1. Überlieferung
Handschrift:
Autograph mit Abdruck von Karlstadts Siegel auf fol. 105v.
Editionen:
- CR 1, 544 Nr. 191.
- Müller, Wittenberger Bewegung, 180 f. Nr. 83.
Literatur:
- Barge, Karlstadt 1, 403 f. mit Anm. 196 u. 199.
- Bubenheimer, Aufruhr, 178–182, bes. 179 f. mit Anm. 184 u. 186.
- Oehmig, Wittenberger Bewegung, 108–111; 120–124.
- Wetzel, Melanchthon und Karlstadt, 175–180.
2. Entstehung und Inhalt
Dieser Brief Karlstadts an den kurfürstlichen Rat Hugold von Einsiedel ist eine Antwort auf dessen Schreiben vom 3. Februar 1522.2Karlstadt weist die Anwürfe aus Einsiedels Schreiben zurück. Die beklagte Uneinigkeit3 entstehe nur, weil die Ordnung des Gottesdienstes nicht auf biblischem Fundament beruhe und sie stattdessen nach menschlicher Vernunft eingerichtet worden sei. Tatsächlich gebe es innerhalb Wittenbergs eine Auseinandersetzung um die Frage der Beichte.4Karlstadt richtet über Einsiedel eine Bitte an die Obrigkeit, dass die Prediger den Gottesdienst nur gemäß der Bibel abhalten sollten.5 Das Ärgernis, das Karlstadt erregt haben solle, entstehe nicht durch die Reform, sondern sei im Gegenteil die Praxis einer falschen Lehre.6 Den Vorwurf, dass er nicht rechtmäßig zur Predigt berufen sei,7 weist Karlstadt zurück. Als Archidiakon sei er befugt, in der Schlosskirche zu predigen, dies stehe ihm am Nachmittag nach dem morgendlichen Gottesdienst, den der Propst abhalte, zu.8 Als geweihter Priester könne er zudem grundsätzlich predigen. Er vermutet, dass diese Falschmeldung Einsiedel von Gegnern Karlstadts in Wittenberg zugetragen wurde.9
Ebenso weist Karlstadt die Beschuldigung, er predige Aufruhr, zurück; er sei gegen jede Form von Aufruhr, doch befürchtet er, dass die Gegner der Reformen mit ihrer Haltung eine überschießende Reaktion provozierten.
Hugold von Einsiedel forderte in heute verschollenen Schreiben10 die Mitglieder des Ausschusses von Universität und Stiftskapitel auf, sich in Eilenburg zu weiteren Verhandlungen einzufinden. Diese zogen sich vom 8. bis 12. Februar 1522 hin.11 Vermutlich um dem Kurfürsten das gesamte Ergebnis der Verhandlungen zu präsentieren, leitete EinsiedelKarlstadts und Melanchthons Antwortschreiben erst am 14. Februar 1522 an Friedrich III. weiter.12