Nr. 182
Andreas Karlstadt an kfstl. Räte
[[Wittenberg]], [1521, [24. Juni]]

Text
Bearbeitet von Ulrich BubenheimerAlejandro Zorzin
Buchsymbol fehlt

Jesus


So ich mein Archidiaconat gewisslich soll behalten und mein
behausung darff verkeuffen erblicha1 Will ich/ Churf 'ürstlicher' g'naden' 2 zusond-
erm gevallen und dienst kegen Denmarck/ yhn dem
namen gottes zihen/ nicht lenger dann eyn Jar daselbst
zu bleyben.

Doch das mir volgende gutheit
und gnad bescheg3/

Fur das erste/ Das ich mein lection/ umb ein geleichs be-
stellen mug. wie ich den predig stuel bestelt hab.
Dem Cappellan4 sein gebuer geben. das andere geld
zu meinem nutz wendten.

Weyl ichb auchc an geld/ und anderen
beschetiget. und got waiß/ das ich/ nit so vermugen
bin/ das ich erlich zu konig'lichen' wirden5 magk komen.
Ist mein bith/ und wil darauff ruhen.

Das mir von dem Capitel/ oder sunst von ymants/ eyn
damasck6 mit eynem zimlichen futer außgenumen7. und
von dem geld/ so mir/ von Michaelis8 kunfftig/ deß
negst volgende/ zustendig wurt/ bezalt werdd.

Auch will ich ainen schwartzen Engelischen oder purpur-
anischen rock haben. Wu ich obberuerter beth unge-
werth/ so kan ich nit reysen.

Mit dem gelt/ welchs ich von meyner behausung er-
kauff/ will ich mein bucher und mich kegen Den-
marck fugen/ und doselbst einschicken9.

Mein Conventor10 bezalt mich ubel/ derhalben ich in
schuld gefallen/ die ich von der pension. so mir
noch hinderstellig/ ablegen will. und mit gnaden
und gunst abscheiden.

Buchsymbol fehlt Doch vor allem. das mich mein gnedigster Churfurst
und her11 yhn eignen schutz und schierm hab/ und mir/
deß/ schrifftlich und versigelt urkůnt geeb/ domit ich
auch mög anzeigen und beweisen/ das ich seiner Churf ürstlichen -
gnaden geschickter.12

So soll mir auch von konigl'icher' wirden ein verbrieffte zusag
erlangt und alhie behendet wert/ daß mich sein konigliche -
erleuchtigkeit. bey Biblischen Rechten13 will lassen bleiben
und nach keinen andern urteilen. Und das mich sein
konig'liche' gnad/ ap bann oder Acht wider mich ausgyng
und derhalben sein konig'liche' gnad wider mich unwillig
wurt/ mit pastwort14 zuvor er15 ich abreyße begnaten wult.
Auff das ich frey unverhyndert und vhelich16 abzihen
darff und mug.

Zu Denmarck muß ich Leesen/ Disputiren/ wogentlich
zween tag zu rath und gericht sitzen/ wider Bebst-
licheit nit schreiben und auß lassen gan/ er eße besichtigets17
daß mir nicht muglich ist/ yhn disputatione/ zuhalten18/
dißer fhar19 wult ich gern endhaben sein.

Eur gestrengheiten20

diener
doctor Carolstat

Ich bithe mein schreiben fur gut anczunhemen/
dan ich hethe gern besser geschrieben/ so ich
gleich vermuglich/ wie ich willig
gewest.21

Buchsymbol fehlt f Bewilligung doctor Carolstats f

Beilage: Zusammenfassender Bericht Georg Spalatins, 24. Juni 1521
Buchsymbol fehlt +
Doctor Karlstat.

Bekennt das er dem Konyg zu Denemarck
zusagung gethun hab seiner konyglichen
wird22 ein Jar zu dienen und zulesen
und predigen/ und die wochenn zwen tag zu-
raten/

Darczu hab in bewegt das er on berurteg
zusage aus Denemarck nicht hab mogen
kommenn/ Nicht das er darzu gedrungenn
were/

Weil im aber zu Denemarck seyh ein-
gebundenn23 er soll wider den Babst nichtsi schrei-
ben und außgeenn lassenn/ er habs dann
zuvor den konyg lassen sehenn/ Auch
das er in Denemarck sich besorgt vor
dem Bebstlichen Bann/ und keyserlichenn
Acht. Auch vor eyner person24 etc./
Derhalben sey er sorgfeldig25 sich in
Denemarck zubegeben/

Dagegen ist im furgehalt'en' sein bekent-
liche26 zusage/ zusampt dem unfreuntlich'en'
willenn der meinem Gned'igs'ten Hern27 beyj dem
konyg28 mocht erwachssen/ und das der
konyg in villeicht bey meinem Gned'igs'ten
Hern wissen welle.

So seint die einbyndungk wider den Babst
on wissen nichts zuschreibenn keyn ursach.
und verhinderung/ sondern ein beschirmung
jnen29 zuunterhalt'en'30.

Buchsymbol fehlt So sey die besorgung des Banns und der Acht
auch nichts. Dann der konyg zu Dene-
marck stee in dem guten willenn mit
dem Babst nicht/ Auch gestat der
konyg in seinen konygreichen die
keyserlichen Acht in keyn wege/

Darauf sich beschlieslich doctor Karlstat
hat horen lassen/ ehr31 er sich in
Denemarck begeben wolt/ so wolt er
sich alles des so er alhie hat zuver-
lassen/ und auf Gottes gnaden
und beratl zutziehen wo er
hin kommenn muge. Domit meinem
Gned'igs'ten Hern seyner halben
keyn beschwerungm begegen mocht/

Actum Montags Sant Johannis des heilig'en'
taufers tag32 Anno d'omi'ni. xvcxxj.33


amit Einschaltzeichen hinzugefügt
bam Wortanfang getilgt m
cfolgt gestrichen meyne danach unleserlich
dvom Editor verbessert für wert
eüber der Zeile hinzugefügt
f-fDorsalvermerk von Karlstadts Hand
gfolgt unleserliches Wort gestrichen
hfolgt unleserliches Wort gestrichen
imit Einschaltzeichen am linken Rand hinzugefügt
jmit Einschaltzeichen am linken Rand hinzugefügt bey
khsl. korrigiert aus einbundung
lfolgt gestrichen zufugen
mfolgt gestrichen Buchstabe d

1Der Käufer und dessen Erben können mit dem »erblich« erworbenen Eigentum nach Belieben schalten und walten.
3Geschehe.
4Kaplan, der Karlstadt am Allerheiligenstift (während dessen Abwesenheit) bei den ihm dort zustehenden gottesdienstlichen Tätigkeiten vertritt.
6Damast.
7Mit angemessener inneren Stoffschicht.
829. September.
9Vor Ort einrichten (?).
10Konventor (in Orlamünde) war seit Anfang 1518 Konrad Glitzsch.
12Dass ihn der Kurfürst Friedrich III. an den Hof seines Neffen König Christian II. geschickt hat.
13 Karlstadt besteht darauf, bei kirchenjuristischer Tätigkeit in Dänemark gemäß biblischem Recht (ius divinum) zu urteilen und nicht nach dem ius canonicum. Bei Karlstadt erhalte laut Bubenheimer, Consonantia, 233 f. »[…] das auf die Schrift begrenzte ius divinum in immer stärkerem Maße Ausschließlichkeitscharakter gegenüber allen anderen Rechtstraditionen […] Eine erste Chance, die rechtstheologische Konzeption des ›biblischen Rechts‹ in breiterem Umfang in die Rechtspraxis umzusetzen, bot sich Karlstadt vorübergehend durch seine von König Christian II. ausgehende Berufung nach Dänemark. […] König Christian hatte Karlstadt nicht nur theologische Aufgaben zugedacht (Lehrtätigkeit an der Kopenhagener Universität und Predigten), sondern er wollte ihn auch als Juristen verwenden.«
14Passport (Geleitbrief).
15Ehe, bevor.
16Fehelich = außer Gefahr, sicher; vgl. Götze, Glossar, 74.
17Gewissermaßen eine Vorzensur seiner Veröffentlichungen.
18In Texten, die disputatorischen (spekulativen Vorläufigkeits-)Charakter haben, findet Karlstadt ein solches (vorzensierendes) Prozedere nicht einhaltbar.
19Gefahr.
20Plural (Karlstadt richtet das Schreiben an mehrere kfstl. Räte). Gestreng(heit) ist die für Ritter vorgeschriebene Anredeformel; vgl. »Dem gestrengen und Ernvhesten hern Degenhart Pfeffinger Ritter etc. […] « KGK II, Nr. 124, S. 211, Z. 3 f., bzw. oben KGK 182 (Anmerkung).
21Mit diesem Zusatz stellt Karlstadt klar, dass er auf Veranlassung der sich mit ihm unterredenden kfstl. Räten »willig« (= bereit) war, umgehend dieses Schriftstück aufzusetzen, es aber auf die Schnelle nicht besser formulieren und schreiben habe können.
22Würde.
23Eingeschärft.
24Lausten vermutet, es könnte sich um die am Hof einflussreiche Sigbrit Villoms gehandelt haben, Mutter der im Sept. 1517 verstorbenen Königsmaitresse Dyveke Sigbritsdatter (Lausten, Wittenberg, 51 f.).
25Besorgt.
26Bekannte.
30Erhalten.
31Ehe.
3224. Juni.
331521.

Downloads: XML · PDF (Druckausgabe)
image CC BY-SA licence
»