Vorwort zur Kritischen Karlstadt-Gesamtausgabe (KGK), Teil I, Bd. 1 und 2

Die erste Idee zu dieser Kritischen Gesamtausgabe der Briefe und Schriften Andreas Rudolff Bodensteins, genannt Karlstadt (KGK), geht in die späten 1980er Jahre zurück, als sich Alejandro Zorzin und ich als Doktoranden Bernd Moellers in die frühen 1520er Jahre vertieften. Im Zusammenhang seiner Karlstadt gewidmeten Dissertation begann Zorzin damit, Verzeichnisse der Korrespondenz, aber auch »verschollener Stücke« Karlstadts anzulegen. Ende der 1990er Jahre übertrug mir der Vorstand des Vereins für Reformationsgeschichte die Aufgabe, Herrn Dr. Stefan Oehmig dabei zu unterstützen, alles relevante Material für eine Karlstadtedition zusammenzustellen. Außer den Zorzinschen Sammlungen wurde dabei eine Kartei verwendet, die Gottfried Seebaß (1937–2008) in Vorbereitung einer Karlstadt-Edition hatte anfertigen lassen und großzügig zur Verfügung stellte. Die daraus erstellten Materialkonvolute Oehmigs bildeten dann die Grundlage für eine erfolgreiche Antragstellung bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Seit dem 1. 4. 2012 wird die Karlstadtedition im Langzeitprogramm der DFG gefördert.

Für die Durchführung der Edition habe ich die Zusammenarbeit mit der Herzog-August-Bibliothek (HAB Wolfenbüttel) gesucht. Die Karlstadtausgabe erscheint als sogenannte Hybridedition; die elektronische Version wird auf der Homepage der HAB gehostet und persistent gespeichert. Weiterführende Informationen zur Edition selbst finden sich unter karlstadt-edition.org. Dass die digitale Version für entsprechende Recherchefunktionen und die Nutzung der Faksimiles unerlässlich ist, versteht sich von selbst. Gleichwohl sind wir froh, nun auch eine gedruckte Ausgabe vorlegen zu können, da deren Nachhaltigkeit nach bisherigem Kenntnisstand konkurrenzlos ist.

Die Edition hatte mit gewissen personellen Fluktuationen zu kämpfen; aus dem ersten Team (Dr. Harald Bollbuck, Dr. Martin Keßler, Dr. Alejandro Zorzin) schied Herr Keßler nach seiner Habilitation auf eigenen Wunsch aus. Ihm folgte Dr. Christian Speer nach, der aber bereits nach kurzer Zeit an seinen früheren Wirkungsort Halle wechselte; seit Frühjahr 2016 gehört nun Dr. Stefania Salvadori zum Kreis der Mitarbeiter. Ein Glücksfall für die Edition besteht darin, dass Herr Prof. em. Dr. Ulrich Bubenheimer, der beste Kenner aller mit Karlstadt zusammenhängenden Fragen, seit 2014 verbindlich in die Editionsarbeit eingetreten ist. Hinsichtlich der sehr komplexen digitalen Herausforderungen begleiteten unsere Arbeit die Wolfenbütteler Kollegen Jennifer Bunselmeier, Dr. Thomas Stäcker und Dario Kampkaspar. Wichtige Aufgaben der Kodierung und des Projektmanagements nimmt Frau Antje Marx wahr.

Eine derart komplexe Aufgabe, wie sie diese Edition darstellt, ist nur zu bewerkstelligen, wenn alle Beteiligten ihre eigenen Interessen der gemeinsamen Aufgabe unterordnen, sich um Kollegialität und Fairness bemühen und jederzeit bereit sind, voneinander zu lernen und nach konstruktiven Lösungen zu suchen. Es gehört zu den bewegendsten und beglückendsten Erfahrungen meines Berufslebens, dass ›meinem‹ »Karlstadtteam«, wie es jetzt besteht – Harald Bollbuck, Ulrich Bubenheimer, Alyssa Evans, Dario Kampkaspar, Antje Marx, Stefania Salvadori, Alejandro Zorzin – dies trotz gewaltiger Herausforderungen und tiefgreifender mentaler Unterschiede zwischen digitalen und nicht-digitalen Gemütern immer wieder gelungen ist. Jeder und jedem von ihnen danke ich aufs Herzlichste. Sie gemeinsam haben ermöglicht, dass nun, im 500. Jubiläumsjahr der 151 Thesen Karlstadts (26. 4. 1517) gelungen ist, woran schon manche gescheitert waren: die ersten Bände einer kritischen Gesamtausgabe des nach Luther einflussreichsten und originellsten Theologen der frühen Wittenberger Reformation vorzulegen.

Thomas Kaufmann, Göttingen im Januar 2017

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