Nr. 274
Wie sich Glaube und Unglaube gegen Licht und Finsternis, gegen Wahrheit und Lügen, gegen Gott und den Teufel halten
1524, [Anfang Oktober] (Entstehung: [1524, vor Ende August] )

Text
Bearbeitet von Stefania Salvadori

Buchsymbol fehlt Wie sich der ge
-
laub und unglaub gegen dem liecht und
finsternus/ gegen warheit und lügen/ gegen got und
dem teufel halten.
Was der Frey will vermöge.1
Ob man als bald glaub/ als man gottes warheit
gehöret.2
Von dem einsprechen Gottes.3
Wer augen hat der wirt mercken/ was die sünd in
den heiligen geist.4
Item/ Wenn man tauffen.5
Item/ Wie ein erleuchtes/ und hohes leben des
Christen ist.6
Die rouhen Christen seind in dem kleinen ungetreu
und ungelassen/ wie moͤchten sie in dem grossen ge-
-
lassen und getreu sein?
Andres Carolstat.
M.D.XXIIII.a


Buchsymbol fehlt Inhalt disz büchlins.

In disem büchlin wil ich kürtzlich anzei-
gen/ was der rechte glaub sey/ der selig
macht. Widerumb was der verthümbt
ungelaub sey. Was der wurtzellose ge-
laub/ den Christus nit achtet/ Und der
kleyn gelaub sey den got ansihet/ wie-
wol er nicht kan selig machen.

Boser verstandt des worts Unglaub.

Christus hat zwey urteyl gesprochen/ dises inhalts/
Nichst seliget uns denn der glaub. Nichts verthümbt
uns denn der unglaub. Nichts füret uns zů dem
ewigen leben unnd reich gottes/ dann alleyn der glaub.
Nichts brenget uns zů dem ewigen todt/ unnd ins teu-
Ioan. 5.fels reich/ denn nůr der unglaub. Welcher an Chri-
stum glaubet/ der wirt nicht gericht.7 Welcher nicht glau-
bet/ der ist schon gericht.8

Dise urteil hab ich vortzeiten also vernommen. Wel-
cher an Christum glaubet/ der wirt nicht gericht/ Das
ist war/ so lang er glaubet. Widerumb/ welcher nit glau-
bet/ der ist schon gericht/ das ist auch war/ So lang er
nicht glaubet/ so lang ist er gericht. Wenn aber der un-
glaubig auß seinem unglauben/ in glaubenn kaͤm/ so
hat das gericht oder verthümbnus sein ende. Das
hab ich also verstanden und geleret/ als müst der mensch
so bald glauben/ oder nicht glauben/ alsbald im9 Christus na-
men oder reden würdenn verkündiget. Aber nůn weiß
ich/ das Christus wort/ wenn er saget/ Welcher nicht
glaubet/ der ist geurteilet/ eynenn anderenn sinn ha-
benn/ Unnd daß der schone geurteylet ist/ der nicht ge-
laubet/ strackes wye Chrystus redet. Wye wol es war
ist/ das Got alle seyne werck/ wol unnd gůt gemacht
Ezech. 18Buchsymbol fehlt hat/ und iglichem willen/ gern barmhertzigkeit bewei
Osee. 6.sen welt/ und das leben seiner creatur viel lieber hat/ dann
den todt.10 Aber der unglaubig/ hat stetts einen verkarten
willen/ in welchem got seyn handt der barmhertzigkeit
weder regen/ noch sein barmhertzige gůtheit drinn scha-
ffen kan. Denn die verkarte gebůrt/ und der verstürtz-
te sinn/ setzet sich selbert ausserthalb des influß goͤtly-
cher barmhertzigkeit/ unnd wil gottes gunst nit anne-
men/ sondern verachten/ drumb kan im11 got nicht helffen.

Myr mangelet der verstandt des worts/ unglaub/
1. Timo. 1Und als wenig ich Paulum verstůnd/ so er spricht/ Ich
hab derhalbenn barmhertzigkeit erlanget/ das ich un-
wissende wider Christum than hab im unglauben12/ So
wenig verstund ich auff der andern seiten Christum/ der
saget/ Welcher nit glaubet/ der ist schon gericht.13 Ich
kunte mich nicht recht drein schicken. Ich meinet das die
schrifft das wort/ unglaub/ in einem einzelen sinn ewig-
lich brauchen thet. Als aber ich mich besser besinnen thet/
und fast verwunderet/ fandt ich/ das zweierley sinn und
bedeutnus durch obberürte reden angezeigt/ unnd das
Paulus durch das wort/ unglaub/ eyn ander ding be-
deut/ dann Christus/ wie wol sieb beide auch in obberür-
tem worte uber ein kommen/ und ein iglicher das wort
glaub/ oder unglaub/ manigfaltiglich gebrauchet. Denn
Paulus sprycht/ Ich hab barmherzigkeyt erlanget/
derhalben/ das ich im unglauben/ unwissende Christum
verfolget.14 Dargegen spricht Christus (wie wol verde-
cket) welcher nicht glaubet/ der wirt seines unglaubens
entgelden/ und keine barmhertzigkeit erlangen.15 Das
aber das Christus meinunge sey/ gibt das woͤrtlin/ ge-
richt/ Der gericht oder verurteilt ist/ der erlanget nit
barmhertzigkeyt nach dem gehalten gericht/ dann er
můß stracks die straff leiden/ welche im16 das urteil uff le-
get. Wenn aber barmhertzigkeit stat haben solt/ nach
Buchsymbol fehlt gesprochnem urteil/ würd folgenn/ das der teufel auch
barmhertzigkeit erlangen/ und erloͤßt werden moͤcht.

Untherscheidt tzwischen glauben
und unglauben.

Gründtlich in dise sach zů kommen/ wil ich zwen ge-
gensaͤttze/ einen wider den anderen/ stellen/ als nemlich
den unglauben wider den glauben. Dann sie beide de-
ster kaͤntlicher/ und ein jedes teil durch das ander sichti-
ger wirt. Drumb ist zů wissen/ das der unglaub mit gan-
tzem leib und allen gebeinen/ und mit seinen arten und
sitten wider den glauben steht/ und nicht allein in dem/
das der unglaub verthümbt/ und der glaub selig macht/
oder der glaub nicht sterben lesset/ sonder durch den leib-
Ioan. 6.lichen todt zům ewigen leben füret17/ und der unglaub in den
ewigen todt brengt/ sondern auch in andern artickeln.

Denn alles das der glaub annimbt/ lobt/ wirckt/ oder thůt/
gleich das selbe verstoͤsset der unglaub/ und straffets/ und fleu-
gets/ und thůts nit. Zů allem dem der glaub lieb/ lust/
und froͤligkeit hat/ das ist dem unglauben leidt/ unlust und
Ioan. 1.zůr traurigkeit. Der glaub hat hitzige lieb/ grossen
lust zů dem ungeschaffnen liechte18/ das ewig liecht nimbt
er an/ er liebets vast/ und belüstet sich drinn/ doch mit auß-
gestracktem lust/ und hat unsaͤgliche froͤligkeytc im liecht.19
Roma. 1320Widerumb der unglaub speyhet das ewige liecht auß21/
Ephe. 5.22und nimbt es nicht an/ vil weniger hat er lieb und lust und
froͤligkeit in dem ungeschaffnen liechte.
Der glaub
Ioan. 12.23klebet am liechte mit hitzigen begirden/ schwindem wil-
len/ und mit außgegoßnem leben/ drumb hasset der ge-
laub das finsternus/ und wandlet nicht im finsternus/
wie wol er finsternus leiden můß/ yedoch geht er nicht
im finsternus/ das ist/ er setzet weder gedancken/ noch
willen ins finsternus. Widerumb der unglaub nimbt
Ioan. 3.24das finsternus an/ unnd hats mehr lieb dans liecht/ und
Buchsymbol fehlt hatt sein leben/ willen/ begirden/ unnd sinnen nach
der finsternüs gericht. Der glaub fleühet die
werck des finsternüs mit ernster flucht/ und keret sich
thaͤtlich von allem dem/ das dem finsternüs verwandt
oder anhengig ist. Aber der unglaub forschet nach den
wercken der finsternüs/ und setzet seyn hertz und můt zů
den finsternüssen. Das ist von dem licht unnd finster-
nüssen gesagt
.

Von der warheit und lügen ists auch klar/ das der
glaub und unglaub/ widerspenstiger art und natur seind.
Der glaub hasset lügen/ und hanget der warheyt ahn.
Aber der unglaub hanget der lügen und uppikeit ahn/
und hasset die warheit. Der glaubig/ ist gegen der schar-
pfen gerechtigkeit gottes als ein fester stehelin berg25/
oder ein wol gebundten faß/ da durch nichts drieffetd26/
das got dreyn geüsset. Gegen der lügen aber hat er einen
ewigen grauen/ und heltet keine. Widerumb der unglaub
ist sam ein zerspalten und ungebundten faß/ dadurch die
warheit leüfft/ so offt sie dran stosset. Wie der glaub frey
steht/ uff der warheyt/ also steht der unglaub gefangen
uff der lügenn/ wie wol er meynet im27 sey am besten.
So ist zů mercken/ die widerspenstigkeyt des glau-
bens und unglaubens/ und das eines weder des an-
dern gegenwurff oder art/ noch weyse annimbt/ noch
annemen kan.28

Mittel/ tzwischen glauben
und unglauben.

Zwischen diesen beyden enden/ ist ein mittel/ welches
die schrifft zeiten29 glauben nennet/ und ist doch nit der eüs-
serst30 glaub. Oder zeiten einen unglauben heysset/ und ist
doch nit der verthümbt unglaub. Oder zeiten finsternüs
Rhom. 1.oder blindtheyt nent/ und steht doch nit im eüssersten fin-
sternüß/ etwan würts menschliche weißheyt/ etwan un-
Buchsymbol fehltwissenheyt geheyssen.31 Das heltet sich also. Ehe32 der
mensch in der eüssersten gegensetzen33 eynen kumpt34/ als
in den verthümlichen unglauben/ oder heylparen glau-
ben/ hatt er vil gedenckens/ mühe/ unnd arbeyt/ unnd
vorgeht vil zeyt drob/ darnach eyner grob oder subtyl
ist/ darnach ein yedere geschickt/ und im geyst beschnitten/
oder gefegt wirt.35 Darnach kümpt er in der enden einß.
Mitler zeit mag einer wol ein schlecht erkaͤntnüß göt-
licher warheit haben. Es ist aber nicht ein gründtlichs
und solichs erkaͤntnüß/ welches Christus annimbt oder
verstoͤsset und zůr helle verurteylt und treybet. Es ist
auch nicht endtlichs in solichen mittel erkaͤntnüß/ denn
der mensch kan noch ab und zů dretten/ und zů der eüs-
Ioan. 1.sersten enden eynes kommen. So ist es auch nit gründt-
Roma. 1.lich unnd hertzlich/ sonder ein blinde weißheyt36/ unnd
1. Timo. 1.
Mat. 13.
nerrisch klůgheyt37/ oder ein unweiser unglaub38/ oder
ein wurtzelloser glaub.39

Christus saget ye offentlich von einem glauben/ der
nicht wurtzeln hat/ der verdorret/ wenn die hitz druff
felt40/ der ist zeytlich/ und nicht ewig/ als der recht glaub.
Dieser glaub bleybet so lang er nicht angefochten wirt
von des worts wegen/ dem er geglaubet/ unnd das er
mit fryden angenommen hatt. Wenn aber verfolgung
her drit/ so vergeht er. Were er der recht glaub so blieb
er. Drumb ist er nicht eyn glaub der ausserwelten/ son-
dern der berůffen unnd unerweltenf. Es ist eyn glaub
des der teüfel mechtig ist/ den auch die pforten der hel-
len überweltigen moͤgen.41 Der teüffel kumpt und nimbt
den mittel glauben hynweg/ ehe soliche menschen recht
glauben/ und selig werden. Drumb ist dyser glaub nicht
der eüsserst glaub/ welchen weder teüfel/ noch die teüfe-
lische krefften überwinden künden. Auch ist er eyn glaub
Matt. 16.nicht der ausserwelten/ der halben gott alle anfechtun-
Mat. 24.gen und verfolgungen wirt verkürtzen/ auff das sie nicht
Buchsymbol fehlt verfürt werden42/ sonder der mittelglaubigen/ weil auch
der glaub der erwelten nit kan verfürt werden/ müs-
sen die uberschwengliche verfolgungen uffhoͤren zů
wütten/ da mit der recht glaub bestehn. Also ist gesagt/
das der würzellose glaub/ kein wurzelreicher glaub ist/
auch der starck glaub der erwelten nit sein kan. Drumb
ist dieser zeitlich glaub one wurtzel und one samen got-
tes/ und gar fern vom rechten glauben gesetzt/ der in
einem gůtten acker steht/ und bestendiglich steht.43

Das aber solicher glaub auch nicht ein hertzliches
erkantnüs sey der warheit unnd gerechtigkeit gottes44/
ist auß dem zů mercken/ das etliche gottes wort hoͤre-
ten und verstundens nicht/ als sie auch die gesicht sa-
Ioan. 12.
Esa. 6.
hen/ und vernamen nit das drunder verborgen was/ und
Hie. 2.sahen wunderzeichen/ und lerneten dannest nicht die
wirkende krafft/ des der wunderzeichen thet.45 Ir verstendt-
nüs war etwas/ als der hochgelerten verstendtnüs ist
uff den hohen schůlen/ die gottes wort meysterlich hin
und her setzen/ und dapferlich handeln/ und erkennen
den gott nicht/ der es geredt hat.46Sie haben ir erkant-
nüs im mund/ und nicht im hertzen (von dem hertzen
zů reden das genůgsam bewegt ist)〈.〉 Sie bekennen und
Matt. 13.47loben gott mit lippen/ zenen/ unnd mund/ aber ir hertz
Esa. 29.ist fern48/ gottes wort ist in49 nahe im rachen50/ unnd weyt
Hie. 12.von iren nieren.51 Darumb ist es oben hin in der rinden
des baümes/ und im eussersten bůchstaben der warheit. Es
ist aber noch nicht so fern kommen/ das es den weytzen
stamm sehen/ und die scherpff52 des korns versüchen53 kan54/ als
der glaub thůt/ drumb ist der unhertzlich glaub/ dem hertz-
lichen glauben unbefreündt oder gar nicht verwandt.

Das der mittel glaub eyn unwissen-
heyt und thorheit ist.

Das obgedachter mittelglaub (welcher ist ein hertz-
Buchsymbol fehltloses erkantnus gottes und götlicher warheit) ein un
wissenheit und blintheit sei/ zeiget das an/ das ir etliche
unther den vermeinten erkennern gottes/ got verstůn-
den/ als Paulus sagt/ die im55 doch auß irem wurtzello-
Roma. 1.sen glauben kein schultige eer56 gaben/ Und thaten das
darumb/ das sie unweise waren.57 Weren sie weiß gewe-
sen/ hetten sie on zweifel den got gepreiset als einen got/
den sie als einen got erkandten. Groß dichtens/ und vil
sinnens hetten sie von gottes wesen/ gottheit/ und ewi-
ger krafft/ aber in irem dichten und sinnen würtg ir un-
verstendiges hertz voller unweißheit unnd finsternus.
Were ir hertz recht verstendig gewesen/ so het es nicht
lassen künden den erkandten got zů loben/ preysen und
eeren. Do aber ir glaub unnd gedancken/ wurzellose/
und one hertz waren/ thaten sie nach ires glaubens art
und zůneigung/ und draten von dem got den sie durch
schrifften/ oder werck der schoͤpfung erkandten/ unnd
offenbareten ire thorheit/ und unverstendigs und ver-
finsterts hertz/ und gaben den feltgoͤttern58 die eere/ die
gottes alleyn war/ wie wol das auch durch den eusser-
sten unglauben kan geschehen. Aber gemeiniglich ist das
ein glaub der vermeinten gotglaubigen/ die glauben
und doch nit glauben.

Der mittel glaub ist ein unglaub.

Man liset das gottes volck/ Israel oder Jacob ge-
Exod. 14nant/ got dem herrn und Mosi gottes knecht geglaubt
hab/ als sie unbeschedigt durchs moͤr kamen/ unnd ire
feynd drinn sahen ersauffen.59 Wenn man aber achtung
haben woͤldt auff nachergangen geschicht/ würt man
finden/ das gleich das selbig volck/ jetzt gemelt/ weder
got/ noch Mosi geglaubet hat. Da durch deuttlich ist
gesagt/ das ein mittel glaub ist/ der zeiten eyn unglaub
oder glaub genent ist. Denn man lieset/ das got seynem
Buchsymbol fehlt volck kein verstendigs hertz geben hat/ biß in die wüst
Deut. 29.hnus Moab/ auch weder augen die recht sahen/ noch o-
hren die wol hoͤreten.60 Das dann nicht ein kurtze zeit war/
von der zeit/ als sie durchs rodt moͤr giengen/ da durch
beweist würt/ das gottes volck keinen hertzlichen glau-
ben/ ja da zů keinen glauben gehabt/ und das ir glaub ein
unglaub war. Dem nach haben sie got nicht glaubet/
sondern seind stets eines harten hertzens61 blieben. Das
Exo. 16. et .17.sie auch Mosi nicht glaubten/ kan meniglicher62 auß den
geschichten verstehen/ die geschehen seind in der wüst-
nüs zů Raphidim/ da sie wider got unnd Mosen můr-
reten/ Da auch der gantz hauff wider got redetenn in
der wüsten Sin genant.63
Ich geschwig der historien von
Nu. 16Corah/ Dathan und Abiron/ und von iren anhenge-
ren.64 Nů sind sie glaubig gewest (mit dem rechten glau-
ben) so frag ich/ Warumb spricht die schrifft am ande-
ren ende/ das sie kein verstendiges hertz gehabt haben.
Seitenmal der recht glaub dem hertzen einen warhaf-
tigen verstandt der gerechten reden gottes mit brengt.65
Ioan. 12.Als auch der wurtzellose glaub/ einen unrechten glau-
Matt. 13.ben/ grobe ohren/ und dunckele augen machet.66

Wolt eyner sprechen/ Sie haben got oder Mosi in
einem artikel/ oder ein zeit lang/ und in allem bedreng-
knüs geglaubet. Aber in neuen artikeln/ und angsten/
und anderer zeit haben sie einen unglaubeni gehabt/ dar-
auff rede ich also/ Haben die Juden eynen rechten glau-
ben in alten geschichten gehabt/ so habenn sie auch eyn
verstendigs hertz/ ohren die hoͤren/ und augen die sehen/
Ioan. 12.gehabt. Denn das alles brengt der glaub mit.67 Nů aber
die weill die schrifft spricht/ das in68 got die selbe zeyt kein
verstendiges hertz etc.j gab69/ würt on widerrede folgen/
das gottes volck die selben zeit keinen rechten wurtzel-
reichen/ oder hertzlichen glauben hett gehabt.

Buchsymbol fehltDer mittelglaub machet nit selig unnd lei-
tet
auch nit zů gottes reich/ als der recht klein glaub.

Matt. 18Der recht klein glaub/ machet nicht selig/ ehe er un-
ser hertz in die aller kleinste kleinheit/ und tieffste nider-
keit füret/ unnd uns als ein klein kindlein machet.70 Aber
dennest wil got den kleynenn glauben nicht verlassen/
noch von dem himel stossen/ so wenig Christus irgent
eynen kleynen glauben verlassenn hat. Drumb ist der
klein gerecht gelaub weit über den mittel glauben.
Denn
der recht klein glaub ist ein füncklin des grossen feuri-
gen glaubens/ und seiner natur. Aber der mittelglaub
ist von jugent auff mit seiner größ und klein dem rechten
glauben ungeleich. Můß auch abfallen und weichen/
wenn der recht glaub einfelt. Wie aber der mittel unge-
laub nit verthümbt/ also auch kan der mittel gelaub nit
selig machen. Es ist ein ding/ ein mittel glaub/ ein mit-
tel unglaub/ nach der seligkeit zů reden/ wie wol vil un-
derschieds drunter ist. Es ist nicht müglich/ das einer in
dem mittel glauben selig werd. Es ist aber widerumb
auch war/ das keiner in diesem unglauben verthümbt
wirt/ denn diser glaub und unglaub sehen den kern götli-
cher gerechtigkeit nicht an im grund/ sondern in der
1. Pet. 4 et. 5.71schelven72 oder rinden73/ drumb kan sie got nit verthümen.

Seitenmal er seine warheit und gerechtigkeit den todten
1. Pet. 4verkündigen lasset/ das er sie richten müge/ mit klarer
und offenbarer warheyt.74 Got würt nyemants one er-
kantnüs seyner herligkeit/ urteylen. Durch sein gepre-
digts wort/ würt got die lebendigen und todten richten75/ und
Ioan. 12k76ein iglicher würt das für77 augen haben/ das inen richten
sol78/ nemlich die rede/ welche der richter/ der lebendigen und
todten/ geredt hat/ und noch taͤglich zů allen redet/ in den
grebern79/ in der stat der selen/ und auff erden〈.〉/ die selbe rede
würt iglichen richten am letsten tag80 wann kein unwissen-
heit oder ander behelf wort81 moͤgen fürgwentl werden82/ da selbstm in
Buchsymbol fehlt antreffen der gnůg erkanten warheit/ wenn sie alle er
kant haben/ wirt got urteilen und richten.

Alles erkantnüs das der mensch mitteler zeit hat/ ehe
er die warheit im grund ansehen unnd verstehen kan/
das ist so voller blindtheit/ das kein bleibende sünd ha-
ben kan/ auch keyne sünd zum tod wirckenn/ auch dem
Ioan. 9.83heiligen geist nicht wissentlich widersprechen kan. Dar-
1. Ioan. ult.84umb kan es nicht verthümen/ und ist der barmhertzig-
keit gottes empfenglich/ darumb das unwissend ist/ und
nit auß wissenheit und mit fürsatz sündiget.
Also emp-
fieng Paulus barmhertzigkeit/ drumb das er auß dem
unwissenden unglauben sündiget.85

Denn die mittel zeit und wesen/ ist ein zeit und wesen
der verwunderung und bewegligkeit/ in welcher das
schiff hin und her/ die sele auff und nider feret/ kumpt
aber nicht ehe ans ende/ oder in der eussersten gegensetzen
einen/ ehe es an den erkandtenn eckstein drifft/ welcher
1. Pet. 2.den verthümpten zům anstoß/ und fal und verlust/ aber
Luce .20.den außerweltenn zum felß unnd lebenn/ ligt86/ an der
ecken/ zů scheiden die zů der lincken und die zů der rechten
handt/ gehn.87

Die menschen so bewegt werden/ seynd mancherley〈.〉/
Etliche seind subtiln und weniger grobheiten/ dise wer-
den liderlicher88 bewegt/ und durch verwunderung und
bewegnüssen in kürtzerer zeit bereit unnd gescherpfft/
das ire augen sehen/ und ire ohren hoͤren/ unnd ir hertz
verstehn kan/ und treffen mit der erkandten gerechtig-
keit an/ unnd fallen auff ein seiten/ entweder zů der ge-
rechtigkeit/ oder von der gerechtigkeit/ zům gůten oder
boͤsen. Jedoch halt ichs/ das man unther viel tausent
nit einen find/ der nit lang im mittelwesen stehe/ son-
dern schnell ins end der warheit komm.

Etliche aber sein grobe und dicke menschen/ haben
auch dicke ohren zů hoͤren/ und beschwerte augen zů sehen.
Buchsymbol fehltDrumb müssen sie viel und mancherley bewegnus er-
leiden/ ehe sie irer grobheit und eigenschafft ledig wer-
den. Es gehoͤrt auch eigentlich viel zeyt/ grosse mühe/
und seltzame beweglickeit dazů/ das sich ire grobhey-
ten abschelen/ und ire ohren unnd augen geschickt wer-
denn zů des geistes werck. Man můß in eygentlich vil
wunderthaten fürschaffen/ da durch sie ein schwind89 ver-
wundernüs/ und ernstliche begerung schoͤpfen/ den grund
goͤtlicher gerechtickeit und warheit zů sehen. So wirt
auch eyner den eussersten gegensetzen fern oder nahe/
dar nach er bald oder langsam mit der warheit im grund
trifft. der vil verstopfungen und heude90 in seinem herzten hat/
den můß got durch vil wunder anblasen/ und bewegen/
ehe er gnůgsam bewegt wirt/ und sich auffthůt als eyn
erdtrich nach einem regen91/ oder biß er verwundt wirt〈.〉/
Dar tzwischen aber verlaufft vil zeit. Es ist auch alles
dis erkantnüs/ ein gelaub der nit seliget/ wie gesagt ist
.92

Einer wirt herter bewegt denn der ander.

Einer wirt auch tieffer gefürt denn der ander/ etli-
che kommen in solche angst und nodt als weren sie von
got abgeschnidten/ und wisten/ das got irer vergessen.
Die verlieren got/ und seind vast fern von dem rechten
glauben/ so fern/ das sie sich den ihenen gleich schatzen
die in der tieffen helle/ und schadten des tods ligen/ dye
got noch verstehn/ noch bekennen/ noch anrüffen kün-
den. Das ist warlich ein herte versůchung des glaubens.
Es ist aber nicht müglich/ das sie in der selben zeit den
rechtenn unglauben fülenn/ als wenig sie der warheit
feind sein mögen. Aber das bitter leiden/ und die unver-
traͤgliche verliesung93 des rechten glaubens/ ist/ als wers
rechter unglaub. Denn der also geaͤngstet wirt/ der fület das
leiden der helle/ und den bittern jamer der eusersten finster-
nus/ in dem/ das er got nit gegenwertig bei sich hat/ und
Buchsymbol fehlt duncket in94/ er sey von got gantz verlassen/ als die ver-
thümpten von iren lustbarlichen dingen〈.〉/ wie schwer
aber unnd schmertzlich das hellisch leyden ist/ so ist es
dannest dem verthümpten unglauben nicht gleych/
auch nit seiner art/ denn der will ist gůt/ unnd bege-
ret/ unnd schreyhet zů gott/ unnd würdt auch endt-
lich geweret.

Ein yeglicher würt nach seinem pfund95 uffs hoͤchst
unnd hertest bewegt werden/ ehe er bereyt würt/ das
werck der seligkeyt zü leiden/ das ist gesagt von der be-
weglickeyt.

Welche ding bewegen.

Der beweglichen dingen seind vil und schier unzelich.
Es ist der ungeschaffen/ und geschaffen windt. Der
ungeschaffen windt ist gottes geyst/ welcher uff den
Gen. 1.wassern schwebet/ der bloͤset in die geschaffne wasser/
so die erden umbringeln96/ und machet das sie sich so hoch
uffheben/ das der sele grund bloß/ und die gerechtigkeit
aller umbstendigen parabolen ledig würt.97Der geyst
Ezech. 11 et .16.spaltet den steynerin geyst/ und das hert hertz/ und gibt
eynen neuen geist und neu hertz allen den ihenen/ die sich
durch ir bewegnüß nach gottes gerechtigkeyt senen
.98

Auch bewegen die grosse wunderthaten gottes/ wenn
sie betracht werden/ den der mensch bekommert unnd
verwundert sich/ was sie bedeüten/ unnd kümpt dar-
nach offt inß licht und glauben. Es moͤcht einer wol
ein gůt büchlin schreiben von der entzückung99 des ge-
müts/ welche neu unerfaren ding machen.

Durch anfechten bewegt got auch.100 Denn anfechtung
Levi. penult.101gibt verstand/ es offnet das hertz/ und verzeret die umm-
stendigen grobheyten/ unnd schneidt ab die unscham-
Deu. 8.102hafftige blindtheyt. Auch gibt got den angefochten ein
Heb. 12.103heyligkeit ein/ die er inen104 sonst nit geben kont.

Buchsymbol fehlt

Schwinde105 gedancken treiben die wasser auch von ein-
ander/ und sperren die krefften auff/ und nemen den nebel
von augen/ und das creatürisch gethön von den ohren.

Nicht umb sonst ist gottes wort mancherley dingen
Hier. 23.vergleicht/ die alle den menschen bewegen/ den sie an-
Hebr. 4.rüren. Es ist ein feur106/ ein geruch107/ ein weitz108/ ein wasser109/
1. Cor. 14ein hamer110/ ein bürd oder last111/ und ein scharpff zweysch-
neidigs schwert112 genent. Es offenbaret die gedancken/
des/ der es hoͤret/ und rüret das hertz an/ das sichs ent-
settzet/ unnd würfft manichen auff sein angesicht. Das
thůt gottes wort in einem mehr/ und ehr dann im anderen/
als auch ein schwert ehe durch weich fleisch schneydet
und dringet/ dann durch hert gebein. Nicht dester min-
der schirmet das klar schwert/ so lang biß recht angese-
hen würt/ und schneit so lang/ biß grüntlich gefult wirt.
Wer dan fest ist/ und erleit die scherpff goͤtlicher gerech-
tigkeit/ und nimbt sie an/ der besteht. Der sie aber durch-
hin lest wüschenn113/ der hat keinen gewinn. Der sich mit
der scharpffe gerechtigkeit vereint/ der würt glaubig
unnd selig. Der aber bey seiner angeschaffen weißheit
verharlich bleibt/ der würt recht unglaubig unnd ver-
thumbt. Aber in mitler zeit/ ehe der glantz des schwerts/
Tauff im geist.und die scherpff goͤtlicher gerechtickeit würt erkant/
steht der mensch in bewegnüssen/ und schlechtem tauff
Actu. 2. et. 11.114des wasserß/ biß er entweders im geist getaufft wirt/ oder
von erkanter warheit
abfellet.115

Einikeit und untherscheit tzwischen
glauben und unglauben.

Nů ferner von den eusersten gegensetzen zů reden/
soltu mercken/ das allein annemligkeit116 zwischen glauben
unnd unglauben scheidt (ich rede von der außgestrack-
ten annemligkeit/ wie du hoͤren wirdest) denn alles der
recht glaub/ myt ernstem unnd außgestracktem lust/
Buchsymbol fehlt und willen annimbt/ gleich das selb wil der unglaub ni
cht annemen/ sondern er nimbt etwas anders da für
an/ als lügen/ oder geschaffne weißheit/ oder eigen můt-
willen/ oder sein fürnemst eygenschafft/ unnd helt das
selbe für das beste/ und bleibt drauff stehen. So offt sie
aber ein gegenwůrff antreffen/ es sey liecht oder finster-
nus/ warheit oder lugen/ alles das der recht glaub/ mit
gestracktem lust annimbt/ das selb scheubet der unglaub
mit gestracktem unlust vonn sich. Das edel berlin117
welches der glaubig/ findt/ versteht/ annimbt/ unnd da-
für alle seine güter gibt/ stoͤsset der unglaubig in kott/
und fasset ein unnütz ding dafür.118 Wo der se-
ligbare glaub in ernster annemligkeit119 ist/ dar wider
stehet der verthümbte unnglaub in ernster hinwerff-
ligkeit.120

Wo her der Glaub entspreusset.

Den ursprung sall man aller werck gottes erfarenn
und leren/ dann vil dran gelegen ist. Der glaub hat sey-
nen namen vonn der warheit/ unnd steht offt ein wort
fürß ander geschrieben. Denn da das wort warheit ste-
het/ haben andere gleiche oͤrtter das wort glaub/ unnd
widerumm. Auch ist ein glaubiger ein warhafftiger/ und
Psal. 11.widerumm. Wenn der geist spricht/ Die warheit nimbt ab
unther den soͤnen Adams/ ist es gleich so vil geredt als
das/ der glaub nimbt ab etc.121 Auch haben beide woͤrter/ nem-
lich/ warheit und glaub/ ein hebreisch wort Amen genant.122
Darumb ist es des glauben eigentschafft unnd ange-
wachsen/ der warheit anhengig sein.

Widerumb můß folgen/ das der unglaub seineno na-
men von lügen hab/ unnd ein unglaubiger ein lügener
sey/ und alles verkere/ unnd alle warheyt lügenhafftig
achte die im123 für kumpt.

Wo eyn wort stehet/ daselbst mag das ander stehen/
Buchsymbol fehlt als wo das wort unglauben/ oder unglaubig steht/ da
selbst moͤgt füglich stehn das wort lügen/ oder lügenhaftig.

Darumb hasset gott den unglaub so hoch/ als hoch
er lieb hat den glauben. Unnd als sere gott dem hern/
die warheit gefelt/ so sere verdrüsset124 in125 die lügen/ derhal-
Psal. 4.ben spricht David. O ir soͤne Adams wie lang liebet ir
üppigkeyt und sůchet lügen.126

Deßgleichen auch stellen sich glaub unnd unglaub
in widerspenstiger weyse gegen gott/ denn der glaub
Ioan. 4.lobet gott als eynen getreuen und warhafftigen got.127
Dargegen aber spricht der unglaub/ gott ist lügenhaff-
Num. 14.tig. Und schneydet unserm gott seyn eere abe.128

Gegen unß auch seynd die werck des glaubens und
Osee. 4.5.129unglaubens auch wider eynander/ denn der glaub ma-
1. Ioan. 8.130chet unser hertz gerecht/ frey/ gůt/ heylig/ und goͤtlich/
Ioan. 17.131seiner ursach halben/ nemlich der warheyt halben/ welche
unser hertz auch gerecht/ frey/ gůt und goͤtlich macht.132

Also widerumb der unglaub machet der unglaubi-
gen hertz verkert und ungerecht/ gefangen und boß-
hafftig/ unheilig und teüfelisch/ seiner ursach halben/
welche die lügen ist.

Osee. 2.133Setze den glauben zů der warheyt/ und sprich/ wie
unß gott durch seinen glauben verheyrattet mit sich/
also eelichet uns gott durch seine warheyt.

Pro. 30.134Widerumb wie der unglaubp von got treybet/ also auch
Psal. 11.die lügen/ das wir hohens bittens bedurffen/ das uns
got für lügen woͤl behüten.135

Drumb ist eyn ursprung wider den andern/ als die
zwen außflüß wider einander seind. Wie gottes war-
hafftige gerechtickeyt wider lügen strebet/ also ficht
der glaub wider den unglauben/ ursprünglich/ endt-
lich und gegenwürfflich/ als berürt ist.

Das ist nit zů verachten/ das der recht warhafftig
glaub alle werck gottes annimbt/ und geht durch alle
Buchsymbol fehlt werck mit seinem erkäntnüß/ als auch gottes war
heyt alle wege gottes in hatt.136

Derhalben würt uns keyn krafft oder teyl der got-
heyt offenbar in unserm hertzen/ ohne goͤtliche war-
heyt unnd rechten glauben/ das ist ware/ wie wol sel-
tzam und schwere.

Widerumb nimbt der erstorben137 und verthümbt un-
glaub alle wege des teüfels eyn/ als auch die lügen al-
le wercke unnd wege des teüfels durchgeht. Wie gott
allezeit mit warheyt kumpt/ also trollet der teüfel mit
lügen her/ unnd ist kein teüfelisch werck/ danck138/ will
oder übung ohne lügen.

Ursprung des glaubens und
unglaubens.

Vil ist gelegen am ursprung beyder gegensetzen/ des
eüssersten unglaubens/ und warhafftigen glaubens/
darumb mercket.

Gott ist one teyl/ aber kein geschaffen kraft kan gotts urteil ohne teyl erkennen.139Ich hab gesagt/ das der gerecht glaub uff ein son-
derliche krafft und teyl der gottheyt achtung/ und be-
girden hat/ die selbige krafft gottes heysset mit namen/
die warheit gottes/ das got warhafftig und treu ist.

Auß der selben krafft der gotheyt fleüsset der recht
glaub. Ursach. Der warhafftig glaub sihet uff goͤt-
lich warheit. Nů můß ye ein yeglichsq werck gottes auß
dem ursprung außgehen und herkommen/ in welchem
das werck wider eingeht/ unnd hin kümpt. Demnach
Esa. 8.140můß gott seinen glauben durch sein goͤtliche warheyt
Hie. 13.141in unser hertz schreiben oder eindrucken142/ das verstehn
ich also. Wenn mich got wil glaubhafftig machen/
und seinen glauben in mein hungerichte unnd dürsti-
ger krefften143 giessen. So geht got ab/ inn mein/ arm/ be-
gyrigs hertz/ mit seyner ungeschaffner unnd liechter
Buchsymbol fehlt warheyt/ unnd offenbaret sich meinem hertzen/ das
Psal. 18.144er ein warhafftiger unnd getreuer gott ist/ unnd ver-
sicheret meynen geyst/ das er eygentlich weiß/ das
gott warhafftigs unnd getreu ist/ unnd das alle seyne
reden warhafftig/ unnd in sich selberts gerecht seind/
die gott redet.

Wenn sich got also in unserm hertzen außredt/ das
er warhafftig ist etc. so drucket gott ein werck inn unser
hertz/ durch seine ungeschaffne blicken/ und gottliches
Glaubeinleüchten145/ das selb werck heysset der glaub/ welcher
ein liebreiches erkaͤntnüß gottes ist/ und die kunst got-
tes/ oder ein offenbarung gottes genent ist.

Math. 18.146So lang aber obberürte offenbarung gottes reden
heysset/ oder das ungeschaffen einleüchten147 genent ist/
und dem vatter zůgeteylt würt/ ist sie die übercreatü-
risch unnd liechte stymm gottes/ die nur in dem inwen-
Ioan. 1.digen grundt koset und leret. Als Joan. spricht. Es ist
ein licht und leben der menschen/ und leüchtet im finster-
nüß/ und finsternüß begreiffen es nicht.148

Aber in den creaturischen geystern/ so gott hoͤren/
Ioan. 6.149heysset diese offenbarungt/ hoͤren oder lernen verstehn/
unnd gleich das werck ist die goͤttlich kunst oder leer/
so gott mit seinem lebendigem mund/ unnd gleichem
Esa. 8.150außsprechen/ in die seele eindruckt.

Von dieser offenbarung saget Christus/ das gott
Math. 11.der vatter die hohe ding den nerrischen kindern offenba-
re/ welch er den hochweysen verbirgt.151 Dann bücher/
bustabenu/ bapier/ und dinten/ vernunfftv und weyßheit/
hindern und fürdern gar nichts/ es were denn das ein
mensch in hoher gelassenheyt schrifft lesen oder hoͤren
thet/ wie CorneliusPetrum hoͤret.152

Auch müssen alle offenbarungen der ding/ so unß
gott offenbaret/ inn dieser weyse geschehen/ nemlich/
aller krefften der gottheyt/ aller personen/ Christi/
Buchsymbol fehlt unnd aller schetzen Christi.

Ein soliche offenbarung der gotheyt/ und der teylen
oder krefften gottis/ ist der glaub/ von welchem Christus
spricht das er selig mach/ das ist ware/ wenn der glaub
den menschen in die kleynste nidrigkeyt bringt.

Wie die offenbarung geschicht.

Es ist etwas berürt/ von dieser offenbarung/ wie sie
geschicht in unser inwendigkeit/ den unerfarnen aber
zů gůt/ wil ich nicht haͤlen.153 Das obgedachte offenba-
rung/ wenn sie ein werck ist in der seele gelassen/ gott/
und gottes warheyt erkennen machet/ und doch nicht
Ioan. 3.154gott sehen machet. Demnach hoͤret einer gottes stimm/
und sihet doch nicht den unendtlichen gott. Diese offen-
barung ist ein werck in die seele geschrieben/ als ein fi-
gur eynes sigels in ein wachs gedruckt ist. Nů wie die
eingedruckte figur ein offenbarung ist des sigels/ der ein-
gedruckt hat/ und machet unß die form/ figur/ bildnüß
unnd schrifft des sigels kennen/ der eingedrucket hatt/
den wir doch nit sehen. Also auch versteht unser hertz/
durchs eingedruckt werck/ welches eyn offenbarung
gottis ist/ den gott/ das er warhafftig und getreu ist/
den er nicht sihet.

Wie auch der sigel seine form/ inß wachs durch seyn
figur außdrucket/ also auch drucket gott seynen glau-
ben auß/ in unser hertz/ durch seinen abgeenden straheln
seiner warheyt/ wie wol weder gott/ noch seyne goͤtli-
che warheyt gesehen würt von uns alhie
.155

Ein ander exempel nim von dem wind den man prau-
sen hoͤret und dannest nit sihet. Sein wehen und wir-
ckung entpfindt der mensch eygentlich. Er weiß für
war und gewiß/ das in156 der windt anblaset/ unnd kan
in157 nit sehen. Wenn auch der mensch vom windt umbge-
worffen würd/ dannest koͤnt er den windt nit sehen/ auß
Buchsymbol fehlt dem werck des windß verstünd er wol/ wo her der wind
wehet/ und nicht durchs gesicht.

Also auch ist gottes stymm dem wind vergleichet/
Ioan. 3.158denn wenn gott koset159 oder mit der seelen redet/ so hoͤret
das hertz gottes stymm/ und sihet den gott nit der redet.
Der mensch entpfindt eygentlich das zůsprechen got-
tes/ er weiß auch für war das er etwas lernet/ aber in
dem ist etwan grosser zweyfel/ das er nit weiß wer le-
ret. Wenn aber der ungeschaffen windt160/ des menschen
alt leben umbsturtzet/ und gepieret eynen neuen men-
schen/ so versteht der neu geborn mensch/ das seyn ge-
burt von oben herraber kumpt/ und mercket also/ wer
der geist ist/ und wo her der geyst feret/ er kan aber den geyst
nit sehen/ auch nit durchs gesicht erkennen/ als durchs
gehoͤre.161 So geets mit aller offenbarung des vatters/
er offenbart sich/ oder seynen son Jesum von Nazareth/
oder unsere gedancken/ unnd boßheit/ oder etwas an-
derß/ unnd die offenbarung heysset der glaub/ der an
den offenbarer bindtet/ und anleymet. Es hat aber
dieser glaub vil namen von den sünderlichen wercken/
da durch er geht/ als berurt ist. Jetzt heysset er weiß-
heyt/ yetzt sterck/ yetzt heyligkeyt/ yetzt gerechtigkeit/
unnd der gleichen.

Wie wol der glaub nach den teylen zů reden/ stets in
seynen ursprung wider einfelt/ auß welchem er ist auß-
gefallen. Jedoch bekennet er ewiglich gottes herlig-
keyt/ in allen teylen/ als der glaub goͤtlicher warheyt/
keret einen in goͤtliche warheyt. Weyl aber gottes war-
heyt gott selber ist162/ so offenbaret er gottes warheyt zů
sampt die gotheyt selber/ durch gehoͤr und oren/ und nit
durch die augen und gesichte/ biß das hertz volle lautter-
keit hat/ darnach můß die verheissung ir volkommenheyt
erlangen/ die Christus dem reynen hertzen verheysset.163

Also haben alle rechtglaubigen gott in seyner got-
Buchsymbol fehltheyt/ gottes stymm/ gottes verheyssung erkant/ und vor
allem gewist/ das got warhafftig und getreu. Alß Abra-
ham und die andere rechtglaubige. Denn wo Abraham
gottes lebendige stym/ gottes zůsag/ und warheyt nit
inwendig mit ohren der selen gehoͤrt unnd verstanden/
Gen. 5.164het/ Abraham den got der in den hohen und niderigen
taͤlern alle ding erfüllet/ nichtsw geglaubet. Der geyst
aber spricht/ das got den Abraham glaubig machet/
oder das ein ding ist/ Gott machet den Abraham war-
hafftig/ vernim durch offenbarung unnd erkaͤntnüß
goͤttlicher warheyt und getreue.165

Hett Abraham die eüsserliche rede unnd zůsagung/
one das innerlich zůsprechen unnd verheyssen gottes/
angenomen/ were es im166 unmüglich gewest/ eyn frid
mit got zů haben. Er were eynes verstürtzten gemüts
gewesen/ voller zweyfels/ gleißnerey/ und glantzes.

Ioan. 14.167Denn es ist ye gantz unmüglich das einer gottes
freund oder sone werd/ ohne die inwendige und heim-
liche offenbarung gottes/ als wenig auch das gesche-
hen mag/ das einer gottes eüsserlich wort annemenx/ und
für ein wort des preütgamß/ der froͤlickeyt/ des trostes
und außgestreckten lustes halt168/ wenn sich got nit zůvor/
oder gleich im eüsserlichen gehoͤr mit seinem hellen und
lichten abgehenden stral offenbaret169/ so vil das er hoͤren
kan/ wer gott ist/ was er ist/ was er will/ alles nach
den teylen.

Gottes lieb/ lauffet mit goͤtlicher warheyt/ durch
alle werck/ so gottes lebendige stymm/ inß hertz setzet.
Drumb ist es auch unmüglich/ das ein rechter glaub
ohne lieb sey.170 Als wenig gottes lieb/ one goͤtliche war-
heyt unnd glauben sein mag. Derwegen ist der glaub
Constituit eum super omnia.171voller lieb/ lustes/ voller freuden und wonn/ unnd hebet
den glaubigen auff/ über alle creatürische ding/ so offt
er ein gerecht urteil goͤtlicher gerechtigkeit hoͤret sin-
Buchsymbol fehltgen oder sagen/ und geht durch alle ding in das reich/
da got inneny herschet.

Nů ist von dem glauben gesagt/ wo her er fleüsset/
was sein grund unnd ursprung/ wie er den menschen
zů gott unnd gegen sich bereyt/ unnd verstehen macht/
warine auch der glaub/ lieb/ lust/ unnd wonn hab/ und
welcher massen er sich im liecht172 belüsten thů.

Ursprung des unglaubens.

Jetzt müssen wir von dem ursprung des unglaubens
ein rede haben. Drumb ist zů mercken/ das der unglaub
von der lügen/ unnd von eynem lügner herkompt/
als der glaub von der warheit außfleüsset173/ denn es můß
ye ein ursach wider die andern seyn/ als ein außfluß wi-
der den andern ist. Nů die weil der unglaub ein-
keret zů der lügen und üppigkeyt/ finsternüß und boß-
heyt/ můß von noͤten folgen/ das die lügen ein ursprung
ist des unglaubens/ unnd der von art unnd auß seiner
eygenschafft ein lügner ist/ von dem der unglaub ur-
Ioan. 8.sprünglich ist herkommen. Derselb ist der teüfel/ wel-
cher ein vatter ist der lügen174/ unnd wie er ein vatter ist
der lügen/ also ist er ein anfenglicher geperer und va-
ter des unglaubens. Auch wie der teüfel ein lügner
auß seiner eygenschafft/ unnd lügen von seynen kreff-
ten reden thůt/ also ist er ein unglaubiger auß seynem
eygenthumb/ und wircket werck des unglaubens auch
auß eygner art.

Der teüfel sahe sich an/ und seyne hohe creatürische
krefften/ welche im175 got mit schůff/ unnd wolt sie nit er-
strecken noch uffheben zů begeren Gottes geystliche
werck/ ferner zů leyden/ sonder hielts dafür/ das im176 sei-
ne krefften genügsam weren zů erlangen die seligkeit/

unnd erwelet also sein creaturisch natur mehr dann Gott
Buchsymbol fehlt unnd setzet finsternüß für das liecht/ in welchem kein
finsternüß war/ und fing an lügen zů reden/ und fasset
seine lügen/ und verließ die warheyt und gerechtigkeyt/
und gepare in sich den unglauben/ als er der offenbaren
gerechtigkeyt widersprach/ unnd mocht darnach nit
mehr glaubig und selig werden.177 Als wenig er begeren
kan gottes warheyt anzůnemen/ so wenig vermocht
der teüfel begeren den glauben zůhaben. Er ist einß ver-
kerten urteyls unnd willens/ drumb kan gott nichts in
im178 wircken. Der teüfel verknupft sein vernunftz mit fin-
sternüß/ und liebet finsternüß/ der wegen kan das licht
keyn werck im teüfel wircken/ er hatt auch weder lieb
noch lust zů dem liecht
.179

So ist es mit den unglaubigen sünen des teüfels/ sie
seind mit gedancken/ willen/ unnd begirden/ auß irem
vatter dem teüfel/ dencken/ wollen und begeren alß der
teüfel/ und haben lieb und lust/ oder leyd und grauhen
in dem/ das ir vatter liebet und hasset/ und wircken werck
des teüfelß/ und woͤllen nach ires vatters willen thůn.
Ioan. 8.180Stehen auch nit in der warheyt/ wie auch ihr vatter
nit in der warheit stehn bleib/ darumb das sie nit die war-
heit in inen181 bleibende haben/ sondern lassen sie durchs
hertz fliessen182/ als auch der teüfel die warheyt nit hielt/
sonder außwarff/ und wollen ire natürlichen krefften/
weyl sie gůtt und wol von gott geschaffen/ über alle ding
setzen/ got gleich werden/ und genügd dran haben/ und
verstossen also das hoͤchst gůt/ gottes warheyt und ge-
rechtigkeyt/ und werden unglaubig/ und bleyben ewig-
lich unglaubig/ als sie einen ewigen unlust und grau-
hen haben zů goͤtlicher gerechtigkeyt/ und lust und an-
nemligkeyt183 zů irer geschaffen natur/ die eyn licht ist
voller finsternüß/ oder eytel finsternüß zů schatzen ist/
wenn mann sie gegen gottes gerechtigkeyt gesetzt
.

Buchsymbol fehlt Der nit glaubt/ der ist verthumpt.

Dieser unglaub versteht die klare warheit offenbar-
lich184/ und tregt einen gründtlichen grauhen/ zů der war-
heit/ das ist/ so groß/ hoch/ breyd/ unnd lang die seele ist
von dem gantzen hauffen und krefften/ grauhet ir vor
der warheyt/ darumb bleybet der widerspruch unnd
grauhen ewiglich/ unnd nimpt kein barmhertzigkeyt
an. Derhalben spricht Christus. Der nit glaubt der ist
bereyt gericht185/ er ist dem teüfel gleich/ verstockt unnd
verhert als der teüfel/ wie wol er nit so vil verstockun-
gen hatt/ als der teüfel. Jedoch erkent er etliche war-
heyten so klar/ als gefaste lügen/ unnd verachtet unnd
hasset die klare erkante warheit/ drumm das sie warheit
ist/ und hasset sie ewiglich one reu und leyd/ dann war-
heyt/ bleibt ewiglich warheyt.

Solichen unglaubigen geystern hat got eynen eyd
geschworn/ das ir keyner in sein goͤttlich reich kommen
sol186/ der ursach halben/ das sie fraͤvelich der erkante war-
heyt widerbellen/ und verleücken das sie mussen beken-
nen/ und uneeren den/ dem sie sich neygen müssen.

Sie sprechen auch/ das sie nit blindt seyn/ darumb
bleibet ire sünd/ und derwegen sollen sie dem ewigen tod
zůgeteylt werden.187 Und es ist ware/ das sie die warheit/
got/ und Christum verstehn/ und dannest auß hoffart/ sich
dargegensetzen/ und ist inen188 die erkante warheyt wider/
bitterer und herber/ dan gall/ oder essig/ oder wermůt.

Glaub und unglaub treffen uber-
eyn in eynem stück.

Weil aber die eüsserste unglaubige geister/ got/ goͤt-
liche ware reden und Christum erkennen werden/ oder
erkant haben/ des gottes geist an vil enden gezeügknüß
gibt/ das die gotlosen gott den hern und gottes sterck und
gottes gerechtigkeyt verstehn und bekennen werden/ so
Buchsymbol fehlt steht das/ daß der unglaub ein erkaͤntnüß ist der goͤtli
chen gerechtigkeyt/ als auch der glaub ist/ und des teüfels
erkaͤntnüß/ mag ein glaub genent werden (fern von dem
Iacob .1.189rechten glauben zů reden) in der weiß ists auch ware/
das die teüfeln auch glauben/ und zittern vor gottes gere-
chtigkeyt/ als ein dieb vor dem gerechten spruch wider
den diebstal verfleüsset.190 Aber es ist unmoͤglich/ das der
teüfelisch glaub ein rechter glaub sey. Wie wols ware
ist/ das der teüfelisch verstand der warheyt/ ein soliches
schwindes/ starckes und gewaltig erkaͤntnüß gottis ist/
und goͤtlicher gerechtigkeit/ und goͤtlicher sterck oder
macht/ das es aller teüfeln krefften bezwingt/ aͤngstiget
und treibt/ das sie sich vor gottes gerechtigkeit/ und vor
Jesu von Nazareth krümmen und ire knie biegen müssen191/
und got die eere mit verdrieß und widerwillen/ mit zeen
knirschen192 und murren/ geben müssen/ welche die ausser-
welte/ gott irem hern mit lobsang/ gůtwilligkeyt und
hertzen geben.193 Also bezwingt sie die warheyt/ die sie
Num. 22.hassen und widersprechen. Als der geyst Balaam den
son Beor bezwang194/ unnd Christus die teüfeln/ das sie
sein reich unnd macht bekennen můsten/ als Balaam
gottes volck gebenedeyhen můst.195 Villeicht moͤcht das
aͤngstlich erkaͤntnüß der warheyt in den teüfeln unnd
verthümpten/ das eyngebrandt molzeichen sein etc.196

Damit ists uffs wenigst gesagt/ was der unglaub
ist/ nemlich ein widerbellender verstandt gottes/ Chri-
sti/ und der waren reden gottes/ und wo her er kumpt/
was er wircket/ und das er keiner barmhertzigkeyt be-
greifflich ist/ sonder starret und ewig todt ist.

Von dem glauben.

Uff der andern seyten/ erlanget der glaub die selig-
keit/ und das ewig leben/ und hat das ewig leben schon/
Buchsymbol fehlt wenn er verhanden.197 Darumb kan in198 got nit verthümen/
Ioan. 1.199als Chrstus sprichet/ Got hat seinen son geben/ uff dasaa
die alle nit verderben/ die an in200 glauben/ sondern das
Ioan. 17.ewig leben haben/ wer an in201 glaubet der würdt nit ge-
richt.202 Ursach. Das erkaͤntnüß gottes unnd Christi
ist selbert das ewig leben203/ denn es kan nit gewirckt wer-
Math. 10.204den in unser seele/ es sey dann das sich gott mit der see-
le zůvoran vereyn/ der das leben ist/ wo sich nunab das goͤt-
lich leben eyn mal mit einem vereindt/ so bleybets stets/
als auch Christus ewiglich bleibet/ und den geyst gibt/
der auch ewiglich bleybet/ das ist die ursach/ das der
recht glaub/ das ewig leben hat/ unnd nit laͤsset ster-
ben/ sondern füret durch unsern leyblichen todt/ zů dem
geystlichen leben eines hohern wesens unnd gradts.

Das aber der glaub das ewig leben hatt/ unnd nit
lasset verderben/ ist das die ursach/ das er Christum
erkent/ der das warhafftig licht ist/ und der recht glaub
(anß liechte205) soͤne des lichtes macht206/
das můß seyn/
und kan nit anderß sein/ den das der recht glaub/ das
liecht/ mit lieb/ lust und freyden annemen můß/ daher
die widergeburdt kompt.207

Das aber geschicht in der weyse/ got der vatter of-
fenbaret sich dem gotfürchtigen menschen/ durch sein vaͤt-
terlich/ oder geperende krafft/ das er eynen son gepe-
ren kan/ unnd geboren hatt〈.〉/ das erkaͤntnüß wircket in
seynem hertzen/ unnd erstrecket es/ das Christum sey-
nen eyngeborn son/ anzeyg unnd weyse/ das der selbe
Christus Jesus sein son sey von ewigkeyt/ also zeügetac er
unsere krefften unnd gründ der selen an Christum/ der
das recht liecht/ und ein abgehender strahel gottes ist/
unnd die art hat/ das er alle hertzead/ uff welchen er haff-
ten unnd stehen kan (daß ist die in208 annemen) die hebet
der strahel der ungeschaffen son/ durch seynen wider-
glantz oder widerscheyn uff/ in erkaͤntnüß gottes seines
Buchsymbol fehlt vatters/ und auch seiner/ und machet das unser hertz
verstehen kan/ wie Christus gottes son und warheit ist/
als Petrus Christum verstund209/ unnd das erkaͤntnüß
ist so hoch/ edel/ starck/ liebreich unnd voller lustes/ in
got und seinem son/ das kein macht von got und Chri-
sto reyssen kan/ drumb bleibts ewiglich.

Weyl auch Christus ein son gottes/ und ein ebenbild/
unnd abgeende lust seines vatters/ so ist es unmoͤglich
das einer an Christum glaub/ und glaub nit an Christi
vatter/ der gott ist/ darumb spricht Christus. Welcher
mich sihet/ der sihet meynen vatter.210

Demnach glaubet der nit an Christum/ der den vat-
ter Christi nit versteht/ der Christum gesandt hat/ von
welchem Christus außging. Derhalben spricht er. Ir
kennet weder meynen vatter/ nach mich.211

Weil aber Christus ein got und unser gerechtigkeit ist/
und ein fülle aller verheyssung212/ můß ein yeglicherae durch
den glauben in Christum/ Christus gerechtigkeit verstehn/
und im Christus gerechtigkeyt wünschen/ unnd also
durch den vatter/ und glauben Christi gerecht werden.
Die soliche gerechtigkeyt nit verstehn/ die seynd noch
im mittel. Die gottes züsag inn Christo nit wissen/ die
künden keyner ewigen zůsag glauben.

Es ist ein liecht213/ das der mensch ansehen můß/ und
mit dem selben auffaren zů dem vatter/ das ist Christus.
Derhalben besteht der glaub an Christum unnd got/
unnd ohne Christum seliget er nit.

Anfenglich ist der glaub klein/ unnd nimbt taͤglich
zů im erkaͤntnüß Christi/ wenn er vil unnd hohe ding
versteht/ so ist er dester stercker unnd groͤsser unnd
verstendiger.

Wer das liecht ein mal gründtlich lieb gewinnet/ der
kan im214 in ewigkeyt nit feind werden/ denn die aller hoͤch-
ste güte und warheyt des lichtes bleybet unverandert/
Buchsymbol fehlt ewiglich/ gůt und warhaftig. Darumb sagt Christus/
Welcher an mich glaubet der würt nit verloren/ son-
der er hat das ewig leben.215

Ursprung des unglaubens.

Der mensch sihet durch ein licht/ und das selb licht
das im216 fürleüchtet/ ist sein auge/ das voller finsternüß/
und heysset finsternüß.217 Nů aber ist des menschen licht
ein finsternüß/ wie finster můß der mensch sein/ dem das
finster liecht fürleüchtet/ unnd allerley ding offenbar
machet? Derhalben wenn der mensch bey seynen na-
türlichen krefften bleybt/ unnd nichts für gůt/ oder
als gerechtigkeyt und warheyt wil halten/ dann das er
durch seyn natürlich licht versteht. Můß von noͤten der
unglaub uffstehn/ der lyeb unnd lust zů dem finster-
nüß hatt/ und das recht licht das ohne finsternüß ist/
fleügt. Darumb gehn sie alle hin/ und kommen nit her-
wider/ die mit iren natürlichen krefften genügig seind/
und woͤllen nit dürre/ oder lehr stehn/ biß sie durch got-
tes geyst/ die warheyt gottes verstehn. Als die hochsin-
nige koͤpff thůn/ so den verstand der warheit/ auß eyg-
ner vernunfftaf/ fassen.218 Jedoch fallen sie nit bald
inn den eüssersten verthümpten unglauben/ wenn
sie irem finstern licht nachfolgen/ und alles für recht
halten das sie dadurch verstehn. Neyn. Sie stehend
ein zeytlang/ eyner doch lenger denn der ander/ uff
dem mittel verstandt (welchen in219 das finster liecht/
das ist ir eygen krafft/ geben hat) in bewegligkeyt/ und
wissen nitt waran sie seine.220 Das sie so lang leyden/
als die warheyt mit parabolen und vorhengken für-
schwebet.221

Wenn aber die menschen gottes gerechtigkeyt offen-
barlich/ bloß und klar/ ansehen/ und woͤllen alsdenn222/
in iren natürlichen krefften endtliche gnügdte haben/
Buchsymbol fehlt und nicht begeren von gottes geyst gelert zů werden/
sondern in irem natürlichen erkaͤntnüß verharren und
veralten. So ist es unmoͤglich/ das sie gottes gerech-
tigkeyt lieben moͤgen oder lust unnd froͤligkeyt drinn ha-
ben/ wenn sie halten gott für nicht/ unnd seyn war-
heyt für ein thorheyt/ unnd ungerechtigkeyt/ wie wol
sie keyn thorheyt noch ungerechtigkeyt in der warheit
moͤgen anzeygen/ als wenig Pilatus ursach fand in
Christo.223 Unnd also hassen sie (umb sonst) gott/ Chri-
stum/ gottes gerechtigkeyt/ unnd den heyligen geyst/
und alles das in224 gott lasset für scheynen/ es sey rede/
gerechtigkeyt oder werck/ so wider sprichet das finster
licht/ umb sonst/ unnd kan doch keyn ursach des haß
weysen.

Die außerwelten menschen seynd auch finster und
finsternüß/ und ire natürliche krefften/ vernunfftag und
weißheyt/ seind gleich so finster als der verthümpten/
ehe sie der geyst goͤtlicher forcht einwesseret.225 Darumb
seind sie in dem untherscheyd gesondert/ das die ver-
worffen menschen/ die offenbarung goͤttlicher gerech-
tigkeyt nit woͤllen annemen/ sondern bey irem eygen
verstandt/ und natürischer offenbarung bleyben woͤl-
len. Die ausserwelten aber/ nemen das ungeschaf-
fen licht226 ahn/ so sie seiner recht gewar werden/ unnd
gehn nit im finsternüß (als jhene) sonder sie verachten
unnd verlassen ire finsternüß/ das ist/ sie fliehen von
iren natürlichen krefften/ als von irer vernunfftah/ weiß-
heyt/ unnd von irem liecht in inen/ das die finsternüßai
selbert ist227/ unnd verstehn nichts von sich selbert/ reden
auch nit auß irem eygenthümplichem liecht/ sondern
sie sehend inn die warheyt/ das ist/ gottes warhaffti-
ge und gerechte urteyln. Sie woͤllen von dem ursprung
leren228/ der die warheyt selber ist/ unnd nit von irem fin-
stern liecht. Ir natürlich liecht schlagen sie als bald
Buchsymbol fehlt zůrück/ als sie es versůcht haben. Es ist auch unmoͤ
glich/ das sie sich nit vor im229 bewaren/ wenn sie es ge-
schmeckt. Darumb werden sie in ewigkeyt nit unglau-
big/ von dem eüssersten und verthümplichen unglau-
ben zů reden/ der erkante finsternüß fürß liecht/ unnd
lügen für warheyt erwelet.

Aber das ist war/ das die ausserwelten auch narren/
und im mittel unseligen glauben/ oder unverthümli-
chem unglauben/ ein zeyt zů brengen/ ehe sie sich selbs/
oder ihr finster liecht recht erkennen. Als auch die ver-
thümpthe thůn/ unnd wie obenaj verzelet ist.230

Wenn aber das liecht her leücht (das alle menschen
erleücht) beyde die erwelten unnd verthümpten/ und
sich offenbaret unnd sich verstehn macht/ unnd datzů
unsere krefften/ unnd das falsch unnd finster liecht in
uns abconterfeyt231/ so kreüchts an tag/ das vor waß232
verborgen/ und werden die ausserwelten von den verker-
ten schnell geteylt. Denn die gottfoͤrchtigen nemen einen
ernsten grauhen unnd neyd233/ über ire krefften/ unnd
wider akire eygen liecht unnd überak ire seele. Und flühen
sich unnd ir finsternüß/ und alle werck der finsternüß/
alles auß der ursach/ daß sie sich des ungeschaffen liech-
tes erkündt haben/ unnd das selb mehr denn ir eygen
natürlich liecht lieben.234 Aber die got verachter lie-
ben sich unnd ir angeschaffens liecht/ und eygen kref-
ten/ unnd das finsternüß mehr danß liecht/ drumb wi-
dersprechen sie der offenbarung des geystes/ oder
dem liecht gottes/ das sie anleüchtet/ alles darumb/
das sie sprechen. Gott hatt uns alunnd alleal unsere kreff-
ten wol und gůt/ und gerecht/ und nit vergaͤblich geschaf-
fen/ got hat mir einen freyen willen zů dem gůten und
boͤsen geben/ drumb kan ich das gůt/ unnd gerechtig-
keyt/ auß meynen krefften vorsehen/ und thůn. Wer seind
die geystprediger? welche prüfen den geyst gottes? wer
Buchsymbol fehlt ist der/ der got hoͤret reden? Dise seind gleich die/ vonn
welchen der geist spricht/ Sie sagen/ last uns unsere zun-
Psal. 11.gen stercken/ und uns/ und unsere lippen vertheydigen/
wer ist unser herr?235 Zeige den an/ sagen sie/ den got ge-
lart hat? Was ist das liecht/ das uns leren wil? was mag
es uns offenbaren? Die dem erkanten liecht gottes so
hoͤnlich zůsprechen/ und verstossen/ unnd in irem eigen-
thumb sitzen/ die gehn im finsternüs/ und müssen das
gericht habenn/ welches Christus wider die liebhaber
der finsternüs/ als ein entlich urteil/ gesprochen hat/ der
sie zů dem ewigen feur weiset236/ unnd so fern von allenn
barmhertzigen geistern setzen würdt/ das zů inen keyn
barmhertzige creatur kommen kan237/ barmhertzigkeit zů
ertzeigen.
Das ist auffs neu/ als ein zůsatz und leuterung
von dem todten unglauben/ und glauben gesagt/ den un-
erfaren zů verwunderunge/ unnd den erschrocken zů
trost/ den verkerten aber zů spot/ hoͤn/ und leid.

Was noch von noͤten ist/ würdt her-
nachmals in einem besundern
büchlin gesagt.


aM.D.XXV B
bsei B
cfroͤligket A
ddreiffet A
eyder A
ferwelten B
gward B
hvom Editor verbessert für 26.
iunglaben A
jfehlt B
kunleserlich A
lfüegwent A
mselst A
nsubteil A
oseiuen B
pglaub A
qyglichs A
rdurfftige B
swarbafftig A
toffenbarug B
ubůchstaben B
vvernufft A
wnicht B
xannem A
yinnnen A
zvom Editor verbessert vernufft A; vernunff B
aafolgt sye B
abA
aczeyget B
adhertzen B
aeyglicher A
afvernufft A
agvom Editor verbessert für vernufft A, B
ahvom Editor verbessert für vernufft A, B
aifinsterüß A
ajober B
ak-akfehlt B
al-alfehlt B

8Der Paragraph ist eine freie Zusammenstellung von Joh 3,15–21.36; 6,40.47; 8,24; 11,25f.
9ihm.
11ihm.
121. Tim 1,13 Vg »[…] sed misericordiam Dei consecutus sum, quia ignorans feci in incredulitate.«
13Joh 3,18 Vg »Qui credit in eum, non iudicatur; qui autem non credit, iam iudicatus est: quia non credit in nomine unigeniti Filii Dei.«
14Nochmals 1. Tim 1,13.
15Hier bietet Karlstadt seine Paraphrase von Joh 3,18.
16ihm.
18Anspielung auf Joh 1,4–9. Zur in der christlichen Tradition nicht neuen Vorstellung Gottes als »ungeschaffenes Licht« oder »wahres Licht« siehe hier v.a. sowohl Tauler, Predigten (Vetter), 329 als auch die Theologia Deutsch (Franckforter), 114f.
19Zu Gott als Licht und Verständnis bzw. Tugend siehe nochmals die Theologia Deutsch (Franckforter), 115–117.
20Bezug unklar, vgl. vielleicht Röm 13,12.
21ausspeien, ausspucken, auswerfen; FWB s.v. ausspeisen.
25stählern Behälter. Vgl. FWB s.v. 2berg Nr. 1.
26triefen, tropfen, aus etw. heraustriefen, herausfließen. Vgl. FWB s.v. triefen Nr. 1.
27ihm.
28In diesem Abschnitt scheint Karlstadt unter Verwendung von Bildern und Begriffen aus der deutschen Mystik (Tauler, Theologia Deutsch) seine eigene Interpretation des absoluten Gegensatzes zwischen Glaube und Unglaube (von der die Oppositionen Licht/Finsternis, Wahrheit/Lüge abgeleitet sind) nach dem johanneischen Muster in Joh 3,19–21 zu bieten.
29zuweilen.
30Hier im Sinn von »maximal über ein erwartetes Maß hinausgehend, ein Maß so weit übersteigend, daß besondere Handlungen notwendig werden«. Vgl. FWB s.v. ausser Nr. 7. Mit diesem Adjektiv bezeichnet Karlstadt den Glauben als absolutes, theologisches Prinzip in dem im vorigen Abschnitt besprochenen Gegensatzpaar Glaube/Unglaube (und so auch bei Licht/Finsternis, Wahrheit/Lüge). Er ist daher vom zeitlichen Glauben (»zeiten glauben«) zu unterscheiden, dessen Wesen Gegenstand dieses Abschnitts ist.
32Bevor.
33Die in dem vorherigen Abschnitt beschriebenen Gegensätze Glaube/Unglaube, Licht/Finsternis, Wahrheit/Lüge.
34kommt.
35Zur geistlichen Beschneidung siehe z.B. KGK IV, Nr. 203, S. 540, Z. 3 – S. 541, Z. 5; KGK V, Nr. 233, S. 355, Z. 4 – S. 356, Z. 24; KGK VI, Nr. 247, S. 252, Z. 3 – S. 255, Z. 12.
36Vgl. vermutlich Joh 1,9–11. Siehe auch Joh 9,40f.
39Vgl. Mt 13,6.20f. Siehe auch Mk 4,6.16f. und Lk 8,13.
40Vgl. Mt 13,6.
42Wie in den Marginalien zu dieser Textpassage angegeben, bezieht sich Karlstadt hier auf Mt 13,24–28 und noch deutlicher auf Mt 24,21f. Vg »erit enim tunc tribulatio magna, qualis non fuit ab initio mundi usque modo, neque fiet. Et nisi breviati fuissent dies illi, non fieret salva omnis caro: sed propter electos breviabuntur dies illi.«
43Vgl. hier nochmals die Auslegung des Ackerfeld-Gleichnisses in Mt 13,18–23.
44Für das Verhältnis zwischen dem Glauben und der Erkenntnis der göttlichen Gerechtigkeit und Wahrheit steht das im vorigen Abschnitt vorgestellte johanneische Muster Joh 3,19–21 bleibend im Hintergrund.
45Vgl. Joh 12,37–50 mit Verweis auf Jes 6,10f. Siehe auch Jer 2,11–13.26–28.
46Zur bereits 1523 formulierten Kritik an der Schultheologie und der akademischen Gelehrsamkeit, die im Widerspruch zur evangelischen Lehre steht, siehe die Einleitung zu VonMannigfaltigkeit des Willens Gottes, KGK VI, Nr. 239, und Was gesagt ist: Sich Gelassen, KGK VI, Nr. 241, v.a. S. 144, Z. 18 – S. 152, Z. 4.
47Vgl. Mt 13,14f. mit Verweis auf Jes 29,10–12. Siehe auch Jer 12,2.
49ihnen.
50Vgl. Röm 3,13 mit Verweis auf Ps 5,9.
52Schale.
53untersuchen. DWb 25, 1830.
54Zur Dichotomie Geist oder Kern der Schrift und Rinde oder Schale des Buchstabens siehe Von Mannigfaltigkeit des Willens Gottes, KGK VI, Nr. 239, S. 52, Z. 1–8; S. 73, Z. 14–20.
55ihm.
56Ehre.
57Vgl. Röm 1,21–25. In den darauffolgenden Zeilen werden diese Verse ausgelegt.
58Hier im Sinne von heidnischer, falscher Gott.
60Vgl. 5. Mose 29,1–3. Zur Unfähigkeit zu sehen und zu hören vgl. auch Ps 135(136),14–18; Jes 42,20; Jer 5,21; Hes 12,2.
62jeder, jedermann. FWB s.v. menglich.
65Der Zusammenhang zwischen wahrem Glauben und Verständnis der göttlichen Wahrheit lässt auch hier Joh 3,17–21 als Hintergrund erscheinen.
66Vgl. nochmals Mt 13,14f. mit Verweis auf Jes 29,10–12 und Joh 12,40 mit Verweis auf Jes 6,9.
68ihnen.
71Bezug unklar, vermutlich allgemein auf 1. Petr 4f.
72Schale. Vgl. KGK 274 (Textstelle).
75Vgl. Apg 10,42; 1. Tim 4,1 und nochmals 1. Petr 4,5.
76Vgl. nochmals Joh 12,30–50.
77vor.
78was sie richten soll.
79Vgl. z.B. Joh 5,26–30.
81behelfrede, d.h. Vorwand, Entschuldigungs-, Rechtfertigungsgrund. FWB s.v. behelf Nr. 5.
83Vgl. hier Joh 9 mit der Heilung eines Blinden.
86Zu Christus als Eckstein siehe 1. Petr 2,4–10; Lk 20,17–19.
88liederlich, mühelos, leicht. FWB s.v. liederlich Nr. 3.
89Hier positiv gemeint als schlau, geschickt, klug. Vgl. DWb 15, 2649, Nr. 4.
90Häute. Vermutlich im Sinne von äußerer Hülle, die den Kern bedeckt und einschließt.
91Das hier verwendete Bild soll wahrscheinlich die Bereitschaft unterstreichen, göttliche Gnade zu empfangen, so wie die Erde Regen empfängt. Siehe KGK 274 (Textstelle).
93Aus verliesen, d.h. verlieren.
94ihn.
97dass das Wesen, der Kern der Seele nackt/enthüllt wird, und die Gerechtigkeit (Gottes) von allen (menschlichen) unötigen/verdichteten Reden befreit wird. Zum bei Tauler wichtigen Terminus »bloß« siehe Tauler, Sermones (1508), fol. e8r; vgl. auch Hasse, Tauler, 184 Anm. 42; siehe dazu KGK VI, Nr. 241, S. 119, Z. 18 – S. 120, Z. 3 mit Anm. 172.
98Vgl. Hes 11,19–21. Bezug auf Hes 16 unklar.
99Aus entzucken, »›jn. in eine andere Existenz, eine andere Zustandsweise überführen‹; stets in Verbindung mit einer übersinnlichen Erfahrung der wahren Wesenheit Gottes«. FWB s.v. entzucken Nr. 2.
100Zur Anfechtung als wichtiger Schritt im Prozess der Rechtfertigung und Heiligung, vgl. seine Ausführungen zur afflictio (und tribulatio) seit 1521 in KGK IV, Nr. 191 und Nr. 194.
104ihnen.
106Vgl. Jer 23,29. Siehe auch Spr 30,5.
107Vgl. vermutlich 2. Kor 2,14–16.
108Anspielung vermutlich auf das Gleichnis vom Unkraut unter dem Weizen in Mt 13,24–30.
111Hier bezieht sich Karlstadt auf die Bürde (lat. »onus«), die Gott dem Propheten mit der Botschaft auferlegt, wie z.B. in Mal 1,1 Vg »Onus verbi Domini ad Israel in manu Malachiae.«
112Vgl. Hebr 4,12; zu dieser Bibelstelle siehe auch Reich Gottes (KGK IV, Nr. 191, S. 268, Z. 9–S. 269, Z. 3; S. 291, Z. 1–19), ebenso zum Wort Gottes als Schwert (Eph 6,17; Hebr 4,12), Hammer und Feuer (Jer 23,29) und Beistand der Engel (z.B. 2. Mose 23,20–23; siehe aber auch 1. Mose 32,22–32).
113wuschen, sich schnell und huschend bewegen. DWb 30, 2401.
114Apg 2,1–21.38.41 (Pfingstereignis und -predigt) und Apg 11,15–17.
115Am Ende dieses Abschnitts greift Karlstadt das im Titelblatt angekündigte Thema der Taufe auf. Die Taufe des Geistes wird von der äußeren Taufe im Wasser unterschieden (vgl. Mt 3,11). Diejenigen, die in einem intermediären Stadium (d.h. im mittleren/zeitlichen Glauben/Unglauben) leben und die volle göttliche Wahrheit noch nicht gehört und verstanden haben, sind weder gerettet noch verdammt; sie bleiben in ständiger Bewegung, werden ständig durch das Wort Gottes angeregt und »angestochen«, sie gehen nicht über die äußere Taufe mit Wasser hinaus. Diejenigen aber, die sich vom göttlichen Wort – das scharf wie ein Schwert ist – ganz durchdringen lassen, es bis zur Erkenntnis der göttlichen Wahrheit ertragen und sich die göttliche Gerechtigkeit zu eigen machen, werden den wahren Glauben empfangen und im Geist getauft werden. Wer die göttliche Wahrheit und Gerechtigkeit nicht annimmt, wird dagegen endgültig verdammt.
116Selbstgefallen, Ichhaftigkeit. Vgl. FWB s.v. annemlichkeit. Siehe auch Von Mannigfaltigkeit des Willens Gottes, KGK VI, Nr. 239, S. 49, Z. 1–15 oder Was gesagt ist: Sich gelassen, KGK VI, Nr. 241, S. 112, Z. 3–S. 113, Z. 6.
117Perle.
119Dieser Begriff, der im Allgemeinen in einem negativen Sinne als »Weltzugewandtheit, Selbstgefallen, Ichhaftigkeit, Bereitschaft, die Gegebenheiten der Welt für sich zu nutzen« (FWB s.v. annemlichkeit) verwendet wird, scheint hier eine positive Bedeutung als angenehme Gelassenheit und Zufriedenheit zu gewinnen. Siehe auch Hasse, Tauler, 87 Anm. 12.
120In diesem Absatz macht Karlstadt den Unterschied zwischen Glaube und Unglaube deutlich und verwendet den Begriff Annehmlichkeit nochmals in positiven Sinne (siehe vorherige KGK 274 (Anmerkung)). Damit taucht auch der Begriff der Gelassenheit als Aufgeben aller eigenen Wünsche und Eigenschaften, ja des eigenen Selbst als einziger Weg zur Erlösung wieder auf. Vgl. dazu Was gesagt ist: Sich gelassen, KGK VI, Nr. 241.
121Ps 11(12),2 Vg »Salvum me fac, Domine, quoniam defecit sanctus, quoniam diminutae sunt veritates a filiis hominum.« Siehe auch hier LuthersOperationes in Psalmos (1519–1521): »Veritates diminutae sunt a filiis hominum, id est non sunt inter homines veritates, idest fidelitas.« (WA 5, 370,3f.).
122Vgl. zu den hebr. Wörtern hier z.B. Vocabularium ebraicum atque chaldaicum in Biblia complutensis (1514) 6, fol. A6v: »Aman. Credere. Fidelem esse. […] Emuna. id est fides. credulitas. veritas. stabilitas. […] Et infideles filli. pro quo in hebraeo est filii in quibus non est fides: sive credulitas: aut veritas. […] Amen. quod est adverbium affirmandi. […] Esa. 65. Benedicetur in deo amen. et in hebraeo in hoc loco amen est genitivi casus. interpretatur autem amen. vere sive fideliter. aut fides. sive veritas. […].«
123ihm.
124verdrießt.
125ihn.
129Bezug auf Hos 4,5 zu den Werken des Unglaubens.
130Hier liegt ein Setzerfehler vor. Bezug unklar, vielleicht Joh 8,32f.36.
131Der Verweis auf Joh 17 mit dem Abschiedsgebet Jesus verdeutlicht vermutlich auch die Werke des Glaubens.
137Hier vermutlich i.S. von »sich vererben«, vgl. DWb 3, 112 Nr. 9. Hier ist der Unglauben gemeint, in dem das Licht der vorher genannten Wahrheit Gottes erloschen ist und der darum die Verdammung einbringt.
138Gedanke.
139Hier greift Karlstadt nochmals die Theologia Deutsch (Franckforter), 71f. (Kap. 1, »waz das wolkomen sey und die teyl«) auf.
140Bezug unklar, vielleicht allgemein auf Jes 8 als Beispiel der Stimme Gottes oder auf Jes 6,8.
141Bezug auf Jer 13 unklar, vielleicht eher Jer 31,33 oder Jer 32,39–41.
145Auch hier scheint die mystische Begrifflichkeit anzuklingen. Vgl. z.B. Tauler, Predigten (Vetter), 214,7–14; siehe auch 380–388.
146Bezug auf Mt 18 unklar; gemeint ist vielleicht Mt 13,18–23 oder Mt 17,5.
147Vgl. hier nochmals Tauler, Predigten (Vetter), 329,22–32; 332,14f.
153helen, etw. verheimlichen, verschweigen. FWB s.v. helen Nr. 1.
155Das Bild des Siegels wurde von Karlstadt mehrfach verwendet. Siehe zum Beispiel Von den zwei höchsten Geboten der Liebe, KGK VI, Nr. 247, S. 240, Z. 20 – S. 241, Z. 5.
156ihn.
157ihn, den Wind.
159(vertraulich, liebevoll) redet, spricht. FWB s.v. kosen Nr. 1.
160D.h. Gott, die Stimme Gottes.
161Siehe auch hier z.B. Tauler, Predigten (Vetter), 378,15–32.
164Vgl. 1. Mose 5 mit dem Geschlechtsregister von Adam bis Noah.
165Vgl. z.B. 1. Mose 15, aber auch Hebr 11,8–19. Zu Abraham als Vater derer, die durch Glauben gerecht werden, siehe Röm 4,13.16–25. Vgl. auch Von den Empfängern des Sakraments (1521), KGK IV, Nr. 183, S. 119, Z. 24 – S. 120, Z. 3; S. 120, Z. 23 – S. 121, Z. 2. Siehe auch KGK VI, Nr. 249, S. 346, Z. 4 – S. 347, Z. 9.
166ihm.
169Siehe auch hier Taulers Predigten wie KGK 274 (Anmerkung).
171Ps 8,7–9 Vg »et constituisti eum super opera manuum tuarum. Omnia subiecisti sub pedibus eius, oves et boves universas, insuper et pecora campi, volucres caeli, et pisces maris qui perambulant semitas maris.« Diese Bibelstelle ist auch in Hebr 2,7 zitiert.
172Zum Verhältnis Licht/Gott siehe nochmals Joh 3,19–21; 8,12; 12,35f.
173S. o. das johanneische Muster in Joh 3,19–21, wie in KGK 274 (Anmerkung).
175ihm.
176ihm.
177Hier gibt Karlstadt seine Interpretation von Luzifers Sturz; vgl. auch Jes 14,12–14 und Lk 18,10. Vgl. auch KGK 251.
178ihm.
179Die Beschreibung des Teufels folgt dem bei Glaube/Unglaube etablierten Oppositionsmodell. Der Teufel ist demnach kreatürlich, lügnerisch, ein Freund der Finsternis und damit der Schöpfer des Unglaubens. Aufgrund dieser Wesensart entzieht er sich zunächst Gott, dem Ungeschaffenen, dann der Wahrheit, schließlich dem Licht und dem Glauben. Angesichts dieses totalen Gegensatzes zu Gott kann letzterer im Teufel nichts bewirken: Damit Gott in Geschöpfen wirken kann, müssen sie sich selbst verwerfen, ihre eigenen Wünsche und Begierden zerstören und sich ganz dem Vater hingeben – etwas, das für den Teufel grundsätzlich unmöglich ist. Diese Überlegungen werden in den folgenden Abschnitten auch auf die Kinder des Teufels angewandt, d.h. auf diejenigen, die im Unglauben leben, wodurch zwei gegensätzliche Genealogien aufgezeigt werden: Kinder der Finsternis und Kinder des Lichts.
180Vgl. nochmals Joh 8,12.42–47.
181ihnen.
182Die göttliche Gerechtigkeit durch das Herz fließen zu lassen, ist hier im Gegensatz dazu zu verstehen, dieselbe Gerechtigkeit wirken zu lassen, indem man sich »gelässt«, d.h. die göttliche Gerechtigkeit richten zu lassen und damit auch Leid und Verzweiflung zu verursachen. Nur so kann die göttliche Gerechtigkeit das Herz erleuchten und damit den Glauben wirken. S. o. zur damit verbundenen Opposition zwischen Glaube und Unglaube KGK 274 (Textstelle).
183Hier nochmals im negativen Sinn, siehe KGK 274 (Anmerkung).
184Es gibt keine Verdammnis ohne das Verstehen der Wahrheit, vgl. 1. Tim 1,13 wie KGK 274 (Textstelle).
185Vgl. Joh 3,18 wie in Zusammenhang mit 1. Tim 1,13; siehe vorherige KGK 274 (Anmerkung).
186Vgl. z.B. Hebr 11,6; Jak 2,5; siehe auch Joh 3,3–5.
188ihnen.
191Vgl. Phil 2,9–11; siehe auch Jes 45,23, zitiert auch in Röm 14,11.
193Vgl. z.B. Jes 35,10; 51,11.
196körperliches Kennzeichen, Prägung, Marke, Markierung. FWB s.v. 1mal∣zeichen Nr. 1. Hier als Malzeichen des Tieres, des Satans, vgl. Offb 13,15f.; 19,20; 20,4.
197vorhanden/gegenwärtig ist. Vgl. DWb 25, 522 s.v. verhanden.
198ihn.
200ihn.
201ihn.
202Vgl. nochmals Joh 3,16–18.
204Bezug vermutlich auf Mt 10,19f.
205Vgl. nochmals Joh 3,18–21 und hier auch 1. Joh 1,5.
206Vgl. Joh 12,36; siehe auch Eph 5,8; 1. Thess 5,5.
207Wie diese Wiedergeburt durch die Verankerung der Seele in Christus, dem vom Vater ausgehenden Lichtstrahl, geschieht, wird im nächsten Abschnitt, ausgehend von der vorher thematisierten johanneischen Gleichsetzung von Glaube und Erkenntnis der göttlichen Wahrheit, beschrieben.
208ihn.
212Vgl. z.B. Mt 5,17.
214ihm.
216ihm.
218Karlstadt kritisiert hier wieder indirekt die – v.a. scholastisch geprägte – Schultheologie, die den Anspruch erhebt, Gott mittels menschlicher Vernunft und weltlicher Gelehrsamkeit zu verstehen. Das wahre Verständnis Gottes, seiner Wahrheit, wird nach Karlstadt vielmehr durch den Geist im Inneren der Gläubigen bewirkt, die wissend glauben und glaubend das ewige Leben in Christus empfangen.
219ihnen.
220sein.
221Zu diesem Mittelzustand, in dem die Menschen bewegt und geprüft werden, bevor sie entweder endgültig verdammt oder geheilt werden, siehe KGK 274 (Textstelle).
222alsdann.
224ihnen.
225einwässert, erweicht; lat. macerare, vgl. DWb 3, 338.
228lernen
229ihm.
230Zu dem Mittelzustand, in dem die Menschen stehen, bevor sie endgültig verdammt oder geheilt werden, siehe nochmals KGK 274 (Textstelle).
231abbildet, zeigt; vgl. DWb 1,18.
232vorher war.
233Hier als Feindschaft zu verstehen.
234Die Liebe zu dem ungeschaffenen Licht (Gott) ist größer als die Liebe zu ihrem eigenen Licht, welches natürliches Licht und damit Dunkelheit ist.
236Vgl. Mt 25,41; siehe auch nochmals Joh 3,18f.

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