Nr. 135
Andreas Karlstadt und Martin Luther an Kurfürst Friedrich III. von Sachsen – Begleitschreiben
Wittenberg, 1519, 18. August

Text
Bearbeitet von Stefania Salvadori
Buchsymbol7r
Ihesus.


Durchleuchtigister Hochgeporner Furst, gnedigister Herr. Eurenn Churfurstlichen
gnadenn seynd unßer unterthenige dienste mit unßermm gepett zcu Gott
zcuvorann bereyt. Gnedigister Furst unnd Herr, Nach dem E'uer' C'hur'f'urstlichen' g'naden'
von unß begeret, eyn anttwort auff D'octor'Johanns Eckenn Schrifft zcu thun1
alßo haben wyr muglichs vleyß angefangenn durch offenlichen druck
widder seyne yrrige meynung unnd unwarhafftige furbrachte stuck unßere
proposition vorclerung außzculassenn.2 darynne wyr unß vorsehen: D'octor'Eck
unnd yderman gnugsam grund unnd unterricht geschehen soll.
Doch schickenn wyr die weyll. hie mitaE'ueren' C'hur'F'urstlichen' G'naden' eyn Deutsch
schrifftlich antwort3: auff seynenn brieff an E'uere' C'hur'F'urstliche' G'nade' geben: sonderlich
gerichtet, ob villeicht E'uere' C'hur'F'urstliche' G'naden' die selbenn beliebte D'octor'Ecken zcu
schickenn.4 das wyr dar vmb gerne mochten sehen. dann wyr unß
vormüten: Er werd dasselb yhm eyn ernste ursach nehmen erausß
zcufladdernn5: wie er pflegt: unnd alßo die sach sich ym grund. an
tag geben wurdt. Doch stellenn wyr das alls E'ueren' C'hur'F'urstlichen' G'naden' yn yhr
wolgefallenn. Wyr empfinden offentlich das auß D'octor'Eck mancherley
schrifften unnd wercken: die unß von Nurmberg. Augspurg unnd allent-
halben zcukommen.6 das ers yhm furgenummen: die wittenbergischenn zcu
lesteren unnd schmehenn. mit liegen unnd triegen. auffs ergist er mag〈.〉
Er hatt sichs ergebenn. Nü helff gott der warheyt. Das sagen wyr Eueren Chur-
furstlichen gnaden darumb. das sie nit gedenck. wyr villeicht yhm zcuvill thun: Hiemit
wyr unß E'ueren' C'hur'f'urstlichen' g'naden' demutiglich befelhenn. Gott spar E'uer' C'hur'F'urstlichen' gnaden lange
seliglich Amen. Zcu wittenberg am tag Agapiti 15.19.7


unterthenige Cappellan
unnd Diener.
D'octor'Andreas Carlstad.
D'octor'Martinus Luther.

Buchsymbol7v
A°. 5. 19


Dem Durchlauchtigistenn Hochgepornenn
fürstenn unnd Herrnn. Herrnn Fridrich -
Hertzog zu sach〈s〉enn des Heyl. Ro. Reichs
ertzmarschalk Churfürst K'aiserlicher' M'ajeste't ynn
sechsichssenn Vicario landgraff ynn Duringen
Marggraff zcu Meyssenn, unßermm gnedigsten
Herrnn unnd patronenn etc.b


ahinzugefügt und wieder gestrichen schrifft
bfolgt D. Carlstads und D. Luthers bericht/ von Irenn in truck verfertigtenn proposition/ wieder Johan Ecken. – von anderer Hand hinzugefügt

1Vgl. den Brief Friedrichs III. an Eck vom 24. Juli 1519, KGK 132 (Textstelle); siehe auch den Brief Ecks an Kfst. Friedrich vom 22. Juli, KGK 132 (Textstelle).
2Gemeint sind hier die Mitte August 1519 erschienenen Resolutiones Lutherianae super propositionibus suis Lipsiae disputatis (WA 2, 391–435) und vor allem der Widmungsbrief an Spalatin (WA 2, 391–403), in dem Luther auch über Karlstadts Disputation berichtet und den Kollegen gegen die Vorwürfe Ecks verteidigt. Siehe ausführlicher in KGK 131.
3Und zwar die hier edierte, in deutscher Sprache verfasste Verantwortung, s. o. KGK 134.
4Der Kurfürst hatte bereits in seiner Antwort an Eck vom 22. Juli versprochen, den Ingolstädter über die eventuelle Antwort und Stellungnahme Luthers und Karlstadts in Kenntnis zu setzen; s. o. KGK 132 (Textstelle). Vgl. auch den Brief Luthers an Spalatin, 18. 8. 1519: »Mittimus Ecce, Mi Spalatine, literas ad Illustrissimum principem et patronum nostrum clementissimum ad Eccianas Calumnias responsorias, Quas si dignabitur Illustrissimus princeps ad Eccium mittere, gratum nobis fuerit, Sin secus, fiat, quod Deo placet.« (WA.B 1, 503,6–9 Nr. 194).
5Ausflattern, FWB 2,996: »ausfliegen (von Vögeln); auch übertragen auf den Menschen, dann z. B.: ausweichen, Ausflüchte suchen; sich wohin begeben«.
6Die Wittenberger hatten sowohl in Nürnberg (z. B. Pirckheimer und Scheurl) als auch in Augsburg (z. B. Bernhard Adelmann von Adelmansfelden und Oekolampad) Korrespondenten und Freunde, die Luther und Karlstadt rechtzeitig über die Veröffentlichung Ecks informieren konnten. In Anbetracht der Tatsache, dass Eck nach dem Ende der Disputation und vor der Zusendung dieses Briefes hauptsächlich gegen Melanchthon veröffentlicht hatte (vgl. KGK 131 (Textstelle)), könnte hier u. a. Johannes Oekolampad aus Augsburg gemeint sein, der sowohl Adressat der ersten öffentlichen Epistola de lipsica disputationeMelanchthons war, als auch Herausgeber einer Sammelausgabe von Melanchthons und Ecks Schriften über die Leipziger Disputation in Augsburg (M 3205; siehe dazu, auch für bibliographische Hinweise, MWA 1, 3 und 12f.), im Spätsommer/Herbst 1519. Vermutlich beziehen sich die Wittenberger hier aber auch auf die – im Brief an Spalatin erwähnte – Begutachtung Ecks bezüglich des Streits mit den Franziskanern in Jüterbog. Als sich Eck im Juli noch in Leipzig aufhielt, wurde er vom Bischof von Brandenburg beauftragt, eine Begutachtung der Schrift der Jüterboger Franziskaner vorzunehmen (Articuli per fratres minores de observantia contra luteranos; zu diesen Articuli und der Antwort Luthers vom Mitte Mai 1519 siehe KGK 139). Eck fertigte seine Begutachtung umgehend an (vgl. Wiedemann, Eck, 508f.) und der Bischof von Brandenburg sorgte sogleich für seine Verbreitung. Eine Kopie davon erhielt Luther bereits Mitte August; in seinem Brief an Spalatin vom 18. August beklagt er sich über diese Begutachtung Ecks (WA.B 1, 503,16–29 Nr. 194) und bereut sehr, dass die Wittenberger Druckwerkstätten derart überlastet seien, dass eine sofortige Reaktion nicht möglich wäre. Erst am 3. September berichtet LutherLang, dass seine Antwort in Leipzig gedruckt werden solle (WA.B 1, 506,16–20 Nr. 196): Es handelt sich hierbei um die Ende September erschienene Contra malignum Eccii iudicium defensio (WA 2, 621–654).
718. August 1519.

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