1. Überlieferung
Editionen:
- Olearius, Scrinium (1671), 56–59.
- Olearius, Scrinium (1698), 56f.
- Gerdes, Scrinium, 327f.
Literatur:
- Sider, Karlstadt, 58f.
- Bubenheimer, Consonantia, 150f. Anm. 298.
- Hasse, Tauler, 96 Anm. 15.
2. Inhalt und Entstehung
Karlstadt meint, das Schriftzitat [Hes 18,20], auf welches sich Spalatin beruft, bei Augustin gelesen zu haben, sowie weitere Schriftstellen, die dagegen zu streiten scheinen. Aber der darin eingeschlossene Saft [Christi] stelle Übereinstimmung her. Christus mache, dass Kinder nicht durch die Ursünde verdammt blieben. Verdammt würden jene, die ihre Kleider nicht in Christi Blut waschen; ihnen werden fremde und eigene Sünden angerechnet. Karlstadt vermutet, vielleicht durch einen Hinweis aus Scotus’ Kommentar zum IV. Sentenzenbuch, Spalatin zu einer zweiten Anmerkung Anlass gegeben zu haben. In der Heiligen Schrift sieht Karlstadt die Strafe des Kreuzes als die, mit der Gott Sünden ablöst. Ein Büßender erfahre sie innerlich als Aufeinanderfolge von Tod und Auferstehung. Diese an vielen Stellen der Heiligen Schrift ausgewiesene Buße werde von den Scheintheologen bekämpft. Von der Kirche auferlegte Strafen (wie sie Augustin bezeugt) stelle nur ein Ungehorsamer in Frage; sie aber einem Bittsteller der Schwäche wegen zu erlassen, ist, als wenn der Gemarterte begraben werden soll. Bußstrafe sei zu ertragen, wenn der Büßende dazu bereit ist. Karlstadt ist sich nicht sicher, die Frage kanonischer Buße angeschnitten zu haben, doch er weiß, dass Augustin den Kirchenbrauch wertschätzte, gegen die Wahrheit aber wenig vermag. Wenn SpalatinKarlstadts Antworten missfallen, dann soll er Schriftbelege vorbringen; Karlstadt halte es mit den besseren Kirchenlehrern. Wieder besiege und binde Spalatin mit seiner Bildung Karlstadt und lasse ihn überall seine Güte erkennen.
Spalatins eigenhändige Notiz1 ordnet dieses undatierte Schreiben in das Jahr 1519 ein.2 Dessen Inhalt fasste er auf der hinzugefügten Beschriftung knapp mit Verweis auf Hes 18,20 (»Der Sohn wird die Schuld seines Vaters nicht tragen«) und die Themen »Buße und hingebungsvolle Beichte« zusammen. Den Fragen Spalatins scheinen bereits andere vorausgegangen zu sein.3 Dadurch ließe sich dieses undatierte Antwortschreiben Karlstadts als Stück eines in lokaler Nähe zwischen beiden geführten Austauschs interpretieren. Angeregt worden sein könnten Spalatins Fragen durch Beschäftigung mit KarlstadtsEpitome4 oder durch einen anderen Anlass wie z. B. eine Predigt Karlstadts. Aus den Monaten nach der LeipzigerDisputation haben sich nur zwei datierte Schreiben (von Anfang und Ende Dezember 1519) aus Karlstadts Korrespondenz mit Spalatin erhalten. Aufgrund von Luthers Bemerkung (am 20. August 1519 an Spalatin), Karlstadt habe »etwas überaus hartes« an Spalatin geschrieben5 – ließe sich für die Zeit nach der Leipziger Disputation ein »Abflauen« ihres Briefwechsels vermuten. Wahrscheinlicher ist eine Entstehung dieses Antwortschreibens Karlstadts im Halbjahr vor der LeipzigerDisputation.6