Nr. 233
Ein Sermon vom Stand der christgläubigen Seelen, von Abrahams Schoß und vom Fegefeuer der abgeschiedenen Seelen
[[Wittenberg?], 1522, 2. November?]

Text
Bearbeitet von Harald BollbuckNiklas Henning
BuchsymbolA1r

Ein Sermon
Vom Standa der
Christglaubigen seelen
von Abrahams schoß
und fegfeur/ der ab-
geschydnen
seelen.b
Doctor Andreas Boden-stainc von Karlstadt.d


BuchsymbolA1v

Wolffgang kuch1 dem Christlichen leser.

Christlicher leser/ du seyst wer du wollest/ so du folgende predig/
mit dem urteyl des gaysts/ christlichem hertzen und gemuͤt/ wir-
dest lesen und ansehen.
/ Welche/ ob sie gleych nicht fast2 mit hoͤfeli-
chen geschmůgten/ geferbten3 unnd weltweysen4 worten gezyrt. Ist sie
dennest5/ mit vollem/ reichen/ einfeltigen geyst und verstandt der schrifft
uberflüssig begabt/ Darauß du/ sonder zweyfel wirdest/ den stande
christglaubigere selen/ die schoß Abrae6 und das fegefeuer.7 Auch wie
fern wol von unsern vorfarn und hochgelerten/ hyrinn8 widder gottis
willen gestrebt/ all ir nachfolger bißher gestraucht9 unnd geyrrt ha-
ben/ erlernen und ermessen/ Dann das arme/ elende/ unselige freß und
geytzfolck/ muͤnchf und pfaffen/ welcher etliche dem verstandt irer
blinden zurrisseng vernunfft dem falschen untuͤchtigen lichte und ho-
hen kunst.h Etlich dem geltsuchtigen fraß und ubermůtigemi eergeytz.
Die andern auß unwissenheit der schrifft/ auß einfeltiger/ wolmay-
nung/ und auß bloͤdigkeit oder forcht der geystlichen obrikaitj/ dem gro-
sen hauffen der spitzhuͤdt10 und larven11/ nachgefolgt/ den standt und
wesen christlicher abgescheydner selen/ arm elend unnd erbarmlich/
die schoß Abrae oder hymelpfordt hardt und enge/12 das fegfeuer ma-
terlich unnd heyß gemacht/ damit den gemeynen man/ vom trost in
traurigkait/ von Abraams schoß in Lucifers rachen/ mit iren vigil-
ien/ seelmessen/ lichtbrennen/ opfern/ reuchenk13 und sprengen/ gefurtl
und abgeleytet/ so sie doch billicher/ das arm einfeltig unnd unvers-
tendigk volck/ sich nicht umb ire freundt in Christo verstorben/ zů-
bekuͤmmern in dem wort gottis solten getrostm haben/ wie du dann fer-
nern klaͤrer und besser auß folgender predig wirst anhoͤren/ und dich
hynfuͤrter vil unnuͤtzer unnd unnoͤtiger fragen und bekoͤmmernuß/
dem gewissen beschwerlicho/ entledigen/ Gott geb unns allen seynen
geyst unnd gnad Amenp.

BuchsymbolA2r

qS. Paulus in der i. Epistel Thesr. iiii.q14

Ich will nicht brüders (spricht Paulus) das ir unwissend seyt/
von denen die entschlaffen sein/ uff das ir euch nicht betruͤbt
wie die andern sich betruͤben/ die kain hoffnung tragen. Dann so
wir gleuben das Christus gestorben unnd aufferstanden ist/ Alsot wirdt
auch got die/ so durch Christum entschlaffen sein/ mit im furen. Dann
das sag wir euch im wortt gottis/ das wir/ die lebendig unnd uber-
bleyben werdenn/ in der zůkunfft des herren/ mit nichte werden für-
kommen/ die/ so geschlaffen haben/ Wann warumb der herr selbst wirt
vom hymel absteygen/ im geheyß und stym eines ertzengels/ unnd der
busaunen15 gottis/ und als dann werden die in Christo verstorben/ erst-
lich auffstehen/ uDarnach werden wir lebendige und uberbehaltne16
menschen/
u zůgleich mit den aufferstanden enzuckt/ unnd im gewül-
cken Christo entgegen kommen/ also allzeit mit dem herren bleyben.
Derhalben troͤst einer den andern in diesen wortten.v17 Das ist die epi-
stel/ welche die vormeynte Christliche kirche den Selen zu hilff unnd
trost gestatt zulesen und zusingen. Dieselbige epistel helt zweyerley
sententz oder urteyl in sich/ Einen denw sie in Sonderheit wil beschliessen/
Den andern der begriffen und verborgen ist. Der erst steht hie in/
das wir sollen wissen/ das wir unsere freund/ sovil ir in Christo ver-
storben/ werden widerumb haben. Derwegen sollen wir nicht betruͤbt
werden/ als die jhenen/ so keinen bewůstx haben von der aufferstehung〈.〉
Dann ir solt wissen (spricht Paulus) das ir mit den verstorben in chri-
sto werdet auffgezukt und Christo entgegen kommen/ und stets mit dem
herren bleyben.18 Ist das nicht ein mechtiger und getreuer trost/ wel-
cher moͤcht sich bekuͤmern oder betrüben umb seinen gleubigen va-
ter oder mutter/ umb sein liebes weyb/ gehorsame kinder/ oder umb
andere freunde? wann er ein solche froliche und hochschetzige hoff-
nung hat/ das er weyßy und verstehet/ das er nicht allein seine freundt
widerumb wirt erlangen/ sonder das er darzu mit seinen freunden
wirt im gewulcken auffgezuckt/ und Christo entgegen faren/ unnd
ewiglich neben jenen/ mit dem herren Jesu Christo bleyben/ das ist
ein guldener gewunschter trost/ welchen ein Christ dem ander soll
verkuͤndigen. Nun moͤcht einer fragen/ welche die andern werden
fürkomen/ Darauff spricht Paulus und antwort in einem wort got-
tis/ Also/ Wir lebendige werden die verstorbene in Christo nit fürfa-
ren oder ubereylen19 in der gegenfart20 zů Christo/ sonder es wirt also zů
BuchsymbolA2v gehn. Der herr wirt im geheyß unnd stym eines ertzengels kommen/
und in einer busaůnen vom hymel absteygen/ und werden alßdann
die verstorben in Christo widerumb auff stehen.21 Darnach werden
wir auch zugleych mit jhenen auffgezuckt22 etc. Doz hoͤretaa ir freundt
gottis/ in welcher form/ maß und weyß/ das auffwecken werd gesche-
hen/ nemlich in einer stym und gedoͤne dadurch wirt got sein alme-
chtige sterck und macht beweysen/ und anzeygung thun/ das er der
alt got23 ist/ welcher alle ding in seinem wort wircket/ schafft/ bewegt
helt und ordnet/ wie er wil/ und wann er wil. Darumb ists ein uppi-
ge sorg unnd bekomerniß/ das mann vil fragtab/ wie das auffwecken
werd geschehen/ Wann die solche frag thůn/ die vergessen goͤtlicher
macht/ unnd wollen nit betrachten/ das got die umblauffende hy-
mel und gantze welt/ engel und menschen/ mit seinem wort hat ge-
schaffen/ Da got sprach. Es soll werden der hymel/ da ward der hy-
mel. Deßgleychen hat er gesagt/ das creaturn sollen werden/ und es
seindt creaturn worden.24 Dergleychen hat Christus zů den teuffeln ge-
sagt/ Geht auß/ und sie seindt außgangen.25 Er hat bey der statt Na-
ym gesprochen/ zů dem son einer witben/ Ich sag dir steh auff/ und
er stundt schnell auff/ saß unnd redt Luce 7.26 Er sprach zů Lazaro/
Kům herfur/ und er wurdtac lebendig Joan. 11.27 Der exempel haben wir
vil/ auß welchen wir uns solcher unnuͤtzer sorg und frag solten bil-
lich entladen/ und nicht disputirn wie es mag geschehen/ es wer dann
das wir von got wolten gelart werden in rechter warhafftiger de-
můt unnd gelassenheit28/ wie Ezechiel zů dem herren sprach. Herr du
weyst es/ Das sprach Ezechiel als yn got angreyff und füret/ inad ein
weyt feldt/ das voller dürren weyssen gepeyn lag/ und furet den Eze-
chielem im kreyßae umbher fragende. Meynestu/ das dise dürre kno-
chen widerumb lebendig werden?af Darauff antwort Ezechiel/ Herre
du weyst es. Darnach sagt got. du solt disen gepeynen vorkundigen
dise rede und sagen. Ir durren knochen ader29 gepeyn/ vernempt gotis
wort/ das hat got der her den knochen gesagt. Nemet war/ ich werde
in euch einen geyst senden/ und ir werdet lebendig werden. Ich werd
euch adernag geben/ und machen〈/〉 das fleisch auff euch wirt wachsen/
und ich werd euch mit einer haudt uberziehen/ und einen geyst ge-
ben/ und ir werdet leben und wissen das ich der herr bin. Unnd ich
prophetisirt/ als mir der herr ahhett gebotenah (sagt Ezechiel) und als ich
verkundigt/ da wurde ein schall oder gedraͤsch30/ und darzů ein bewe-
gniß/ und gingen peyn31 zů peynen/ ein yeglichs zů seinem glyd/ und
BuchsymbolA3r als ich mich fernerai umbsahe/ da sach32 ich adern und das fleisch auff-
geen und ein außgestreckte haut uberherr33/ aber sie hetten alßdann key-
nen geyst/ Und got sprach zů mir (spricht Ezechiel) prophetisiraj
dem windt/ und red also. Got hat gesagt/ der geyst sol von den vier
winden komen/ und in dise todten plasen/ auff das sie lebendig wer-
den/ und ich hab gepredigt (spricht volgendt Ezechiel) als mir bevol-
hen/ und ist der geyst in die toden gangen/ und sie seindt lebendig wor-
den/ und auff iren füssen gestanden/ und derselbigen was ein grose
mechtige schar/ Ezechielis 37.34 Sehet da/ wie in schlechten Worten ey-
nes menschen (durch welchen got redet) die weyssen duͤrren knochen
adern/ fleisch/ haut/ seel und leben entpfangen haben. Solt es dan un-
muͤglich sein/ das ein geystlicher engel gottis in einer stymm und geheiß
gotis/ die todten nit moͤcht aufwecken und zusamen pringen/ got ist nichts
unmoͤglich.35 Das aber got solche werck/ durch creaturischen gehor-
sam36 zuwegen brengt/ ist im nichts von noͤten37/ geschicht aber uns zů
einer sicher erfarung des glaubens/ den wir zů got haben. Got ver-
moͤcht mit einem athem die todten alle sampt auffwecken/ Ja mit ei-
nem gedancken ins leben und aufferstehung fügen/ Jdoch wil er es
thůnak/ in geheyß und stym eines ertzengels. Darumb sollen wir wey-
ter nicht fragen/ wir haben vil noͤtiger erfragung/ dann solch uppige〈/〉
die ich uppig und unnuͤtz nenne/ wan sie leichtfertiglich gescheen/
sonst nicht/ ursach. Hettenal die Corinthier nit gefragt welcher gestalt
wir aufferstehn wurden/ wer das vorblieben das Paulus sagt/ Die
todten werden in einem augenblick/ und im gesang der busaunen/ un-
ersterblich auffstehn/ Denn diser vorgengklich leib můß sich mit un-
vergengklickeitam bekleyden/ und der sterblich leichnam muß an sich ne-
men/ ziehen unnd rafeln38 die unsterblickeit/ unnd alßdann/ wirt der
stachel des todes zů grundt unnd boden vorschwinden〈.〉 i. Chor. 15.39
Dise leuterung moͤcht in der feddern vorblibenan sein/ wann die Co-
rinthier Paulum nicht hetten gefragt/ Demnach wil ich hitzige fra-
gen unvorboten haben/ so radt von got wirt begert. Jdoch ist das
das gestrackt unnd fürtreflichst urteyl oder Sententz Pauli in der
heutigen Epistelnao40 (als mann redt) das wir unns umb willen ob-
vermelter schetzap und reichtumb nicht sollen betruͤben/ so uns unsere
liebe fruͤndt absterben/ wann sie werden widerumb uffstehen/ die in
Christo entschlaffen seint/ unnd werden in einem bessern wesen auff-
stehen/ unnd bey unns alle zeyt mit dem herren sein Amen. Das sagt
Paulus zů den/ so Christen seind/ und Christliche bruͤder oder freun-
BuchsymbolA3vde verloren haben/ von den fleischlichen/ und von den/ so eynander
im fleisch lieben/ hat Paulus wenig zůthun/ wann in Christo lauter
geyst ist. Also müssen auch alle und yede den geyst Christi haben/ die
Christen sein wollen/ am fleisch ist in nicht gelegen.41 Der Ander
und heymlich begriffen innhalt/ oder vorstandt obbemelter Epistel
ist/ das wir uns von wegen der todten oder verstorbenaq in Christo/
nicht sollen bekůmmern/ als die jhenen/ so keine hoffnung haben/
dann wir haben freundtar/ welche durch Christum Jesum entschlaf-
fen und verstorben seind. Dieweyl nůn ir todt ein teuer hochschetzig
und kostlich ding in den augen gottis ist/ als die schrifft sagt/ sollen
wir mit nichte traurig unnd betruͤbt sein/ sonder uns hoͤchlichen er-
freuen/42 das sie got von dem leib und kercker hat erloͤset/ der sie gefan-
gen hielt/ unnd gefengklich ins gesetz der sünden furet. Roma. 7.43 Der
sie alhie vermittelst der hymlischen einfluͤß vilfeldigklich verhindert
und von allem gůten gezogen/ und zů dem boͤsen genaigt hat/ dar-
umb solten wir uns mit den unsern/ in Christo verstorben/ hertzlich
erfreuen/ dan sie seind durch Jesum entschlaffen/ unnd schlummen
so lang/ byß sie got durch Jesum zů sich wirt fuͤren unnd prengen/
das ist ein begriffneras heymlicher sententz oder urteyl/ in der Epistel
Pauli/ damit wir uns einer den andern trosten sollen. Nichts dester
weniger můß ich auff beydeat sententz sagen/ das die tollen Pfaffen/
Baͤpste und Bischoffe/ alle warheitau vorkert und umbgewendt haben〈.〉
Dann sie haben uns leren lassen/ das wir betruͤbt sein sollen/ wider das
das Paulus spricht. Brüder/ ich wil nicht das ir euch betrübt/ als
die jhene/ so keine hoffnung haben44/ Wir legen den Paulum auß wie
wir moͤgen/ dannest45 spricht er/ Ir solt euch nit koͤmern und betrüben/
als die jhene/ so keine hoffnung haben etc. Wir haben hoffnung das
unsere abgestorbne freundt in Christo verstorben seind (wann den ver-
storben ausserhalb Christo mag kein huͤlff ye geschehen/ als die histor-
ien von dem reichen berürt/ wie dann unden folgendt angezeygt) und
hoffen darzů/ das sie in Christo schlaffen/ wie Lazarus in der schoß
Abrae schliff46/
und wissen/ das sie nicht todt vor gottis augen seind/
sonder lebendig/ dieweyl got kein got der verstorben oder todten ist.
Luce 20.47 Auch wissen wir/ das sie Christus im letzten tage wirt auff-
wecken/ und bey sich behalten/ wes halben moͤchts gesein/ das wir
uns soltenav betruͤben? Aderaw48 das wir sie aus dem standt wolten brengen〈/〉
der besser ist dann unser standt? Warumb wolten wir derhalben meß
stifften/ vigilien und metten singen/ und gelt außgeben/ das den seelen
BuchsymbolA4r zů abbrůch ires Standes moͤcht gereichen/ welchen sie von hertzen
gern haben/ und wunschen uns/ und biten got für uns/ das wir zů
inen komen/ und in rechter senlicher lieb und vorlanglicher49 begerung
nach got rueten50?
Ist es nicht ein teuflisch sach/ das wir uns also ef-
fen51 lassen und am narren seyl furen/ das wir die unsinnigen pfaffen
und moͤnchen/ hoͤren also platernax52/ gebt gelt/ brenetay liecht und opffert/
helfft den armen selen/ loͤsetaz sie auß irem fegfeuer/ gleich alsba solche
hilff/ den armen selen nůtz und gůt wer/53 und gefiel in/ das sie auß irer
senlichen begerung nach got/ solten gesetzt werden in ein kuͤle und un-
senliche begerung. Ader54 ob die selen wolten/ das ir hitzige und brinnen-
de begerung nach got/55 solt gelindert und kuͤler werden. Die selen in Je-
sum abgeschiden/ wollen und begeren/ das ir stat56 und wesen von tag
zů tag mer und hitziger werd/ solang biß sie gereinigt werden.
Eya
wol ein freund wer der gewest/ der Lazarum auß der schoß Abrae
het wollen erloͤsen/ darein alle menschen begern und eylen solten. Wir
haltens mit keinen selen/ dann mit den jhenen/ so durch Jesum Chri-
stum entschlaffen sein/ Mit den vordampten vermoͤgen wir nichts
handeln/ wir koͤnnen sie/ weder mit wasser/ mit opfer/ noch mit mes-
sen erquicken
/ dann es ist ein solcher underscheyd zwischen jhenen und
uns/ das wir zů jhenen/ weder mit hilft/ noch mit radt moͤgen kom-
men/ als der figurirt Abraam spricht Luce 16.57 Nun dieweyl hulff/
radt/ weyß und wege abgeschnitten sein/ duͤrffen uns die wanwitzi-
gen gleyßner58 nit eingeben/ das wir denselben selen sollen zů hilff kom-
men. Weyl wir aber auch die selen in der schoß Abrae ligende (ader59
durch Christum entschlaffen) nicht in ein geringerebb oder kuͤlere bege-
rung sollen brengen/ folget stracks/ das alles thůnbc meß/ opffer/ gelt〈/〉
gůt oder testament unnuͤtz ist/ das wir denselbigen selen zů gůt ver-
schuͤtten. Ich wil geren geschweygen/ das wir nichts anders von
got solten bitten/ dann das er wil/ und wann wir wolten anders bitten
dann got wil/ so wer unser gebet widder got und boͤß/ darumb sollen
wir nit wollen noch biten/ das die selen ehr in ein besser wesen genom-
men werden/ denn got wil und wolgefelt.bd Auch wil ich yetzt vorhalden
das die selen alle ire gebrechen/ mangel und sund/ welche sie dort haben
durch ein feuer bessern und abfegen60 (von welchen ich sagen werd) und
nicht durch unser furbit und wann wir daruͤber wolten biten/ wurt uns
Christus sagen/ als er zů den sonen Zebedei sagt. Ir wist nicht/ was
ir bittet61/ und wurdbe unser gebet billich von got voracht werden/ das
ich yetz laß berůhen. Nach dem wollen wir besehenbf/ was die in Chri-
Buchsymbol fehltsto verstorben haben/ des wir uns sollen erfreuen.bg Mich bedunckt
das dise wort Christi alhie in sonderm fleiß sein zůmercken/ die er ge-
lert. Also/ Welcher mein fleisch isset/ und mein blůt trinckt/ der bleybt
in mir/ und ich in ime/ und als mich der lebendig vater hat gesandt und
geschickt/ und ich leb umbs vatern willen/ also ist es/ welcher mich is-
set/ der lebet von meinet wegen Joann. 6.62 Christus sagt〈/〉 das alle men-
schen/ die sein fleisch essen und sein blůt trincken/ in sein natůr/ art〈/〉 leben〈/〉
weis und wesen werden vorwandelt/ also/ das ir leben nicht mehr ir
leben bleybt/ sonder ein leben Christi wirdt/ das sie warhafftigklichbh
moͤgen sprechen/ Ich lebe nit/ sonder Christus der lebt in mirbi Gal. 2.bj63
Unser leben geet zů poden und grundt nider/ und wechst das leben chri-
sti auff. Nun wie sie Christum essen/ also vorsterben sie durch Chri-
stum. Die Christum essen/ die leben umb Christus willen/ und haben
den einwonendembk geyst Christi in irem hertzen/ der ire seel hat leben-
dig gmacht/ und den leyp kuͤnfftiglich auch wirdt lebendig machen.
Demnach sein die verstorben durch Christum in warhafftigem leben〈/〉
wesen/ weysen/ und in der art Christi/ Doch einer mer/ dann der ander/
darnach einer ein pfundt empfangen/ oder mit empfangnen pfundt
sehr arbeit/64 darnach komet einer in die tieff/ breyt/ weyt oder hohe chri-
sti〈.〉65 Ephes. 3.66 Alhie die Christum essen/ das ist/ die seine krefft und schetzbl
erlangen/ die haben das leben/ und werden aufferweckt von Christo
Joan. 6.67 Welche aber Christum nicht essen/ die haben kein leben in
inen/ sie haben wol ein fleischlich/ betrieglich/ vorgengklich lebenn/
aber das geistlich/ warhafftig und ewig leben/ haben sie nicht/ darumb
das sie Christum nicht essen/ das ist/ darumbbm das sie Christus nicht
im grund irer selen68 speiset und neretbn. So aber yemandt Christum in
warhafftigem leben annymbt/ der hat das ewig leben/ Derhalben
wirt er in ewigkeit nicht sterben/ Joan. 6.69 das ist/ welcher in dem her-
ren Jesu Christo lebet und glaubt/ der wirt nicht sterben in ewigkeit/
Wenn er aber gleich stirbt/ dannest lebt er/ nach dem Christus spricht〈/〉
Welcher in mich gleubt der lebt/ ob er glichbo gestorben ist/ und ein yeg-
licher der in mich glaubt unnd lebt der wirt in ewigkeit nicht sterben
Joan. 6. xj.70 Sihe wie der geist oder die seel mer ist/ bpdann der leyb ader71
fleisch/ also ist das leben der selen besser und edler/
bp dann das leben des
fleischs/ und gleicher weiß das vorgenglich gůt/ für nichts wirdt ge-
schatztbq/ wann es dem ewigen und unvorgengklichen gůt vergleicht
wirt/ Also wirt das fleischlich und vorgenglich leben unsers leibs fur
nichts geschatztbr/ und der todt des leibes fur keinen todt gerechnet/ da-
BuchsymbolB1rrumb sprichtbs Christus/ welcher in mich glaubt der lebet/ ob er gleych
tod ist/ was ist das anders geredt/ dann welcher nach dem flaisch
todt ist/ der ist lebendig im gaist/ unnd hat das warhafftig/ ewig le-
ben/ das nymer in ewigkait vorgeht/ Es wirt woll besser und hoͤher/
und nympt zů/72 aber es vergeht nicht/ es wirt weder erger noch nider-
er/73 derwegen ist es ein ewig leben/ als Jesus von Nazareth spricht
Joan. 6.74 Welche in dem leben Christi stehn/ das ist/ welche Christo
leben und in got gebornbt sein/ das sein die lebendigen/ davon Christus
sagt. Got ist nicht ein got der todten/ sonder der lebendigen.75 Abraham
Isaac und Jacob etc. waren todt/ dennest76 lebten sie/ und der herr war
ir got/ und bleybt ir got/ und wirt sie derhalben im letztenbu tag auffwecken
und machen aufferstehn/ das sie das ewig leben haben〈.〉 Joannis. 6.77
Das edel und ewig leben fechtbv78 hie an/ dann ein yeglicher der in Chri-
stum Jesum glaubt/ der hat bereyt das schoͤn kostlichbw und hymlisch
leben/79 stirbet er also/ leiplich in dem selben leben/ das ist/ geht er leip-
lich ab/ und vorharret in dem leben/ so mag er in ewigkait nicht vor-
derben/ sonder er rastet und růhet in Christo Jesubx/ und wirtby im das leben
ein suͤsser schlaff. Derhalben spricht Paulus billich80/ das wir uns nit
sollen betruͤben umb willen unser abgestorben freundt/ denn sie sein in
Christo Jesu entschlaffen und verstorben/81 ir tod ist fast kostparlich in
den augen gottis/ dieweyl ir leben treflicher und kostlicher geworden ist
durch abkleydungbz82 irer beschwerlichen leichnam/ alhie mustu orden-
lich mercken. Zům ersten/ was das ewig leben ist/ Darnach drey-
erley underscheyd des selbigen lebens lernen. Das ewig leben steht
in dem/ das sie den waren got allein erkennen/ und den geschickten Je-
sum Christum Joan. 17.83 Diß erkentniß gottis geschieht nicht in der
vernunfft/ oder in dem falschen natuͤrlichen lichte/ als die grossenca do-
ctores von got disputirn/ sonder im grund der selen84/
in goͤtlichem un-
betriglichem lichte/ und macht den menschen einen freundt gottis/ dann
es voreint die sele got dem herren/85 als Christus sagt. Ich heiß euch
itzt meine freund/ derhalben/ das ich euch die ding offenbar hab ge-
macht/ welche ich von meinem vater gehoͤrt hab〈.〉 Joan. 15.86 Derwe-
gen bitt auch Christus für die allein/ die sein wort annemen/ und war-
lich erkennen das er vom vater außgangen ist. Joan. 17.87 Also ist das
ewig leben ein warhafftig erkennen gottis und Christi/ welchs der geist
allein eingibt und leret/ wann er sich mit der sele vereint und ein dingk
wirt
. Das selbe leben hat drey weyte grad/ Nemlich alhie einen in di-
sem elende. Einen nach dem abschyd der selen vom leib/ und vor dem
BuchsymbolB1v eingangk in hymel. Den dritten im hymel. Alhie erkennen wir got und
christum im finsterniß/ und wundern von dem herren. Im andern
grad erkennen sie got/ gleich als die sonne in der morgen roͤdt (so88 sie
auffgehet) und von uns gesehen wirt/ Im dritten grad/ sehen sie gotcb
gleich sam wir die klare sonne am hellen lichten mittag sehen.
89 Im er-
sten stat90 oder grad ist vilfeltig finsterniß und verhinderniß/ Unnser
sterblicher leib beschwert die sele/ das sie sich nicht wol auffschwin-
gen mag/ und strebet alle augenplick widder den geyst/ So der geyst
gůte gedancken/ willen oder werck vernimpt
/ baldcc bricht das fleisch
mit seinen boͤsen gedancken/ willen unnd wercken auch herfürcd/ und
macht das der geyst sein werck nicht kan ins wesen pringen
/ Gal. 6.
Roma. 7.91 Wil der geyst gar glauben/ vertrauen/ got forchten oder
lieben/ so hebt das fleisch bald an zů zabbeln/ zweyffeln/ hassen/ miß-
trauen/ oder vor creaturischen dingen forchten/ und setzt sich gestren-
glich widder den geyst/ Unser flaisch hat ein sündt unnd boßhait in
sichce stecken/ welche allezeyt zů dem ergsten und boͤsisten zeucht〈.〉 Ro. 7
Gene. 8.92 Nun uber das ist die sele/ von wegen ires leibes/ den hymli-
schen einflussen und zůfelligen dingen underworffen/ yetz belust93 sich
der leib und seel in creaturn/ yetz hat siecf schmertzen/ und sovil zůfell/ das
einer den andern linder und klainer macht. Sihe/ wann einem die zene
wee thůn/ so fület er denselben schmertzen woll und sehr/ feltcg im aber
auch ein annderch kranckheit für/ als ein hitzige plattern94 am pain/ So
wayß er nicht ciwelche schmertzenci am hoͤchsten ist/ Also wirdt auch
das ewig leben hie selten recht geschmeckt von wegen der vilfeldigen
zůfell und verhindernis/ das ich warhafftiglich moͤcht sagen/ wir ha-
ben das leben Christi in uns allein in hitziger begerung/ und nicht im
wesen. Idoch hoff ich/ das man ir vil moͤg finden/ die vastcj95 hoch
sein in christformigen leben/ und Christus willen haben/ Gleich als
wol achte ich das ir vil mer sein die begereten sterben/ und mit Christo
leben/ dann die sagen doͤrffen/ Es lebet in mir Christus/ welche seufft-
zen manigfeltiglich beschwert/ wann sie in irem fleisch/ als in einem
kerker gefengklich ligen/ und on auffhoͤren sich nach einem andern le-
ben senen und verlangen.96 Durch fleischlichen und todtlichen abgang
(so die sele iren beschwerenden leyb verlest) fallen mit ab alle verhin-
dernis des flaischs/ Seintemal das flaisch mit seinen begirden/ kreff-
ten und anfechtung ist begraben/ und wirt das ewig leben/ durch Je-
sum Christum untzelicher weyse/ rayner lichter/ gesamleter/ volkom-
licher/ dann es alhie gewesen ist. Derhalben moͤcht einer mit recht sa-
BuchsymbolB2rgen/ Selig sein die todten/ welch in dem herren verstorben sein/ der
geyst spricht/ das sie hinfür růhen sollen von iren arbetenck/ und ir werck97
sollen in nachvolgen Apoc'alypsi' 14
.98 Warumb sein sie selig? Darumb das
ir ewig leben/ weniger finsternis und mindere verhindernis hat/ dann
es alhie im flaisch het. Derwegen sollen wir uns mit nichte umb unser
verstorbene freund in Christo bekoͤmern und betrüben/ sonder mehr er-
freuen/ das sie der manigfeltigen buͤrden und hinderlichen arbeten en-
tzogen/ und auß irem gefengnis erloͤst sein. Ir werck volgen inen nach
wenn das feuer urteilet ire werck/ und verbrendt den alle wercke die hol-
tzig/ heuisch oder stůpelich sein99/ wie ich sagen werdcl/ Selig sein sie/
das in nach der dunckel und finstern nacht/ die sonne in dem auffgang
als in der morgenroͤdt scheynet/ das in der tag Christi morgens zůko-
men ist/ Selig sein sie/ das in ir boͤß gifftigscm flaisch kein boͤse gedan-
cken/ kainen eygen willen/ kainen lůst in wercken oder creatůrn mehr
zůschyeben kann/ Nun aber sein sie selig/ warumb sprechtcn ir pfaffen/
die selen sein unselig/ in jamer/ in elend/ in sunden? Ir stand/ leben/ und
wesen/ ist besser dann unnser/ wiewol ich sie aller sunde nit ledig zele.
Sie sein in starckerco und hitziger senlickait oder verlangen/ und sein gern
drinn. Warumb wolt ir sie kuͤlen? Je hitziger und hefftiger ir leben ist/
ye nehr100 sie zů dem allerlauterstem ewigem leben nahen/ gleichsam
das licht des auffgangs/ wie vil mer es dem mittag nahet/ ye lichter
und klerercp es wirt/ von dem zůnahen/ wolt ir sie zů ruck ziehen/ mit eu-
ern refrigeriis101. O o pfaffen/ sie sein selig/ das sie in dem herren verstor-
ben sein/ und ir todt ist kostparlich vor gottis augen/ welchercq teuffel
hat euch erlaubt/ selen unselig schatzencr/ und iren todt gering oder un-
schetzig machen/ Sie haben ein ewig leben/ und sein nicht tod vor got
und ir leben ist heuffiger und volkomlicher worden in irem standt/ den
wolt ir/ mit euern seelmessen/ vigilien/ opffern/ weyrachen/ lichten/
fasten/ und klappern/ myndern/ und sie wunschten uns/ das wir bey incs
weren/ und hetten die schetz und reichtuͤmer Christi auch fur augen in
einem frutag102. Von dem dritten grad des ewigen lebens wil ich yetz
nicht sagen/ dann ich hab furgenomen vom stand/ leben und wesen der
Christglaubigen selen zů sagen. Demnach ist zůmercken/ das der se-
len standt zwifaltig ist/ Etliche faren in die flammen/ als der reich
man fůr/ Etliche werden in die schoß Abraham getragen als Laza-
rus.103 Welche ins feur faren/ den vermoͤgen wir weder mit rat/ mit ge-
bet/ půß/ noch that zůhilff kommen/ als oben gemelt ist. Derhalben
sagt Abraham. Es ist ein grose fern zwischen uns und euch/ das wir
BuchsymbolB2v zů euch nicht gen oder komen vermoͤgen/ Auch mag niemand von
euch/ zů uns komen. Luce 16.104 Derwegen bittestu verdambter/ umb
sonst wir konden dir nicht raten oder helffen/ so kanstu auch nit hilff〈/〉
rath ader105 that von uns holen/ Demnach ist dein geschrey umb sonst
und unnůtz/ du hast dich auch aller hilff follig106 und verlustig/ und aller
hilff unbegreiflich107 gemacht. Seintemal du im leben gůte tag und lu-
stig leben gehabt hast/ Gleicher weyß/ sprechen alle auserwelte zů den
verthümptenct108/ und erbarmen gar nicht uber iren elend und erbarmliche
qualung/109 Es hat auch der Pabst nie dorffen sagen/ das wir durch
furbit/ gůte werck/ rathe oder tate/ solichen vertümptencu zůhilff kom-
men/ und gebraucht darzů dise schrifft. In der helle110 ist kein erloͤsung/
auß diesem grundt dorffen die pfaffen auch nicht sagen/ das sie den
verthumptencv selen ire ampte der vigilien oder messen nachhalten/ ob
die verthumptencw gleich schreyen. Miseremini mei saltem vos amici
mei etc.111 Wann der reich auch zů Abraham schraycx/ und nent in nicht ei-
nen schlechten frund/ sonder einen vater/ sagend. O vater Abraham
erbarm dich meiner etc.112 Darab mag mennigklich abnemen/ wie der
Pabst und pfaffen/ cyzůvor ancy die monchencz die heilig geschrifft brechenda
und martern/ und suchen hilff/ farb/ mantel/ oder behelff irer kůnst/ in
dem da kein hilff/ farb/ mantel oder behelff vorhanden ist.db Die an-
dern selen/ so in die schoß Abrae gefurt sein/ oder gefurt werden/ die
sein/ oder werden sein/ in der stat113 des trostes/ das leret Abraham mit
hellen worten/ sagende. Lazarus hat in seinem leben ubel gelyden/
darumb wirt er nun und yetz getrost.114 Es ist ye war/ das warhafftige
Christen alhie ein arbetsams und beschwerts leben haben/ dann weil sie
got lieb hat/ so strafft er sie mit seiner růten. Prover. 3. Heb. 12.115 Alle die
guͤtlich in Christodc begern zuleben/ die můssen verfolgung leydenn.
Auch můssen sie ir creutz alle tag tragen/ darauß mennigklich ver-
stehtdd/ das ein yeder Christ in disem leben das ubel/ boͤß/ peen oder be-
drugk leydet. Aber so er von disem leben scheydet/ fiert er als dann/ in
die stat116 und leben/ des trosts/ als Abraham spricht/ oder in růede/ als in
Apoca'lypsi' steht/117 und fület oder brufftdf118 der muͤhen und arbeiten nichts mer/
sonder er hat vollen trost/ Nun darumb wolt ich gern einen sehen/
der sagen dorfft/ das der selen standt und leben erbermlich und trostloß
sey? Oder das nicht besser sey/ dann unser stand und leben? Abraham
spricht ye das Lazarus alhie das ubel empfangen habdg/ aber im leben
und stand der selen sey er getrost. Wenn ich auch die schoß Abrahe er-
forschen kondt/ und erwegen/ was sein schoß bedeut unnd anzaigt/
BuchsymbolB3r wurd ich ungezweyfelt/ das edel und trostlich wesen der selen (durch
Christum abgescheyden) gruͤndtlicher vernemen.

Von der schoß Abrahe.dh

Ich acht das die schoß Abrahe/ ein stat119 oder stelldi sey/ seiner geberen-
der und samlicher120 krafft/ Wenn ich die geberende krafft Abrahe/ anfah
ermessen/ find ich/ das sie ubernatůrlich gewest ist/ von gott in son-
derheit verliehen/ und im starcken glauben Abrahe empfangen ist/ das
auch alle sone Abrahe/ sone des glaubens und verheischung sein ge-
nent/121 Auch das alle die in seiner schoß liegen/ son auß got geborn sein.
Abraham was hundert jar alt/ und sein weyb Sara 90. Gene. 17.122 als
im Got den son Isaac verhiesch/ was123 aber ein solchs alter nicht so
unfruchtbar und hertdj zůgeberen/ das es warlich moͤcht steynen ver-
gleicht werden/ und das einer warlich kondtdk reden. Isaac ist auß ei-
nem felß gehauen/ und alle die in Abrahams schoß ligen/ die sein auß
einem herten felß gebrochen Esaie 51.124 Nun dieweyl die gebůrt aller
selen (so in der schoß Abrahe getrostdl sein) von got ist/ und sie sein sone
der verheischung/ volgt/ das die schoß Abrahe ein begriff und stat125
ist/ der glaubigen/ und das allein die glaubigen selen drinn liegen unnd
schlaffen/ welche durch Christum entschlaffen sein. Es folgt auch〈/〉
das sie getrostdm sein/ und sein dem samendn Abrahe gebenedeyt/ der chri-
stus Jesus ist/126 und wirt ferner volgen/ das wir uns mit den getrostendo
selen/ troͤsten/ mit den froͤlichendp erfreuen sollen. Auch folgt/ das sie
unser huͤlff/ unnsers rats nicht beduͤrffen/ dann sie sein in hoher weyß-
hait/ und mehr wircklicher krafft/ dann wir sein. Auch wirt mer volgen〈/〉
das ir lieb/ gerechtigkait und erkentnis scherfferdq ist/ und weniger man-
gel hat/ danndr unsere lieb/ gerechtickait und erkentnis/ wenn dieds selen ye
weder vom flaisch/ noch durch arbeit/ noch zůfellen verhindert wer-
den/ als wir in disem leben verhindert sein. 2. Corint. 5.127 und ist ir ewig
leben (welches alle glaubige durch Christum haben) gruͤner und plu-
ender/ dann unnsers/ das wir alhie erlangen moͤgen/ wie moͤchten sie
dann umb hoͤlff/ radt und barmhertzigkait an uns schreyen/ das mer
den vertuͤmpten128 oder tollen selen zůstet/ als die wort des reichen auß-
weysen〈.〉 Luce 16.129 In der samlichen schoß Abrahe sein allein behalten
die auß got (uber alle natuͤrliche macht) geborn sein/ diedt das ewig le-
ben alhie in seiner weiß entpfangen haben/ durch den glauben in chri-
stum Jesum
.du Darumb leben sie/ und sein nicht tod/ darumb schlaffen
sie und růhen in dem trost/ welcher die gantze welt getrostdv hat/ dar-
BuchsymbolB3vumb sein sie selig/ und vom elende gefürt/ das ist von der schoß Abrae
gesagt/ welche got anfieng zůerfüllen/ als er sprach zů Abraham/ Sih
auff die stern am hymel/ also soll dein samdw werden/ Gene. 15.130 Got er
erfült Abrahams schoß eer mit gerechtigkait/ weißhait/ lieb/ und senli-
cher begerung nach got/ dann er Abrahams schoß voller kinder macht〈.〉
Alle die auß der schoß Abrahe geborn werden/ die sein sone der gere-
chtigkait/ weyßhait/ lieb gottis/ und vor allem sone der verlanglickait
und senlickait nach got.131 Auch fert kain seel/ in die schoß Abrahe/ dann
die auß ir geborn und herkomen ist/
das ist das Christus sagt/ welcher
in mich glaubt der wirt nicht sterben/ sonder er hat das ewig leben132/
oder ich gebdx wasser zůtrincken/ welchs/ ins ewig leben sprengtdy/133 So
auch einer Abrahams schoß darauß wolt betrachten/ das er den tag
unsers herren Jesu Christi gesehen hat Joan. 8.134 und das ein man vol-
ler tage und gutes frids gewest/ der moͤcht sagen/ das die selen in seiner
schoß Christum im auffgeenden tag sehen/ und das sie in gůtem frid
sein/ und voller jar allzeit/ darob er nichts minder schliessen kondt/ das
der selen standt und leben/ klarer/ schoͤner/ besser/ edler und geystlicher
dann unser stand und leben ist/ und das abermals unser leben/ ein yemer-
lichdz und elendes leben ist.

Vom fegfeur der menschen und
abgeschyedenea selen.

Mann pflegteb zů reden〈/〉 das die selen (so durch Christum abgescheyden
unnd entschlaffen sein) im fegfeuer liegen/ aber man brengt kainen
grundt der schrifften/ das also sey/ so ist in auch die historien vom la-
zaro135/ solchen rednern/ entgegen/ Seintemal allein die vertuͤmptenec136 se-
len/ in die flammen faren/ und die glaubigen in die stat137 des trostes/ der
gerechtigkait/ wie oben berůrt. Auch ist wider die selben/ das zwo
stet138 oder stend sein der selen/ unnd das kein feuer ist gefunden in der
schoß Abrahe/ Demnached glaub ich nicht/ das die glaubigen selen
durch flammen oder feuer gequelt werdenn. Bevor an ist mir un-
glaublich/ das die selen in materlichem139 oder elementischem feuer sol-
ten sitzen.140 Darumb verlaß ich diese ungegruͤnte141 rede. Doch wil ich
nicht vermeynenee/ das der heylig geyst/ das boͤß und gůt volck zeyten
einem holtz/ und gottis wort einem feuer vergleicht/ Nach dem Je-
remias spricht/ Nym war/ ich geb mein wort in deinen mundt zů ei-
nem feuer/ und das volck zů holtz/ und es wirt sie verzerenef〈.〉 Jere. 5.142 Ein
BuchsymbolB4r solchs holtz ward darnach Jeremias/ unnd ein solchs feuer wardt
gottis wort in ime/ Dann das wort gottis wurdeg im hertzen Jeremie
als ein auffprullendteh und rotblickendt feuer/ und verbrant den Jeremi-
am/ so durr/ das er es nicht lenger erleyden moͤcht/ Jere. 20.143 Das wort
gottis ist uber die massen brennende/ Heb. 4. und durchgeht gepain
und marck/ und teylt den geyst von der selen/144 wann es von got im grundt
der selen und gůtem acker auffgeht/145 dann so es im glauben ist angeno-
men/ was ist es anders/ dann das feuer/ das Christus geschickt hat/
das brennen soll/ Luce 12.ei146 Es gebirtej senlickait/ lieb/ gerechtigkait/
weißhait und neuhait des menschen/ solt es dann nit brennen/ anzün-
den/ fegen und reynigen? Demnach moͤcht ich verlanglickait/ unnd
verzerende senlickait nach got (welche auß dem lebendigen wort go-
tis komen) ein fegfeuer haissen/ und sagen/ das die brennende und hitzi-
ge begerung nach got/147 alles holtz/ heu und stoppeln in den selen ver-
bren/148 und allen mangel/ rost oder gebrechen abfeeg. Ich forcht/ das
etliche selen/ nach dem tod mangel und gebrechen haben in irer lieb go-
tis/ in irer gerechtigkait/ in irer weyßhait/ dasek sie got nicht mit gan-
tzem und vollem hertzen lieben149/ das ir gerechtigkait nach zů klein150 sey
und ir erkentnis etwas zů dunckel sey/ und solang dunckel bleybt/ als
sie got nicht im hellem lichtem mittag erkennen/ ir hertz ist villeicht
nicht gentzlich beschniten/151 unnd hat ir hertz etwo ein unerfarenhait
des glaubens/ und ist villeicht ir auge nicht allenthalben gerainigt/
Nun moͤgen sie got nicht sehen von angesicht zů angesicht152/ alle die
weyl sie unrainikait in irem aug haben.153 Derhalben glaub ich das sie
etliche werck/ gedancken oder willen nach haben moͤgen/ die holtz/
heu oder stupfeln154 haben/ welche das feuer anzünden und verzeren
můß/ weyl der lebendig glaub und sein wort nicht gemein haben/ mit
den stupfeln/ nachdem Jeremias spricht/ was haben die stupfeln mit
dem feuer? Jere. 23.155 Es mag sein/ und ich glaubs/ das nicht wenig
selen seyn/ die in zůnemen und gemerung ires glaubens/ irer lieb/ irer
gerechtickait stehn/156 und haben das in gemain mit unns/ das sie sich
senen nach got/ und hertzlichen verlangen haben/ das sie got mit ei-
nem gerainigtem aug sehen moͤgen/ mit vollem und gantzem hertzen
lieben/ der doch kains geschieht/ ehr alle creatůrische ding/ unnd die
umbstendige finsternis/ oder grobhait vom aug abgeryben und ab-
gewüscht werden/ Denn wo das augen ein steublein hat/ da kan es
got nit sehen/ gleich als wenig einer die sonn sehen kann/ wann er ein
puͤtzlinel157 in seinem aug hat. Deßgleychen ist es mit der lieb/ das nye-
BuchsymbolB4vmandt got lieben kan/ er liebe dann got mit gantzem hertzen/ voller
sele/ und allen krefften158/ ursach/ got foddert ein solche lieb/ unnd kain
andere lieb/ Demnach mag kain sele got recht lieben/ alldieweyl ein
lieb zů sich selber oder zů andern creaturen in ir hangt. Nun wolten
die selen (durch Christum verstorben) gern am lichten tag sehen/ und
mit vollem hertzen lieben/ und das sie got allenthalben erfult/ Senen
sich darnach/ und haben schmertzlichen verlangen darnach/ unnd
stehentem also in gelasenhait/ und geschwinder langkweylickait159/ unnd
werden in langkweyliger senlickait/ als die versengten oder verbren-
ten baumen/ von welchen die pletter/ mosich/ unnd die rinden sich
abreren160 und abschelen/ also das sie ire klare und weyse stemme zů licht
prengen
/ wenn ungezweyfelt die hitzige und inbrunstig senlickait nach
got ist in uns als ein feuer/161 das unsere aigne sele/ die welt/ und alles
dasen weltlich ist/ in einen gestrengen haß/ und grimmigen neyd brengt
und macht/ das uns unsere krefften/ weyßhaiten/ begirden und werck/
als ein feind werden/ den wir forchten und stets flihen wollen/ und
also ist dise senlickait/ in uns ein fegfeuer/ welchs durch neyd unnd
haß gegen eygnereo sel/ alles das unser ist/ verdeut und zůnicht macht〈.〉
162
Aber das feuer wirt in unserm betrubten leben offtmals gedempfft/
und hat einen steten kampff mit unserm flaisch/ darumb kans nicht
so hitzig sein/ als in den selen/ die iren rock und beklaydung außgetzo-
gen haben/ und schlaffen von aller eusserkaitep/ aber ir hertz wachet/
und hoͤret was der gayst gottis in inen spricht und leret Can. 5.163 und
werden der ursach halben/ vileq tausentmal hitziger in der senligkait
nach got/ dann wir. Derwegen mag ich ein solche angstliche senli-
kait zů got in den selen ein fegfeuer nennen/ wiewol sie getroster sein/
und ein teuer goͤtlich leben haben. Wir arme leut erkennen Christum
im finsterniß/ unnd in der nacht/ darauß kompt ein kleine senlickait.

Die selen sehen die sonn/ das ist Christum fruͤ auffghen/ Derhalben
ist ir senlickait/ in unzelicher weyß/ hefftiger und geschwinder/ dann
unsere verlanglickait. Auch die pfaffen sollen solches feuer weder le-
schen noch dempffen/ denn Christus wil/ das sein feuer brenn/ und in
der selen stets blick164 oder schymmer. Auch das es die selen feeg/ reyn/
schon165/ unnd ein lere stat166 mach dem heyligen gayst/ Demnach můß
das fegfeuer ein klar aug/ das ist/ rein urtail und erkentnis machen/
und zů voller lieb unnd gerechtigkait furen/ das ist ein auffgekeimdt
erdtrich/ das anes167 wasser ist/ und wann sich die erden/ das ist/ der gayst
durch solche bewegnis auffthůt/ und ist gantz duͤrr/ so kompt got/
BuchsymbolB5r und verlesst es mit nichte/ sonder er erfult es/ mit seiner maiestat und
glorien/ und macht es im abgrundt sath und vol.168 Darauß verstehent
ir/ wie die senliche begerung nach got/ ein fegfeuer mag genent wer-
den/ und wie dasselb feuer dürr und hitzig macht/ unnd alle werck
angreyfft/ und alles verbrent/ das hoͤltzen/ heuisch/ oder stupfelich
ist/169 sonderlich in den selen/ in welchen es ein volle unverhinderte und
großblickende glud hat/ Es ist auch angezeygt/ das ein solchs feg-
feuer/ nicht on neydt und haß eygner selen/ und tadelung der gůtten
werck/ geschicht/ und das es nyemandts kuͤlen soll/ wiewol es die se-
len engstet. Ditz mag das feuer sein/ von welchem Paulus schreibt/
das ein yeglichs werck urteilt. 1. Corint. 3.170 Nun kan es urteiln? so ists
vernunfftig und weyß/ und geystlich. Gleych als der ein geystliche
weyßhait hat/ der alle dingk urteilt oder schätzetet/ und nymbt eins an
das ander verlest er/ also thůt das vernunfftig fegfeuer/ das ist/ die
brennende senlickait zů dem felß/ welcher Jesus Christus ist171/ wenn die
selbe senliche begerung gibt underscheyt zwischen wercken und wer-
cken. Sind sie holtz/ heu oder stupfeln/ so zünd sie dasselbig an/172 und
můß der mensch einen schaden leyden/ das ist verzůg haben/ und in
der langweiligen senlickait so lang bleyben/ byß die sele/ biß ir aug/
byß ir hertz/ byß ir werck/ gnůgsam rein und sauber geworden
/ und
sie durch solche bewegnis recht auffgethan unnd bereyt ist/ got mit
seiner maiestet einzůnemen. Diß feuer macht nicht unselig/ sonder se-
lig
/ Es hat auch den tag des herren Jesu Christi/ in welcheneu alle
werck offenbarev werden/ Denn Christus geht solchen selen auff in der
morgenroͤdt/173 mit seinen schetzen und gaben/ die uns zům tail verbor-
gen sein/ Darauß ich abermals schließ/ das wir uns nicht koͤmmern
oder bedruͤben sollen/ von wegen unser freundenew in Christo verstor-
ben/ dann ob sie gleich ein gaistlich fegfeuer haben/ als gemelt ist/
dannest werden sie in dem selbigem/ vernuͤnfftigem fegfeuer selig/
und gehn neher zů der sonn des mittentags dann wir. Auch wirt in
nicht geholffen/ dann durch solchs feuer/ darumb sollen wir sy nicht
wollen darauß bringen/ als wenig wir wunschen solten/ das uns un-
ser glaub/ hoffnung/ lieb und senlikait zů got solt kalt oder klainer wer-
den. Auch lest sich die sel und ire werck/ durch nichts anders raini-
gen/ denn durch haß und neyd eygner selen/ und verlanglickait nach
got/ das ist/ durch ein warhafftige senlickait/ als Christus spricht/
So das koͤrnlein ins erdtrich felt und stirbt/ so bleybts nicht allain174.
Das ich von den selen hab gesagt/ nemlich/ das sie in hitziger senli-
BuchsymbolB5vkait oder groser begernus/ nach got stehn/ das wil ich von den selen
gesagt haben/ die alhie Christum haben leren erkennen/ und sein durch
Christum entschlaffen.ex Aber von den selen/ die wenig urtail gottis ha-
ben/ und Christum nit wol erkant haben/ hab ich nichts geredt. Ich
halt es dafür/ das sie dort studiren175 und leren176 můssen (sein sie anders
versehen zůr selickait) und erkennen alle ware urtail oder sententz/ wel-
che got wil haben erkandt
/ ee er sie in hymmel nymbt.177 Auß dieser ur-
sach das Christus spricht/ Wer ich nicht komen/ so hetten sie die sund
nicht/178 das verstehe ich nach S'ankt' Petrus sprůch/ der spricht/ Es mů-
sten auch die todten evangelizirt werden/ auff das er sie nicht urteiln
1. Petri 4.179 Het Christus den toden nicht gepredigt/ oder seine trostli-
che botschafft lassen verkündigen/ so het er sie nicht koͤnnen richten/
oder urtailn/ weyl er aber berait ist lebendige unnd todte zů urtayln/
ists zimlich unnd billich gewest/ das Christus den verstorben hat
gepredigt/ oder predigenn lassenn/ die im flaisch bey den menschen
todt/ unnd im gayst vor got lebendig gewest sein/ das alles redt
Petrus von den gaysten die vor got leben/ und wil doch schliessen/
das got die toden nicht kontey urtailn/ wann sie nicht evangelizirt we-
ren/ darvon ist nicht weyt das wort Christi/ Es wirt komen die stund
das die todten in den grebern die stym des sons gottis hoͤren.180 Nun/
wenn got nicht urtailn wil/ und spricht/ das die verstorben in grebern
gottis stym erhoͤren/ folgt/ das nicht wider die schrifftez ist/ wann ey-
ner sagt/ das die ungelerten selen dort studirn můssen/181 das sie alhie ver-
seumptfa haben/ Es wirt inen aber ein stund schwinder und schwerer/
dann hie etliche jar/ weyl sie alles leyden oder thůn/ on verhindernisfb
leyplicher zůfellen/ leyden oder wircken. Auch wirt sie der gayst des
schlaffs/ oder der durchbeysendenfc anmechtigkait (welchen man spi-
ritum conpunctionis182 et extasis
nent)183 in unvergleicher weyß geschwin-
ter antasten/ durchstechen/ und umbtreiben/ von welchem Esaias
am 29.184 schreibt/ unnd welchen David erliden hat/ als er sagt. Mein
hertz ist in mir umb unnd umb gelauffen/ sam185 einer der den schwin-
del oder das umbdreen leydt/ und hat mich mein krafft verlassen/ und
das lichte meiner augen ist nicht mehr bey mir Psal. 37.186 Es moͤcht
auch kommen (welchs got am besten wayß) das zeyten die ungelerte
selen also umbher giengen/ und das etliche/ in solchem bewegnis und
engsten irer unwissenhait/ rasen/ das sy nicht wissen ob sie vertümptfd187
sein oder nit. Es moͤcht auch geschehen/ das etliche selen/ Messen/ al-
můsen/ gůte werck/ wandern zů den heyligen/ und dergleychen bey
BuchsymbolB6r iren freundenfe gesucht188 (alles auß unwissenhait/ die sie alhie gehabt/
und mit sich getragen haben) das sie auch endtlich nicht widerkom-
men sein/ als sie haben vermerckt/ das sie weder messen/ noch almů-
sen/ noch werck/ noch wallen189 geholffen hat〈.〉 Gleich sams hie mit den
ungelerten leuten ist geschehen/ und solangff geschicht/ byß sy die kůnst
gottis gelernen und verstehen/ das die messen/ und das wallen zůn hai-
ligen widder got sein/ und das in nicht mit almůsen oder wercken/ son-
der mit der kůnst gottis mag geraten und geholffen werden/ solangfg
sein auch die tollen und nerrischen selen in irem gefengknis/190 und fürt sy
ir gewissen solangfh gefangen/ byß sie gottis kůnst und erkantniß der
waren goͤtlichen reden erlernen. Die erfarung umblauffender selen/
ist so groß/ das ich sy nicht straffen noch verwerffen darff/191 Gleych-
wol gestehe ich/ das sichfi der teuffel auch in gestalt eines umbwan-
delten gaysts verstelt
/ und umb messen/ opffer/ lichte/ und der gleichen
schreyet/ auff das er die pfaffen in irem yrthůmb behalt/ und die leyen
umb gůt und leben brengt.
Aber nicht desterweniger halt ich/ das se-
len auch moͤgen umbgeen/ und auß dem alten yrthůmb/ irrische und un-
nuͤtz huͤlff begern/ solangfj/ byß sie gottis kůnst begreyffen/ welche got
mer dann opffer gefelt〈.〉 Osee 6.192 Nicht wil ich das sie uns půß und besse-
rung unsers lebens sollen verkündigen/ oder das sy derhalben erscheinen/
dann wir haben Mosen und propheten/ so wir denselben nit glauben/ we-
niger wurden wir den selen glauben. Aber ir anligende not/ angst und
schmertzen moͤgen sie nichts mynder verkündigen/ denn der reich man
dem vater Abrahe sein leyden und not verzelen thet〈.〉 Lu. 16.193 Ein tail se-
len stehn in verwunderung194/ und haben nicht solche grosse not/ als die so
den gaist der anmechtigkait leyden/ dieselben komen auch ehr in gottis
kůnst/ dann die negst berůrten/ Welcher aber der greulichenfk angst und
den gaist der anmechtigkait/ nit wil fülen/ der gedenck/ das er alhie fleys-
siglich studir/ und gottis wort grundtlich begreiff/ und einnem195/ und be-
war/ so wirt er bewart. Denn es wirt in196 nichts auß unwissenheit füren
dann goͤtlich kůnst und weißhait/ sonst mag im widerfl197 werck/ noch meß
noch gelt/ noch ainigerley sach furdern/ und auß dem gaist der anmech-
tikait/ oder auß verwunderung198 in stilhait199/ trost und frid brengen/ das wil
ich in wanfm/ opinion oder weyß/ biß besser wirt/ gesagt haben. Auff dise
red Machabeorum Sanctum et salubre est exorare pro defunctis etc.200 hab
ich im bůchlein von biblischen bůchern201 geantwurt/ wiewol ichs auch
dafür halt/ das der Schreiber die wort und handlung Judefn202 unbequemlich
gezogen und gebraucht haben/ wenn es wer im wol angestand/ das er hi-
storien gegen historien gesetzt und vergleicht/ und darauß sich erkundt
hett/ wie er die historien Jude geschicklich moͤcht brauchen.


a Ain Sermon von ∥ dem stand F
bfolgt 1523 D, E, F; folgt M.D.xxiij . G
cBodenstein B, G
dKarlstatt C, D, G; Karlstat F; folgt Wittemberg C, D, E; folgt Wittenberg F
e Christ glaubigen G
f Münich F
g zerryssen E
hfehlt Punkt B
ifehlt C, D, E, F, G
j oberkeit G
kreychen C, D, E
l gefeyert G
mgetroͤst B, C, D, E, F, G
n ferrer E
o schwerlich B
p AMEN G
q-qSant Paulus in der Ersten ∥ Epistel zuͤ den Thessalonicensern.iiij. C, D, E, F
r Tessalonicenssern G
s brúder A
t Arso F
u-ufehlt C, D, E, F, G
vPunkt fehlt F
win C, D, E, F, G
xgewüst C, D, E, F, G
y wayst E
zDa C, D, E, F, G
aa hören E
ab frag F
ac ward E
adfolgt in E
ae khrayß B
afPunkt F
ag ader B
ah-ah geboten hat F
ai ferrer E
aj prophetesir B
ak thon G
al Het G
am unergengklickeit B
an belyben E
ao Epistel F
ap schaͤtz G
aq verstorbnen G
ar frenudt F
as begriffen F
at bede B
au worheit B
avfehlt C, D, E, F, G
awAber C, D, E, F, G
ax blerren E
aybrennend F, G
az erloͤßent E
bafolgt ob E
bbringere C, D, E, F, G
bcthon F, G
bdfolgt neuer Absatz B
be würd G
bf beschehen B
bgFragezeichen C, D; keine Interpunktion E
bhfolgt sy haben ain F
biPunkt E
bjvom Editor verbessert aus 3.
bk ein wonenden G
bl schaͤtz G
bmfehlt C, D, E, F, G
bn nere G
bo gleich B
bp-bpfehlt F
bqgeschetzt F, G
brgeschetzt F, G
bs sprich G
bt geporn B
buletsten C, D, E, F, G
bvfacht C, D, E, F, G
bw kestlich B
bx iesu A
by virt F
bz ableydung G
cafehlt C, D, E, F, G
cbfehlt G
ccblad C, D, F
cd erfür G
ce im G
cfsich C, D, E, F, G
cg foͤlt E
ch einander B
ci-ci woͤlcher schmertz E
cjfast B, C, D, E, F, G
ck arbeiten B
cl wird E
cm gifftige F
cnsprechen F, G
co starckener F
cpklarer C, D, E, F, G
cq wellicher B
crschetzen B, C, D, E, F, G
cs inen B
ctverdampten C, D, E, F, G
cuverdampten C, D, E, F, G
cvvorthümpten B; verdampten C, D, E, F, G
cwvorthümpten B; verdampten C, D, E, F, G
cx schry E
cy-cyzů voran F, Gů
czMünch C, D, E, F; Münich G
da prechen B
dbDoppelpunkt C, D
dc cristo F
dd versteett F
de růg G
dfbriefft C, D, F, G; brieft E
dg hat B
dhfehlt Punkt E
di stall G
djhoͤrt C, D, E
dkkündt C, D, E, F, G
dlgetroͤst B, C, D, E, F, G
dmgetroͤst B, C, D, E, F, G
dn somen G
dogetroͤsten B, C, D, E, F, G
dp frelichen B
dq scherpffer F
drdas C, D, E, F
dsfehlt C, D, F
dtfolgt do B
duDoppelpunkt E
dvgetroͤst C, D, E, F, G
dwsom E, G
dx gib E
dy springt E
dzfolgt ding E
ea abgeschidnen B
ebpfligt F; pflicht G
ecverdampten C, D, E, F, G
ed Dem nach G
ee verneynen B
efverzoͤren C, D, E, F
eg wortt F
eh auffprillendt B
eiDoppelpunkt C, D, E
ejgebürt C, D, E
ek dy B
el bützlin G
em stendt G
en was G
eo einer G
ep ausserkeit B
eq und F
ergetroͤst C, D, E, F, G
eson C, D, E, F, G
etschetzet C, D, E, F, G
eu welich G
ev offenbaren G
ew freüden G
exfehlt Punkt G
ey kündt F
ezgeschrifft F, G
faversaumpt B, C, D, E, F; versamubt G
fbhindernuß C, D, E; hyndernuß F
fc durch beyssenden G
fdverdampt C, D, E, F, G
fe feründen G
ff so lang G
fg so lang G
fh so lang G
fi sie B
fj so lang G
fk greülichrn G
flweder F, G
fmwon C, D, E, F, G
fn Juden G

1Der Verfasser des Vorworts, Wolfgang Kuch, war um 1520 Prediger in der Bergstadt Joachimsthal. Ihm wurde bereits am 18. August 1520 De canonicis scripturis (KGK III, Nr. 163, S. 271, Z. 9) gewidmet. Karlstadt pflegte über mehrere Jahre intensive Beziehungen nach Joachimsthal. Vgl. die Widmungen von Schriften an Gf. Wolfgang von Schlick (Von Abtuung der Bilder; s. KGK 219 (Textstelle)); an den dort tätigen Berghauptmann Heinrich von Könneritz (Wasser; s. KGK III, Nr. 162, S. 237, Z. 6), der zudem im Vorwort der Schrift Maleachi-Predigt Erwähnung findet (KGK 224 (Textstelle)); diese Abhandlung wiederum ist dem Stadtschreiber Bartholomaeus Bach dediziert (KGK 224 (Textstelle)), an den ebenso Super coelibatu gerichtet ist (KGK IV, Nr. 190, S. 194 mit Anm. 11; S. 204, Z. 12 f.). Weitere Widmungen mit Bezug zu Joachimsthal an den Bergmeister Wolfgang Stürtz (Welche Bücher biblisch sind; s. KGK III, Nr. 171, S. 525, Z. 20 f.) sowie an Wolfgang Gürtler (Antwort, geweihtes Wasser belangend; s. KGK IV, Nr. 173, S. 8, Z. 10 mit Anm. 1). In De canonicis scripturis übermittelt Karlstadt Grüße an elf weitere Joachimsthaler Bürger und wünscht Kuch, den er als »Philosophen, Theologen und Prediger in der Stadt Joachimsthal« (»philosopho et theologo ac contionatori in oppido Vallis S. Joachim«) anspricht, ein erfolgreiches Studium in Wittenberg. Am 24. Oktober 1520 hatte sich Kuch in Wittenberg immatrikulieren lassen (AAV 1, 99); zusammen mit Wolfgang Voit (Woit) aus Joachimsthal und mit Jakob Seidler. Über den Fortgang seines Aufenthalts in Wittenberg wie über sein weiteres Leben ist nichts bekannt. Zu ihm vgl. auch Barge, Karlstadt 1, 201 f.
2sehr. Vgl. DWb 3, 1349 Nr. 4 u. 5.
3gefärbt, im Sinne von beschönigt. Vgl. DWb 3, 1325 Nr. 6.
4Philosophisch begründet, nicht biblisch.
5dennoch. Vgl. DWb 2, 952 u. 2, 748 s. v. dannest.
6Vgl. Lk 16,22. Zu Abrahams Schoß vgl. das unten entsprechende Kapitel (KGK 233 (Textstelle)).
7Zum Fegefeuer vgl. den Abschnitt unter der Überschrift »Vom fegfeur der menschen und abgeschyeden selen.« (KGK 233 (Textstelle))
8[welche] hierin.
9gestolpert, getaumelt. Vgl. DWb 19, 987.
10spöttisch für hohe geistliche Würdenträger. Vgl. DWb 16, 2627 Nr. 2a.
11Maske, Trugbild, Marionette. Vgl. FWB 9.1, 284–286. Hier als spöttisches Synonym für niedere Geistlichkeit.
12Vgl. Mt 7,13.
13räuchern, Weihrauch spenden.
15Posaunen.
16übrigbehalten. Vgl. DWb 23, 137.
17Vgl. 1. Thess 4,13–18 Vg »nolumus autem vos ignorare fratres de dormientibus ut non contristemini sicut et ceteri qui spem non habent si enim credimus quod Iesus mortuus est et resurrexit ita et Deus eos qui dormierunt per Iesum adducet cum eo hoc enim vobis dicimus in verbo Domini quia nos qui vivimus qui residui sumus in adventum Domini non praeveniemus eos qui dormierunt quoniam ipse Dominus in iussu et in voce archangeli et in tuba Dei descendet de caelo et mortui qui in Christo sunt resurgent primi deinde nos qui vivimus qui relinquimur simul rapiemur cum illis in nubibus obviam Domino in aera et sic semper cum Domino erimus itaque consolamini invicem in verbis istis.« Die von Karlstadt verwendete (und vorgenommene) Übersetzung stimmt nicht mit den seinerzeit gängigen Bibelübersetzungen (Koberger-, Grüniger-, Schönsperger- und Otmarbibel) überein.
19drängen; vgl. DWb 23, 171 Nr. 4.
20Vgl. DWb 5, 2237 Nr. 2: »das entgegengehn (oder reiten) zum empfange […].«
22aufflackern, belebt werden. Vgl. DWb 1, 786.
23Der alte Gott des Alten Testamentes; vgl. Hebr 1,2 f.
28Zum Begriff der Gelassenheit vgl. KGK III, Nr. 166, S. 389 f. Zu Karlstadts Theologie der Wiedergeburt und Heiligung vgl. Sider, Karlstadt, bes. 216–223.
29oder.
30Lärm. Vgl. DWb 4, 2039 Nr. 5.
31Bein.
32sah.
33überher, darüber, überhaupt. Vgl. DWb 23, 314 f.
36Gehorsam der Schöpfung, d. h. der allmächtige Gott kann jederzeit über den Zustand der Geschöpfe und ihre Handlungen, wie eine Auferweckung der Toten durch Engel, bestimmen.
37Gott benötigt keine Wunder, die in der geschöpften Materie geschehen; sie ereignen sich allein zur Glaubenserfahrung des Menschen. Gleichzeitig unterliegt Gott keiner (innerweltlichen) Notwendigkeit außer sich selbst.
38raffeln als Intensivum von raffen. Vgl. DWb 14, 56 f. Nr. 5.
40Hier scheint die Predigt über die Tagesepistel (1. Thess 4) durch.
42Vgl. Wessel, Farrago (1522), fol. 71v: »Sunt [scil. defuncti] igitur in tali statu, quem si sciremus gauderemus. In statu igitur non misero, non sub virga lictoris, aut in igne praeparato diabolo et angelis eius sed sub disciplina patris instituentis et eorum quotidiano profectu gaudentis.«
45dennoch, dagegen.
46Vgl. Lk 16,22. S. auch Wessel, Farrago (1522), fol. 79v: »Et Lazarus ulceribus plenus, ab angelis delatus in sinum Abrahae […]. Vere dilecti, vero dato somno dormientes in pace in idipsum, et requiescentes.« S. hierzu Kleiner, Karlstadt's Eschatology, 9.
47Vgl. Lk 20,38 Vg »Deus autem non est mortuorum sed vivorum […].«
48Oder.
49verlangender, sehnender.
50ruheten, im Gegensatz zur vergeblichen Gottessuche der bisherigen Kirchenpraxis mit Messen und Opfern. Das Fegefeuer als sehnliches Verlangen nach Gottesschau bei Wessel, Farrago (1522), fol. 74r–v; 81r.
51täuschen. Vgl. DWb 1, 183.
52plappern, von blattern, blaterare. Vgl. DWb 2, 78.
53Vgl. Wessel, Farrago (1522), fol. 71r: »Quanto penitens magis est amans, tanto expectatio penalior; nec per dispensationem inflicta, sed naturaliter concomitans, unde nec Papa, nec praelatus eam tollere potest.« S. hierzu Kleiner, Karlstadt's Eschatology, 11.
54oder.
55Vgl. Wessel, Farrago (1522), fol. 73r: »Verum quia latum ibi mandatum nimis, et ipsi in latitudine mentis etiam dilatis desideriis affliguntur. Sed quia haec afflictio urit et incendit, votiva etiam haec dilatio.« S. hierzu Kleiner, Karlstadt's Eschatology, 12.
56Stand, hier Zustand.
57Lk 16,26. Vgl. hierzu auch die 39. These der 47 Conclusiones de coniuratione mortuorum (KGK 225 (Textstelle)).
58Heuchler.
59oder.
60Das Fegefeuer fällt mit der Selbstkritik samt folgender Buße zusammen. In der Jeremia-Vorlesung wird das Fegefeuer zum Kampf gegen die Begierden des alten Adam; s. KGK 231 (Textstelle). Karlstadt wurde durch die Lektüre der Predigten Johannes Taulers beeinflusst; dies zeigen die eigenhändigen Unterstreichungen zentraler Begrifflichkeiten in dem in seinem Besitz befindlichen Exemplar an (RFB Wittenberg-Evangelisches Predigerseminar, H Th fol. 891). Vgl. Tauler, Sermones (1508), fol. 155r: »Darumb demütiget euch under gott und sehet euer zacken an in leidender weise und lasset die selbigen anfechtungen euer fegfeur sein […].«; »Das gedrenge und das gross raitzen, das der mensch hat ledig zu sein: und auch da bei ainfeltig das ist dieser menschen fegfeur. und werden hie mit geleutert.« S. Oehmig, Fegefeuer, 80–82. Zu weiteren Einflüssen vgl. Wessel, Farrago (1522), fol. 72r: »[…] plurimorum opere talis sunt, ut in illius ignis probatione detrimentum patientur, qui tamen vere sancti sunt […].« Hierzu Kleiner, Karlstadt's Eschatology, 20.
61Vgl. Mt 20,22; Mk 10,38 Vg »nescitis quid petatis […].«
62Joh 6,56 f. Vg »caro enim mea vere est cibus et sanguis meus vere est potus qui manducat meam carnem et bibit meum sanguinem in me manet et ego in illo.«
63Druckfehler. Gemeint ist Gal 2,20 Vg »vivo autem iam non ego vivit vero in me Christus quod autem nunc vivo in carne in fide vivo Filii Dei qui dilexit me et tradidit se ipsum pro me.«
64Vgl. das Gleichnis von den anvertrauten Pfunden, Mt 25,14–30; Lk 19,12–27.
65Vgl. Wessel, Farrago (1522), fol. 70v: »Post lumen lucentis luciferi sanctus Petrus ponit aspirantem diem, qui quia nondum orto sole, cum latinis credo morosum illum profectum, quo animae a corporibus solutae purgantur, et proficiunt in gradum sanctae charitatis, qui cuique pro suo loco in templo, pro sua mansione in domo patris debitus.«
66Vgl. Eph 3,18 Vg »ut possitis conprehendere cum omnibus sanctis quae sit latitudo et longitudo et sublimitas et profundum.«
68Am Seelengrund gelangt gemäß Karlstadts mystischer Bußtheologie der gelassene Mensch, der sein Selbst negiert hat, zur Erkenntnis Gottes (s. u. KGK 233 (Textstelle)). Nach Tauler, auf den sich Karlstadts Lehre stützt, der Ort, an dem der menschliche und der göttliche Abgrund zueinander finden und sich die seelische Vereinigung des Menschen mit Gott vollzieht; vgl. Gnädinger, Johannes Tauler, 241–251. Zur Einbindung der Tauler'schen Fegefeuerkonzeption in die Buß- und die Gelassenheitslehre Karlstadts vgl. KGK 233 (Anmerkung) und Oehmig, Fegefeuer, 80–82.
70Vgl. Joh 6,40.47; Joh 11,25 f. Vg »dixit ei Iesus ego sum resurrectio et vita qui credit in me et si mortuus fuerit vivet et omnis qui vivit et credit in me non morietur in aeternum […].«
71oder.
73Vgl. Wessel, Farrago (1522), fol. 71v: »Non enim illic regenerantur a morte ad vitam, sed bene crescunt ex imperfecto ad perfectum: et depurantur a sordibus venialium suorum amorum […].« S. hierzu Kleiner, Karlstadt's Eschatology, 23.
75Vgl. Mt 22,32 Vg »non est Deus mortuorum sed viventium«; vgl. weiter Mk 12,27; Lk 20,38.
76dennoch. Vgl. DWb 2, 952 u. 2, 748 s. v. dannest.
77Joh 6,40 Vg »haec est enim voluntas Patris mei qui misit me ut omnis qui videt Filium et credit in eum habeat vitam aeternam et resuscitabo ego eum in novissimo die.«
78fängt.
79Vgl. Wessel, Farrago (1522), fol. 70v: »Antequam a corpore solvantur, salvi facti sunt amantes dominum Iesum […].« S. hierzu Kleiner, Karlstadt's Eschatology, 22.
80zu Recht. Vgl. DWb 2, 28.
82Entkleidung. Vgl. DWb 1, 61.
83Joh 17,3 Vg »haec est autem vita aeterna ut cognoscant te solum verum Deum et quem misisti Iesum Christum.«
84Zum Seelengrund s. o. KGK 233 (Anmerkung).
85Verbindung der mystischen Vereinigung mit Gott am Seelengrund mit der biblischen Aussage von der Gottesfreundschaft; s. die folgende Anm. Vgl. auch Wessel, Farrago (1522), fol. 72v: »Unde assimilari deo, et per amorem uniri, purgari dico […].«; Wessel, Farrago (1522), fol. 69v: »Dei imago, dei similitudo non perficitur, nisi perfecta unione, qua suo prototypo deo viventi adherens, unus spiritus efficitur.« S. hierzu Kleiner, Karlstadt's Eschatology, 18 u. 22.
86Joh 15,15 Vg »[…] dixi amicos quia omnia quaecumque audivi a Patre meo nota feci vobis.«
88»so« im Sinne von »dann, wenn sie aufgeht«.
89Diese dreistufige Konzeption beruht auf Wessel, Farrago (1522), fol. 70v–71r; 79v; 80r: »31. Orientem luciferum ego intelligo filium hominis venientem et pulsantem, longe supra lumen lucernae lucentem […]. 35. Post lumen lucentis luciferi sanctus Petrus ponit aspirantem diem, qui quia nondum orte sole, cum latinis credo morosum illum profectum, quo animae a corporibus solutae purgantur et proficiunt in gradum sanctae charitatis, qui cuique pro suo loco in templo, pro sua mansione in domo patris debitus. […] 40. Haec sanctiora opera sponsae credo post praeciosam in conspectu domini mortem, subilluscente die, ante beatifici solis ortum. […] Omnes in gratia morientes, priusquam carne solvantur, in lumine lucernae vigilantes […] evacuunt lumen lucernae in matutinum sidus orientis eis luciferi lumen commutantes […] Idem ergo pastor et iudex, et David fidelis pastor secundum cor domini, omnem dei voluntatem faciens, in ovibus gregis dei, pascetque eas quousque auroram evacuet aspirans dies, quem et aspirantem diem sol oriens evacuet« S. auch Kleiner, Karlstadt's Eschatology, 25–27.
90Stand, Status. Vgl. DWb 17, 932 f.
92Vgl. Röm 7,5.14–25; 1. Mose 8,21. Mit ähnlicher Anthropologie Wessel, Farrago (1522), fol. 78r: »Sunt educti de carcere captivitatis, liberati corpore mortis, exuti carne peccati […].«
93belustigen, vergnügen. Vgl. DWb 1, 1455.
94Blat(t)er, Geschwüre, Beulen. Vgl. FWB 4, 545–547.
95sehr. Vgl. DWb 3, 1348 f. Nr. A.
97Als Plural zu verstehen.
98Offb 14,13 Vg »[…] beati mortui qui in Domino moriuntur amodo iam dicit Spiritus ut requiescant a laboribus suis opera enim illorum sequuntur illos.«
99Vgl. 1. Kor 3,12 f.; s. auch Wessel, Farrago (1522), fol. 69r: »Has maculas intellectualis disciplinae ignis secundum Apostolum probat, quando diiudicat, et igneo zelo accensus, lignum, fenum, stipulum exurit […].«
100näher.
101Abkühlungen (lat. refrigerium). Allusion auf die Praxis, mittels Seel- und Totenmessen das Leid der Seelen im Fegefeuer zu lindern bzw. sie in der dortigen Hitze abzukühlen.
102Unklar. Möglicherweise Frühtag, am frühen Morgen. Vgl. DRW 3, 1027; RhWB 9, 1219. Dann könnte es sich um eine Referenz auf die aufgehende Sonne handeln, gleich derer die Gotteserkenntnis der Seele in Abrahams Schoß sprießt.
104Vgl. Lk 16,26 Vg »et in his omnibus inter nos et vos chasma magnum firmatum est ut hii qui volunt hinc transire ad vos non possint neque inde huc transmeare.« S. o. KGK 233 (Anmerkung).
105oder.
106Vermutlich völlig, ganz; allerdings müsste dann das folgende »und« gestrichen werden.
107nicht teilhaftig. Vgl. DWb 24, 282 Nr. I.2.
108Verachteten, Verdammten; von vertüemen, abgeleitet von Tuem (Dom), die Macht. Vgl. Lexer, Handwörterbuch 3, 280; BMZ 3, 134a; Schweizerisches Idiotikon 12, 1870.
109Vgl. auch die Thesen 37–41 der 47 Conclusiones de coniuratione mortuorum (KGK 225 (Textstelle)).
110Hölle.
111Vgl. Hiob 19,21 Vg »[…] miseremini mei saltim vos amici mei […].« Ursprünglich aber Bezug zu Lk 16,24.
113Stand, Zustand.
114Lk 16,25 Vg »et dixit illi Abraham fili recordare quia recepisti bona in vita tua et Lazarus similiter mala nunc autem hic consolatur tu vero cruciaris.«
115Vgl. Spr 3,11 f. Vg »disciplinam Domini fili mi ne abicias nec deficias cum ab eo corriperis quem enim diligit Dominus corripit et quasi pater in filio conplacet sibi«; Hebr 12,5 f. Vg »[…] fili mi noli neglegere disciplinam Domini neque fatigeris dum ab eo argueris quem enim diligit Dominus castigat flagellat autem omnem filium quem recipit.«
116Stand, Zustand.
118Nicht klar; vermutlich berufen im Sinne von beschreien, tadeln. Vgl. DWb 1, 1532 Nr. 4.
119Stand, Stadt, Ort.
120samlich, von Samen.
122Vgl. 1. Mose 17,1–27, bes. v. 17; Gal 3,7.
123war.
125Zustand.
128Verdammten; s. o. KGK 233 (Anmerkung).
1301. Mose 15,5 Vg »[…] suspice caelum et numera stellas si potes et dixit ei sic erit semen tuum.«
131Zu den Erwählten Gottes in seinem Schoß vgl. die Stelle in der Jeremia-Vorlesung (KGK 231 (Textstelle)); mit Verweis auf Jes 46,3 Vg »[…] qui portamini a meo utero, qui gestamini a mea vulva.«
132Joh 6,47 Vg »amen amen dico vobis qui credit in me habet vitam aeternam«; Joh 11,25 f.
133Joh 4,14 Vg »ed aqua quam dabo ei fiet in eo fons aquae salientis in vitam aeternam.«
134Joh 8,56 Vg »Abraham pater vester exultavit ut videret diem meum et vidit et gavisus est.«
137Stätte, Ort; Stand, Zustand.
138Stätten, Orte.
139marternd.
140Vgl. Wessel, Farrago (1522), fol. 71v: »Non ergo corporalis ignis ille, de quo Paulus hic loquitur. […] Haec mihi videntur convincere purgatorium spirituale potius quam suppliciale.« S. auch Wessel, Farrago (1522), fol. 68v: »Purgatorius ignis est, qui interioris hominis sordes etiam carne soluti comitantes purgat potius, quam torquet.« S. hierzu Kleiner, Karlstadt's Eschatology, 15 u. 19.
141unbegründet.
142Vgl. Jer 5,14 Vg »[…] ecce ego do verba mea in ore tuo in ignem et populum istum ligna et vorabit eos.«
143Vgl. Jer 20,9 Vg »et dixi non recordabor eius neque loquar ultra in nomine illius et factus est in corde meo quasi ignis exaestuans claususque in ossibus meis et defeci ferre non sustinens.«
144Vgl. Hebr 4,12 Vg »vivus est enim Dei sermo et efficax et penetrabilior omni gladio ancipiti et pertingens usque ad divisionem animae ac spiritus conpagum quoque et medullarum et discretor cogitationum et intentionum cordis.«
145Bezug entweder auf das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld (»guter Acker«), vgl. Mt 13; Mk 4; Lk 8; oder auf das Gleichnis vom Unkraut im Weizen, vgl. Mt 13,24–30.
146Vgl. Lk 12,49 Vg »ignem veni mittere in terram et quid volo si accendatur.«
148Vgl. Wessel, Farrago (1522), fol. 73v: »[…] hoc ergo desiderium ignis ille probans et reprobans omnia ligna, fena, stipulas ab re super fundamentum fidelis amoris superaedificata […]« S. auch Wessel, Farrago (1522), fol. 74v: »[…] et hunc duplicem ignem vere purgatorium interioris hominis, et mundantem cor […].« S. hierzu Kleiner, Karlstadt's Eschatology, 16 f.
151Vgl. 5. Mose 30,6; Röm 5,29. Zur Beschneidung des Herzens bei Karlstadt vgl. seine Schrift De legis litera (u. a. KGK IV, Nr. 197, S. 417, Z. 14–20); s. auch Hasse, Tauler, 183.
154Stoppeln.
157Diminutiv von Butze; Schleim, Rotz. Vgl. DWb 2, 589 f. Nr. 2.
159Ähnlich in der Schrift Von dem Sabbat: »[…] der Sabbat ist der halben eingesetzt/ das der geyst yhn langweylickeyt komme/ unnd etwas in seyner lange tzeyt lerne.« (Ediert in KGK VII, Nr. 252). Luther, Wider die himmlischen Propheten bezieht sich mit Spott auf die Rede von der Langweiligkeit: »Das ist die hůbsche entgrobung, studirung, verwunderung, langweyl, und des gleichen teuffels allsentzerey.« (WA 18, 101,8 f.).
160abstreifen. Vgl. DWb 8, 560 u. Lexer, Handwörterbuch 2, 408.
161Zur Umgestaltung der Fegefeuervorstellung, Feuermetaphorik und dem Bild der brennenden Sehnsucht nach einer Gottesschau s. u. KGK 233 (Anmerkung).
162Karlstadt wandelt das Fegefeuer um in das brennende Verlangen nach der Gottesliebe und das mystisch grundierte Ringen des wahren Gläubigen gegen die eigenen Leidenschaften, die Ich-Liebe, das Selbst schlechthin, was über die Verneinung seiner selbst zur Gelassenheit führe; vgl. Hasse, Tauler, 57–60; 70–73; 126–128; 173–183; Oehmig, Fegefeuer, 80–82. Diese Vorstellung beruht auf Tauler, Sermones (1508), fol. 155r (s. o. KGK 233 (Anmerkung)) und auf Wessel, Farrago (1522), fol. 74r–v; 81r u. 72v: »Unde assimilari deo, et per amorem uniri, purgari dico. Et impurum voco, non perfecte amare. In amore crescere, id vere purgari est.« Vgl. auch Theologia Deutsch (Franckforter), 92,48 f.: »So meyn ich, das ist icheit und selbheit, mer ab nympt, ßo gotis ich, das ist got selber, mer zu nympt yn mir.«
163Hld 5,2 f. Vg »ego dormio et cor meum vigilat vox dilecti mei pulsantis aperi mihi […].«
164Richtiger wohl »blinck«.
165schön.
166Ein vom Ich und Selbst entleerter Zustand, in den der Heilige Geist eingegossen werden könne.
167ohne.
168Das Einfließen des Geistes Gottes (vgl. Joh 4,24) in den des Menschen, was zur Wiedererkennung des göttlichen Geistes im Seelengrund führt.
174Joh 12,24 Vg »[…] nisi granum frumenti cadens in terram mortuum fuerit.«
175Luther refereriert das Studium der Seelen ironisch in Wider die himmlischen Propheten: »Denn ob sie wol den bildern feynd sind, ist doch zu besorgen, sie seyen noch nicht ynn die studirung […] komen […]. […] Das ist die hůbsche […] studirung, […] und des gleichen teuffels allsentzerey.« (WA 18, 71,3–5; 101,8 f.)
176Lernen.
177Vgl. Wessel, Farrago (1522), fol. 76r–77r: »Semper enim eius praedicatio evangelium est, ut iudicentur, hoc est, vel credentes salventur, vel tanto evangelistae increduli condemnentur. Et eis mortuis qui in carcere: quia subditur expresse in textu, mortuis quidem secundum homines carne, viventibus autem secundum deum spiritu. […] Omnes ergo per Christum iudicandi ante per ipsum Christum, ut iuste iudicentur, praedicantem evangelisabuntur. […] Non enim tali evangelistae et praedicatori difficile quibuscunqe qualitercunque dispositis, quamlibet necessariam agnitionem illustratione sui adventus infundere. […] 10. Quod illi incarcerati crediderunt, sed imperfectae. 11. Quod illi imperfecti opus habuerunt praedicante et evangelisante, ut in sapientia fidei perseverentur.« S. hierzu Kleiner, Karlstadt's Eschatology, 29 f.
178Vgl. Joh 15,22 Vg »si non venissem et locutus fuissem eis peccatum non haberent nunc autem excusationem non habent de peccato suo.«
179Auslegung von 1. Petr 4,6; vgl. auch 1. Petr 3,19.
180Vgl. Joh 5,28 Vg »nolite mirari hoc quia venit hora in qua omnes qui in monumentis sunt audient vocem eius.«
181Vgl. Wessel, Farrago (1522), fol. 78r: »37. Hoc Evangelium non est impossibile, neque evangelisanti neque evangelisatori. 38. Quod non expresse contra aliquem passum scripturae. […]. 40. Quod neque Deum, neque Christum dedecet.« S. hierzu Kleiner, Karlstadt's Eschatology, 30 f.
182Vgl. Am 5,14 Vg »sicut scriptum est dedit illis Deus spiritum conpunctionis oculos ut non videant et aures ut non audiant usque in hodiernum diem.«
183Im Folgenden werden die umherwandernden Seelen der Verdammten bzw. (noch) nicht Erlösten als Versuch einer Erklärung für religiöse Extasen und psychologische Abweichungen herangezogen.
185Wohl gleichsam.
186Vgl. Ps 37(38),9.11 Vg LXX: »[…] rugiebam a gemitu cordis mei […] dereliquit me virtus mea et lumen oculorum meorum et ipsum non est mecum.«
187verdammt.
188Umherwandende Seelen suchen – aus alter Unwissenheit – Seelenmessen und Wallfahrten auf.
189Auf Wallfahrt gehen.
191Evener, Spirits, 535 sieht hier die Abgrenzung vom in den 47 Conclusiones de coniuratione mortuorum (KGK 231) entwickelten Konzept, dass es sich bei den wandelnden Seelen nur um teuflische Anfechtungen, Phantasmen und Träumereien handele.
194Polemischer Bezug Luthers in Wider die himmlischen Propheten: »Denn ob sie wol den bildern feynd sind, ist doch zu besorgen, sie seyen noch nicht ynn die studirung und verwunderunge […] komen […].« (WA 18, 71,3–5; auch WA 18, 101,9).
195einnehme.
196ihn.
197weder.
198Hier im Sinne von stupor, Erschrecken, seelische Erregung. Vgl. DWb 25, 2375 Nr. 3.
199Ruhe des Gemüts, Gelassenheit. Vgl. DWb 18, 3024 f.
200Vgl. 2. Makk 12,46 Vg »Sancta ergo et salubris cogitatio pro defunctis exorare ut a peccato solverentur.«
201Vgl. KGK III, Nr. 171, S. 543, Z. 12–14 mit Anm. 123. Die Bibelstelle 2. Makk 12,46 diente der Scholastik zur Untermauerung ihrer Fegefeuerlehre; vgl. Thomas, Quodl. III q. 9 art. 2 (Thomas, Opera (Busa) 3, 455); s. hierzu Taylor, Pro Defunctis; Lohse, Umfang des alttestamentlichen Kanons, 219 f. Eck verwendete sie in der Leipziger Disputation; Luther wandte sich dagegen; vgl. WA 59, 527,2930–2942; 529,2975–2989 und 547,3569–3579; ebenso in der im Dezember 1520 erschienenen Assertio omnium articulorum; vgl. WA 7, 149,23–26. S. auch KGK III, Nr. 163, S. 273 Anm. 81.
202Judas Makkabäus, die Hauptfigur der Makkabäerbücher.

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