Nr. 244
Eine Frage, ob auch jemand möge selig werden ohne die Fürbitte Marias
Wittenberg, 1523, nach 27. Juli (Druck: Wittenberg, 1524)

Einleitung
Bearbeitet von Stefania Salvadori

1. Überlieferung

Frühdrucke:

[A:]Karlstadt, Andreas Bodenstein von
Eyn frage/ ob auch ye∥mant moͤge ſelig wer⸗∥den/ on die für⸗∥bitt Ma⸗∥rie. ∥ Andreas Carolſtat. ∥ Anno. M. D. XXiiij. ∥ Wittenberg. ∥ [TE] ∥ [Am Ende:] Geſchehen vnnd geſchꝛieben ʒů ∥ Wittenbergk am Montag nach Jacobi. Jm̄ Jar ∥ nach der geburt Chꝛiſti. M. D . XXiij. ∥
[Nürnberg]: [Hieronymus Höltzel], 1524.
4°, 10 Bl., A4, B2, C4 (fol. A1v leer) -- TE.
Editionsvorlage:
HAB Wolfenbüttel, A: 116.10 Theol. (7).
Weitere Exemplare: BSB München, 4° Polem. 547. — SUB Göttingen, 8 H E ECCL 378/5:2 RARA (16 an). — UB München 4° Theol. 5463 1.1., .
Bibliographische Nachweise:

[B:]Karlstadt, Andreas Bodenstein von
Ain frage ob auch ∥ yemant moͤge ſelig ∥ werden on die ∥ fürbit Ma∥rie. ∥ Andꝛeas Carolſtat. ∥ Anno. M. D. xxiiiȷ. ∥ Wittenberg. ∥ [TE] ∥ [Am Ende:] Geſchehen vnnd geſchꝛiben ʒů Wittenberg Jm ∥ Jar nach der Geburt Chꝛiſti. M. D. XXiiij ∥
[Augsburg]: [Philipp Ulhart d.Ä.], 1524.
4°, 8 Bl., A4--B4 (fol. B4r–v leer) -- TE.
Editionsvorlage:
BSB München, 4° Polem. 546.
Weitere Exemplare: ÖNB Wien, 20.Dd.356.
Bibliographische Nachweise:

[C:]Karlstadt, Andreas Bodenstein von
Ain frage ob auch ye∥mant müge ſelig werden on ∥ die fürbitMarie. ∥ Andꝛeas Carolſtat. ∥ Anno · M. D. xxiiij. ∥ Wittemberg. ∥ [TE] ∥ [Am Ende:] Geſchehen vnnd geſchriben ʒů Wittenberg Jm Jar nach ∥ der Geburt Chꝛiſti · M. D· XXiiij· ∥
[Augsburg]: [Jörg Nadler], 1524.
4°, 8 Bl., A4--B4 (fol. B4r–v leer) -- TE.
Editionsvorlage:
BSB München, 4° Polem. 548.
Bibliographische Nachweise:

[D:]Karlstadt, Andreas Bodenstein von
Eyn frage/ ob auch ∥ yemandt moͤge ſelig wer⸗∥den/ on dye fur⸗∥bitt Ma⸗∥rie. ∥ Andꝛeas Carolſtat. ∥ Anno. M.D. XXiiij. ∥ [TE] ∥ [Am Ende:] Geſchehen vnd ∥ geſchꝛieben tzů Wittembergk am Montag nach Jacobi. Jhm ∥ Jar nach der geburt Chꝛiſti. M. D. XXiij. ∥
[Erfurt]: [Wolfgang Stürmer], 1524.
4°, 8 Bl., A4--B4 (fol. B4r–v leer) -- TE.
Editionsvorlage:
SUB Göttingen, 15 an: 8° HEE 378/5:2 RARA.
Weitere Exemplare: HAB Wolfenbüttel, G 74.4 Helmst.(8).
Bibliographische Nachweise:

Die hier edierte Stellungnahme Karlstadts zur Verehrung Marias ist in vier Ausgaben überliefert. Die erste trägt auf dem Titelblatt eine Titeleinfassung1 und die Datumsangabe 1524. Am Ende steht die von Karlstadt angegebene Datierung des Dokuments auf den 27. Juli 1523.2 Diese Ausgabe erschien in Nürnberg bei Hieronymus Höltzel,3 der zwischen 1523 und 1524 begonnen hatte, reformatorische Schriften,4 vor allem Texte Luthers,5 aber auch einige Schriften Thomas Müntzers,6 herauszugeben. Neben der hier edierten Schrift erschien bei Höltzel 1524 auch eine Ausgabe von KarlstadtsVon dem Missbrauch des Herren Brot und Kelch (KGK VII).7

Von dieser Nürnberger Ausgabe stammen wahrscheinlich die Ausgaben B und C ab. Sie sind in Augsburg bei Philipp Ulhart d.Ä.8 und Jörg Nadler9 erschienen und stehen in engem Zusammenhang: Sie korrigieren auf gleiche Weise die Druckfehler von A bzw. nehmen minimale Änderungen an A vor,10 weisen identische Mundart auf und geben die gleiche Textgestaltung wieder; darüber hinaus tragen sie die Jahresangabe 1524 auf dem Titelblatt und korrigieren entsprechend auch die am Schluss von Karlstadt angegebene Datierung der Stellungnahme.11

Die vierte Ausgabe erschien in Erfurt bei Wolfgang Stürmer12 und unterscheidet sich von den anderen drei, da sie die Ortsangabe »Wittenberg« auf dem Titelblatt13 nicht übernimmt. Wie Ausgabe A gibt sie außerdem das Fertigstellungsdatum der Schrift – 27. Juni 1523 – am Ende wieder. Schließlich fügt sie auf fol. B2v–B3r, unmittelbar vor dem letzten Absatz der hier edierten Schrift, einen Auszug aus einem Text Luthers an. Es handelt sich um zwei Paragraphen aus der Predigt Dass eine christliche Versammlung oder Gemeine Recht und Macht habe,14 die aber im Vergleich zum Original Luthers in umgekehrter Reihenfolge stehen. Ob dieser Einschub und seine Gestaltung eine selbstständige Leistung des Erfurter Druckers war oder ob er auf einer heute verschollenen Vorlage beruht, bleibt unklar. Aus der Kollation der Ausgaben A und D ergibt sich kein eindeutiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen ihnen. Es bleibt daher offen, welche von beiden der Erstdruck war. Da die Wittenberger über enge, auch persönliche Beziehungen nach Erfurt und über Kontakte mit Druckern in Nürnberg verfügten, ist es nicht auszuschließen, dass A und D zwei unabhängige und parallele Überlieferungslinien darstellen.

Literatur:

2. Entstehung und Inhalt

Den Anlass zur Anfertigung dieser Schrift schildert Karlstadt gleich zu Beginn. Ein Priester namens Georg Kirchner15 habe über die Vermittlerrolle Marias zwischen Gott und den Sündern gepredigt und die Notwendigkeit, sie anzurufen, um Erlösung zu erlangen;16 ein Zuhörer widersprach Kirchners Aussagen auch mit Bezug auf Ps 49(50),17 wurde deshalb inhaftiert und ermahnt, nie wieder eine Predigt zu unterbrechen oder vom Prediger Beweise aus der Schrift zu fordern.18 Über den von Karlstadt erwähnten Vorfall ist nichts Weiteres bekannt. In der Schrift Selig ohne Fürbitte Marias aber behauptet Karlstadt, er wäre um eine offizielle Stellungnahme gebeten worden. Sowohl der Anfangssatz19 als auch der Schlussparagraph, in dem Karlstadt ausdrücklich darauf hinweist, er habe das Original des Schreibens mit seinem Siegel versehen,20 verleihen der Schrift sogar Urkundencharakter.21 Folgt man diesen Angaben, so ist davon auszugehen, dass die Abhandlung in Wittenberg22 am 27. Juli 1523 fertiggestellt wurde23 und unmittelbar danach handschriftlich kursierte; der Druck erfolgte höchstwahrscheinlich erst 1524, ob auf Anregung Karlstadts oder anderer hin, bleibt fraglich.

Auch wenn die konkreten historischen Umstände, die zur Entstehung und zum Druck dieser Schrift führten, im Dunklen liegen, und wenn nicht auszuschließen ist, dass die Beschreibung des Anlasses der Schrift fiktive und rhetorische Komponenten enthält,24 lässt sich Selig ohne Fürbitte Marias eindeutig in die breite Debatte über die Marienverehrung der damaligen Zeit einordnen. Bereits im September 1522 äußerte Luther, der sich schon vorher mehrfach mit dem Thema befasst hatte,25 offen seine Kritik an der Marienverehrung.26 Obwohl er einräumte, die Mutter Jesu habe unter den Menschen eine besondere Gnade erhalten, lehnte er die Heilsvermittlerrolle Marias ab.27 In Luthers Augen hatten die »pfaffen und munch« gegen die Heilige Schrift »der weiber ehr herfur ziehen wellen und Mariam so hoch erhept, das sy uns ein gottin (nach art der heiden) aus dieser demutigen dienerin gemacht haben. Solichs nu tzu bestettigen můsten sy lugen brauchen und die geschrifft bey dem har da hin ziehen und tzwingen da hyn sy nit gehort.«28 Im Gegenteil, betonte Luther, die Heilige Schrift lehre eindeutig, dass nur Christus seine Gläubigen gerettet habe. Durch Christi Blut könne sich jeder Christ als von allen Sünden gereinigt und so heilig wie Maria betrachten. Dass sie besondere Gnade erfahren habe, sei darüber hinaus nicht ihr Verdienst, sondern Ausdruck besonderer göttlicher Barmherzigkeit.29 Die Kritik am Marienkult, die in Luthers Predigt mit den damals in Wittenberg thematisierten sozialen und wirtschaftlichen Reformen verknüpft wurde,30 umfasste auch zwei der am weitesten verbreiteten Antiphonen, das Salve Regina und das Regina coeli, die als Beispiele für die verfehlte Hinwendung zur Gottesmutter galten.31

Auf diese Kritik reagierten in den folgenden Monaten altgläubige Theologen, wie der Ingolstädter Georg Hauer.32 Zwischen Sommer und Herbst 1523 formulierte er in drei Predigten eine Widerlegung des Sermons Luthers33 und stellte einen Zusammenhang her zwischen der Diskussion um den Marienkult und der Hinrichtung von zwei Augustinermönchen aus Antwerpen, Heinrich Voes und Johan van den Esschen, am 1. Juli 1523.34 Diese bald darauf als erste »Märtyrer der Reformation« gerühmten Augustiner35 waren nach Hauers Ansicht nicht einmal würdig, am Tag des Marienfestes am 2. Juli (Visitatio Mariae) hingerichtet zu werden.36 Anscheinend behaupteten andere Zeitgenossen dagegen, die Mönche hätten kurz vor ihrer Hinrichtung durch die Intervention der Jungfrau Maria ihre Überzeugungen verworfen.37 Die Diskussion um den Marienkult, seine Formen und Grenzen, die bereits 1522 als Symbol der zunehmenden Abgrenzung zwischen Rom und Wittenberg in den Vordergrund rückte,38 nahm deshalb ab Herbst 1523 durch zahlreiche Flugschriften massiv zu.39

Ob Karlstadt sich mit der hier edierten Schrift in der Diskussion, die auf Grund der Hinrichtung der beiden Augustinermönche in Brüssel entstand, positionieren wollte, ist nicht belegt. Sicherlich war er sich der Debatte bewusst; es handelte sich bei der Marienverehrung angesichts ihrer zentralen Bedeutung in der spätmittelalterlichen Theologie und Frömmigkeit um keine periphere Frage, sondern – wie bei der Infragestellung der allgemeinen Heiligenverehrung, aber auch der Fastenordnungen, der Mönchsorden und der Priesterehe – um eine Bewährungsprobe für die neue Gestaltung der reformatorischen Kirche. Selig ohne Fürbitte Marias will sich jedoch nicht in eine akademische theologische Auseinandersetzung begeben, sondern zielt darauf ab, den Gläubigen eine konkrete und klare Anleitung zu bieten, und wendet sich daher gemäß der 1523 eingeleiteten theologischen und persönlichen Neupositionierung Karlstadts vornehmlich an Laien.40

Im ersten Teil der Schrift kritisiert Karlstadt beide von der als Georg Kirchner bezeichneten Gegnerfigur formulierten Behauptungen. Der Prediger irre, wenn er behauptet, Maria sei Mittlerin zwischen Gott und den Menschen: Zum einen, weil er keine biblische Grundlage für seine These biete (und niemand, so betont Karlstadt, darf der Heiligen Schrift auch nur ein einziges Wort hinzufügen), zum anderen, weil nach der Lehre des Apostels Paulus die Behauptung, man brauche die Fürbitte Marias, gleichbedeutend mit der Behauptung sei, Christus sei umsonst gestorben. Die Schrift Selig ohne Fürbitte Marias argumentiert, nur Gott sei Vermittler für den Menschen und nur Christus habe durch seinen Tod den Gläubigen das ewige Heil gesichert. Wahre Christen werden also nur im Namen Christi selig, ganz sicher nicht im Namen Marias, die Jesus selbst mit allen anderen Menschen gleichsetzt.41 Auf diese Widerlegung folgt die Ablehnung der zweiten Behauptung Kirchners: Da Maria nicht für eine Mittlerin zwischen Mensch und Gott gehalten werden könne, sei es nicht notwendig, sie anzurufen, um gerettet zu werden. Vor allem Joh 14,6 beweise, dass nur Christus zum Vater führe. Die in Karlstadts Augen falschen Prediger wie Kirchner vertreten nur aus Geldgier die Marienverehrung. Dadurch fordern sie die Menschen auf, an einen Menschen (sei es Maria oder irgendein Heiliger) statt an Gott allein zu glauben und führten das Volk ins Verderben.

Im zweiten Teil der Schrift Selig ohne Fürbitte Marias bekräftigt Karlstadt die zentrale und eigenständige Rolle der Laien in Glaubensfragen. Dazu verweist Karlstadt auf den angeblich konkreten Vorfall, der ihm als Theologen berichtet worden sei. Der Laie, der Kirchner zu einer auf die Bibel zentrierten Begründung der Predigt aufforderte, habe eine Stelle aus Ps 49(50) angeführt. Anstatt die Meinung des Zuhörers zu berücksichtigen, ließ Kirchner ihn inhaftieren und ermahnen. Karlstadt beweist zunächst, dass die von dem Laien angegebene Bibelstelle schriftgemäß begründet und relevant war, da sie belegt, dass sich Christen nur an Gott wenden und nur ihn anbeten dürfen. Die Fürbitte der Heiligen, auch Marias, sei falsch und unchristlich, da diese nur Menschen seien, die eine besondere Gnade erhalten hätten. Die in der Heiligen Schrift enthaltene Formulierung des Ave Maria sei kein Gebet, sondern einfach eine Erzählung darüber, wie die Mutter Jesu eine außergewöhnliche Gnade erhielt. Karlstadt wolle diese spezielle Gnade, die allen Heiligen zuteilwurde, sicher nicht bestreiten, doch wie alle Gläubigen strebe er nur danach, diese Gnade direkt aus der Quelle, d.h. aus Gott ohne Vermittler zu trinken und zu erhalten.42 Und weil die Gnade nur aus Gott fließt, dürfe jeder Christ nur dem Wort des Vaters glauben, nicht dem der Menschen, die immer lügen. Deshalb haben die Laien das Recht, Pfarrer und Prediger um Erklärungen zu bitten und ihre Aussagen zu hinterfragen. Der Apostel Paulus selbst räume den Laien das Recht ein, eine Predigt zu unterbrechen. In diesem Fall solle der Prediger schweigen und auf die Meinung der Zuhörer achten, da alle, auch einfache Gläubige, die Schrift auslegen könnten.43 Laien – sogar Kinder – können die Heilige Schrift manchmal besser auslegen und dürfen deshalb die falschen Propheten anklagen, die die Bibel verderben. In diesem Zusammenhang fügt die Erfurter Ausgabe zwei Abschnitte aus einer Predigt LuthersDass eine christliche Versammlung oder Gemeine Recht und Macht habe ein, die die Hauptaufgabe des Pfarrers als Verkündigung des Wortes definiert – eine Aufgabe, die von Päpsten und Bischöfen vernachlässigt und korrumpiert worden sei. Fürsten und Herren sollten deshalb in Luthers Augen die Macht haben, in ihren Territorien selbst wahre christliche Prediger zu bestellen und die falschen zu entfernen.44 Diese Einfügung – vielleicht auf Initiative des Druckers45 – steht thematisch allgemein im Einklang mit Karlstadts Argumentation, verleiht ihr aber gleichzeitig einen anderen Schwerpunkt. In den letzten Zeilen der Schrift Selig ohne Fürbitte Marias, die Karlstadt zur Ehre Gottes und zur Offenbarung der Wahrheit an einen Laien geschickt hat, findet sich lediglich ein knapper Hinweis auf die weltlichen Obrigkeiten, die sich »entsynnen/ und ire hende an sich halten [sollen]/ so lang biß sy sich bestendiger warhait erkundt haben.«


1Eine Beschreibung der Titeleinfassung, die nicht Höltzels Offizin zugeschrieben wurde, in Dommer, Lutherdrucke, 240 Nr. 79.
2Vgl. Zorzin, Flugschriftenautor, 207 Anm. 116. Daran, dass dieser Druck, »auch wenn er auf dem Titelblatt die Angabe 1524 bringt, am 27. Juli 1523 als Fertigstellungsdatum der Schrift festhält, könnte man ersehen, dass er in die Anfänge des Jahres 1524 gehört.«
3Siehe Freys/Barge, Verzeichnis, Nr. 107, wo aber ausgeschlossen wird, dass dies die erste Ausgabe ist, da »die Angabe auf dem Titel ›Wittenberg‹ im Widerspruch damit [steht], dass der Nürnberger Höltzel Drucker der Schrift ist. Eine solche Divergenz ist wohl bei einem Nachdruck, nicht aber beim Originaldruck verständlich.« Dieses Argument erscheint nicht ausreichend, da der Drucker nicht unbedingt den Druckort im Titelblatt angeben musste; stattdessen hätte er den Herstellungsort der (möglicherweise handschriftlichen) Vorlage anführen können oder mit Zorzin, Flugschriftenautor, 207 Anm. 116 eine klare Verbindung zwischen dem Autor des Druckes und der Reformationsstadt ausdrücken wollen. Es sei auch darauf hingewiesen, dass die Angabe »Wittenberg« auf dem Titelblatt vieler zeitgenössischer Ausgaben bei Höltzel verwendet wurde; s.u. KGK 244 (Anmerkung). Zu diesem Drucker siehe auch Reske², Buchdrucker, 715f.
4Siehe u. KGK 244 (Anmerkung) zur Drucklegung von Schriften um die Hinrichtung von zwei Augustinermönchen als Anhänger Luthers in Brüssel.
5Siehe z.B. VD 16 L 4961 oder VD 16 L 6063 und VD 16 L 3945 (die zwei letztgenannten mit derselben Titeleinfassung wie die hier edierte Schrift). Unter den bei Höltzel in jenen Jahren erschienenen Werken Luthers befindet sich auch eine Ausgabe von Luther, Christliche Versammlung (1523). Auszüge aus dieser Schrift Luthers sind in unserer Ausgabe D hinzugefügt worden; s.u. KGK 244 (Textstelle).
6Vgl. VD 16 M 6747.
7Entspricht VD 16 B 6234. Dazu auch Bogen A von Dialogus von dem Missbrauch des Sakraments (KGK VII), in VD 16 B 6140.
8Zur Zuschreibung unserer Ausgabe B an diesen Drucker siehe Schottenloher, Philipp Ulhart, 110 Nr. 80. Philipp Ulhart d.Ä. hatte im Jahr 1523 auch Sermon vom Fegefeuer, KGK V, Nr. 233 (Ausgabe C bis E) herausgegeben; siehe zu ihm Reske², Buchdrucker, 37f. Eine Beschreibung der auch in der hier edierten Schrift verwendeten Titeleinfassung, die von mehreren Druckoffizinen verwendet worden war, in Dommer, Lutherdrucke, 258 Nr. 127. Außerdem ist festzuhalten, dass das Exemplar von Johannes SchwebelEin Sermon auf Misericordia Domini (= VD 16 S 4763) in der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg mit der Signatur 4 Th H 2407, das der Werkstatt von Melchior Ramminger zugeschrieben wird, unsere Ausgabe B von fol. B2r (in der vorliegenden Edition von KGK 244 (Textstelle)) bis zum Ende wiedergibt. Zu Rammingers und Ulharts Druckereien in jenen Jahren siehe Kaufmann, Mitte der Reformation, 428–445. Vgl. dazu Reske², Buchdrucker, 37: »Anfang 1523 begann Ulhart mit Typenmaterialien von den Öglin Erben sowie von Schönsperger, Grimm und Otmar zu drucken«.
9Siehe Pegg, Swiss Libraries, 48 Nr. 403. Zu diesem Drucker siehe auch Reske², Buchdrucker, 32f. Eine Beschreibung der in der hier edierten Schrift verwendeten Titelbordüre in Freys/Barge, Verzeichnis, 236 Nr. 109. 1523 hatte Jörg Nadler auch Sermon vom Fegefeuer, KGK V, Nr. 233 (Ausgabe F) herausgegeben.
11Die Drucktypen sind nahezu identisch und die Unterschiede im Satzspiegel minimal. Es lässt sich daher nicht feststellen, ob eine der beiden Ausgaben die Grundlage der anderen war. Zu den Typen, Initialen und Titeleinfassungen Ulharts siehe Schottenloher, Philipp Ulhart, 11–18.
13Mit Titeleinfassung, beschrieben in Freys/Barge, Verzeichnis, 235 Nr. 106.
14Vgl. Luther, Christliche Versammlung (1523). Bei Wolfgang Stürmer erschien 1523 eine Ausgabe dieser Schrift, entsprechend VD 16 L 4284. Dass auf dem Erfurter Druck die Angabe »Wittenberg« fehlt, »sowie dass sich hier allein der vollständige Text findet«, spricht nach Freys/Barge, Verzeichnis, 237 für die Annahme, Ausgabe D sei der Originaldruck. Beide Argumente sind nicht überzeugend. Zur Verwendung der Angabe »Wittenberg« auf dem Titel in der Nürnberger Ausgabe, s.o. KGK 244 (Anmerkung). Die Tatsache, dass die Erfurter Ausgabe eine erweiterte Fassung bietet, d.h. einschließlich der Einfügung des Luthertextes, bedeutet nicht, dass diese der »vollständige Text« ist, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Erweiterung auf der freien Entscheidung des Druckers (auch, um ein sonst leerbleibende Blatt zu füllen) beruht, was kaum etwas über das Kursieren der Vorlage oder den Erstdruck aussagt.
15Es war nicht möglich, einen Prediger mit diesem Namen zu identifizieren, der in jenen Jahren tätig war. Es gibt nur eine Spur zu einem Johannes Kirchner, Pfarrer zu Zörbig; vgl. Bünger/Wentz, Brandenburg, 440. Dass der Name des Predigers auch in der Schrift nicht mit Sicherheit identifiziert wurde (»villeicht Georg Kirchner genant«), deutet jedoch darauf hin, dass Karlstadt entweder keine genaue Angabe darüber hatte oder den Prediger bewusst nicht namentlich erwähnen wollte.
21So auch Zorzin, Flugschriftenautor, 200f. mit Anm. 87.
22Im Sommer 1523 begann Karlstadt seine Tätigkeit in Orlamünde, siehe dazu KGK 242 und KGK 243; er pendelte jedoch eine geraume Zeit vermutlich zwischen Wörlitz (siehe Einleitung zu KGK 245), Wittenberg und Orlamünde; vgl. nochmals KGK 243.
24Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Name des Predigers (s.o. KGK 244 (Anmerkung)), mit dem Karlstadt ironische Wortspiele bildet (s.u. KGK 244 (Textstelle)), nur fiktiv ist. Auch der ausdrückliche Hinweis auf das am Ende des Originals angebrachte Siegel ist für den damaligen Urkundenstil unüblich und verweist auf die Möglichkeit des fiktiven Charakters des Dokuments.
25Siehe z.B. die Predigten In die conceptionis Mariae (1519), in WA 9, 432–434; Marias Heimsuchung (1520), in WA 9, 474f.; In die purificationis Marie (1521), in WA 9, 565–571. Siehe auch Das Magnificat verdeutscht und ausgelegt (1521), in WA 7, 538–604 und das Betbüchlein (1522), wo ausdrücklich festgelegt wurde, das Ave Maria sei kein Gebet, sondern ein Lob (WA 10.II, 408,4–9). Ein Überblick auch in Düfel, Marienverehrung.
26Vgl. den am 8. September 1522 gehaltenen Sermon von der Geburt Marias (1522) über Mt 1,1–17, in WA 10.III, 312–331. Siehe auch Zwinglis Predigt von der ewig reinen Magd Maria (September/Oktober 1522), ediert in Zwingli, Werke 1, 391–428 und neu in Campi, Zwingli und Maria, 99–146. Siehe zur Predigt Zwinglis und deren vielen Übereinstimmungen mit Luthers Magnifikat-Auslegung (s.o. KGK 244 (Anmerkung)) – auch wenn Zwingli die Fürbitte der Heiligen und Marias dezidierter als biblisch nicht begründet verwirft – Schneider, Zwinglis Marienpredigt.
27WA 10.III, 325,13–326,17.
28WA 10.III, 314,18–22.
29WA 10.III, 315,27–316,16.
30Siehe z.B. in Zusammenhang mit den Armen, WA 10.III, 316,26–320,19.
31WA 10.III, 321,14–322,17. Zur Kritik Karlstadts zu Salve regina, s.u. KGK 244 (Textstelle) und KGK 244 (Textstelle). Siehe auch die Ablehnung des Salve regina und die nach Lutherschem Sinn korrigierte Version dieses Antiphon in Freysleben, Salve regina (1523). Auf Freyslebens Flugschrift nimmt auch der Ingolstädter Theologe Georg Hauer in seiner Widerlegung der Predigt LuthersSermon von der Geburt Marias (s.u. KGK 244 (Anmerkung)) Bezug. Einen Überblick und eine historische Kontextualisierung der Diskussion zu den marianischen Antiphonen bieten Wegener, Neukonzeption des Marienbildes und Rothenberger/Wegener, Maria in Hymnus und Sequenz.
32Zu Georg Hauer (um 1484–1536), in Leipzig zum Dr. theol. und in Ingolstadt zum Dr. jur. can. promoviert, ab 1518 Pfarrer am Münster in Ingolstadt und Professor der Kanonistik an der dortigen Universität, siehe Brandl, Georg Hauer; BBKL 19, 633–635. Dieser Ingolstädter Theologe, der Eck nahe stand, gehörte auch der Universitätskommission an, die Arsacius Seehofer vor Gericht stellte und ihn am 7. September 1523 (am Vorabend eines Marienfestes) zum Widerruf seiner Überzeugungen zwang. Seehofer wurde vorgeworfen, sowohl als Magister über die Paulusbriefe laut eigenem Bekenntnis nach Melanchthon gelesen zu haben als auch »lutherische« Bücher und Mitschriften von Vorlesungen Luthers und Melanchthons zu besitzen. Seehofer hatte sich 1518 in Ingolstadt immatrikuliert, wechselte aber 1521 nach Wittenberg, wo er Melanchthons und vermutlich auch Karlstadts (siehe Barge, Karlstadt 2, 13 und KGK 239 (Anmerkung)) Vorlesungen gehört hatte. 1522 kehrte er nach Ingolstadt zurück. Am 12. März desselben Jahres wurde er unter die lesenden Magister aufgenommen, bis er Mitte August nach Gerüchten und Denunziation gefangen genommen wurde. Zum Prozess und dessen Echo siehe Hofmann, Geschichte Ingolstadt 2.1, 698f. Die Liste der am 7. September (»an unser Frauen geburt Abent«) angemahnten 17 Artikel Seehofers wurden damals mehrfach ediert, siehe Sibentzehen Artickel (1523). Der Fall löste eine große öffentliche Diskussion aus. Zum Eintreten Argulas von Grumbach für Seehofer siehe Kommer, Flugschriften von Frauen, 72–78. Siehe auch Luthers Reaktion in Luther, Widder das verdamnis (1524).
34Obwohl sich keine Hinweise auf eine offene Kritik am Marienkult seitens Heinrich Voes und Johan van den Esschen in den Quellen finden, wurden die Augustiner in der katholischen Publizistik bald als »Marienschänder« gebrandmarkt. Es scheint wahrscheinlich, dass sie, wie der Prior ihres Antwerpener Klosters Heinrich von Zütphen (um 1488–1524), ähnliche Ideen wie Luther in Bezug auf Heilige und den Marienkult vertraten. Zu Heinrich von Zütphen und seinen Verbindungen zu Wittenberg und auch zu Karlstadt im Jahr 1521 siehe KGK IV, Nr. 200, vor allem S. 463 Anm. 11; zu seinen Predigten gegen den Marienkult, die er nach seiner Flucht aus Antwerpen (Herbst 1522) in Bremen 1523 hielt, siehe Rudloff, Zütphens Bremer Predigten.
35Siehe die Reaktion von Autoren der Reformation auf diese Hinrichtung, insbesondere die Luthers, der die beiden Augustiner als die »Heiligen Gottes« bezeichnet, in Ein neues Lied wir heben an (1523) in WA 35,411–415, hier vor allem 414. Zahlreiche Schriften befassten sich zwischen Herbst 1523 und 1524 mit der Hinrichtung der Augustinermönche in Brüssel; sie erschienen auch bei den Druckereien, die die hier edierte Einheit veröffentlichten; siehe z.B. bei Höltzel in NürnbergVD 16 A 176 und VD 16 L 4141, oder bei Stürmer in ErfurtVD 16 L 4140 und VD 16 ZV 12980.
37Das berichtete Erasmus in einem Brief an Charles Utenhove vom 1. Juli 1529, in Erasmus, Epistolae (Allen) 8, 211f. Zur Reaktion Luthers auf solche Gerüchte, s.o. KGK 244 (Anmerkung). Siehe allgemein über die Hinrichtung von Heinrich Voes und Johann van den Esschen und über die damit verbundene Diskussion um die Marienverehrung Christman, Marian Dimension.
39Ein Überblick und weiterführende bibliographische Hinweise in Heal, Virgin Mary; Art. »Maria/ Marienfrömmigkeit II. Kirchengeschichtlich« in TRE 22, 119–137, v.a. 134–136. Siehe auch zu Luther und der Diskussion um die Marienverehrung Düfel, Marienverehrung, hier vor allem 89–162.
40Zur Neupositionierung des »neuen Laien«Karlstadt, der die Gemeinde Orlamünde seit Sommer 1523 leitete, siehe nochmals KGK 239.
42Siehe nochmals KGK 244 (Textstelle).
43Außerdem, so Karlstadt, waren auch die Propheten keine Geistlichen, sondern einfache Hirten oder Laien. Siehe u. KGK 244 (Textstelle).
45Eine Hypothese zur Einfügung dieser zwei Absätze bei Zorzin, Flugschriftenautor, 206: »Neben den beiden Hauptthemen des Schreibens, der Frage nach der Mittlerrolle Marias und der Heiligen und dem Recht der Laien, die Aussagen ihrer Prediger am Maßstab der heiligen Schrift zu überprüfen, kommt auch Kritik an der Geldgier des altgläubigen Kirchenwesens zum Ausdruck. Karlstadt hält sich in seinen Ausführungen bewußt kurz und geht auf Vieles nur stichpunktartig ein. Darunter hat gegen Ende des Gutachtens vor allem das zweite Thema zu leiden. Diesen Eindruck hatte wohl auch der Herausgeber des Erfurter (Nach-)Drucks der Schrift, da er am Ende noch einen Text einfügt, der aus Luthers Schrift ›Daß eine christliche Versammlung oder Gemeine Recht und Macht habe, alle Lehre zu urteilen‹ stammt.« Es ist jedoch auch vorstellbar, dass der Drucker mit dieser Einfügung eines inhaltlich insgesamt kohärenten Textes ein Blatt füllen wollte, das sonst leer geblieben wäre.

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