Nr. 63
Christoph Scheurl an Andreas Karlstadt
Nürnberg, 1517, 3. November

Einleitung
Bearbeitet von Martin Keßler

1. Überlieferung

Handschrift:

Familienarchiv Scheurl, Fischbach bei Nürnberg, Cod. G, fol. 196r–v

Abschrift, nicht von Scheurls Hand. Der vorliegende Brief trägt in dem von Scheurl geführten Briefbuch (Familienarchiv Scheurl Fischbach, Cod. G) nur das Datum »ut supra«. Damit wird zurückverwiesen auf einen Brief Scheurls an Georg Spalatin (Cod. G, fol. 194r), der am 3. November 1517 geschrieben wurde. Am selben Tag schrieb Scheurl an Luther, Amsdorf, Hektor Pömer und Karlstadt in Wittenberg (ebd., fol. 194v–196v)

Edition:

2. Inhalt und Entstehung

Scheurl ermahnt Karlstadt, ihre gemeinsame Freundschaft mit Eck zu pflegen, vor allem aber empfiehlt er vier Wittenberger Studenten: Johannes Tucher, Hektor Pömer, Ulrich Pinder und Conrad Volkhamer. Ein Nachsatz gilt Karlstadts conclusiones, die von Johannes Eck, Erhard Truchseß von Wetzhausen und Kilian Leib bewundert und als Ausweis von Karlstadt Begabung und Arbeitskraft angesehen würden. Die Identifizierung dürfte zutreffen, darin deren Reaktion auf Karlstadts 151 Thesen vom 26. April 1517 zu erblicken (151 Conclusiones, KGK 058).1 Diese hatte Luther Scheurl in mehreren Exemplaren am 6. Mai 1517 übersandt.2 Scheurls nächstfrüherer überlieferter Brief an Karlstadt datiert auf den 1. April 1517 (KGK 055).

Von Bedeutung ist der Brief einerseits, weil er erschließt, an wen Scheurl die ihm von Luther übersandten Karlstadtschen Thesen vom April 1517 kommuniziert hatte. Zum anderen fügt sich das Schreiben in ein umfassenderes Engagement für die vier benannten Studenten ein. Um besondere Aufsicht auf den ihm verwandtschaftlich verbundenen Tucher3 bat Scheurl Johannes Dölsch am 31. Oktober 1517.4 »Volckhaimer« bzw. »Volckhamer«, Tucher und Pömer empfahl er, ebenfalls am 3. November, in eigenen Schreiben auch an Spalatin5 und Amsdorf6. Pömer und Volkhamer sind in den Wittenberger Matrikeln zu greifen. Pömer wurde im Sommersemester 1516 immatrikuliert7, Volkamer am 22. November 1517.8 Am 1. Januar 1519 schrieb Scheurl an Pömer in Wittenberg, dieser solle sich um Volkamer kümmern.9 Pömer wurde 1520 als Probst nach Nürnberg berufen und trat 1521 die Stelle an.10 Aus dem Folgejahr hat sich ein Schreiben Karlstadts an diesen erhalten, das Luthers Invocavit-Predigten vom März 1522 aus einem Abstand von nur wenigen Wochen als eine Aufgabe der früheren Ideale deutet.11 Aus der Empfehlung Scheurls hatte sich somit ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Karlstadt und Pömer entwickelt.


1S. dazu bereits WA.B 1, Nr. 38, 94f. Anm. 7.
2S. dazu ebd. 94,15f. Anm. 5–8.
3Vgl. dazu Soden, Wohnhaus, 55. Zu ihm s. auch ebd., 49.
4Scheurl, Briefbuch 2, 29–33, Nr. 146, hier: 32.
5Scheurl, Briefbuch 2, 34f., Nr. 149, hier: 35.
6Scheurl, Briefbuch 2, 36f., Nr. 151, hier: 36.
7AAV 1, 63.
8AAV 1, 70.
9Bauch, Scheurl, 450f., Nr. 191a. Zeitgleich schrieb auch Scheurl an Volkamer und suchte abermals, den Kontakt zu Luther entweder herzustellen oder weiter zu pflegen. S. dazu ebd., 451, Nr. 191b.
11Erstmals hingewiesen hat auf das Autograph Bubenheimer, Karlstadt, 656. Übersetzt und ediert wurde der Text 2001 durch Bubenheimer, Heimat, 25–28, 44–48.

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