Nr. 246
Sermon von Engeln und Teufeln
, [[1523, 29. September]][1524, [Anfang November]]

Einleitung
Bearbeitet von Harald Bollbuck

1. Überlieferung

Frühdrucke:

[A:]Karlstadt, Andreas Bodenstein von
Von Engelen vnd Teüf⸗∥felen ein Sermon. ∥ Andꝛeas Botenſtein von ∥ Carolſtadt. ∥ [Am Ende:] Gedꝛuckt ʒů Straßburg ∥ M. D. xxiiiȷ. ∥
Straßburg : [ Johann Prüss d.J. ], 1524.
4°, 12 Bl., a4–c4 (a1v leer).
Editionsvorlage:
BSB München, 4° Hom. 332 [Digitalisat].
Weitere Exemplare: UB Tübingen, Gf 1020 4°. — UB München, 4° Theol 5463 2.16..
Bibliographische Nachweise:

[B:]Karlstadt, Andreas Bodenstein von
Ayn ſtchoͤner Sermonn/ ∥ vonn Spalttung der ∥ gůtten vnnd boͤßen ∥ Engeliſtchen gay⸗∥ſtern jm himel: ∥ A: Karolſtat: ∥ Von erſt getruckt ʒů ∥ Straßburg. ∥ [TE]
[ Augsburger ]: [ Heinrich Steiner ], [1524].
4°, 12 Bl., A4, B2, C4 (A1v und C4r–v leer). --- TE.
Editionsvorlage:
BSB München, 4° Hom. 333..
Weitere Exemplare: HAB Wolfenbüttel, A: 151.24 Theol.(23)..
Bibliographische Nachweise:

Bis auf eine signifikante Abweichung1 und die Differenz des Titels handelt es sich um einen Version A sehr nahestehenden Nachdruck mit eigenständiger Orthographie.2 Das Titelblatt besitzt eine das Titelfeld umgebende Einfassung. Auf zwei mit Verziehrungen reich ausgeschmückten korinthischen Säulen (mit zusätzlichem Schmuck aus Eierstab, Auskehlungen, Akanthus etc.) rechts und links des Titelfelds, die auf Postamenten ruhen, stehen zwei Engelsfiguren mit Ährenbündeln in der Hand, zwischen ihnen befindet sich ein ebenfalls reich verzierter Tympanon (mit Blütenband, Eierstab, Mäanderband). Unterhalb des Titelfelds sitzen drei musizierende Putten (mit Laute, Posaune und Schlagwerk) auf dem eingerückten Säulenpostament, auf deren Vorderseite Figuren entlangziehen, die die Grenzen zwischen figürlicher und realer Darstellung phantastisch überschreiten.

Literatur:

2. Entstehung und Inhalt

Die Schrift Von Engeln und Teufeln beruht auf einer Predigt, die Karlstadt am Michaelistag (dem 29. September) 1523 – vermutlich in Orlamünde – gehalten hat.3 Anders als bei Druckschriften üblich, erfolgt die zeitliche Einordnung gemäß dem Tag der Predigt, da diese, wie eine Disputation für Thesenreihen, das Kriterium der Öffentlichkeitswirksamkeit des Textes bildet. Im Druck erschienen beide Textausgaben erst 1524, wobei auf dem Titelblatt der Augsburger Ausgabe der Straßburger Druck als Erstdruck bezeichnet wird.4 Vermutlich hinterließ Karlstadt das Manuskript bei seinem kurzen Aufenthalt in Straßburg im Oktober 1524 zum Druck.5 Ob es tatsächlich einen im Oktober/ November 1523 erschienenen »Urdruck«6 gab, ist ungewiss. Diese Annahme stützt sich auf Georg Christoph Kreysigs bibliographische Angabe aus dem 18. Jahrhundert, die eine Ausgabe des Traktats mit dem Druckort »Eysenburg 1523« postuliert.7 Eine Verwechslung vorausgesetzt, könnte der Druckort in Eilenburg emendiert werden, in Frage käme dann als Drucker Nikolaus Widemar.8 Ein Exemplar dieses mutmaßlichen Eilenburger Urdrucks ist aber bislang nicht entdeckt worden.

Der Traktat bricht mit den mittelalterlichen Angelologien – Fragen nach dem Leib der Engel und zur Geschichte des Himmelsturzes Lucifers werden nur gestreift. Karlstadt geht es um die biblische Begründung von Engelserscheinungen und ihrer Verkündigungen, deren Deutung er als Gesichte und Stimmen ins Innere des Gläubigen verlegt, und um die Abwehr jeglicher Teufelsfurcht und abergläubischen Angst vor Geistern.9 Diese Engelslehre integriert er in seine Offenbarungs- und Gelassenheitstheologie. Engel sind keine herausgehobenen Wesen, sondern von Gott zur Verkündigung beauftragt; ihre kultische Verehrung ist abzulehnen. In den meisten Fällen paraphrasiert Karlstadt die angeführten biblischen Belegstellen; gibt er aber eine zitatnahe Übersetzung wieder, ist diese unabhängig von Luthers Bibelübersetzung des Septembertestaments.

Der Sermon ist in vier Abschnitte untergliedert: 1. Eine kurze Engelslehre unter der Fragestellung: Was sind Engel? 2. Zur Unterscheidung von Engeln und Teufeln. Dabei steht der Sturz Lucifers und der apokalyptische Kampf im Mittelpunkt. 3. Vom Teufel – zentral ist hier die Angst vor dem Teufel und Geistererscheinungen und wie sie zu vermeiden ist. 4. Von den Engeln als Gottesgenossen, d.h. von der Gottesnähe der Engel. Thema ist die Verkündigung des Gotteswortes durch Engel und die Verlegung der prophetischen Stimmen ins Innere des Menschen.

Noch vor der Überschrift zum ersten Kapitel bietet Karlstadt eine Worterklärung und weist darauf hin, dass Engel schwach seien und wie schwache Seelen dem Teufel unterliegen können. Der erste Teil bildet dann eine Art Angelologie, beginnend mit unterschiedlichen Theorien zur Physik des Engelleibs, um dann überzugehen zu Belegstellen in der Bibel und der Frage nach Engeln als Seelen.

Der zweite Abschnitt setzt ein mit der Erzählung von den Engeln als Geistern und den Ursachen des himmlischen Sturzes Lucifers und seiner Mitstreiter im Kampf mit Gott,10 dem sie zur Last legten, einen Menschen zu seinem Sohn, zum Anführer der Gemeinde Gottes und zum Hüter des göttlichen Schatzes (der Gnade) gemacht zu haben.11 Karlstadt verwebt diese nachbiblische Legende mit apokalyptischen Anspielungen. Teufel seien somit nichts als gefallene Engel, ein Wechsel der Engel auf die teuflische Seite sei möglich.12 Der Teufel war schon vor Adam da, wie Christus als Lamm Gottes von Anbeginn getötet wurde.13

Im apokalyptischen Kampf der guten und bösen Engel gegeneinander14 versuche der Teufel, alle Engel gegen Christus zu führen,15 da sie laut seiner Behauptung ihm gleiche geistliche Wesen seien.16 Eine Mehrheit der Engel jedoch bestreite diese Wesengleichheit und erkenne den Sieg Christi an. Der Kampf der Engel um die Verheißung Christi ist synonym mit dem (inneren) Kampf der Menschen.

Der folgende dritte Teil befasst sich weniger mit dem Teufel und seinem Wesen,17 als mit den Auswirkungen der Teufelsangst auf die Menschen. Die Wahrheit Gottes und der Heiligen Schrift überwinde den Teufel.18 Geistererscheinungen seien nur teuflische Versuchungen.19 Diese tief eingetriebene Teufelsfurcht führe dazu, dass die Menschen Zuflucht bei abergläubischen Kulthandlungen, bei Götzen (Bildern) und Wallfahrten suchten.20 Zur Überwindung dieser Furcht sollten sich die Gläubigen weniger auf Hilfe der Engel verlassen, sondern einfältig die Gottesweisheit suchen, um die eigene Stärke auf Gott aufzubauen.21 Gottesfurcht sei geboten, nicht Furcht vor dem Teufel.22

Die evozierten Bilder der Gotteserkenntnis sind mystischer Provenienz und typisch für Karlstadts Schriften aus dem ersten Halbjahr 1523. Gott offenbare sich als in den Seelengrund einblickendes Licht; wahre Gotteserkenntnis, von Gott geschenkt, münde in die Heirat der Seele mit Gott.23 Karlstadt verbindet diese Offenbarungslehre mit seiner Gelassenheitskonzeption. Für die Gotteserkenntnis müsse der Gläubige all seine Habe verlassen.24 Sorge um den Verlust der irdischen, geschaffenen Dingen vermehre die Furcht vor dem Teufel; auch Angst vor weltlicher Macht erschwere es ins Gottesreich einzugehen.25 Diese Haltung rühre aus dem Unglauben und der Glaubensblindheit. Daher müssten diese Blinden und Unwissenden durchs Fegefeuer, wo sie »gefegt« und beschnitten werden.26 Daher solle man nicht um die Entfernung des Teufels bitten, der nur eine Zuchtrute Gottes ist, sondern darum, das Leiden zu ertragen.27

Der letzte und vierte Abschnitt befasst sich mit der Frage, wie Menschen den Engeln, die die Nähe Gottes genießen,28 begegnen und wie die Verkündigung des Gotteswortes durch Engel erfolgt. Da die Engel auf Grund dieser Nähe in Sorge seien, dass die Menschen sich vor ihnen fürchteten, näherten sie sich ihnen meist mit der Ansprache »Fürchte dich nicht«. Hieran sind gute Engel zu erkennen: Sie nehmen den Menschen die Angst vor ihnen, um sie Gottesfurcht zu lehren. Böse Engel aber schürten Furcht (vor sich)29 und wollten so die Menschen in die Lüge führen. Die Verkündigungen der Engel erfolgten in Gesichten und Prophetien, die es zu entschlüsseln gelte. Der Gläubige müsse dabei genau die Stimme des Engels beachten.30 In mystischer Deutung ist die Stadt Gottes für Karlstadt die Seele des wahren Christen, seine »inwendigkeit«.31 Engel verkündeten nicht nur Zukunftsprophetien, sondern legten auch die Heilige Schrift als Botschaften (im Sinne des Evangeliums) aus. Karlstadt lehnt an dieser Stelle noch einmal die römischen Kultpraktiken32 für Engel ab: sie seien keine Herren in einer Hierarchie, Verehrung stehe nur Gott zu.33 Schutzengel und Schutzapostel für Bruderschaften, Innungen, Feste, Krankheiten, Wallfahrten etc. seien nur Erfindungen, die sie zu Unrecht in ihrer Wirkung neben Gott (auf eine Stufe) stellten. Engel aber sind Brüder der Gläubigen. Sie können nicht selbst helfen und daher auch nicht angerufen werden, da Gott sie geschickt habe.34

Die Schrift Von Engeln und Teufeln bildet einen Baustein in Karlstadts laientheologischer Offensive des Jahres 1523. Angst vor dem Teufel führe von der Gottesfurcht weg, sie sei ein Mittel, um den Glauben zu schwächen. Engel seien keine herausgehobenen Wesen, sondern den menschlichen Geschöpfen, die im Glauben an den Mensch gewordenen Gottessohn Rechtfertigung erfahren, untergeordnet.35 Karlstadt erklärt die Erscheinung von Engeln zu einer inneren Stimme der Berufung, Offenbarung und Auslegung des Gottesworts. Daher seien alle Anrufungen von Engeln, ihre Verehrung und verbundene kultische Praktiken abzulehnen. Das Datum, an dem Karlstadt die Predigt hielt, der Tag des Erzengels Michael, stellt nur noch eine symbolische Verbindung dar: Wie Michael und seine Engel die äußeren Heerscharen des Teufels niederrangen,36 so habe der gläubige Christ mit seinen inneren Dämonen zu kämpfen. Den Ausweg aus Anfechtung und Angst bildet die Praxis der Gelassenheit und der Gehorsam gegenüber Gottes Willen. Damit verzahnt Karlstadt den Inhalt des Sermons Von Engeln und Teufeln mit den in den zeitnahen Schriften Von Mannigfaltigkeit des Willens Gottes und Was gesagt ist: Sich gelassen beschriebenen, mystisch grundierten theologischen Konzepten. Die Beschäftigung mit der Figur des Teufels und der Ursache des Bösen ließ Karlstadt noch nicht los. Im Januar 1524 veröffentlichte er in Jena eine weitere thematisch verwandte Schrift (Ob Gott Ursache sei des teuflischen Falls, KGK VII, Nr. 251), die eine Disputation aus dem Jahr 1522 aufnahm, deren Publikation aber als Ausfluss seiner pastoralen Praxis in Orlamünde zu verstehen ist.


2Variante B nutzt »ai«/»ay« anstatt »ei«/»ey«; häufig »Englen« statt »Engeln«; »teuflen« statt »teufeln«; »erwoͤlet« statt »erwelet«.
4»Von erst getruckt zů Straßburg« (KGK 246 (Textstelle)).
5Freys/Barge, Verzeichnis, Nr. 122. Gleichzeitig hinterließ Karlstadt in Straßburg auch das Manuskript für Ursachen seiner Vertreibung aus Sachsen (wird ediert in KGK VII) und für Von den zwei höchsten Geboten der Liebe (KGK 247). Zur dortigen Drucklegung vgl. KGK 247 (Anmerkung) und v.a. die Einleitung zu Ursachen seiner Vertreibung aus Sachsen (KGK VII).
8Zu diesem vgl. Kaufmann, Mitte der Reformation, 416–420.
9Der Text sucht in dieser Hinsicht Anschluss an die Traktate Von Abtuung der Bilder (KGK V, Nr. 219), Sermon vom Fegefeuer (KGK V, Nr. 233) und die 47 Conclusiones de coniuratione mortuorum (KGK V, Nr. 225).
10Beruhend auf Lk 10,18; 2. Petr 2,4; Jud 1,6; auch Joh 8,44.
11Diese Begründungserzählung des Engelssturzes ist apokryph und entstammt der Vita Adae et Evae, 14,2–15,3 (CCSA 18, 308,2–311,10; Vita Adae et Evae (Meyer), 225,65–226,90). Zeitgenössisch gab es einige römische Ausgaben, die nicht genau zu datieren sind. Vgl. Vita Adae et Evae (1487), fol. 2v–3r; Vita Adae et Evae (1500), fol. 2v–3r. Karlstadt lagen aber auch vernakulare Übersetzungsfassungen in Historienbibeln des 14.–15. Jh. vor; vgl. zu diesen VerLex (MA) 4, 67–75; Clemens, Historienbibeln; Merzdorf, Historienbibeln. Es ist aber auch möglich, dass Karlstadt die Legende über Bern. Adv. 2 (SBO 4, 162,20–24) und Bern. SC 17,5 (SBO 1, 100,22–25; 101, 5–12) rezipierte. Zur Überordnung des Menschen über die Engel vgl. Hon. Aug. XII quest. 7: »[…] quia homo in Christo est Deus, quod non est angelus; et angeli adorant supra se hominem Deum, non homines angelus.« (PL 172, 1182); dagegen betont Hon. Aug. Elucid. 1,10 (PL 172, 1116) die Gottähnlichkeit der Engel, die dem Herrn wie ein Wachsabdruck ähnelten. Die darauffolgende Überhebung Lucifers wurde in den Interpretationszusammenhang von Jes 14,13–15 Vg gestellt: »qui dicebas in corde tuo in caelum conscendam super astra dei exaltabo solium meum sedebo in monte testamenti in lateribus aquilonis ascendam super altitudinem nubium ero similis altissimo verumtamen ad infernum detraheris in profundum laci.«
12Möglicherweise beeinflusst von Theologia Deutsch (Franckforter), 92,33–37: »Und mochte der teufel czu dem waren gehorsam kommen, er wurde eyn engel und alle syne sunde und boßheit were gebessert und gebusset und were czu mal vorgeben. Und mochte eyn engel czu dem ungehorsam kommen, er were als balde eyn teufel, und ab er anders nicht meher thete.«
13Vgl. Joh 8,44 und 1. Joh 3,8. Auch in der Vita Adae et Evae, 14,3 (CCSA 18, 310,6f.; Vita Adae et Evae (Meyer), 226,81–83).
15Karlstadt bildet eine Ansprache des Teufels an die Engel nach Offb 12,10 nach. Über die Zahl der Engel, die Lucifer folgten, gab es tatsächlich Diskussion. Nach dem Drittel aller Sterne, die der Schwanz des Drachen in Offb 12,4 vom Himmel fegte, wurde gemutmaßt, dass ein Drittel aller Engel dem Teufel gefolgt sei; vgl. hierzu Aug. ench. 8,29, der auf Grund dieses Verlustes in der Schöpfung des Menschengeschlechts einen Ausgleich dessen sah. Bei Hon. Aug. Elucid. 1,11 (PL 172, 1116) sind die Dämonen der gestürzte zehnte Teil der Engel (ordines angelorum), auch hier schuf Gott den Menschen, um sie zu ersetzen; ähnlich spricht Hon. Aug. XII quest. 4f. (PL 172, 1180f.) vom zehnten Engelschor, den die gefallenen Engel bildeten.
16Hon. Aug. Elucid. 1,9 (PL 172, 1115) stellt die Engelsnatur der Dämonen heraus, sodass sie mehr wüssten als Menschen, aber längst nicht alles wie nur Gott.
17Fälschlich Barge, Karlstadt 2, 78 Anm. 173: »In der Hauptsache besteht er [scil. der Sermon von Engeln und Teufeln] aus einer Auseinandersetzung über das Wesen des Teufels, die hier füglich übergangen werden kann.«
20KGK 246 (Textstelle). Zu den Parallelen in Von Abtuung der Bilder, den 47 Conclusiones de coniuratione mortuorum und dem Sermon vom Fegefeuer vgl. KGK 246 (Anmerkung) und KGK 246 (Anmerkung).
26KGK 246 (Textstelle). Hier eröffnen sich Verbindungen zum Studium der unwissenden Seelen im Sermon vom Fegefeuer (KGK V, Nr. 233, S. 358, Z. 26–S. 359, Z. 1; S. 359, Z. 15f.) und zur Beschneidung des Herzens in De legis litera (KGK IV, Nr. 197, S. 405f.); s. auch KGK 246 (Anmerkung) sowie KGK 239 (Textstelle) mit KGK 248 (Anmerkung) u. KGK 239 (Textstelle), KGK 239 (Textstelle), KGK 239 (Textstelle). Zum Studium der Seele vgl. KGK 239 (Textstelle) und KGK 241 (Textstelle). Zur Definition von Gelassenheit als Beschneidung des Herzens in Was gesagt ist: Sich gelassen vgl. KGK 241 (Textstelle).
27Dieses Argument stellt eine Nähe zur in Was gesagt ist: Sich gelassen ausgebreiteten Diskussion her, ob die Bitte »Und führe uns nicht in Versuchung« aus dem Vaterunser einen Platz im Karlstadtschen Gelassenheitskonzept besitze (KGK 241 (Textstelle); s. auch KGK 241 (Textstelle)).
28Die Kapitelüberschrift »Von Gott gnossen Engeln« bezieht sich auf die Nähe zu Gott als »Gottesgenossenschaft« und auf den Genuß Gottes in dieser Nähe. Referenz ist Aug. civ. 11,33: »nos tamen has duas angelicas societates, unam fruentem Deo […].« (CCSL 48, 353,18). Die zweite Engelssozietät Augustins ist die Engelsschar, die in Liebe zu ihrer eigenen Erhabenheit aufgeblasen ist und sich Lucifer anschließt.
31Zum mystischen Begriff der Inwendigkeit siehe unten KGK 246 (Anmerkung). Vgl. auch DWb 10, 2151 s.v. Inwendigkeit. Die beiden Sozietäten der Engel als similare Bildung zu den zwei Staaten der Menschen in Aug. civ. 12,1: »[…] (duae scilicet angelorum totidem hominum) sed duae potius civitates, hoc est societates […] una in bonis, una in malis non solum angelis, verum etiam hominibus constitutae.« (CCSL 48, 355,7–10). Wenn die Stimme der Engel im Inneren der Gläubigen zu finden ist, dann ist die Stadt Gottes auch im Inneren beheimatet.
34Vgl. mit der Aussage im Sermon vom Fegefeuer, dass Gott Wunder vollbringen lasse, um seine Macht zu zeigen (KGK V, Nr. 233, S. 341, Z. 18–25).
35Zur Unterordnung der Engel unter Christus als diesem dienstbare Geister vgl. Orig. Cels. 5,4; zur Gleichstellung von Heiligen und Engeln vgl. Aug. ench. 15,63. Karlstadt mag unter solchen Heiligen geheiligte Seelen verstanden haben, die den Weg der mystischen Vereinigung mit dem Gottessohn auf dem Grund ihrer Seele vollzogen haben.

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