Nr. 271
Räte Herzog Johanns von Sachsen an Andreas Karlstadt
Weimar, 1524, 18. September

Text
Bearbeitet von Stefanie Fraedrich-Nowag
Buchsymbol fehlt

Dem wirdigen und hochgelerten Andresen-
Bodenstein von Carolstat Doctor un-
serm gůten freund. Unser freuntlich dienst zůvor/ wirdiger und hoch-
gelerter gůter freund/ das schreyben so ir vor we-
nigen tagen an den durchleuchten hochgebornenn fuͤr-
sten und herren/ hernn Johansen Hertzogen zů Sach-
sen etc. unsern gnedigen hern gethan1/ haben sein fuͤrstlich
gnad hoͤren lesen/ und uns befolhen euch widerumb an-
zůzeygenn/ das die universitet zů Wittemberg an sein
F'urstlich' G'naden' geschrieben2 mit anzeyg. Nach dem sich die pfar
Orlamünde nach abziehen magistri Conradi Glitz3
widerumb verlediget4/ So hetten sie den hochgelerten
Ern Casparn Glatz5 der heyligen schrifft Doctor itzo an
sein stadt zů einem pfarnner6 da selbst7 gewelet.8 Derhal-
ben sie sein f'urstlich' G'naden' gebettenn/ dieweil ir euch verschiner9 zeit understanden/ in die selb pfar an10 iren willen zůdrin-
gen11/ das sein f'urstlich' G'naden' dem volck zů gůt mit euch ernstlich
Buchsymbol fehlt verfuͤgenn woͤlte/ euch anderßwo zůversehen unnd da
dannen zů wenden. Wan euch dan/ wie ir selb zůachten
nit gebuͤrt die selb aus eygnem fürnemen/ und an12 willen
gemelter universitet zů haben.13 So ist sein f'urstlich' G'naden' be-
ger unnd meinung/ das ir berurte pfar fürderlich14 reu-
met/ unnd das ienige was sich nach vermüge der pfar-
Inventarii gebuͤrt zů behůff des zůkuͤnfftigen Vicari-
en alda unnd dainnen lassen.15 Euch auch da dannen16/
und aus seiner f'urstlich' G'naden' und derselbigen bruders unsers
gnedigsten herren des Chůrfůrsten zů Sachsen etc. fuͤr-
stenthumb unnd landen sachen halben die seine f'urstlich' G'naden'
darzů bewegenn
17 fürderlich wendet/ unnd das nit an-
ders haltet. Dan was ir als dann wider D'octor' Luternn
zůerhalten18 vermeynt/ oder mit schreyben nit zů unther-
lassen wisset/ daran werdet ir seiner f'urstlich' G'naden' halben unge-
hindert sein.19 Das haben wir euch nit wissen unange-
zeigt zů lassen. Unnd thut daran hochgedachtes unn-
sers gnedigen hern meynung.Datum Sontags nach
Crucis exaltationis.20 Anno etc. xxiiii.

Unser gnedigst und gnediger hern von

Sachsen etc. Raͤthe itzo zů Weymar.


Beilage 1: Kanzleikonzept a

Buchsymbol fehlt

Unnser freuntlich diennst zuvor wirdiger
unnd hochgelartera guter freundt
dem durchlauchten hochgebornnen fursten unnd
hern hern Johannsen hertzogen zu sachssenn etc.
unnserm gnedigen hern/ hat die universitet-
zu wittennberg itzo geschrieben unnd angezeigt
Nachdem sich die pfarr zu Orlamunde nach
abziehenn magistri Conradi glizsch widerumb
vorlediget/ so hetten sie den hochgelarten Ern
Casparnn glatz der heiligen schriefft doctorn
an sein statt zu einem pfarnner da selbst
gewelet/b derhalben csy s'ein' f'urstlich' G'naden'c gebeten, dieweil
Ir euch dverschiner zeytd understannden/ In dieselb pfarr an Iren
willene zudringen/ das sein furstlich gnaden dem
volck zu gut mit euch ernstlich verfugen
wölte/ euch anders wo zuversehen/ unnd
da dannen zu wenden/ wan euch dann wie
Ir selbst zeachten nit geburttf
g dieselbh aus eignem furnemen iund an willen
gemelter universi'tet' redn〈?〉 gethan zů haben.i

jSzo istjseiner f'urstlich' g'naden' beger unnd
meynung/ das ir die berurtek pfar furderlich reuemetl
Buchsymbol fehlt unnd dasjenige was sich nach vermuge
des pfarr Inventari geburt, zu behuff
des zukunfftigen vicarien aldom ader euchn
ounnd darinnen lassen/p Euchq auchr dadannen
und auß seiner f'urstlich' g'naden' unnd derselben bruders
unsers gnedigsten heren des churfurstens zu sachss〈en〉t
furstenthumbu und landenv sachenw halben
ßo s'eine' f'ürstlich' g'naden' darzu bewegenn furderlich wendet und
das nit anders zutuen. Daran thuet ir s'einer' f'urstlich'〈g'naden'〉x
maynung Datum
o


Beilage 2: Kanzleikonzept b

Buchsymbol fehlt

Dem wirdigen unnd hochgelartenn
Andresen Bodenstain von Carolstat
Doctor unnserm guten frunde/

Buchsymbol fehlt

Unser freuntlich dienst zuvor wirdiger unnd
hochgelarter guter freund, ydas schreiben ßo ir vor wenigen tegen an den durchleuchten hochgeboren fursten und heren/ heren Johansen Hertzogen zu Sachsen etc. unsern gnedigen heren gethan haben s'ein' f'urstlich' g'naden' horen lesen und uns befolen euch widerumb anzuzeygenn das die universitet zu wittem'berg' an s'ein' f'urstlich' g'naden' geschrieben mit anzeig.y Nachdem sich
die pfar zu Orlamünde nach abziehen magistri
Conradi glitzsch widerumb verlediget so heten
sie den hochgelarten Ern Casparn glatz der hailigen
schrift doctorn itzoz an sein stat zu aynem pfarner
daselbstaa gewelet〈.〉 Derhalben sie s'ein' f'urstlich' g'naden'
gebeten/ dieweil ir euch verschiner zeit unter-
standen/ In dieselb pfarr aban Iren willenab zůdringen/ das s'ein' f'urstlich' g'naden' dem volck zuguet mit euch ernstlich verfu-
genn wolte/ euch anderswo zuversehen unnd
dadannen czuwenden. Wan euch dan/ wie ir
selbst zuachten/ nit geburtac dieselb aus aige-
nem furnemen und an will〈en ge〉melterad
universitetae zuha〈ben. So〉af ist
seiner f'urstlich' g'naden' beger unnd mayinu〈ng/ das〉ag ir
berurte pfarr furderlich reu〈met u〉ndah
das Jhenige was sich nach verm〈üge d〉erai
pfarr Inventarii geburt zu behuff des
zuknfftigen Vicarien aldo und darinnen
lasset. Euch auch dadannen und aus
seiner f'urstlich' g'naden' und derselbigen brude〈rs〉aj unsers
Buchsymbol fehlt genedigsten herrn des churfursten zu sachssn
furstenthumb unnd landen/ sachen halben
die s'ein' f'urstlich' g'naden' darzu bewegen furderlich
wendetak undal das nit anders haltet. amDan was iran als dannao wider d'octor' Luthern zuerhalten vermeynt oder mit schreibenap nit zuuntherlassen wist daranaq werdet irarseiner f'urstlich' g'naden' halben asungehindert sein.as D〈as〉at haben wir euch nit wissen unangezeigt zulassen. und thuet daranauseiner f'urstlich' g'naden' maynung. Datumam Datumav
sontags nach Crucis exaltacionis.
Anno etc. xxiiii.

unnser genedigst und genedigen herrnn
von Sachssn etc. Rethe itzo zu Weymar.


afolgt gestrichen besonnder
bfolgt gestrichen unnd
c-cvon anderer Hand über der Zeile ergänzt
d-dvon anderer Hand am äußeren Rand ergänzt
evon anderer Hand vor der Zeile ergänzt
ffolgt gestrichen hat
gfolgt gestrichen euch; von anderer Hand über der Zeile ergänzt und gestrichen auch nit underthenigen
ham Rand von anderer Hand ergänzt
i-ivon anderer Hand am inneren Rand ergänzt für im Text gestrichen wie [ folgt von anderer Hand über der Zeile ergänzt nuhn〈?〉] bescheen In [ von anderer Hand am äußeren Rand ergänzt und gestrichen lenger zu zulassen] die pfarr zulassen, und dieselb uber das, so euch sein f'urstlich'g'naden'hievor derwegen haben anzeigen lassen, zubehalden so [ folgt gestrichen ist] haben sein f'urstlich'g'naden'bevolen, euch dasselb anzuzeigen, unnd ist darauff
j-jvon anderer Hand am äußeren Rand ergänzt
kvon anderer Hand über der Zeile ergänzt
lvon anderer Hand verbessert aus reuemen
mfolgt gestrichen lassenn auch die ecker mit der sat, [ folgt von anderer Hand über der Zeile ergänzt dem samen] we es [ von anderer Hand über der Zeile ergänzt wie〈?〉] nit bescheen furderlich bestellen; von anderer Hand am äußeren Rand ergänzt und gestrichen und drinnen
nfolgt gestrichen sonst mit dem zukunftigen vicario darumb vertragen soltet, unnd das nit anders haltet. Daran thut Ir seiner f'urstlich' g'naden'meynung Datum sontags nach exaltionis Crucis Anno Domini xxiiii〈.〉Unser gnedigst und genedigen hernn zu Sachssnn etc. Rethe izo zu Weymar von anderer Hand am äußeren Rand stattdessen ergänzt und gestrichen wie ir die 〈[…]〉geburen widerumb 〈[…]〉ader dem kunpftigen vicario erstattung
o-ovon anderer Hand unter dem Text ergänzt
pfolgt gestrichen und reumet die gedachte u〈[…]〉
qunsichere Lesart
rüber der Zeile ergänzt
sdanach gestrichen F'rie'dr'ich'
tim Falz verklemmt
ufolgt gestrichen wendet
vfolgt gestrichen wendet denn mechten sich offentlich 〈[…]〉
wkorrigiert aus ursachen
xim Falz verklemmt
y-yvon anderer Hand am Rand ergänzt
zvon andrer Hand über der Zeile ergänzt
aavon anderer Hand korrigiert aus daselbsthin
ab-abam Rand von anderer Hand ergänzt
acfolgt gestrichen hat
adLoch im Papier
aefolgt gestrichen dieselbige
afLoch im Papier
agLoch im Papier
ahLoch im Papier
aiLoch im Papier
ajLoch im Papier
akfolgt ein gestrichenes Einfügungszeichen
alüber der Zeile ergänzt für gestrichen unnd
am-amam Rand und zwischen Datumsangabe und Unterschrift bis auf fol. 28r von anderer Hand ergänzt
anüber der Zeile ergänzt.
aoFolgt gestrichen ein unleserliches Wort
apFolgt gestrichen z
aqüber der Zeile ergänzt für gestrichen das zutuen euch
arüber der Zeile ergänzt für gestrichen euch
as-asüber der Zeile ergänzt für gestrichen unge〈[…]〉und sein
atin Falz verklemmt
aufolgt gestrichen unnsers gnedigen sowie darüber gestrichen hoch
avfolgt gestrichen weymar

3Konrad Glitzsch. Dieser hatte die Pfarrei zum 1. Mai 1523 verlassen; hierzu siehe die Einleitung zu KGK VI, Nr. 242.
4Die Stelle des Konventors wurde nach dem 1. Mai 1523 nicht neu besetzt; Karlstadt hatte die Pfarrei in seiner Funktion als Pfarrherr, der er als Archidiakon des Allerheiligenstifts offiziell war, übernommen; vgl. die Einleitung zu KGK VI, Nr. 242. Durch die Resignation des Archidiakonats (KGK 265) war die Stelle des Orlamünder Pfarrers nun rein rechtlich wieder vakant.
5Zu ihm siehe KGK 264 (Anmerkung).
6Pfarrer, Pfarrherr.
8Die Universität Wittenberg machte mit der Wahl Kaspar Glatz als direktem Nachfolger Glitzschs deutlich, dass Karlstadt aus ihrer Sicht die Pfarrstelle in Orlamünde nie als Konventor bekleidet habe: »[…] weil Magister Conradus Glitzsch berurther Pfarre junster Vicar die selb verlassen […], do durch disse verlediget worden, haben wir den erwirdigen hochgelehrten Ern. Casparn Glatz[…] dazu als vicarium perpetuum erwelt« (LATh-HStA Weimar, EGA, Reg. N 624, fol. 31r–v = Hase, Orlamünda, 116 Nr. XXIV); zur Rolle Karlstadts in Orlamünde siehe KGK VI, Nr. 242.
9vergangen. Vgl. DWb 25, 1065 s.v. verscheinen Nr. 3.
10ohne.
11Die Räte nehmen hier den auch von Luther immer wieder angebrachten Vorwurf auf, Karlstadt habe sich ohne den Willen von Universität, Stiftskapitel und Kurfürst in die Pfarrei gedrängt. Tatsächlich beruhte der Abzug des Konventors auf einer im Beisein Kurprinz Johann Friedrichs bereits im Herbst 1522 geschlossen vertraglichen Regelung; siehe Beilage 1 und 2 zu KGK VI, Nr. 242.
12ohne.
13Karlstadt wird also zum Wohle der Gemeinde aufgefordert, sich eine andere Stelle zu suchen und die Pfarrei zu verlassen, da es ihm – so die Argumentation des Herzogs und seiner Räte – nicht zusteht, aus eigenem Willen und ohne Wissen der Universität die Stelle zu bekleiden; siehe auch KGK 271 (Anmerkung).
14geschwind, bereitwillig; vgl. DWb 4, 717 s.v. fürderlich Nr. 2.
15Diese Regelung ist möglicherweise eine Konsequenz aus dem Abzug des vorherigen Konventors Konrad Glitzschs, der bei der Räumung der Pfarrei große Teile des Inventars mitgenommen hatte; vgl. KGK VI, Nr. 242.
16von dannen; vgl. DWb 2, 671 s.v. dadannen.
17Die Gründe für die Ausweisung werden nicht näher ausgeführt. Hierzu siehe die KGK 271 zu dieser Einheit.
18durchsetzen, behaupten, den Sieg davontragen. Vgl. DWb 3, 836 s.v. erhalten Nr. 8.
19Hierbei handelt es sich wohl um ein Zugeständnis an die zwischen Karlstadt und Luther am 22. August 1524 in Jena getroffene Abmachung, sich zukünftig nur noch publizistisch auseinanderzusetzen; vgl. KGK 267.
2018. September 1524.

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