1. Überlieferung
Handschrift:
Die Abschrift weist Unterstreichungen und Markierungen am Rand auf, die wahrscheinlich durch den Kanzleischreiber angebracht wurden, um die wesentlichen Textpassagen in Bezug auf die Resignation Karlstadts hervorzuheben.
Edition:
- Friedensburg, Verzicht, 70–71 Nr. 1.
Literatur:
- Hase, Orlamünda, 70–72.
- Barge, Karlstadt 2, 110–112.
- Friedensburg, Verzicht, 69f.
- Joestel, Ostthüringen, 136–140.
2. Entstehung und Inhalt
Mit dem vorliegenden Schreiben reagierte Karlstadt auf die am 26. Mai ergangene abschlägige Antwort Friedrichs III. auf sein Gesuch, in Orlamünde bleiben zu dürfen (KGK 258). Er kündigte an, Orlamünde gemäß der fürstlichen Anweisung zwar zu verlassen, aus Gewissensgründen jedoch nicht, wie ebenfalls vom Kurfürsten gefordert, nach Maßgabe der Statuten des Allerheiligenstifts nach Wittenberg zurückzukehren und seine dortigen Verpflichtungen wahrzunehmen. Stattdessen erklärte er seine Resignation vom Amt des Archidiakons und der damit verbundenen Präbende in Orlamünde. Er bat den Kurfürsten abschließend, die Annahme der Resignation zu bestätigen und für die Zahlung der ihm für seine Tätigkeit im vergangenen Jahr noch zustehenden Resteinkünfte zu sorgen.1
Mit der Berufung auf sein Gewissen knüpfte Karlstadt an seine Argumentation aus der Zeit seiner Übersiedelung nach Orlamünde an, die er u.a. damit begründet hatte, den Gläubigen und Gott durch seine Verstrickung in das altkirchliche Pfründensystem nicht länger ein Ärgernis sein zu wollen.2 Bei einer Rückkehr nach Wittenberg wäre Karlstadt jedoch erneut gezwungen gewesen, in absentia Pfründengelder aus Orlamünde anzunehmen, da er allein mit dem Lohn für seine Vorlesungen an der Universität und den Predigten an der Stadtkirche, zu denen er sich wohl als kleinstes Übel beim Gespräch mit der Universität bereit erklärt hatte, nicht in der Lage gewesen wäre, den Lebensunterhalt für sich und seine Familie aufzubringen. Die Wiederaufnahme der gottesdienstlichen Tätigkeiten am Allerheiligenstift schloss er kategorisch aus;3 eine publizistische Tätigkeit als zusätzliche Einnahmequelle musste ihm vor dem Hintergrund der Zensurerfahrungen kaum verlässlich erscheinen. Eine Rückkehr nach Wittenberg war also aus finanziellen Gründen, v.a. aber um die Glaubwürdigkeit seiner eigenen Lehre nicht zu beschädigen, nahezu unmöglich.4 Die gegenüber Herzog Johann noch angeführte Verpflichtung gegenüber den Gläubigen in Orlamünde5 führte er in seinem Brief an den Kurfürsten dagegen nicht als Begründung an.
Zum Zeitpunkt seines Schreibens hielt sich Karlstadt in Borna auf, wo ihn ein Hochwasser dazu zwang, umzukehren und nach Orlamünde zurückzureisen.6 Wahrscheinlich befand er sich auf dem Weg nach Wittenberg, um – als Reaktion auf die abschlägige Antwort des Kurfürsten – vor Universität und Stiftskapitel seinen Verzicht auf das Amt des Archidiakons zu erklären.7 Aufgrund des Hochwassers daran gehindert, entschied er sich wohl, seine Resignation schriftlich beim Kurfürsten als höchster Entscheidungsinstanz einzureichen. Ende Juli begab er sich auf Anweisung Friedrichs III. nach Wittenberg, um den offiziellen Rechtsakt nachzuholen und seine finanziellen Angelegenheiten mit der Universität abschließend zu klären.8