Nr. 3
Verschollen: Quaestiones in libros Metaphysicorum Aristotelis
[1508, vor 11. August]

Einleitung
Bearbeitet von Harald Bollbuck

1. Referenz

Handschrift:

Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 22.8 Aug. 4°, fol. 29v

Autograph, teils zeitgenössische Abschrift.

Editionen:

2. Inhaltliche Hinweise

Eine von – vermutlich mehreren – anonymen Autoren verfasste Auflistung von Gelehrten der Universitäten Wittenberg, Leipzig und Frankfurt/Oder mit dem Titel Catalogus illustrium virorum in Academia Lipsensi & Witebergensi, die teilweise auf Besuchen vor Ort beruht und zwischen 1498 und 1514 entstand, widmet sich auch Karlstadt als einem herausragenden Professor seiner Hochschule.1 Nach Auflistung der auf uns gekommenen frühen philosophischen Werke Karlstadts »De intentionibus pro vera opinione S. Thomae li. I[.] De Formalitatibus Thomistarum li. I[.]« (KGK 001 und KGK 002) erwähnt der Anonymus einen Kommentar Karlstadts zur Metaphysik des Aristoteles in einem Buch: Andreas Bodenstein, Carolstatinus, arcium et sacre theol. Doctor Archidiaconus et Canonicus Ecclesiae Collegiate et exempte omnium sanctorum in Wittenberg, Vir in divinis scripturis eruditus, et tam in iure canonico quam in philosophia Aristotelica valde doctus: philosophus, orator, poeta, nec non theologus plurimum famigeratus, ingenio subtilis ac vehemens, clarusque eloquio, hebraicarum, graecarum, latinarumque literarum non ignarus, Dialecticus disputator acerrimus, Thomae pariter et Scoti sectator vigilantissimus, metro insuper excellens et prosa; Scripsit multa insignia opuscula quibus memoriam nobis sui (ut ita dicam) reddidit immortalem; De quibus subnexa vidi, quia et quaedam impressa venduntur: […] Quaestiones in libros Metaphys'icae' Arist'otelis' li'ber' I. Als Professor an der artistischen Fakultät las Karlstadt über die aristotelische Metaphysik. Das Vorlesungsverzeichnis der Universität Wittenberg vom 1. Mai 1507 (Rotulus doctorum Vittemberge profitentium) gibt sogar eine genaue Uhrzeit – nachmittags um 3 Uhr – an: »Hora tertia. […] Magister Andreas Carlstadt metaphisicam Aristotelis2 Mit der Verleihung des Grades eines Sententiars am 11. August 1508 ging Karlstadt als Lektor der ersten beiden Sentenzenbücher des Petrus Lombardus in die theologische Fakultät über.3 Damit endeten seine Aristotelesvorlesungen in der artistischen Fakultät, sodass dieses Datum als terminus ante quem für seinen Metaphysikkommentar anzusehen ist.4 Laut Widmungsbrief von De Intentionibus (fol. 3r) sind diese wesentlich durch Fragen entstanden, die sich den Studenten in der Metaphysiklektion erhoben. In De Intentionibus (fol. 30r) erwähnt er auch, an einem Kommentar zur aristotelischen Interpretationslehre Peri hermeneias zu arbeiten, der ebenso wie der Metaphysikkommentar entweder verloren oder nicht fertiggestellt worden ist. Vermutlich ließ Karlstadt seine Studenten auch über die Metaphysik disputieren.


1Zu diesem Catalogus und Vermutungen zu dessen Autoren vgl. Scriptorum centuria (Merzdorf), 82f.; Kähler, Karlstadt, 3 Anm. 8; Barge, Karlstadt 1, 46 Anm. 35; Negwer, Wimpina, 243–249; Albert, Centuria, 120–124; Bubenheimer, Consonantia, 16f. Während Merzdorf und mit ihm noch Kähler den Verfasser in Konrad Wimpina sahen, widerlegten dies Barge und vor allem Negwer, der auf Grund unterschiedlicher Handschriften mehrere Verfasser erkannte. Albert und Bubenheimer vermuten, dass Peter Meyer aus Walldürn den Abschnitt über Wittenberg erstellte. Die Eintragung »Vacat Vacat« oben auf fol. 32r vor dem Abschnitt zu Johannes Paltz zeigt an, dass auch zeitgenössische Abschriften integriert wurden. Der Text stellt laut Prolog eine Ergänzung zu Johannes Trithemius’ Kompendium De ecclesiasticis scriptoribus dar.
2Vgl. UUW 1, 16.
3Am 18. Mai 1509 wurde Karlstadt zum Formatus ernannt, am 13. November 1510 wurde ihm der theologische Doktorgrad verliehen. Vgl. Liber Decanorum, 3f.; 8f.; Barge, Karlstadt 1, 30. Im Januar und April 1508 ist Karlstadt noch als Dekan der artistischen Fakultät nachgewiesen. Vgl. UUW, 17; Köstlin, Baccalaurei, 8. Die Anzeige der Übertragung des Archidiakonats an Karlstadt, das mit einer theologischen Professur verbunden war, durch die theologische Fakultät an Kurfürst Friedrich III. erfolgte am 1. Dezember 1510. Vgl. Friedensburg, Geschichte 67f. Anm. 1. nach LASA Magdeburg, Rep. A 2 Nr. 499, Ausfertigung.
4Nach Scheible, Philosphische Fakultät, 96f. vertrat Karlstadt dagegen den Lehrstuhl der Logica maior noch bis 1511.

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