Nr. 136
Verschollen: Andreas Karlstadt an Georg Spalatin
[Wittenberg], [1519, vor 20. August]

Einleitung
Bearbeitet von Ulrich Bubenheimer und Alejandro Zorzin

1. Referenz

Martin Luther an Georg Spalatin am 20. August 1519: »Auditum est mihi Carlstadium durius quippiam ad te Scripsisse. Tu vide, ut homini [scil. Carlstadio] parcas. Tentatus est enim propter vesicam Ecciane iactantie et quorumdam aliorum.« (WA.B 1, 505,30–32 Nr. 195).

2. Inhaltliche Hinweise

In dem zitierten Brief bat Luther Spalatin um Nachsicht gegenüber Karlstadt, der sich – in einem verschollenen Brief an Spalatin – zu heftig geäußert habe, gereizt durch Johannes Eck und andere Gegner.1 Eck hatte am 22. Juli 1519 einen Brief an Kfst. Friedrich geschrieben2, in dem er die Gründe vorträgt, die ihn veranlassten, sich mit zwei Theologen der Universität des Kurfürsten auseinanderzusetzen. Darin erhob er zwei Vorwürfe gegenüber Karlstadt: dieser habe – im Rahmen seiner Apologeticae Conclusiones – Thesen gegen Eck veröffentlicht »mit viel verachtlichen und Schmach-Worten«.3 Ferner habe er einen Wagen in den Druck gegeben und ihn »ganz spöttlich mit ausgedruckten Namen darin verschmächt«.4 Im ersten Fall hat Eck wohl den Teil der Apologeticae Conclusiones (1518) im Auge, den Karlstadt gegen einige der sogenannten Obelisci, kritische Kommentare Ecks zu Luthers 95 Ablassthesen, gerichtet hatte.5 Im zweiten Fall geht es um das Bildflugblatt Currus/Wagen, das Mitte März 1519 zuerst in einer Fassung mit lateinischen Texten und Anfang Mai 1519 in einer Fassung mit deutschen Texten erschienen war. Ecks Behauptung, in den Wagen sei sein Namen ausgedruckt gewesen, lässt sich für die beide Fassungen6 widerlegen – sein Name kommt dort nicht vor. Jedenfalls haben Ecks Vorwürfe Karlstadt offenbar veranlasst, nun seinerseits in einem Brief an Spalatin polemisch über Eck herzufallen. Ungefähr gleichzeitig, am 18. August 1519, haben Luther und Karlstadt in einer Verantwortung an den Kurfürsten zu Ecks Schreiben Stellung genommen; darin stellt Karlstadt in Abrede, Ecks Namen in den Wagen genannt zu haben.7 Namentlich hatte er ihn jedoch in der Auslegung Wagen erwähnt.8


1Im Blick auf die von Luther neben Eck genannten »gewissen anderen« verweist Otto Clemen in WA.B 1, 505 Anm. 10 auf Äußerungen Hieronymus Emsers in einem offenen Brief (De disputatione Lipsicensi, quantum ad Boemos obiter deflexa est; CCath 4, 52,10) an den Leitmeritzer Propst und Administrator des Erzbistums Prag, Johann Zack. Aber Barge, Karlstadt 1, 168 zeigt, dass es sich um ein Schreiben Emsers handelte, das Karlstadt ironisierend in seiner Epistola gegen Eck erwähnte: »[…] Emserius scribendae adversum me obtrectationis tragicam ansam arripuit, atque me tanquam floccum parvifecit, […], exemplum suarum literarum penes me extat, quas ad Canonicum quendam Missiae dedit […].« S. KGK 140 (Textstelle)). Emser bestätigte daraufhin in seiner A venatione Lutheriana assertio (CCath 4, 98,18f.), dass dieses Schreiben an einen Meißner Kanoniker gerichtet war (wahrscheinlich an den Meißner Dekan und Leipziger Theologieprofessor Dr. Johannes Hennig).
2Als Beilage abgedruckt in WA.B 1, 459–462.
3WA.B 1, 460,13–16.
4WA.B 1, 461, 76–80.
5S. KGK I.2, Nr. 88, S. 871–901.
7KGK 134 (Textstelle); WA.B 1, 466,46–51.

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