1. Überlieferung
Handschrift:
Kanzleikonzept.
Der Schreiber hat intensiv an dem Text gearbeitet. Neben zahlreichen Korrekturen, Streichungen und Ergänzungen finden sich am Rand Korrekturanweisungen und in einem Fall eine erwogene, aber wieder verworfene alternative Formulierung. Dieser Befund deutet darauf hin, dass der Schreiber seinen Entwurf mit einer zweiten Person durchgesprochen und dabei Notizen für die weitere Bearbeitung gemacht haben dürfte.
Literatur:
- Barge, Karlstadt 1, 62 Anm. 83.
- Wähler, Orlamünde, 47–49.
- Bünger/Wentz, Brandenburg, 91.
2. Inhalt und Entstehung
Das am Vortag des Palmsonntags 1517 aufgesetzte Schreiben benennt einleitend die beiden jüngsten Bezugstexte: Karlstadts Brief vom 31. März 1517 (KGK 054) und das kurfürstliche Reskript vom 8. März 1517 (KGK 051). Knapp wird vermerkt, Karlstadt hätte sich besser gefügt und sein ausführliches Gutachten zum Präsentationsrecht vom 16. März 1517 (KGK 052 (Textstelle)) unterlassen. Eine Prüfung durch Juristen wird abgelehnt: Karlstadt solle sich selbst über die Rechtslage belehren. Zu Karlstadts Berufung auf die Errichtungsbulle von 1507 verweist der Kurfürst auf das seines Wissens mit der Bulle nicht im Einklang stehende Verhalten des Archidiakons im Zusammenhang mit der Romreise. Auch wird Karlstadts Erklärung zurückgewiesen, er habe die Einsetzung des Pfarrers zu Uhlstädt zu einem Zeitpunkt vorgenommen, als die Vakanz dem kurfürstliche Hof noch nicht bekannt gewesen sei. Ebenfalls abgelehnt wird Karlstadts Verständnis des kurfürstlichen Reskriptes, »daz wir dem besitzer der pfarre zu Orlamund daz iuß patronatus liber dann euch gonnen wolten«. Nüchtern wird demgegenüber auf den Wortlaut des Reskriptes hingewiesen. Die Aufforderung, sich diesem uneingeschränkt zu fügen, wird mit Nachdruck wiederholt. Zudem hebt der Kurfürst hervor, dass das Kapitel entsprechend instruiert sei.
An das Kapitel erging am selben Tag ein Reskript1, das drei Themenkomplexe behandelte: die
Uhlstädt-Affäre, die
Statutenrevision und die alten Wittenberger Privilegien des Allerheiligenstifts. Eine
Verzögerung der Inkraftsetzung der neuen Statuten gilt es zu verhindern. Auf
Karlstadt geht das Schreiben in zwei Zusammenhängen ein. Zunächst wird
Verständnis für das Kapitel zum Ausdruck gebracht:
Zusätzlich wählte der Kurfürst nun ein weiteres Mittel. Am Folgetag, am 5. April 1517, schrieb er an Spalatin.6 Er solle sich an das Kapitel wenden, damit dieses die Statutenrevision nicht weiter verzögere. Deutlich wird der Zusammenhang zwischen Karlstadts Anliegen und der Statutenrevision benannt; die neuen Statuten seien eindeutig und im Konsens mit den Vertretern des Kapitels fixiert worden. Karlstadts Position sei rechtlich unbegründet. Eine undatierte Handschrift Spalatins dürfte in die Zeit nach dieser Aufforderung des Kurfüsten, sich der Abstimmungen mit dem Kapitel anzunehmen, fallen.7 Auch Spalatin war der direkte Zusammenhang zwischen der Statutenrevision, den Interessen das Kapitels und dem praktischen Vorgehen Karlstadts deutlich8. Ausweislich der Aufzeichnungen beabsichtigte er individuelle Gespräche mit dem Dekan, also Lorenz Schlamau9, und Karlstadt. Spalatins abschließende Notizen sehen eine mündliche Verständigung außerhalb des Gremiums vor: »mit dem Dechant. und doctor Karlstat/ ydem. insonderhait zureden etc.«10