Nr. 151
Andreas Karlstadt an Georg Spalatin
[Wittenberg], [1520, Mitte März]

Einleitung
Bearbeitet von Ulrich Bubenheimer und Alejandro Zorzin

1. Überlieferung

Editionen:

Literatur:

2. Inhalt und Entstehung

Karlstadt entschuldigt sich bei Spalatin, dass er ihn bei dessen Aufenthalt [in Wittenberg] verpasst habe und versichert, ihm bereitwillig an jeden Ort folgen zu wollen. Er überlege jetzt unter seinem Namen eine Schrift gegen die Löwener Brandstifter herauszugeben. Der Dialog den er erwähnte werde, wenn er erscheint, fiktiv sein.1 Bei Verlust seiner Priestereinkünfte fürchte er bettelarm zu werden, andernfalls würde er mit dem Angriff auf die Löwener nicht zögern; er werde jedoch maßvoll gegen die Löwener vorgehen.

Die Löwener Fakultät legte der Kölner Fakultät die im Herbst 1518 in Basel gedruckte (erweiterte) Sammelausgabe mit Werken Luthers – sowie den Thesen Karlstadts gegen Eck (KGK I.2, Nr. 88) zur Prüfung vor.2 Die Kölner entschieden am 30. August 1519, dass der Druck unterbunden und verbrannt, der Autor zu öffentlichem Widerruf gezwungen werden solle. Daraufhin wandten sich die Löwener auch an den Lütticher Bischof Erhard von der Mark, um dessen Einstellung zum Verdikt auszuloten. Der schlug vor, den Druck von Kardinal Adrian von Utrecht (Bischof von Tortosa) begutachten zu lassen. Am 7. November 1519 ließen die Löwener ihr Urteil über die Basler Luther-Sammelausgabe an Kardinal Adrian gelangen, der sich mit Bescheid vom 4. Dezember dem Urteil anschloss. Die Luther verurteilenden Texte wurden im Februar 1520 vom Löwener Drucker Thierry Martens veröffentlicht3 und gelangten spätestens Mitte März nach Wittenberg.4 Karlstadt sah sich zu einer Stellungnahme gegen die Löwener Theologen veranlasst, weil diese in ihrer vorwiegend gegen Luther gerichteten Verurteilung auch seine Thesen gegen Eck (vgl. KGK I.2, Nr. 88) mit einbezogen5 und gefordert hatten, den Basler Luther-Sammeldruck, in dem Karlstadts Thesen enthalten waren, zu verbrennen.6 Im vorliegenden Brief an Spalatin findet sich mit Karlstadts Verweis auf die Lovanienses Concrematores ein Anhaltspunkt zur chronologischen Einordnung. Am 19. März 1520 schickte Luther die Urteile der Universitäten Köln (30.8.1519) und Löwen (7.11.1519) samt dem diesen Verurteilungen zustimmenden Brief Adrians von Tortosa (4.12.1519) an Spalatin.7 Spätestens ab diesem Zeitpunkt wusste Spalatin von deren Absichten, den Sammelband mit Lutherschriften und Karlstadts Thesen gegen Eck dem Feuer zu übergeben. Karlstadts Brief an Spalatin könnte also um Mitte März 1520 verfasst worden sein.


1»Jetzt erwäge ich etwas gegen die Löwener Brandstifter unter meinem Namen herauszugeben. Der Dialog, den ich erwähnte, wird wenn er erscheint, fiktiv [= verstellt] sein«; s. u. KGK 151 (Textstelle).
2Vgl. WA 6, 170f.
4Luther an Spalatin (19.3.1520): »Mitto Lovanienses & Colonienses Asinos, quibus iam respondeo per typos« (WA.B 2, 72,8f. Nr. 268); sowie Luther an Spalatin (25.3.1520): »Responsio ad Colonienses Bomolochos et leones mortuos venit ad finem ultimae chartae propediem absolvenda« (WA.B 2, 75,18f. Nr.271). Vgl. Barges Überlegungen zu Datierung dieses Briefes (Barge, Karlstadt 1, 465f.), der die von Jäger (Jäger, Carlstadt, 140f.) vertretene spätere Datierung desselben mit überzeugenden Argumenten entkräftet.
5Vgl. WA 6, 175,31 und 178,7–11: »Itaque supradictum librum [vgl. Frühdruck C₁ in KGK I.2, Nr. 88, S. 871f.] complectentem conclusiones nonaginta quinque cum suis declarationibus […] Item Andreae archidiaconi propositiones apologeticas, […] librum ipsum ac omnes et singulos tractatus eius, […] doctrinaliter damnamus […], et de medio tollendos censemus ignique cremandos […]«.
6WA 6, 178,7–11.
7WA.B 2, 72,8f. Nr. 268.

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