts, die Ende 1523 / Anfang 1524 in rascher Folge bei Michel Buchfürer in Jena erschienen.1Karlstadt versuchte, durch Etablierung einer Offizin in Jena der Zensur zu entgehen. Doch sandte Luther, nachdem ihm Gerüchte über die Publikationstätigkeit zu Ohren gekommen waren, am 14. Januar 1524 eine Bitte an den kursächsischen Kanzler Gregor Brück, weitere Veröffentlichungen Karlstadts zu unterbinden.2 Schließlich gelte das Mandat des Reichsregiments vom 6. März 1523, das allein die Predigt des Evangeliums erlaubte, die Bücher der neuen Lehre dagegen einer Zensur unterwarf und Drucker wie Prediger einer Überwachung unterstellte,3 auch für Karlstadt. Somit scheint Buchfürers Drucktätigkeit für Karlstadt bereits Ende Januar beendet worden zu sein.
Der Traktat präsentiert Anfragen von Laien an den Prediger Karlstadt und dessen Antworten als Praxis des Gottesdienstes in Orlamünde in Form einer sogenannten collatio (Zusammenkunft, das Zusammentragen), einem theologischen Diskussionsforum für Laien, das Karlstadt in seiner Gemeinde einführte.4 Es handelt sich um eine weitgehende Exegese des paulinischen Satzes Röm 9,3: »Ich begerte ein Anathema oder vorbannter seyn/ von Christo fuͤr meine bruͤder.«5 Dabei wehrt Karlstadt die seiner Ansicht nach falsche Interpretation ab, dass es besser sei, gegen Gottes Gebote zu verstoßen als gegen die Liebe zu den Brüdern bzw. als unter diesen ein Ärgernis zu erregen. Damit kann der Traktat einerseits eine verspätete Reaktion auf LuthersInvokavitpredigten vom März 1522 gewesen sein (ohne Luther namentlich zu erwähnen), in denen Karlstadt beschuldigt wurde, ein solches Ärgernis bei den Schwachen erregt zu haben.6 Andererseits hatte Melanchthon im Sommer 1522 seine Annotationen zum Römerbrief veröffentlicht und diese Bibelstelle auf solche Weise ausgelegt, dass Paulus sich Gottes Willen überantwortet, auch wenn er von diesem verdammt sei.7 Zugleich scheint eine Orlamündercollatio ihre Ursache in der generellen Unsicherheit der Gemeinde hinsichtlich der Interpretation der Bibelstelle gehabt zu haben.8
Dem Werk vorangestellt ist eine Einleitung, die den Problemgegenstand, die Fehlinterpretation von Röm 9,3, vorstellt und erörtert. Dieser folgen Abschnitte zur literalen und spiritualen Exegese der Textstelle. Daran schließen sich Begriffsbestimmungen bzw. Worterklärungen mit Rückgriff auf den biblisch-hebräischen und den deutschen Bannbegriff (herem und Acht) an. Die abschließende Interpretation bezieht die Umstände der Rede und ihren Kontext im Sinne der circumstantia-Lehre ein.
Die Argumentation setzt mit der Absolutsetzung der Wahrheit und Autorität der Heiligen Schrift ein, denn sollte Paulus die Aussage im Sinne der Gegner gemeint haben, würde der Apostel selbst nicht mit der Bibel übereinstimmen. Christus fordere die Nachfolge, sein Schwert trenne gottlose Brüder ab. Zudem würde diese Fehlinterpretation dem im Vaterunser geforderten Gehorsam gegen Gott zuwiderlaufen.9 Bannkraft gegen die Gottlosen besitze jeder Christ, der geistlich wahr im Einklang mit Gottes Wort urteilt.10
Karlstadt würde also im Falle einer Inkohärenz der Aussagen des Paulus mit der Bibel selbst dessen Heiligkeit nicht verschonen,11 tatsächlich aber werde Paulus durch die »Welt« (d.h. Wittenberg) in grauenhafter Weise fehlinterpretiert. Um die Korrektheit seiner Exegese im literalen Sinn zu bestätigen, übersetzt Karlstadt daher am Ende des einleitenden Abschnitts die betreffenden Verse Röm 9,1–3 und interpretiert sie einzeln.12Paulus lüge nicht, sondern spricht in der Wahrheit, wenn er angibt, die Juden zu Gott führen zu wollen, doch habe er Angst, dass er dies nicht vermag.
Angesichts der Aussage des Paulus, dass ihn keine Kraft von Gottes Liebe zu scheiden vermag,13 bleibe die Frage, warum er »ein vorbanter begert zu seyn/ von Christo«.14 Es müsse daher der über den literalen hinausweisende geistliche Sinn erforscht werden, der an dieser Stelle aber nicht tief verborgen sei.15Paulus gehe es um die Seligkeit der Juden, denen Gott – neben vielen Wohltaten und ihrer Erhebung über alle Völker – mit Christus seine Liebe gesandt habe, doch haben sie in ihrer Schuld am Tod Christi undankbar auf die Gunst, Gottes Liebe anzunehmen, verzichtet. Das innere Kreuz sei reiner als jedes der Götzendiener;16 es ist der Schmerz, der aus der göttlichen Liebe fließe.17
Um dem Sinn näher zu kommen, liefert Karlstadt Erklärungen des Wortes »Anathema«18 als Weihopfer19 einerseits und als Ausschluss bzw. Bannung andererseits. Demnach würde sich Paulus lieber als Weihopfer aufgehängt im Tempel sehen als die Verstocktheit der (jüdischen) Brüder zu erleben. Dies sei das Gegenteil einer Abscheidung von Christus, dessen Kreuz man nachfolgen solle, indem das eigene Selbst zu lassen sei.20 Die Äußerung des Paulus, dass er sich im Schmerz um seine Brüder zum Anathema machen ließe, parallelisiert Karlstadt mit Gal 3,13 und der Vermaledeiung Jesu am Kreuz in der Übernahme der Sünden der Menschheit.21 Als Verbannter wie der für die Welt vermaledeite Christus will Paulus die Juden zu Gott ziehen. Wahre Christen hätten Hohn und Spott eines Verbannten in Christo zu erleiden. Diejenigen, die Gottes Geist haben, würden zu Gott geführt und könnten nicht mehr ohne noch gegen ihn sein.22 Christus spricht in Paulus (Röm 9,1), sodass er nichts gegen Gottes Willen tun und nicht wie ein »Christloser« leben könne; er begehrt gar zu sterben, um mit Christus eins zu sein, allerdings in der von Christus geforderten Haltung.23 Doch er will auch niemandem »etwas nachlassen/ in eynem widerchristlichen wesen zuͤ bleyben«.24
Die Gemeinschaft mit denjenigen, die gegen Gott leben, sei verboten,25 womit der zweite Teil der Worterklärung ins Spiel kommt. Der biblische Bann richtete sich gegen diejenigen, die gegen das göttliche Gesetz handelten und gegen die Feinde Israels. Eine Bannung könne allein in göttlichen Dingen erfolgen, wenn jemand sich gegen Gottes Gesetz oder von ihm abgeschieden habe.26 Dafür sei eine genaue Prüfung und Kenntnis des Willens Gottes wie des jeweiligen Tatbestands notwendig.27 Das hebräische Wort für Bann, herem28, habe als ursprüngliche Bedeutung »töten, vertilgen, verwüsten«. Davon ausgehend sei der Bann ein gerichtliches Urteil und nie leichtfertig zu vergeben.29 Um eine Tötung des Täters zu rechtfertigen, müssten Sünden und Missetat sehr gravierend sein. Der Begriff der Acht wiederum bedeutet sein Gegenteil: der Geächtete sei ohne Achtung und nur noch zum Verderbnis nütze.30 Laut mosaischem Gesetz solle alles, was dem Gebannten zugehörig sei, vernichtet werden. Ein von Gott Verbannter werde demnach als Person und mit seinen Gütern von der Erde getilgt.31 Dies könne kaum Paulus' Wunsch gewesen sein, selbst unter teuflischer Einflüsterung nicht.32
Karlstadt bringt eine weitere Interpretationsmöglichkeit ein, die möglicherweise während der in der Gemeinde abgehaltenen Diskussion aufgetaucht war. Spielte Paulus etwa auf das von Moses genannte Buch des Lebens an, aus dem er von Gott zu tilgen sei (2. Mose 32,32)?33 Zur Beantwortung dieser Frage müsse zuerst festgehalten werden, dass unsicher sei, was Moses mit diesem Buch meinte, zumal ihm Gott widersprach: nur der werde aus seinem Buch getilgt, der gesündigt habe.34 Offensichtlich habe also Moses eine Bitte gegen den Willen Gottes erhoben, ganz anders als Paulus, der – Karlstadt bezieht sich nun auf 2. Kor 12,7–9 – um die Entfernung des teuflischen Stachels im Fleisch gebeten habe, was von Gott freilich auch abschlägig beschieden worden sei.35
In der einzigen direkten Ansprache seines – vermutlich Orlamünder – Diskussionspartners36 erläutert Karlstadt, dass Paulus keineswegs auf die Barmherzigkeit Christi verzichten, sondern im Gegenteil seine (jüdischen) Brüder zu ihr hinführen wolle. Daher seien bei der Exegese Ursachen und Umstände der Rede zu beachten, die nicht ihres Kontextes entkleidet und verbogen werden dürfe.37 Im deutlichen Unterschied zu den Gebeten der Gottesgenossen (Joh 4,23) betete Paulus eben nicht, sondern wünschte. Der Wunsch aber entstand aus der Wahrheit Gottes und des Heiligen Geistes, da Paulus die Wahrheit bekannte (Röm 9,1). Mit der gleichen Haltung wie Paulus – sich zum Opfer machen zu wollen – sollte der gläubige Christ Gott gehorchen.38 Am Ende wendet Karlstadt das Argument. Er wünsche sich, ein von der Welt und seinen Mitbrüdern abgeschiedener Verbannter in Christo zu sein.39 Diese Form der Verbannung von der Welt ist nichts anderes als eine Chiffre für die Abkehr vom Eigenen, dem Selbst bzw. dem Sich, in Gelassenheit.40
Mit der Kontextualisierung und dem Bezug auf die Redeumstände der Paulusworte über den Wunsch, gebannt zu sein (Röm 9,1–3), die im Schmerz über die Abwendung der Juden von Christus fielen, wendet Karlstadt eine historische Interpretation der Bibel an. Theologisch aber steigert er seine in zeitnah verfassten Schriften41 geäußerten Überlegungen zur Gelassenheit als Gehorsam gegenüber dem göttlichen Willen in der Hinsicht, dass daraus eine Preisgabe aller religiösen Instanzen, die sich der Verbindung der Seele mit Gott entgegenstellen, folgt. Karlstadt wendet sich gegen einen wörtlichen Biblizismus und vertritt das exegetische Prinzip des inneren Sinns,42 doch sollen die dem Christen von Gott – im mystischen Verständnis – eingeflossenen Dinge mit dem Zeugnis der Heiligen Schrift autoritativ in literaler und historisch-kontextueller Exegese abgeglichen werden.43 Ziel ist die Gott- bzw. Christusförmigkeit des Gläubigen, d.h. seine »Verheiligung«, die zur obersten religiösen Instanz erhoben wird. Der mystische Gedanke der forma Dei erlangt Vorrang vor dem Lutherschen Rechtfertigungs- und Imputationsdenken.44
Eine zentrale Aussage der Schrift besteht in der Ablehnung der Auffassung, dass man sich aus Gründen der christlichen Nächstenliebe eher dem Fluch oder Bann Gottes aussetzen solle, als die in falscher Lehre verharrenden Mitbrüder zur Abkehr von ihren Irrtümern zu bewegen.45 Ohne ihn namentlich zu erwähnen,46 ist höchstwahrscheinlich Luther der Adressat dieser Argumentation, der sich einerseits für die Schonung der Schwachen eingesetzt,47 andererseits für die Anwendung des »Kleinen Banns« plädiert hatte, der im Ausschluss vom Abendmahl, dem Verbot der Übernahme eines Patenamtes, der Verweigerung von Trauung und Begräbnis, jedoch nicht im Ausschluss von der Predigt bestand.48 Für Karlstadt ist der Bann ein äußeres, ethisches Mittel, um den göttlichen Willen im irdischen Leben zu erfüllen und nach göttlichem Gebot zu leben und zu handeln.49 Er orientiert sich bei der Ausformung des Banns am Alten Testament. Verworfene sollten »auß [der] gemeinschafft der heyligen gestossen«, »weder sein person/ noch seine gu[e]tter« geschont werden. Mit den Gottlosen könne es keine Gemeinschaft geben.50 Doch lehnt Karlstadt die Tötung von Abtrünnigen und Gottlosen ab, denn Christus sei das Schwert, nicht die Kirche.51 Daher dürfe es keinen Ausschluss aus der Gemeinde wegen Kleinigkeiten (»umb irgent eyner sunde will«) geben, sondern nur aus das Göttliche betreffenden Gründen zur Reinhaltung der Gemeinde und zur ethischen Erziehung der Christen zu neuen Menschen.52 Wer aber den Bann verkünden solle, die Geistlichkeit oder weltliche Gerichte, lässt Karlstadt offen.53
Die Gemeindediskussion über die Interpretation der Bibelstelle Röm 9,3, wie sie die vorliegende Schrift abbildet, gehörte zu den Collationes, die Karlstadt in Orlamünde abhielt. Als Gesprächsrunde zwischen Prediger und Laien dienten sie der Vertiefung des Glaubens und waren zugleich Ausdruck der Mündigkeit der Laien in Glaubensfragen.54 Dass sie praktiziert wurden und das religiöse Selbstbewusstsein der Laien prägten, zeigt das Auftreten der Orlamünder Bürger im Glaubensgespräch bei Luthers Visitation in ihrer Stadt am 24. August 1524.55Karlstadt arbeitete mit Hilfe der Collationes an der Idee einer teilnehmenden Gemeinde.56 Bereits in der Schrift Selig ohne Fürbitte Marias (KGK VI, Nr. 244) vertrat er das Recht der Laien, Predigten zu unterbrechen.57 In Ursachen seines Stillschweigens und von rechter Berufung (KGK VI, Nr. 248) heißt es über die Gemeinde im Zusammenhang mit dem Gleichnis von den anvertrauten Talenten (Mt 25,14–30): »Einer bedarff auch des anderen.«58 Jedes Gemeindeglied möge entsprechend seinen Gaben an der Verkündigung teilnehmen.59
Der in diesem Traktat aufgeworfenen Problematik, ob das Gebot der Nächstenliebe der Liebe zu und dem Gehorsam gegen Gott vorzuziehen sei und wie beide Liebesgebote gegeneinander austariert werden müssen, hatte sich Karlstadt bereits in einer am 4. Oktober 1523 gehaltenen Predigt gewidmet, die im November 1524 unter dem Titel Von den zwei höchsten Geboten der Liebe (KGK VI, Nr. 247) im Druck erschien. Mit der Frage des Banns beschäftigte sich schon die in Joachimsthal gehaltene Predigt am Michaelistag (KGK V, Nr. 232). Das größte Ärgernis (scandalon) bestehe in der falschen christlichen Lehre, der bei fehlender Besserung ein Kirchenausschluss zu folgen habe.60 Die Rechtfertigung liege im Absterben des eigenen Willens und in der Erlangung der Gelassenheit.61 Diese Konzeption entfaltete Karlstadt ausführlich in den im Frühjahr 1523 erschienenen Schriften Von Mannigfaltigkeit des Willens Gottes (KGK VI, Nr. 239) und Was gesagt ist: Sich gelassen (KGK VI, Nr. 241).
Zur gleichen Zeit wurde die Bannfrage in den Gemeinden in Thüringen virulent.62Martin Reinhart, der sich seit Sommer 1522 in verschiedenen Auseinandersetzungen mit den Jenaer Dominikanern befand, veröffentlichte am 7. Dezember 1523 eine Schrift gegen die Mönche.63 Darin forderte er ihre Bestrafung wegen falscher Predigt64 und ließ sie wegen falscher Lehre und Praxis im Namen der Gemeinde durch den Prediger bannen, was freilich Gott geboten habe.65Reinharts Bannvorschriften ähneln noch der mittelalterlichen Praxis. Neben einem ethisch-pädagogischen Ziel der Reinigung der Kirchengemeinde werden auch antiklerikale Komponenten wirksam gewesen sein.66 Es ist zu vermuten, dass diese Jenaer Vorgänge Karlstadts Niederschrift beeinflussten.67