Nr. 143
Andreas Karlstadt an Georg Spalatin
Wittenberg, 1519, 22. Dezember

Einleitung
Bearbeitet von Ulrich Bubenheimer und Alejandro Zorzin

1. Überlieferung

Editionen:

Literatur:

2. Inhalt und Entstehung

Karlstadt will mit Spalatin persönlich über die Widmung eines Büchleins sprechen, die den Unmut des Empfängers besänftigen soll. Zu dem Zweck lasse er sie eilig abschreiben, habe aber erfahren, dass Spalatin nicht [nach Wittenberg] kommen werde. Karlstadt will Eck intensiver als vorher Anlass zur Beschäftigung mit der Heiligen Schrift geben. Karlstadt habe zuerst die Heiligen Schriften erforscht, erst danach [Eck] angegriffen. Spalatin werde erkennen, dass die Heilige Schrift Auslöser war, nicht Schmerz oder Hitze des Gemüts. Spalatin entgehe nicht, wie mangelnde Redegewandheit Karlstadt belaste; es falle der eigenen Natur schwerer das Schlechtere zu verlernen, als es aufzusaugen – zumal unser Wesen zum Schlechteren neige. Die Zierde [der Rede] werde sowohl durch Veranlagung wie auch intensives Studium erworben. Karlstadt erwähne das, weil er wünscht, mit schicklich Geschriebenem an Spalatin heranzutreten. Dessen Herzensgüte solle seinen Vorsatz genau gewichten. Das Büchlein Von Geist und Buchstaben möchte Karlstadt dem Kurfürsten widmen, und das mit Spalatin beratschlagen. Karlstadt habe eine gewisse argwöhnische Scheu, sonst hätte er Von den kanonischen Schriften dem Lübecker Bischof zugeeignet; das wolle er mit Spalatin, auch wenn der abwesend ist, beraten. Die Entscheidung, Nikasius Claji die [Schmiedeberger] Pfarrei zu übergeben, wurde verzögert. Der Kandidat ist beunruhigt. Wenn es die auf Spalatin lastenden Aufgaben zuließen, solle er Karlstadt insgeheim gewissere Nachricht geben. Claji habe angeboten, die gesamte Summe vor Antritt der Pfarrei zu entrichten, um den Anschein von Armut zu beseitigen.

Karlstadt wollte mit Spalatin den fertigen Entwurf einer Widmungsvorrede an den Kurfürsten (vgl. KGK 142) besprechen. Außerdem bezeugt er, gut überlegt gegen Eck eine Schrift »über die Notwendigkeit, Gottes Schriften zu kennen«, verfasst zu haben.1 Dem Kurfürsten möchte Karlstadt ein als de de spiritu et littera bezeichnetes Büchlein widmen. Dabei könnte es sich um Karlstadts Kommentierung einiger zentraler theologischer Aspekte aus dem zweiten und dritten Teil der gleichnamigen Augustinschrift gehandelt haben.2 Den Großteil vom Text wird Karlstadt zu diesem Zeitpunkt niedergeschrieben haben3 – da ein für ihn so wichtiger, in Reinkopie übertragener Widmungsbrief sonst wenig Sinn machen würde.

Nach der Leipziger Disputation wandte sich Karlstadt der Frage des biblischen Kanons zu (auch De scripturis canonicis erwähnt er im Brief als eines höher stehenden, kirchlichen Widmungsempfängers würdig). Seine Absicht, den Unmut des Kurfürsten ihm gegenüber zu beschwichtigen, zeigt – dass sich Karlstadts nicht abbrechend wollende Attacken gegen Eck zum eigenen Nachteil auszuwirken drohten. Weshalb die offenbar geplante Veröffentlichung von De spiritu et littera (Ende 1519/Anfang 1520) nicht zustande kam, entzieht sich bisheriger Kenntnis. Karlstadts Entscheidung, noch eine weitere, dritte Schrift gegen Eck auszuarbeiten und zu veröffentlichen (Confutatio, KGK 150), könnte sich für ihn nicht nur hinsichtlich der Druckkosten negativ ausgewirkt haben.


1Dabei handelt es sich um die Schrift Verba Dei (KGK 146). Die lange, als Widmungsbrief gestaltete Vorrede (fol. A2r–A4r), hat Karlstadt 1519 niedergeschrieben (vgl. darin seine Datierung eines am Rande der Leipziger Disputation stattfgefundenen Gesprächs auf »Postridie Margarethae [= 14. Juli], huius anni […]« (fol. A2v). Die Verba Dei sind dem kurfürstlichen Beichtvater Jakob Vogt und dem Stiftsherrn Georg Elner, Kollege und Landsmann Karlstadts, gewidmet.
2Vgl. KGK I.2, S. 722, Z. 5f. und Z. 11–16.
3Vgl. KGK 125. Am 17. Mai 1519, scheint Karlstadt vorauszusetzen, dass die Fortsetzung seiner Kommentierung vorliegt; wohl deshalb wagt er es, Spalatin (und andere Personen in dessen Umgebung) aufzufordern, für die Drucklegung derselben zu sorgen (»Si scholia mea desideratis, curate [Plural!] imprimi […]«).

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