Nr. 21
Fragment: Konfirmationsurkunde Andreas Karlstadts zu einem die Pfarrei Großeutersdorf betreffenden Vergleich
[Orlamünde], [1515, 13. August]

Einleitung
Bearbeitet von Martin Keßler

1. Überlieferung

Edition:
  • Loeber, Historia 158f. Teiledition mit fehlerhafter Auflösung der Datumsangabe 1515. die Hippoliti in die 23. Augusti.

Literatur:

2. Inhalt und Entstehung

Auszüge aus der Urkunde vom 13. August 1515 wurden 1702 von Christoph Heinrich Loeber (1634–1705) in einer lokalhistorischen Kompilation zur Kirchengeschichte Orlamündes veröffentlicht.1 Die Vorlage dieser Teiledition ließ sich archivalisch weder in Weimar noch in Orlamünde identifizieren.2

Inhaltlich sind deshalb Loebers Textauszüge und einleitende Bemerkungen aufeinander zu beziehen. Loeber edierte den Anfang der Urkunde, in dem Karlstadt seine Vollmacht begründet, vom Pfarrer von Großeutersdorf geschlossene Verträge, die die Rechte der Pfarrei Großeutersdorf betreffen, in seiner Eigenschaft als Lehnsherr dieser Pfarrei zu bestätigen. Den Hauptteil der Urkunde, in dem der Inhalt des zu bestätigenden Vertrags dargestellt war, hat Loeber weggelassen. Vom Schlussteil zitiert er nur den Anfang der Zustimmungsformel, während er den Hinweis auf die Besiegelung, den Austellungsort und das Datum weglässt. Nur aus Loebers Einführung geht die konkrete Veranlassung der Urkunde hervor: »Patet id ex copia transactionis alicujus inter Johannem Heilern/ Plebanum in Grosen=Eutersdorff/ & Hermannum Kirsten/ decimam, prati licaujus [scil. alicujus], concernentis, quam ipse praesens Orlamundae A. C. 1515 die Hippoliti […] confirmavit.« Demnach schloss Johann Heiler, Pfarrer in Großeutersdorf3, mit Hermann Kirst(e)4 einen Vergleich über einen Wiesenzehnt.

Nach der Angabe Loebers datiert das Dokument auf den Hippolyttag, der in dem ebenfalls benannten Jahr 1515 auf den 13. August fiel. Treffen die Angaben Loebers zu, fällt die Urkunde in den Zeitraum zwischen Karlstadts Wallfahrtsgesuch (Schreiben Karlstadts vom 10. 6. 1515, s. KGK 020) und der Abreise nach Rom, über den ein späterer Bericht aus dem Kapitel festhält, Karlstadt sei »viel wochen ym lande gebliben und umb geritten/«.5 Bis auf Weiteres markiert die Urkunde den Terminus post quem für Karlstadts Abreise nach Rom.6

Barge ordnete den Text in sein Gesamtbild des vorreformatorischen Karlstadt als eines »stolzen Prälaten«7 ein. An dem Dokument machte er die Wesenszüge eines kompromisslosen juristischen Denkens fest.8 Wähler wollte Selbstbewusstsein in dem Hinweis auf die »überkommenen alten Recht und Machtbefugnisse« erkennen.9 Fehlerhaft ist der in der Literatur begegnende Hinweis, Karlstadt habe sich in der Urkunde »charakteristischerweise auf die Orlamünder Pfarrurkunde vom Jahre 1194« berufen.10


1Für weitere lokalhistorische Annäherungen an Karlstadt im Kontext der Zeit Loebers s. Keßler, Karlstadt-Bild, 9 Anm. 25.
2Zu diesem Ergebnis kamen mit Blick auf die Bestände im Thüringischen Hauptstaatsarchiv, Weimar, auch der wiss. Archivar Volker Graupner und für das Stadtarchiv Orlamünde dessen Archivar Dr. Peter Lange. Beiden ist für die engagierte Unterstützung der Suche vielmals zu danken.
3Die Ortschaft liegt vier Kilometer nordöstlich von Orlamünde ebenfalls im Saaletal.
4Aufgrund der konsequent akkusativischen Suffigierung der Namensschreibung beschränken sich die Auflösungsmöglichkeiten auf Kirst und Kirste. Die weiteren Namensvarianten, die in der Literatur begegnen, erklären sich aus Fortschreibungsprozessen, die weder auf einen direkten Rückgriff auf die Urkunde noch auf zusätzliche Daten zurückzuführen sind, sondern sich ungeprüften Übernahmen von Ausführungen verdanken, die sich im letzten Grund auf die Transkription von Loeber beziehen. Barge, Karlstadt 1, 57DigitalisatLinksymbol verweist so auf »Hermann Kürstin«. Barges literarische Referenz ist neben Loeber der Beitrag von Lommer, Orlamünde, 29DigitalisatLinksymbol, der ebenfalls von »Hermann Kürstin« spricht. Lommer seinerseits greift auf die Altenburger Kirchen-Galerie, Abt. 2, 170DigitalisatLinksymbol zurück, die hingegen »Hermann Kirsten« benennt und dafür alleine auf Loebers Edition rekurriert.
5ThHStA Weimar, EGA, Reg. O 359, Bl. 3r.
6In dieser Hinsicht s. erstmals Bubenheimer, Consonantia, 25.
8Ebd. 1, 57DigitalisatLinksymbol: »Karlstadt verriet jene Fähigkeit, die Juristen eigen zu sein pflegt, die Summe der zustehenden Machtbefugnisse genau einzuschätzen, um sie dann zäh und herrisch, Erwägungen der Billigkeit und das allgemeinen Rechtsgefühls unangesehen, geltend zu machen.«
10Barge, Karlstadt 1, 57DigitalisatLinksymbol, bietet diese Angabe. Sie basiert auf den Ausführungen von Lommer, Orlamünde, 29DigitalisatLinksymbol, der seinerseits Kirchen-Galerie, Abt. 2, 170DigitalisatLinksymbol missverstanden hatte.

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