Nr. 25
Kurfürst Friedrich III. von Sachsen an Andreas Karlstadt
Torgau, 1516, 23. Februar

Einleitung
Bearbeitet von Martin Keßler

1. Überlieferung

Handschrift:

[a:]ThHStA Weimar, EGA, O 359, fol. 14r–v

Kanzleikonzept. Auf 14r unten rechts alte handschriftliche Zählung »10«

Edition:

Literatur:

2. Inhalt und Entstehung

Am 23. Februar 1516, fünfeinhalb Wochen nach dem kurfürstlichen Reskript (KGK 024), das Karlstadts Rückkehr nach Wittenberg anordnete, wurde ein zweites Schreiben an Karlstadt aufgesetzt. Den Anlass dazu gab der Umstand, dass Karlstadt noch nicht in Kursachsen eingetroffen war. Das zweite Schreiben erneuert die Aufforderung an Karlstadt nach Wittenberg zurückzukehren, spezifiziert sie aber in zweierlei Hinsicht: Zum einen wird eine Frist bis zum Johannistag, dem 24. Juni, gesetzt. Und zum anderen wird nun ausdrücklich angedroht, andernfalls eine personelle Neubesetzung vorzunehmen.

Einen Hinweis auf die Veranlassung zu dem neuerlichen Schreiben bietet das kurfürstliche Reskript vom 4. Juni 1516, das dem Kapitel Karlstadts Rückkehr nach Kursachsen vermeldet.1 Im Wortlaut des handschriftlichen Kanzleikonzeptes heißt es darin: Nach dem Ir wist welcher gestalt/ doctor Karlstat/ bey euch abgeschidenn2/ Derhalben wir auff Ewer Ansuchen/ verursacht Ime zuschreybenn/ unnd zuerfordern/ sich zwischen/ derselben zeit/ unnd sannd Johans tag/ schirst kunfftig gein Wittenberg zu fugen/ und das jene/ so ime mit Bredigen/ lesen/ und anderm zuthun geburt/ zuversorgen/ unnd außzurichten etc. 3 Das Kanzleikonzept vermerkt als vorgesehenen Adressaten: »Capittl zu Wittenberg«4. Mit dem Schreiben vom 23. Februar 1516 folgte der Kurfürst somit einem konkreten Vorschlag des Kapitels.5 Mit Blick auf die gewählte Frist wurde in Betracht gezogen, dass eine Präsenz am Johannistag nach manchen Statuten, so etwa in Koblenz, eine rechtliche »Voraussetzung für den Bezug der Pfründeneinkünfte« dargestellt hat.6 Zugleich umfasst der beschriebene Zeitraum vom 23. Februar an genau vier Monate.

In ihrer Deutung werden die beiden kurfürstlichen Reskripte vom 16. Januar 1516 und vom 23. Februar als Ausweis von Karlstadts Ungehorsam gegen den Kurfürsten interpretiert. Den Anhaltspunkt hierfür lieferte Müller: »Ja/ als derselbe [Karlstadt] sothanen Rescript nicht Folge leistete/ wurde ihm ein Terminus Praeclusivus gesetzt.«7 Auf dieser Grundlage stellte auch Jäger 1856 über den Kurfürsten fest: »er erließ den 16. Jan. 1516 an Carlstadt einen Befehl zu sofortiger Heimkehr, allein Carlstadt gehorchte nicht.«8 Die jüngere Literatur beschränkt sich demgegenüber auf eine unkommentierte und somit nicht eigens qualifizierte Benennung des Sachverhaltes, dass Karlstadt bis zum Abfassungszeitpunkt des zweiten Reskript nicht nach Wittenberg gelangt war.9 Nicht auszuschließen bleibt indes, dass das Reskript vom 16. Januar 1516 Karlstadt nicht erreichte.


1Diese Entdeckung machte Bubenheimer, Consonantia, 30 Anm. 85. Das Reskript vom 5. Juni 1516 s. bei Müller, Staats-Cabinet, 340f.; auszugsweise zitiert ist das Dokument bei Bubenheimer, Consonantia, 29 Anm. 78. Die betreffende Handschrift befindet sich als Kanzleikonzept im Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar, EGA, Reg. O 359, fol. 15r.
2Der Anfangspassus »welcher gestalt/ doctor Karlstat/ bey euch abgeschiedenn« bietet eine wörtliche Entsprechung zu dem Anfang des Berichts aus dem Kapitel, s. dazu KGK 024 (Textstelle): »welcher gestalt doctor Karlstadt archidiacon etc. bey dem geschieden«.
3Ebd., fol. 15r.
4Ebd.
5In dieser Hinsicht zu modifizieren ist Bubenheimer, Consonantia, 29 Anm. 78, der von einem »Ansuchen des Probstes« spricht und das Reskript, ebd., 30 Anm. 85, als »Kurfürst Friedrich an den Probst« zusammenfasst.
6Ebd., 29.
9Bubenheimer, Consonantia, 28f.: »Nachdem Karlstadt am 23. Februar 1516 noch immer nicht in Wittenberg eingetroffen ist, fordert ihn der Kurfürst auf Ersuchen des Wittenberger Probstes Henning Göde erneut zur Rückkehr auf, setzt ihm jedoch diesmal einen günstigeren Termin.«

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