Nr. 24
Kurfürst Friedrich III. von Sachsen an Andreas Karlstadt
Torgau, 1516, 16. Januar

Text
Bearbeitet von Ulrich Bubenheimer und Martin Keßler
Buchsymbol12r
Von gots gnaden Friderich etc.

Unnsern grus zuvor Wirdiger Hoch-
gelarter/ lieber Andechtiger〈.〉

Wir
haben Ewer schreyben darinnen ir
antzeigt/ das ir in Meynung1 seyt
zu Rom zu studiren unnd darauff
bittet/ das wir euch dy frucht Ewers
diaconats/ unnd teglich presentz aus
oberzalter ursach/ solten volgen lassen
seins inhalts vornomen/ unnd
zweiveln nicht Euch sey wißlich/ als
ir unns hivor/ umb Erleubnus/ Euch
dy walfart/ So ir den heyligen Aposteln
sand Peter/ unnd Pawel/ in Ewern notten
vorsprochen haben soldet/ gnediglich zuver-
gunnen gebeten Welcher
gestalt wir euch/ an dy universitet unnd
das Capittel gegen wittenbergk
/ dye
euch derhalben fuglichen woll wurden
zuerleuben wyssen geweyst
/ Darauff
wir unns versehen ir wurdet euch/ der
billigkeyt in dem woll zuhalten gewust
haben〈.〉 Unns gelangt aber an als
sollet ir/ an iren willen unnd wissenn
wider den gehorsam abgeschiden sein/ dye
kirch/ mit meß halden predigen unnd Andern
Auch dye leccion in der heyligen schrifft/
Buchsymbol12v
so euch aus Crafft/ Ewer prelatur
in aigner person zuverwesen/ Lauts
bebstlicher heyligkeyt confirmacion
geburt
nicht vorsorget/ darausß unnserm
stifft unnd universitet nicht klein be-
schwerung Entstet
/ Welchs
unns als ir achten konnet/ nicht
unbillich zu misfallen/ geraicht/ Dan
ir wist was euch von unns zu gnaden
unnd guthem bescheen das ir billich
in betrachtung/ genomen/ unnd wil
der unversitet/ unnd stiffts/ gelegen-
hait nicht sein/ Weylh/ dye
lehen/ unnd lecturen So auff personlich
residentz gestifftet unnd auffgericht

absentz zugebenn. So ist aann eucha unnser/ Begere
ir wollet euch/ auffs forderlichst kegen
Wittenburgk fugen/ unnd das jenige/
so euch/ zuthun zugeburt/ versorgen/
unnd Außrichten〈.〉
Wue es aber
nicht beschicht2 unnd von euch vorachtet
So habt ir woll zu achten das unns/
als Landesfursten unnd fundatoren/
gezimen will/ wege hirinnen zu-
suchen unnd furzunemen Domit dy
unversitet/ und kirch/ in irer funda-
tion/ unnd auffrichtung/ nicht nachteyl Buchsymbol13r
Erreiche
/ oder/ widerwertige/ unnd nach-
teylige ubung eingefurth werdenn/
Das haben wir euch/ darnach zu richten
nicht verhalten wollenn/ unnd geschicht
daran unnser Meynung/

Datum zu
Torgaw am xvj tagk des Monats
Januari Anno domini xvc xvjo〈.〉

An doctor Karlstat/

Kapitel des Wittenberger Allerheiligenstifts an Kurfürst Friedrich III. von Sachsen [zwischen 1515, 13. November und 1516, 16. Januar]

Buchsymbol1r
Durchleuchtigister Hochgebornner Churfurst Gnedigister
herre〈.〉bZcw untterteniger untterrichtung e'wer' churf'urstlichen' g'naden'b/ welcher
gestalt doctor Karlstadt archidiacon etc. hyrc dan3 geschieden

Bitte wir ind gehorsam e'wer' f'urstlichen' g'naden' wissen/ Das Erstlich e'wer' g'naden'
Schosser4 alhie genanten doctor/ vor probst und capittel umb
zcwelff gulden/ vor hawß zcinß angeclagt/ und als der doctor
ynen widerumb/ vorm Techant und capittel umb eyn
fuder haͤws angesprochen so er im vorkaufft/ und das
haw auff drey guld'en' angeschlagen/ dem Schosser auch
die xii f'lorenos' vor hawßmite bekant/ und widerumb der Schosser
im das fuder hawes/ und die wiederung auffs capittel gestelt
haben wir auff solch beider teil bekentnus erkant/ das
der Doctor dem Schosßer solch xii f als er im bekentlich
gewesen/ solt geben/ alzo das ime doran drittehalb5
guld'en' vor das haw abgynge/ Do von hatt Karlstadt
appellirt an Bebstliche heiligkeit/
Nach dem aber der
spruch auff beider teil bekentnus gegangen/ haben
wir ime abschlegig aposteln6 gegeben/ und bey
dem gehorsam geboten den Schosser lawts des urteils
zuvorgenugen7 ader im gehorsam zcw bleiben/ hatt er
uns im capittel dorauff mit eynem Finger eynen
schnellert8 geschlagen/ gesagt er wolle den gehorsam
nit halten und sehen war wir ime dorumb thun
wollen/ Ist dorauff mite frefel aus dem gehorsam
gegangen/
und dornach gesagt/ wie er in seynen
noten eyne Roͤmfarth gelobt/ und gebeten im die zcu
leisten zcuvorgunnen/ Hab wir inen/ an die univer-
sitet geweist/ und die universitet ime dorauf gesagt Buchsymbol1v
dieweil die sache E'wer' churf'urstlichen' g'nad'/ als der universitet und
des Stiffts patron/ belangete/ wolltenf wir sein bete
e'wer' churf'urstlichen' g'naden' zcuerkennen geben/ E'wer' g'naden' gemute dorauff
zcuerfaren/ alzo wir danne gethan und e'wer' g'naden' auch unser
gutduncken mit geschrieben/ das im solch antwort
solt zcu geben sein/ wie er yn seynen noten ein Römfart
gelobt/ und die nit geleistet/ noch do von absolvirt
were/ do mit die universitet yme seyne gewissen wolt
beschwert haben/ So erleubt ym die universitet vier
monden/ alzo das er dor innen seyn walfart vorbrechte
und sich wider alher in die Residenz fuegte/ mittler
zceit/ beym Romischen Stule wider e'wer' churf'urstlichen' g'naden'/ e'wer' g'naden'
universitet und Stifftgauch iren personeng nichts nachteiliges außbrechte
noch erworbe und seyner prebende/ und dignitet/ onera
bestelte/
Diese anttwort/ hatt e'wer' f'urstlichen' g'naden' lauts yrer
schrifft an die universitet9 gefallen/ dorumb ist
im die auch der maynung gegeben/ Aber Karlstadt
hatt die nicht angenomen/ und eynen weissen moͤnch10
vorgeschlagen der vor inen solt predigen/ und dochh
wider doctor noch licenciat gewest/ darum haben
wir den nit wollen annehmen/ dan es wider die
ordnung der kirchen und Bebstlichen Bullen were/
So hatt es auch der monch/ nit wollen annehmen/ und
gesagt er sey alhie yn dem gehorsam seynes ordens
und wisse nicht wie lange/ dorauff ist Karlstadt
hie weg und noch Torgaw geritten/ so ist gesagt worden
er habe von e'wer' churf'urstlichen' g'naden' Orlawb erlangt lenger Buchsymbol3r
wan11 er gebeten habe/
derhalben wir geschwigenn
/
und e'wer' g'naden' nichts do von geschrieben haben/ So ist er
auch nach seynemi alhie danj weg reyten/ viel wochen
ym lande gebliben und umb geritten/ ane das wir
gewust/ was entlich seyn meynung sey/ bißo lange das
wir von Rome rawß erfaren/ das er doselbst yn eyner
Copistrey12 eyn Substitut sey/ Er hattk aber alhie in
der kirchen den predig Stuel/ noch sein pristerlich
ampt das ym auff gelegt ist auffem hochen altar
nit bestalt/ Dorumb wir dem prediger/ und auch
seynem Cappellan/ yren solt zcugeben/ haben zcusagen
mussen/ Solten anders die gottlichen ambt nit fallen
wan nymants mit yme wil gerne zcuschicken haben
seynes gezcenckes halben/ So hatt er auch in der univer-
sitet seyn lection in der Theologia nicht bestelt/ Anders
dan das er den Augustiner doctor Hergott13 nach seynem
abzciehen geschrieben hab14/ das er vor inen lesen wolt
welchs er abgeschlagen/
und seint alzo sein ambte in
der kirchen und in der universitet von ime bißher
unbestalt gebliben/ Aber vleißlich tracht er wie
er das eynkomen seyner prebenden und dignitet yme
gen Rome zcufolgen erlange/ und yn Jure studiren
mocht/ So doch sein lehen in der kirchen und seyn ambt
in der universitet auff eynen doctor der heiligen schrift
gewidemut seint/ Das alles wir e'wer' churf'urstlichen' g'naden'
Dinstlichs gehorsams nicht wolten Bergen untter-
teniglich bittend e'wer' c'ur'f'urstlich' g'nad'l wollen das von uns gnediglich vorstehen Buchsymbol3v
die universitet auch und e'wer' g'naden'Stifft hirinne gnediglich
bedencken do mit Ime die fruchte nicht folgen/ wie
der kirchen gewohnheit istm die keyn absentz pfleget zcugeben
in Betrachtung auch so Karlstadt zcu Rome sturbe
was nachteils e'wer' g'naden'unversitet und Stifft dar auß
folgen mocht etc. Das alles wollen wir umb e'wer' churf'urstlichen' g'naden'
mit unserm gebett gegin gott gefliessen sein zcuvor-
dienen〈.〉


E'wer' churf'urstlichen' G'naden'

unttertenige capellan des
Stiffts alhie zcu Wittenberg

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1Absicht (Götze, Glossar, 157).
2geschieht.
3dazumal (Götze, Glossar, 46).
4Anton Niemeck.
5zweieinhalb.
6Apostelbrief. Im abschlägigen Apostelbrief wird die Appellation nicht zugelassen. Der Unterrichter konnte eine Appellation abweisen, wenn der Streitgegenstand von geringem Wert (hier 1/2 Gulden) war. Vgl. 1, 195f.
7Genüge zu leisten.
8Schnippchen. DWb 15, 1302.
9Kurfürst Friedrich III. an den Rektor der Universität Wittenberg, Pfalzgraf Wolfgang bei Rhein, 13. Juni 1515 (s. KGK 020 (Textstelle)).
10Prämonstratenser, vgl. Hergemöller, Promptuarium, 44 s. v. albus.
11als.
12päpstliche Kanzlei. Götze, Glossar, 140.
13Johann Hergot.
14Siehe KGK 023.

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