1. Überlieferung
Frühdruck:
Antwoꝛt Andꝛes Bo.von Ca⸗∥rolſtad Doctoꝛ : geweicht ∥ waſſer belangend : ∥ Wider einen bꝛu⸗∥der Johan. ∥ Fritz⸗∥hans genant : holtzuger oꝛdens. ∥ Vuittemberg. ∥ Jm Jar M. D. Xxi. ∥
Wittenberg: [Melchior Lotter, d. J.], 1521.
4°, 8 Bl., a4–B4.
Editionsvorlage:
BSB München, Res. 4° Polem 3340 (28).Weitere Exemplare: SUB Göttingen, 8° Theol.Pol. 246/65. — BSB München, 4° Liturg. 130.
Bibliographische Nachweise:
- Freys/Barge, Verzeichnis, Nr. 49.
- Köhler, Bibliographie, Nr. 1848.
- Zorzin, Flugschriftenautor, Nr. 30A.
- VD 16 B 6098.
Literatur:
- Jäger, Carlstadt, 89–92.
- Barge, Karlstadt 1, 215–218.
- Hasse, Tauler, 147–149.
2. Entstehung und Inhalt
Mit dieser Schrift reagierte Karlstadt auf eine gegen ihn gerichtete Veröffentlichung1 des Leipziger Franziskaners Johannes Fritzhans.2 Dieser hatte schon Anfang Juni 15203 eine gegen Johannes Dölsch gerichtete Verteidigung für den Oberen der Leipziger Franziskaner Augustin von Alveldt verfasst.4 Da Karlstadt in seiner Schrift gegen Seyler zu geweihtem Wasser und Salz nebenbei auch Alveldt angegriffen hatte,5 nahm sich Fritzhans der Verteidigung beider Ordensbrüder an.6 Seine Schrift gegen Karlstadt ist nicht datiert; auch ihre Druckfassung hat keine Jahresangabe.
In Karlstadts Antwortschrift an Fritzhans findet sich ein auf den 22. Oktober 1520 datierter Schlussabsatz.7 Da Karlstadt aber nach diesem Datum noch drei Thesen zur Bedeutung von Wasser als Zeichen für Verfolgung und Leid hinzufügte und kommentierte,8 wird sich die Fertigstellung des Druckes über Ende Oktober hingezogen haben. Auf dem Titelblatt der Druckfassung ist das Jahr 1521 angegeben;9Karlstadts Entgegnung könnte somit zum Jahreswechsel 1520/21 veröffentlicht worden sein.
Die beiden Flugschriften Karlstadts gegen Franziskus Seyler OFM und Johann Forcheim OFM scheint deren Ordensbruder Fritzhans als im Ton anmaßend und überheblich empfunden zu haben. Bodensteins Bezeichnung als »Doctor« im Titel, im Kontrast zu dem an gleicher Stelle als »unverdienten Guardian« bezeichneten Seyler, war für den Franziskaner Fritzhans ungehörig. Formal korrekt wendet der sich in seiner Verteidigungsschrift an den »doctor zu Wittenberg«, hebt jedoch am unteren Titelblattrand hervor: »Sintemal/ wir alle bruͤder/ under einem Meister Christo sein«10 wolle er im nachfolgenden Text Karlstadt schlicht »ein bruder« nennen.11 In seiner Antwort auf Fritzhans bezweifelt Karlstadt die Echtheit des Namens12, benutzt ihn ironisiert13 und gibt ihn der Lächerlichkeit preis.14
Johannes Fritzhans kritisiert Karlstadts Auswahl nur einiger biblischer Bedeutungsbereiche von Wasser. Es stehe – so Fritzhans – auch als Zeichen für »heilsame Weisheit« (Sir 15,3), »Völker« (Offb 17,15), »Gnade« (Joh 4,14) und »Heiligen Geist« (Joh 7,37–39). Karlstadt»glosiere« aus »eigen koppe«, dass Weihwasser ein Zeichen sei für Leid, Anfechtung und Geduld.15 Die »picarden ketzer« würden behaupten, Weihwasser, geweihte Asche, geweihte Palmen und dergleichen seien nichts.16Karlstadt solle sich vorsehen, wie »bruder Martin luder und seine nachvolger«, Artikel verdammter Ketzer an den Tag zu bringen. Weihwasser – so der Einwand von Fritzhans – sei zweifelsohne »ein zeychen der reinickeit/ der seel eines Christen menschen« (Ps 50(51),9) und habe »seine Kraft aus dem Blut Christi« (Hebr 9,13 f. und 4. Mose 14).17
In Karlstadts Entgegnungsschrift lassen sich zwei Teile ausmachen: ein erster, längerer in kritisch verhöhnendem Stil (fol. A2v–B3r) und ein zweiter, kurzer, thesenartiger Nachsatz (fol. B3r–A4r). Im ersten Teil entkräftet er die von Fritzhans gegen ihn eingeführten, weiteren biblischen Wasserbedeutungen. Das macht der Wittenberger teilweise in grob ironisch abwertender Art (z. B. der Hinweis Fritzhans' auf Offb 17,1518), aber auch in theologisch-kritischer Perspektive z. B. die Behauptung seines Gegners, Weihwasser habe seine Kraft aus dem Blut Christi.19
Im zweiten Teil seiner Entgegnung, umreißt Karlstadt knapp in drei »Artickeln« (Thesen) sein Verständnis des in biblischen Texten erwähnten Wassers. In knappen Erläuterungen zu jeder These begründet Karlstadt seine Auslegung biblischen Wassers als Zeichen läuternder Leidens- und Rechtfertigungserfahrung des Sünders.