Nr. 49
Andreas Karlstadt an Kurfürst Friedrich III. von Sachsen
Wittenberg, 1517, 5. März

Text
Bearbeitet von Ulrich Bubenheimer und Martin Keßler
Buchsymbol44v
Dem durchleuchtigstem hochgeborn
fursten und hern/ hern Friderichen -
herzogen zu Sachsen und
deßb heiligen Romischen Reichs
Ertzmarschalk und Curfursten
Landgraven in Doringen Margkra-
ven zu Meissen meynem g'nedig'sten
Curfursten und hern
Buchsymbol44r
Durchleuchtigister hochgeborn Curfurst Gnedigister her〈.〉Ewrn Curfurstlichen -
gnaden/ sein mein willig gebethd und unterteinige vleissig dinst zuvor/


Gnedigst'er'e Curf'urst'E'wr' Curf'urstlich' gnaden/ haben/ den/ wirdigen hochgelarten
hern Doctor Peter und licenciaten Ambstorff/ an mich zu gelangen/ lassen/
sagen/ das E'wr' Curf'urstlich' g'naden'/ sich ye nit vermuth/ das ich umantz/1 zu einem
lehen/ So durchf abgeen ader absteen verlediget wurdt/ die weil dieg hendel
und auffrichtung/ der Statuten also unvolfurt steen/ presentirt solt haben/ und
ursachen/ der billikeit/ das ich die pfar zu Ulstet verlihen2/ zu wissen/ begert/
G'nedigster' Curfurst und h'er'/ die presentacion der lehenh/ welche von Rectoren
unser eingeleibtter lehen/ inhalts bebstlicher bullen3/ und gemeiner rechten4
sollen bestelt werden und gelihen/ werden E'wrn' Curf'urstlichen' g'naden' durch unser Statuten
geben/ Weyl dan gedacht Statuten/ noch nit volendt sein/ und werden
noch kein statuta gnant oder gehalten/ sie sein dan volzogen/ Derhalben
sie auch nicht zu oder abtragen/ noch nhemen/ noch geben mogen/ hab ichs
dafur geacht/ und achts noch/ das die presentacion/ noch in aller masß/
form/ magt/ und weiß/ wie sie hiefor/ bey meinen vorfarn oder vorgener/5
und bey mir gewest/ sey/ und pleib/ bissolangk/ gemelt Statuten formlich
bewillicht/ ir rechte orderung erreichen/ und volkumenheit habeniwerdenj/6
Wan aber obbemelte presentacionk in krighischer handelung swebten/ und
ich wöre hiefor/ in der gewer oder eigenthumb/ soliges rechten zu presen-
tiren nit geruchlich7 gewest/ oder quem8 also mit zcank darzu/ und dorfft mich
als dan/ berurter gerechtickeit anmassen/ So mögt man mir dasl verargen und
verweißlichm furrucken〈.〉 Weil aber ich der gleichen nit furgenumen/ und diese
sach nit streytign/ und der grundt/ dar auß angezeigt presentacion/ erwachsen
sollen/ nicht gelegt ist/ und umb andere ursachen meiner gerechtikeit und freyheit
gelebt/ und hab obgnant pfar verlihen/ magk auch nit zeruck treten/ Es haben
auch andere hern etc'etera' in gleichem fhal sich der massen gehalten/ die mir zu
eim ebenbildt9 gewest/ Darumb bithe ich E'wre' Curf'urstliche' g'naden' unterteiniglich Ewr Curfurstliche -
gnaden/ wolten gnediglich indegtigk10 sein/ das ich solich mittel E'wrn' Curf'urstlichen' g'naden' Canzellei
nit zuschaden und unseren lehen zu guth/ domit sie vor den kortizan11 sichger
werden/ erfunden/ und wiewol ich/ vil mher/ dan eyner auß dem Capittell zu
leihen hab/ doch gutwilliglich E'wrn' Curf'urstlichen' g'naden'begerung eingangen bin/ und
bite E'wr' Curf'urstliche' g'naden'/ wolten auß sonderlichen gnaden/ und auß gutem gewissen
mich frey pleiben lassen/ wie bisanher gewest/ bissolang wie oberzelt
die Statuten E'wrn' Curf'urstlichen' g'naden' solche und andere presentacionen zubringen mugen〈.〉
Das wil ich umb E'wre' Curf'urstliche' g'naden'/ den almechtigen got allzeit vleissige
und mit unterteinigen gehorsamen dinsten/ zuverdienen gewertig/ getrew
und gutwillig bereit sein〈.〉 Dat'um'WittembergkDornstags nach
dem Sontag invocavit Anno xvii〈.〉


E'wr' Curf'urstlichen' g'naden'

unterteiniger gehorsamer
capellan
Andreso Carolstadt doctor
archidiacon

aim Wortanfang verbessert
bim ß verbessert
cim w verbessert
dim g verbessert
ekorrigiert aus Gnegist'er'
fim r verbessert
gim i verbessert
him ersten e verbessert
idanach ein durchgestrichenes Zeichen
jkorrigiert aus wergen
kdanach k durchgestrichen
lim s verbessert
mkorrigiert aus verweßlich
nkorrigiert aus strytig
okorrigiert aus Endres

1Von Karlstadt auch anderweitig verwendete Wortform (u statt y) anstelle von ymants im Sinne von jemand; vgl. DWb 10, 2301 und 2303DigitalisatLinksymbol. Gemeint ist Simon Funck, den Karlstadt auf die Pfarrei Uhlstädt präsentierte.
2Karlstadt instituierte Funck am 27. Februar 1517. Vgl. KGK 049 (Anmerkung).
3Einrichtungsbulle Julius II. für das Allerheiligenstift zu Wittenberg vom 20. Juni 1507. Vgl. KGK 052 (Anmerkung).
4Karlstadt beruft sich auf das ius commune. Dieses umfasste sowohl das ius canonicum als auch das römische ius civile, neben dem die regionalen, heimischen Rechte (ius proprium) standen. Vgl. dazu Lück, Schurff, 53f.; Condorelli, Civile, 313.
5Karlstadts Vorgänger im Archidiakonat war 1507–1510 Jodokus Trutfetter. Siehe Bünger/Wentz, Brandenburg, 118 und 121.
6Zur Publizierung der neuen Statuten ist es nie gekommen, wozu auch die Verzögerungstaktik der Stiftsherren beitrug. Vgl. Bünger/Wentz, Brandenburg, 95.
7unangefochten; DWb 5, 3768, Nr. 7DigitalisatLinksymbol.
8käme; DWb 13, 2353DigitalisatLinksymbol.
9Beispiel, Vorbild; s. DWb 3, 13DigitalisatLinksymbol.
10eindächtig, eingedenk; DWb 3, 160DigitalisatLinksymbol.
11»kurtisan […] päpstlicher Höfling; Geistlicher, der sich durch Breve vom römischen Hofe (ital. corte) Pfründen verschafft«; Götze, Glossar, 144.

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