Nr. 258
Kurfürst Friedrich III. von Sachsen an Andreas Karlstadt
Lochau, 1524, 26. Mai

Text
Bearbeitet von Stefanie Fraedrich-Nowag
Buchsymbol fehlt

Frid'rich'

Unnsers grus zuvor wirdiger hochgelarter
lieber andechtiger. uns ist gestens ain

schrift von euch zukamen belangend
die pfarr zu orlamunden etc.1 dy haben wir
sambt ainer copie ains brifs, welcher
gestalt ir jungst,a an unsern
lieben bruder herzog Johansen etc. derhalben
auch geschriben,2 horen lesen und
weil wir bericht, das Ir vorhin3
vonb der universitet und dem capitel
zu witen'berg'/ nach inhalt und vermog irer
Statuta, uf euer archidiaconat gen witten'berg'c erfordert4〈/〉 wolen wir uns versehn,5 Ir werdet
euch In demselbn, wie Ir zutun
schuldig, nach vermog berurter statut
gehorsamlich halten.
6 So werden sichd
dy universitet und das Capitel
damit die bestimbt pfarr7eundaf das gemain volke mit
ainem pastor versorget,g auchh
wol zu halten wissen,8 das haben
wir Euch darnach zu achten.9 nit
unangezaigt wollen lassen. Datum
Lochau Dornstag corpus christi.
Anno d'omini' xxiiiii10

an doctor karlstat.


Beilage: Universität und Stiftskapitel Wittenberg an Rat und Gemeinde von Orlamünde, Wittenberg, 1524, 28. Mai:

Den Erßamen waißen und vorschtigen dem
Rath und gemeinem Pfarvolck zu Orla-
münde, unßern guten freundenn

Unnßern grus zuvor〈.〉 Ersame weiße und vorschtige freunth. Wir haben euer
ander schreiben11, darinne yr euch nochmahls uff s. Pauli lere zcihet, horen leßen, Ab
Doctor Carolstadt der art: eigenschafft und condicion, ßo einem Pastor eignen, wie s.
Paulus auch s. Petrus in yren Epistoln leren12/ lassen wir in seinem werd.13 Wissen
euch aber nicht zu vorhalden, Das bemelter Doctor Carolstadt zuvor anher uff das Archi-
diakonat, ernennet darauf Presentiert und instituiert wordn.14 Dozu er sich auch
begeben, dem ein lection in der heiligen schrifft zu lesen, auffgelegt15, der die Universitet
in keinem wege lenger geratten mag.16 Der halben ime unmoglich hie und bei euch
zugleich zu sein,17 wie yr wol abzunehmen18 habt.
Der und ander ursachen wir auch
uff solch euer gesynnen,19 nit haben wissen zu wilfahren dan sunst euch zu dienen
seind wir willig. Datum Wittenberg Sonnabend nach Corporis Christi Anno etc. xxiiii20

Rector, Magister und doctores

der Universitet und Capitels zu Wittenberg


afolgt gestrichen derwegen
bfolgt gestrichen u.
cüber der Zeile ergänzt
düber der Zeile eingefügt für gestrichen auch das
e-eam Rand ergänzt
ffolgt gestrichen die
gfolgt gestrichen sich
heingefügt für gestrichen sich
iam Rand von anderer Hand ergänzt 26. May

3vorher.
4Zur Aufforderung an Karlstadt, die Verpflichtungen an Universität und Allerheiligenstift wiederaufzunehmen siehe KGK 255.
5erwarten. Vgl. DWb 25, 1236.
6Zu den Aufgaben Karlstadts als Archidiakon am Allerheiligentift siehe Bünger/Wentz, Brandenburg, 96f.
7d.h. die Pfarrei in Orlamünde.
8Universität und Stiftskapitel, denen die Nomination des Konventors der Pfarrei Orlamünde oblag, wählten tatsächlich erst Ende August 1524 mit Kaspar Glatz einen neuen Konventor; vgl. Hase, Orlamünda, 116 Nr. XXIV. Zur Besetzung des Archidikonats siehe Bünger/Wentz, Brandenburg, 96f.
9sich danach richten. Vgl. DWb2 1, 1386, s.v. achten, Nr. C4.
1026. Mai 1524.
11Hierbei handelt es sich wahrscheinlich um ein heute verschollenes Schreiben der Gemeinde in Orlamünde an Universität und Stiftskapitel in Wittenberg; vgl. KGK 258 (Anmerkung).
13Die Orlamünder hatten Tit 1,5–9 in ihrem Schreiben an Herzog JohannPaulus als Begründung für die Wahl Karlstadts zu ihrem Pfarrer herangezogen. Hierzu siehe die Einleitung zu KGK 256.
14Karlstadt hatte das Archidiakonat am Wittenberger Allerheiligenstift seit dem 1. Oktober 1510 inne; vgl. Bünger/Wentz, Brandenburg, 127.
15auftragen. Vgl. FWB s.v. auflegen Nr. 11.
16Mit dem Archidiakonat am Allerheilgenstift war eine theologische Professur und damit die Verpflichtung verbunden, wöchentlich drei Vorlesungen zu halten; vgl. Bünger/Wentz, Brandenburg, 92.
17Die Entfernung zwischen Wittenberg und Orlamünde betrug drei bis vier Tagesreisen, daher war es Karlstadt nicht möglich, seinen Pflichten in Wittenberg nachzukommen, wenn er sich in Orlamünde aufhielt.
18erkennen, ersehen. Vgl. FWB s.v. abnemen Nr. 16.
19Begehren. Vgl. DWb 5, 4119.
2028. Mai 1524.

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