Nr. 152
Verschollen: Dialogus in Lovanienses
[Wittenberg], [1520, zweite Hälfte März]

Einleitung
Bearbeitet von Ulrich Bubenheimer und Alejandro Zorzin

1. Referenz

Briefe von Karlstadt an Spalatin: »Dialogus, de quo memini, fictitius in eventu erit« (KGK 151 (Textstelle)) bzw. »[…] alia non habeo, quae mittam, nisi velles, dialogum obliquum in Lovanienses confectum spectare« (KGK 153 (Textstelle)).

Literatur:

2. Inhaltliche Hinweise

Martin Luther1 und Johannes Dölsch2 traten publizistisch gegen die Verurteilung durch die Löwener auf den Plan.3 Auch Karlstadt erwog, unter seinem Namen etwas gegen die Löwener zu veröffentlichen, verfasste aber wohl vorerst einen halbverdeckten (obliquus) Dialog gegen sie.4 Im Brief an Spalatin, in dem Karlstadt (Mitte März) von einem Dialog (gegen die Löwener) schreibt, war dieser noch in Planung.5 In einem weiteren, ebenfalls undatierten Brief an Spalatin schreibt Karlstadt, er habe neben seiner Confutatio nichts, was er Spalatin senden könne, außer dem dialogus obliquus gegen die Löwener.6 Mit der Confutatio wird seine Schrift gegen Eck gemeint sein, deren Drucklegung am 23. Februar 1520 noch nicht fertig war.7 Bei dem in halbverdeckter Weise8 gegen die Löwener gerichteten Dialog9 wird es sich um den im anderen Brief angesprochenen fiktiven Dialog handeln.10 Beide undatierten Briefe an Spalatin (KGK 151 und KGK 153) lassen sich in die Mitte, bzw. zweite Märzhälfte 1520 einordnen.11 Auf das Urteil der Löwener kommt Karlstadt nochmal in seiner Bedingung (September/Oktober 1520; vgl. KGK 165) zu sprechen: er lehne sie als Richter ab, da sie sich nur auf die dominikanischen und franziskanischen Hauptvertreter der Theologie beriefen, die Theologie mit Philosophie vermengten.12


1WA 6, 181ff.
2Im April 1520 erschien die Verteidigung für Luther von Dölsch, Defensio (1520).
4Vgl. Bubenheimer, Consonantia, 194 Anm. 41: »Die Unterscheidung [in Karlstadts zwei undatierten Briefen an Spalatin], dass die eine Schrift ›meo sub nomine‹ erscheinen soll, während der Dialogus ›fictitius‹ bzw. ›obliquus‹ sei, zeigt deutlich, dass es sich um zwei verschiedene Schriften handelt.«
5Vgl. KGK 151.
6Vgl. KGK 153.
7Vgl. KGK 149.
8obliquus »schräg«, »von der Seite« hat im vorliegenden Zusammenhang die Bedeutung »halbverdeckt«: Der Autor verschweigt seinen wirklichen Namen, doch der Kenner kann Vermutungen zum möglichen Autor anstellen.
9Wenn Karlstadt überlegt, mit einem Dialog auf seine Verurteilung durch die Löwener zu reagieren, könnte die Wahl einer solchen (fictitius, obliquus) Veröffentlichung durch den (gegen den Leipziger Petrus Mosellanus gerichteten) Dialog des Löweners Jakob Latomus (Anfang 1519) inspiriert gewesen sein; Latomus zielte mit seinem Dialog indirekt auf Erasmus und dessen in Löwen eingerichtetes collegium trilingue (WA 8, 38).
10Ob er Spalatin den Dialog in abschriftlicher Form zukommen lassen wollte oder derselbe schon gedruckt vorlag (wie die Confutatio), bleibt offen. Von einem fiktiven, kurzen, bei Melchior Lotter d. J. in Wittenberg, im selben Jahr (1520), gedruckten Dialog, der den Augustiner Johannes Betzenstein zum Autor hatte (vgl. Dialogus Bulla (1520)), sind Exemplare erhalten; vgl. dazu Bubenheimer, Thesenanschläge, 47–50. Es ist wenig wahrscheinlich, dass sich von dem Karlstadt Dialog, so er denn gedruckt wurde, kein einziges Exemplar erhalten haben sollte; daher ist zu vermuten, dass er ihn Spalatin als Handschrift senden wollte.
11Barge, Karlstadt 1, 466 datiert: »etwa Mitte März 1520«.
12»[…] des ich mich beding/ weil auch die Theologen zu Loven/ szo mein leer als ketzerisch vordambt/ und mich doch nit dartzu beruffen/ in yhren schulen Thomas Aquinas/ Bonaventuras/ Scotos/ unnd Capricornos/ die vormengter schrifften weebel und hauptleut seind/ mit hoher emisickeit leszen und verteydigen/ kan ich sie/ und yhrer gleichen/ auch nit leyden.« (KGK 165 (Textstelle)) Auf die Stelle hat Barge, Karlstadt1, 244 hingewiesen.

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