Nr. 70
Andreas Karlstadt an Georg Spalatin
[Wittenberg], 1518, 6. Februar

Einleitung
Bearbeitet von Alejandro Zorzin
unter Mitarbeit von Antje Marx und Antje Marx

1. Überlieferung

Editionen:

Literatur:

2. Inhalt und Entstehung

Von einem ihm und Spalatin gemeinsamen Freund hat Karlstadt erfahren, dass Dr. Johannes von Kitzscher sterbenskrank darniederliegt. In Sorge wegen Karlstadts Notlage und der Intensität seiner Arbeit, fürchtet dieser Freund um Karlstadts Gesundheit.1 Karlstadt gibt zu, sich wegen der Bücher in akuter Geldknappheit zu befinden. Da Kitzscher Pfründen besitzt, deren Patronatsrechte dem Kurfürsten unterstehen, habe ihm der Freund geraten, [Degenhart] Pfeffinger und Spalatin zu bitten, beim Fürsten vorzusprechen, damit Karlstadt eines dieser Lehen übertragen bekomme. Er brauche ein zusätzliches, jährliches Einkommen, um angemessener leben zu können. Sollte das möglich sein, werde er der Universität einen größeren Dienst zu ihrem Vorteil erweisen.

Karlstadts Gesuch markiert den Beginn einer Reihe von Briefen an Spalatin, in denen das Anliegen, sein Einkommen zu verbessern, einen wichtigen Platz einnimmt. Der Archidiakon am Allerheiligenstift bezog ein aus Corpusgeld, Präsenzgeld und dem seiner Stelle inkorporierten Benefizium (Pfarrkirche zu Orlamünde) zusammengesetztes Jahreseinkommen von etwa 140 fl.2 Da er von dieser Summe Geld für den Vikar in Orlamünde (17 fl.) und den von ihm an der Wittenberger Stiftskirche zu haltenden Kaplan (17 fl.)3 aufwenden musste, standen ihm selbst davon um die 100 fl. im Jahr zur Verfügung. Zusätzlich bezog Karlstadt auch noch Naturalien (Korn, Hafer, Hühner) und verfügte über ein Lehnpferd.4 Dieser nur einen Tag nach dem langen »theologischen« Brief an Spalatin gewagte Vorstoß Karlstadts zur Verbesserung seiner Einkommenslage erwies sich als voreilig, denn Johannes von Kitzscher erholte sich und verschied erst Anfang Juli 1521.5


1Der Name des gemeinsamen Freundes ist nicht bekannt. Er muss Karlstadt aber nahe gestanden haben und gut über dessen finanzielle Notlage und die ihn schwächende Intensität seiner Arbeit informiert gewesen sein.
2Vgl. Bünger/Wentz, Brandenburg, 92f. Den größten Anteil dieser Summe trug mit 80 fl. das Orlamünder Benefizium bei (vgl. Barge, Karlstadt 2, 526).
5Johannes von Kitzscher (um 1465–1521); vgl. VerLex (Hum) 1, 1286–1297. Von 1505 bis zu seinem Tod war v. Kitzscher Propst des St. Georgen-Stifts in Altenburg (vgl. Löbe, Pröpste, 247–250).

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