1. Überlieferung
Handschrift:
Autograph.
Der Brief ist flüchtig geschrieben und weist mehrere Korrekturen auf. Karlstadt entschuldigt sich damit, dass er den Brief eilig schreiben musste, da ihm dafür nur eine halbe Stunde zur Verfügung gestanden habe.
Der Brief war versiegelt. Da Karlstadt die Adresse nach dem Verschließen des Briefs teilweise auf das Siegelpapier geschrieben hatte, wurde die Adresse beim Öffnen des Briefs durchgeschnitten. Das Siegelpapier befindet sich bei fol. 52v.
Literatur:
- Barge, Karlstadt, 62f. mit Anm. 82.
- Wähler, Orlamünde, 47–49.
- Bünger/Wentz, Brandenburg, 91.
2. Inhalt und Entstehung
Karlstadt antwortet mit vorliegendem Brief auf zwei Schreiben des Kurfürsten. Zunächst geht er auf ein anzunehmendes Schreiben ein, in dem Hieronymus Schurff und ihm der Auftrag erteilt wurde, ein »Ansuchen« derer von Thümen, eines brandenburgischen Adelsgeschlechts, zu bearbeiten (Friedrich III. an Hieronymus Schurff und Karlstadt, KGK 053). Karlstadt weist den Auftrag mit Dank zurück. Es zieme sich, dass er diese Angelegenheit dem sachkundigeren Schurff überlasse. Ferner bedankt er sich für die ihm während der voraufgegangenen Pestzeit im Schloss eingeräumte Wohnung. Er verzichtet nun auf diese, da er in der Nähe der (Schloss-)Kirche eine Wohnung gemietet habe.1
Sodann antwortet Karlstadt auf das die Uhlstädt-Affäre betreffende Reskript des Kurfürsten vom 8. März (KGK 051). Aus seiner Sicht schildert Karlstadt nochmals den Verlauf der Ereignisse und des bisherigen Austausches mit dem Kurfürsten. So habe es für ihn zum Zeitpunkt seiner Präsentation des Pfarrers keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Vakanz am kurfürstlichen Hof bekannt gewesen sei. Dass der Kurfürst das Präsentationsrecht schon eher bei dem Orlamünder Pfarrer und nicht dem Wittenberger Lehnsherrn sehe, möchte Karlstadt gerne zugestehen. Von seinem früheren Rechtsstandpunkt, den er »ym Latin« ausgearbeitet habe (KGK 052, Gutachten Karlstadts an das Allerheiligenstift vom 16. 3. 1517), ist Karlstadt nach wie vor überzeugt. Er erbittet juristische Belehrung, falls seine Ausführungen nicht zuträfen. Faktisch fordert er damit eine Prüfung seines am selben Tag vom Kapitel an den Kurfürsten weitergeleiteten juristischen Gutachtens zu der umstrittenen Angelegenheit vom 16. März (KGK 052).
Die Weiterleitung von Karlstadts Brief und Gutachten vom 16. März
war von einem Brief des Kapitels an den Kurfürsten vom 31. März
begleitet. Gleichzeitig ging vorliegender Brief Karlstadts an den Kurfürsten ab. Das Kapitel führte in
seinem Brief, Karlstadt unterstützend, zu den Vorgängen Folgendes aus:
Deutlich wird abermals, dass das Kapitel Karlstadts Anliegen mit dem eigenen Wunsch verband, alte Rechte im Zuge der Statutenrevision zu erhalten. Ausdrücklich schloss sich das Kapitel Karlstadts Gesuch an, die überkommene Präsentationspraxis beibehalten zu dürfen.